Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2
Red Flags |
Abwendbar gefährlicher Verlauf |
Akutes neurologisches Defizit:
Störungen der Vigilanz, Paresen |
Schlaganfall, intrakranielle Blutung, Subarachnoidalblutung, Nervenwurzel-/Myelonkompression |
Krampfanfall |
Schlaganfall, intrakranielle Blutung, Subarachnoidalblutung |
Nausea/Erbrechen |
erhöhter intrakranieller Druck, Subarachnoidalblutung |
Akuter Schwindel mit spontanem, ungeordnetem Nystagmus (uni- oder multidirektional mit Richtungswechsel vertikal/horizontal/rotatorisch und nicht supprimierbar bei visueller Fixation) |
Schlaganfall, intrakranielle Blutung |
Meningeale Zeichen |
|
Hautausschlag (Purpura) |
|
Schlagartiges Auftreten starke Nackenschmerzen, Ausstrahlung in okzipitale Region, vordere Halsregion, Kiefer |
Arteriendissektion (Karotis-/Vertebralisdissektion), Subarachnoidalblutung |
Ausstrahlung in Thorax, Arm und/oder Kiefer |
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Fieber > 38,5 °C Schüttelfrost |
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Kürzliches HWS-Trauma (Verkehrsunfall), kürzliche HWS-Manipulation, bekannte Osteoporose |
Luxation, HWS-Verletzung, HWS-Fraktur |
Allgemeine Informationen
Definition
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen3
- Akute oder chronische, mehr oder weniger starke Schmerzen im Nacken
. - In der Regel nicht spezifisch, das heißt, es gibt weder eine behandelbare Ursache, noch ist ein abwendbar gefährlicher Verlauf erkennbar.
- Keine andere Ursache als angespannte und schmerzhafte Muskulatur feststellbar3
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen4
- Schmerzen in dem Gebiet, das nach oben durch die Linea nuchalis superior, nach unten durch den ersten Brustwirbel und seitlich durch die schultergelenksnahen Ansätze des Musculus trapezius begrenzt wird.
- Einteilung nach Dauer
- akute (0–3 Wochen Dauer)
- subakute (4–12 Wochen Dauer)
- chronische (länger als 12 Wochen Dauer)
- Einteilung nach Ätiologie
- nicht spezifisch
- keine spezifisch behandlungs- oder abklärungsbedürftige Ursache
- spezifisch
- Verdacht auf radikuläre Reizung, Trauma, Z.
- Verdacht auf radikuläre Reizung, Trauma, Z.
- nicht spezifisch
Häufigkeit
- Nackenschmerzen treten bei 30–50
- Nackenschmerzen machen 4
beiminHausarztder Hausarztpraxis aus.3 Laut einer britischen Studie litten 34 % des Pflegepersonals über einen Zeitraum von 13 Monaten mindestens einmal an Nacken- oder Schulterschmerzen, und der stärkste Hinweis auf die Schmerzen waren frühere Beschwerden.4Unter dänischen Frauen mit einem Computerarbeitsplatz betrug die 1-Jahres-Prävalenz 53 % für mehr als 7 Tage mit Nackenschmerzen.5- Geschlecht und Alter
- Frauen sind stärker betroffen.
- Die Prävalenz steigt mit dem Alter, dies gilt vor allem für chronische Beschwerden.
- Akute Schmerzen sind am häufigsten bei jungen Erwachsenen.
- Konsequenzen
- Sie sind eine der häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Fehlzeiten.
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ätiologie der Myalgie im Nacken ist multifaktoriell. Durch eine schlechte Haltung, eine einseitige monotone Belastung und Überstreckung können Schmerzen im Nacken entstehen.
- Andere Faktoren, die zu einer Myalgie im Nacken führen können, sind Ängstlichkeit, Depressivität und Stress.
34 - Auch bei mittels bildgebender Verfahren belegten degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule
mittels bildgebender Verfahrensind myofasziale Schmerzen meist die Hauptursache für Nackenschmerzen. - Nicht
34- keine spezifisch behandlungs- oder abklärungsbedürftige Ursache
- Spezifische Nackenschmerzen
34- Trauma
- radikuläre Reizung
- Systemerkrankung (Neoplasie, Infektion, Entzündung, Osteoporose, Langzeitmedikation mit Steroiden)
- Z.
Prädisponierende Faktoren
- Mögliche Risikofaktoren sind z.
34 - Psychische Belastungen (Stress, Arbeit), Ängstlichkeit, Depressivität und Somatisierung sind Risikofaktoren für chronische Verläufe
,.34-45
ICPC-2
L83L01HalswirbelsäulensyndromNackensymptomatik/Beschwerden
ICD-10
- M54.9 Rückenschmerzen nicht näher bezeichnet: Zervikalbereich
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinische Diagnose4
- basierend auf Anamnese und körperlicher Untersuchung
- Ohne Hinweis auf spezifische Ursache oder abwendbar gefährlichen Verlauf ist keine Bildgebung erforderlich.
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
Schmerzen in dem Gebiet, das nach oben durch die Linea nuchalis superior, nach unten durch den ersten Brustwirbel und seitlich durch die schultergelenksnahen Ansätze des Musculus trapezius begrenzt wird.- Hinweise auf abwendbar gefährliche Verläufe
- Trauma,
Zustand nachZ. n. Operationen, Neurologie - radikuläre Symptomatik
- sensible oder motorische Ausfälle
- Parästhesien
- Meningismus
- Bewusstseinsstörung
- gleichzeitige Kopfschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen, Schwindel
- Trauma,
- Osteoporose oder Langzeitmedikation mit Steroiden
- Hinweis auf Systemerkrankung/extravertebrale Ursache (Neoplasie, Infektion, Entzündung)
- Fieber
- reduzierter Allgemeinzustand
- Gewichtsverlust
Anamnese
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
- Schmerzcharakteristika
- Ausstrahlung in den Arm (dermatombezogen/dermatomübergreifend)?
- Motorische Ausfälle/Taubheitsgefühl/Parästhesien (dermatombezogen)?
- Eigene Behandlungsversuche (u.
- Allgemeinzustand (Bewusstseinsstörung, Fieber, reduzierter Allgemeinzustand, Gewichtsverlust)?
- Systemerkrankungen (Neoplasie/Osteoporose)?
- Steroidmedikation?
- Gleichzeitige Kopfschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen, Schwindel?
- Risikofaktoren für chronische Verläufe (Arbeit, Stimmungslage)?
Klinische Untersuchung
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
- Inspektion
- Haltung
- Deformitäten
- Verletzungszeichen
- Mobilität
- Palpation
- Dornfortsätze und Querfortsätze
- muskuläre Verspannungen
- Hauttemperatur
- Beweglichkeitsprüfung
- Ante-, Retroflexion
- Rotation
- Seitneigung
- Meningismus?
Weitere Diagnostik in der Hausarztpraxis
- Bei Verdacht auf eine ernste Ursache
34- Labor: BB, Differenzialblutbild, BSG, CRP, ggf. Ca, Eiweißelektrophorese, Nierenwerte, AP
Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen
- Keine Bildgebung ohne Hinweis auf spezifische Ursache oder abwendbar gefährlichen Verlauf
34 - Röntgen
- Röntgen ist als Routineuntersuchung nicht angezeigt.
- Degenerative Veränderungen treten häufig bereits früh im Erwachsenenalter auf und sind in der Regel nicht symptomgebend.
- MRT
- Eine MRT kann bei neurologischen Anfällen
deroder anderen Hinweisen auf eine ernste Ursache indiziert sein.
- Eine MRT kann bei neurologischen Anfällen
- Elektrophysiologie
- zum Nachweis einer Nervenaffektion
Indikationen zur Überweisung
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
BieBei Hinweis auf eine eindeutige Ursache der Symptome kann eine ÜberweisungzumanNeurologenNeurologie, Orthopädendie oderInternistenInnere Medizin erforderlich sein.- Im Notfall stationäre Einweisung (Meningismus, Kopfschmerzen mit Erbrechen, akut verschlechterter Allgemeinzustand, Bewusstseinstrübung, neurologische Ausfälle nach Trauma oder Operation)
Therapie
Allgemeines zur Therapie
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
- Beratung über
- den zumeist harmlosen Charakter der Nackenschmerzen
- die hohe spontane Besserungstendenz
- die Neigung zu Rezidiven.
- Ermitteln
Sieund Ansprechen prädisponierendedisponierender Faktoren (Übergewicht, Schwangerschaft, Arbeitssituation, chronischer Stress, Depressivität oder Ängstlichkeit). - Beratung zum Selbstmanagement
- Bewegung soll empfohlen werden.
- Lokale Wärme kann empfohlen werden.
- Kurzfristig können NSAR empfohlen werden.
- Körperliche Aktivität und Physiotherapie werden empfohlen.
6 - Mobilisation (u.
- Bei subakuten und chronischen Nackenschmerzen kann Krankengymnastik angeboten werden.
- Akupunktur kann bei chronischen Nackenschmerzen helfen.
7 - Ruhigstellungen sollen nicht durchgeführt werden.
- Injektionstherapien (Neuraltherapie, Quaddeln) sollen nicht durchgeführt werden.
- Muskelrelaxanzien sollen nicht empfohlen werden.
Empfehlungen für PatientenPatient*innen
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
- Frühe
RückkehrWiederaufnahmezurderArbeitAktivität - Bewegung
- Krankengymnastik
- Erlernen von Entspannungsverfahren
Medikamentöse Therapie
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen3
NSARDerkurzfristigfolgendebeiAbschnitt basiert auf dieser Referenz.4- Bei akuten
oderund subakuten NackenschmerzenohnekönnenernstekurzfristigUrsacheNSAR eingenommen werden. - Beispiel: Ibuprofen 400–600 mg 3 x tgl.
Weitere Therapien
ManuelleDerTherapieEinefolgendeMobilisationAbschnittscheintbasierteineaufpositivedieserWirkung zu habenReferenz.8-94EineKrankengymnastik- Kann
zervikalebeiManipulationsubakuten undMobilisationchronischenzeigenNackenschmerzeneineangebotenkurzfristigewerden.
- Kann
- Manuelle
Wirkung. Es stehen keine Langzeitdaten zur Verfügung (Ia).10Therapie
- Mobilisation und Manipulation können bei akuten, subakuten und chronischen Nackenschmerzen angeboten werden.
3
Mechanische Traktionunzureichende Evidenz für eine Empfehlung3
Massageunzureichende Evidenz für eine Empfehlung3
Elektrotherapie: TENS (transkutane elektrische Nervesnstimulation), Iontophorese, Magnetfeld3unzureichende Evidenz für eine EmpfehlungEine Studie zur Therapie mit Tiefenwärme (Kurzwellentherapie) zeigte keinen Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen Therapien (Ib).116
- Bewegungstherapie (Qigong, Atemübungen, Kraftübungen, Fitnesstraining, Dehnübungen allein)
3
- moderate Evidenz für Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung
- Dehnübungen allein haben keinen nachweisbaren Effekt.
- Akupunktur
- moderate Evidenz für kurzfristige Schmerzlinderung
3 Reduziert Schmerzen besser als die Sham-Akupunktur und führt zu einer kurzzeitigen Funktionsverbesserung.7,12-13Laut einer Studie kommt es im Vergleich zu Massagen nach einer Reihe von Akupunkturbehandlungen zu einer kurzfristigen Linderung von Schmerzen und Steifheit. Die Langzeitwirkung ist nicht dokumentiert.14
- moderate Evidenz für kurzfristige Schmerzlinderung
Lasertherapie mit niedriger IntensitätEine Metaanalyse zeigt eine deutliche Wirkung der Lasertherapie mit niedriger Intensität bei akuten und chronischen Nackenschmerzen.15Derzeit gibt es hierzu keine Empfehlung.
Steroidinjektionen?Sind für die Therapie nicht angezeigt.
- Verhaltenstherapie
- moderate Evidenz für eine kurzfristige Schmerzlinderung
- Kann bei chronischen Nackenschmerzen durchgeführt werden.
3
AnsätzeUnzureichendederEvidenzkognitivenfürTherapieeinekönnenEmpfehlunginvon:- mechanischer
EinzelfällenTraktion - Massage
- Elektrotherapie:
besserTENSgeeignet(TranksutaneseinelektrischealsNervenstimulation),traditionelleIontophorese,Therapieformen.16Magnetfeld - Patientenedukation (Ratschläge zu körperlicher Aktivität, Stressmanagement, Arbeitsplatzergonomie)
unzureichendemultidisziplinäreEvidenzbiopsychosozialefür eine Empfehlung3Rehabilitation.
- mechanischer
MultidisziplinäreNichtbiopsychosozialeangebotenRehabilitationwerden sollen:unzureichendeSteroidinjektionen- Muskelrelaxanzien
- Injektionstherapie
Evidenzmitfür eine Empfehlung3Lokalanästhetika.
Prävention
- Eine ergonomische Anpassung und Bewegung wurden in mehreren Studien untersucht, aber die Qualität der Studien ist im Allgemeinen nicht ausreichend
(la).177 - Es ist unklar, welche Bedeutung ergonomische Maßnahmen haben.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Die Nackenschmerzen gehen in der Regel innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen von selbst vorüber.
- Bei vielen Betroffenen kommt es zu wiederkehrenden Beschwerden, manche
PatientenPatient*innen zeigen einen chronischen Verlauf. - Nackenschmerzen sind in vielen Branchen die häufigste Ursache für Fehlzeiten.
Prognose
- Werden die Schmerzen durch eine Überlastung hervorgerufen, ist die Prognose gut.
- Bei psychosozialen Ursachen besteht ein Risiko für eine Chronifizierung.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die PatientenPatient*innen informieren?
Leitlinie: Handlungsempfehlung Nackenschmerzen34
MuskuläreWesentlicheNackenschmerzenBestandteilesinddersehrBeratunghäufigsolltenund können durch akute Überanstrengung oder chronische Fehlbelastung/Überlastung entstehen, aber auch Stress und psychische Probleme können die Beschwerden hervorrufen.Informieren Sie die Patienten über dender zumeistharmlosenharmlose Charakter der Nackenschmerzen, dieSpontanheilungstendenzspontane Besserungstendenz und die Neigung zu Rezidiven sein.Körperliche Bewegung soll empfohlen werden.Informieren Sie die Patienten über dieDie Grenzen von Diagnostik und Therapie sollten offen angesprochen werden.- Patient*innen sollten auf mögliche Risikofaktoren für Nackenschmerzen aufmerksam gemacht (z. B. Übergewicht, Schwangerschaft und Arbeitssituation) und offen auf chronischen Stress, Depressivität oder Ängstlichkeit angesprochen werden.
- Patient*innen, die regelmäßig NSAR einnehmen, sollten auf mögliche Nebenwirkungen hingewiesen werden.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.
DEGAM S1 HandlungsempfehlungNackenschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-007. S1, Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
- Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al
.. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D&F, 2018. - Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
- Barreto TW, Svec JH. Chronic Neck Pain: Nonpharmacologic Treatment. Am Fam Physician. 2019 Aug 1;100(3):180-182. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. DEGAM S1 Handlungsempfehlung Nackenschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-007, Stand 2016. www.awmf.org
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AutorenAutor*innen
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
GDie ursprünterngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL,Ollenschläger, Profhttps://legehandboka.Drno/).Dr. med., Professor für Innere Medizin, Uniklinikum KölnAnne Söderlund, professor och leg sjukgymnast, Akademin för hälsa, vård och välfärd, Mälardalens högskola, VästeråsStephan Schüler, avdelningsöverläkare, Nevrologisk avdeling, Sykehuset Namsos