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Restless-Legs-Syndrom (RLS)

Zusammenfassung

  • Definition:Das Restless-Legs-Syndrom ist charakterisiert durch Bewegungsdrang und Missempfindungen der Beine in Ruhe, eine zirkadiane Rhythmik mit Überwiegen der Symptome am Abend und in der Nacht sowie rasche Symptomlinderung durch Bewegung.
  • Häufigkeit:Häufige Erkrankung, Lebenszeitprävalenz ca. 5–10 %.
  • Symptome:Bewegungsdrang, Missempfindungen in den Beinen.
  • Befunde:Körperliche Untersuchung unauffällig.
  • Diagnostik:Diagnosestellung erfolgt durch Anamnese. Laborchemisch evtl. Nachweis eines Eisenmangels.
  • Therapie:Allgemeinmaßnahmen wie Meidung von Genussmitteln, Bäder/Massagen, Schlafhygiene. Absetzen auslösender Medikamente. Bei Eisenmangel Substitution. L-Dopa/Dopaminagonisten Medikamente der 1. Wahl, bei schwereren Verläufen Antikonvulsiva oder Opioide.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist charakterisiert durch:1
    • erheblichen Bewegungsdrang der Beine (seltener auch der Arme)
    • Auftreten ausschließlich in Ruhe
    • Besserung durch Bewegung
    • besonders starke Ausprägung abends/nachts.
  • Synonym: nach den Erstbeschreibern auch als Willis-Ekbom-Syndrom bezeichnet

Klassifikation nach dem klinischen Verlauf

  • Chronisch-persistierend: Auftreten mindestens 2 x/Woche im vergangenen Jahr2
  • Intermittierend: Auftreten seltener als 2 x/Woche im vergangenen Jahr, insgesamt mindestens 5 Ereignisse2

Häufigkeit

  • Häufige neurologische Erkrankung (Häufigkeit vergleichbar mit Migräne)3-4
  • Prävalenz
    • Lebenszeitprävalenz ca. 5–10 %5-6
  • Alter
    • Erkrankung kann in jedem Alter aufreten.4
    • Inzidenz steigt mit dem Alter.6-7
      • „Early-Onset“-RLS: Beginn vor dem 30. oder 45. Lebensjahr, weist eine familiäre Häufung und einen zumindest zu Beginn milderen Verlauf auf.
      • „Late-Onset“-RLS: nach dem 45. Lebensjahr
    • ca. 1 % der Kinder betroffen8
  • Geschlecht
    • Frauen zu Männern ca. 2:19
  • Familiäre Häufung
    • unter Verwandten 1. Grades 3- bis 4-mal häufiger als in der Normalbevölkerung5

Bedeutung für die hausärztliche Praxis

  • Eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen10
  • Allerdings im primärärztlichen Sektor unterdiagnostiziert und oft nicht adäquat behandelt4
  • Für die Patient*innen sind Ein- und Durchschlafstörungen häufig ein wichtiger Grund für die Konsultation.4
    • oft als unspezifische „Schlafstörung“ fehlgedeutet11
  • Der Einfluss der Erkrankung auf die die Lebensqualität kann vergleichbar mit schweren chronischen Erkrankungen sein.8

Ätiologie und Pathogenese

  • Ätiologie und Pathophysiologie des RLS sind noch nicht geklärt.4
  • Als Pathomechanismen werden diskutiert:6
    • Funktionsbeeinträchtigungen im Eisenstoffwechsel
    • Störungen im Dopaminhaushalt und im endogenen Opioidsystem
    • Gewebehypoxie.
  • Strukturelle Veränderungen des ZNS sind bislang nicht beschrieben.4
  • Im Allgemeinen wird zwischen primärem (idiopathischen) und sekundärem RLS unterschieden.5
    • Bei der primären Form geht man von einer komplexen genetischen Erkrankung mit genetischer Heterogenität aus.4
    • Bei der Entstehung der sekundären Formen scheinen verschiedene Prädispositionen beteiligt zu sein (u. a. Eisenmangel, Niereninsuffizienz, hormonelle Störungen, Stoffwechselstörungen).4
  • Möglicherweise ist die Erkrankung aber auch eher als kontinuierliches Spektrum mit Interaktionen zwischen vorwiegend genetischen Einflußgrößen auf der einen sowie von Umweltfaktoren und Komorbiditäten auf der anderen Seite zu sehen.12

Primäre (idiopathische) Form

  • Üblicherweise wird von primärem RLS gesprochen, wenn keine Ursache gefunden wird, im Verlauf sollte aber immer wieder eine Überprüfung dieser Einschätzung stattfinden.8
  • Es besteht eine genetische Disposition, ca. die Hälfte der Patient*innen mit primärem RLS weist eine positive Familienanamnese auf.1,13

Sekundäre Form – prädisponierende Faktoren

  • Die Assoziation mit RLS ist für eine ganze Reihe von Erkrankungen und weiteren Einflussgrößen beschrieben.
  • Sehr wahrscheinlich ist ein Zusammenhang bei:
    • Eisenmangel12
      • Eisen wird zur Dopaminbildung benötigt, Patient*innen mit RLS weisen einen verminderten Eisengehalt im Gehirn auf.14-16
      • Ein RLS ist in allen bekannten Risikogruppen für Eisenmangel häufiger.17
      • schwerere Symptome des RLS bei Patient*innen mit Eisenmangel17
    • Niereninsuffizienz12
      • Bis zu 60 % der dialysepflichtigen Patient*innen leiden an einem RLS.18
    • Schwangerschaft17,19
      • bis zu 20 % der Schwangeren betroffen, vor allem im 3. Trimenon
  • Assoziationen sind auch beschrieben für:1,5,8,20
  • Medikamente, die ein RLS auslösen oder verschlimmern können:8
    • Antidepressiva
      • Mirtazipin (bis zu 1/3 der Patient*innen)
      • Citalopram
      • Fluoxetin
      • Sertralin
      • Paroxetin
    • andere Psychiatrika
      • Haloperidol
      • Olanzapin
      • Quetiapin
      • Risperidon
      • Lithium
    • Antiepileptika
      • Phenytoin
      • Methosuximid
    • weitere Substanzen
      • Simvastatin
      • Interferon-Alpha
      • Koffein
      • L-Thyroxin.

Periodische Beinbewegungen im Schlaf

  • Bei der Mehrzahl der Patient*innen (ca. 80 %) mit RLS treten periodische Beinbewegungen im Schlaf auf (PLMS = Periodic Limb Movement in Sleep).21
    • Im Einzelfall können auch die oberen Extremitäten betroffen sein.22
  • Detektion im Rahmen einer Polysomnografie bei bis zu 80 % der Fälle6
    • Können auch ohne RLS auftreten.
  • Es handelt sich um kurze, stereotype und wiederholte Bewegungen:22
    • rhythmisches Strecken der großen Zehe und Dorsalflexion des Fußgelenks mit oder ohne Beugung von Knie oder Hüfte
  • Periodizität der Bewegungen, typischerweise Wiederholung alle 20–30 s22
  • Dauer ca. 0,5–1 s5
  • PLMS können zum Aufwachen führen bzw. das Erreichen tieferer Schlafstadien verhindern.6
  • PLMS können auch mit nächtlichen Blutdrucksteigerungen und erhöhter Herzfrequenzvariabilität einhergehen.10
  • Bei Erwachsenen gelten mehr als 15 PLMS-Ereignisse/h als pathologisch (bei Kindern mehr als 5).22

ICPC-2

  • N04 Restless legs

ICD-10

  • G25.81 Syndrom der unruhigen Beine [Restless-Legs-Syndrom]
  • O26.8- Sonstige näher bezeichnete Zustände, die mit der Schwangerschaft verbunden sind
    • einschl. Restless Legs im Rahmen einer Schwangerschaft

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Diagnosekriterien der International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLSSG):2,23
    1. Bewegungsdrang der Beine (seltener der Arme), häufig (nicht immer) verbunden mit Missempfindungen
    2. Beginn oder Verschlechterung in Ruhe/Inaktivität wie Sitzen oder Liegen
    3. Besserung durch Bewegungen wie Laufen oder Strecken, mindestens für die Dauer der Aktivität
    4. Auftreten/Verschlechterung nur abends/nachts
    5. keine andere Grunderkrankung als alleinige Erklärung für die Beschwerden.
  • Unterstützende Kriterien sind:23
    • periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS)
    • Ansprechen auf dopaminerge Substanzen
    • relativ geringe Tagesschläfrigkeit im Verhältnis zur verkürzten Schlafzeit
    • positive Familienanamnese.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die Anamnese ist für die Diagnosestellung wegweisend.
  • Art der Beschwerden
    • Bewegungsdrang, Unruhe
    • Missempfindung in den Beinen (oder Armen)
  • Zeitliches Auftreten der Beschwerden
    • in Ruhe
    • abends und nachts
  • Lokalisation der Beschwerden
    • beidseitig, einseitig oder alternierend10
    • „tief“ in der Waden- oder Oberschenkelmuskulatur10
  • Linderung
    • sofortige Besserung durch Bewegung 
    • Bei langjährigem Krankheitsverlauf und schwerer Symptomatik kann die Linderung schwächer ausfallen.6
  • Zeitlicher Verlauf10
    • zu Beginn der Erkrankung z. T. wochen- bis monatelange symptomfreie Intervalle
    • häufig chronisch-progredient
    • bei mildem Verlauf oft intermittierend oder für Jahre spontan remittierend
  • Folgen
    • Schlafstörungen, nächtliches Erwachen
      • Tagesmüdigkeit möglich, im Verhältnis zur Schlafstörung gering ausgeprägt
    • soziale und berufliche Einschränkungen (z. B. Teilnahme an Konzerten, Kongressen, langen Reisen etc.)
    • Depression, Ängste
  • Familienanamnese
  • Vor- und Begleiterkrankungen

Klinische Untersuchung

  • Körperliche Untersuchung unauffällig

Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

  • Missempfindung in den Beinen tritt auch bei anderen Erkrankungen auf, Abgrenzung aber klinisch häufig recht gut möglich.8
  • Ein RLS tritt nicht selten gemeinsam mit einer Polyneuropathie auf, zur Abgrenzung hilft die einfache Frage: „Welcher Anteil der Missempfindungen geht weg, wenn Sie sich bewegen, welcher bleibt, wenn Sie sich bewegen?“24

Schweregradbeurteilung

  • Der Schweregrad der Erkrankung kann mithilfe der von der International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLS) entwickelten Skala beurteilt werden.25
  • Siehe Beurteilungsbogen der IRLS zum Restless-Legs-Syndrom.25
  • Der Fragebogen besteht aus 10 Fragen, bei jeder Antwort werden abhängig von der Ausprägung der Beschwerden zwischen 0 und 4 Punkten vergeben, somit insgesamt maximal 40 Punkte.
  • Es resultiert eine Schweregradeinteilung in:
    • kein RLS (0 Punkte)
    • leichtes RLS (1–10 Punkte)
    • mittelgradiges RLS (11–20 Punkte)
    • schweres RLS (21–30 Punkte)
    • sehr schweres RLS (31–40 Punkte)
  • Die Schweregradeinteilung ist auch von Bedeutung für die Indikationsstellung zur medikamentösen Behandlung (s. u.).

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Labor

Diagnostik bei Spezialist*innen

Polysomnografie mit Elektromyografie

  • Nachweis und Quantifizierung von periodischen Beinbewegungen (PLMS)

Elektrophysiologie

Indikationen zur Überweisung

  • Auf eine Überweisung kann verzichtet werden bei:8
    • klarer Symptomatik
    • fehlenden Differenzialdiagnosen
    • erfolgreicher Erstbehandlung.
  • Überweisen werden sollte bei:24 
    • unklarer Symptomatik, schwieriger Abgrenzung gegen Komorbiditäten (z. B. Polyneuropathie)
    • Augmentation (Zunahme der Beschwerden unter dopaminerger Medikation). 

Therapie

Therapieziel

  • Symptomlinderung

Allgemeines zur Therapie

  • Die Notwendigkeit einer Behandlung hängt vom Leidensdruck ab, insbesondere vom Ausmaß des Bewegungsdrangs und der Schlafstörungen.1
  • Komponenten der Behandlung sind:
    • Allgemeinmaßnahmen
    • Absetzen auslösender Medikamente
    • medikamentöse Therapie
      • Substitution bei Eisenmangel
      • Dopaminerge Substanzen (L-Dopa/Benserazid und Dopaminagonisten)
      • Opioide
      • Antikonvulsiva

Allgemeinmaßnahmen

  • Schlafhygiene
  • Regelmäßige Lebensführung
  • Körperliche Aktivität
  • Dehnübungen
  • Massagen
  • Heiße oder kalte Bäder
  • Vermeidung von Alkohol, Koffein und Nikotin

Absetzen von auslösenden Medikamenten

  • Eine Reihe von Medikamenten sind mit dem erstmaligen Auftreten oder der Verschlechterung eines RLS assoziiert (s. o.).
  • Diese sollten, sofern dies möglich ist, abgesetzt werden.1
    • Vor allem bei Antidepressiva ist ein Absetzen aber nur empfehlenswert, wenn die Behandlung nicht mehr zwingend erforderlich ist und ein gesicherter zeitlicher Zusammenhang mit dem Auftreten des RLS besteht.1

Medikamentöse Therapie

Behandlung eines Eisenmangels

  • Dem Ausgleich eines Eisenmangels wird in den vergangenen Jahren zunehmende Bedeutung in der Therapie beigemessen.26
    • Durch Eisensubstitution wird mit dem zerebralen Eisenmangel eine der mutmaßlichen Hauptursachen des RLS behandelt.16
    • Eine Cochrane-Analyse zeigt eine Verbesserung des RLS-Schweregrades durch Eisensubstitution im Vergleich zu Placebo.27
  • Gemäß der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gilt ein Ferritinwert < 50 μg/l (< 105,5 pmol/l) als Therapieindikation.1 
  • Empfehlungen gemäß der Konsensusleitlinien der IRLSSG (International Restless Legs Syndrome Study Group)5,16
    • Substitution sollte erfolgen, wenn:
    • primär orale Gabe von Eisen(II)sulfat 325 mg (entsprechend 65 mg Eisen) plus Vitamin C 100 mg 2-mal tgl. über 12 Wochen
      • Beendigung der Substitution nach 12 Wochen, Wiederaufnahme bei klinischer Verschlechterung
    • I. v. Gabe von Eisen sollte durchgeführt werden, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
      • Unwirksamkeit der oralen Therapie
      • Unverträglichkeit der oralen Therapie
      • Umstände, die Resorption/Wirksamkeit von oralem Eisen unwahrscheinlich machen.
      • Klinisches Bild macht raschere Wirkung im Vergleich zur oralen Gabe notwendig.
      • Eisencarboxymaltose 1.000 mg i. v über 15 min
        • klinische Evaluation nach 6–12 Wochen
        • Laborkontrolle (Ferritin, Transferrinsättigung) nach 8 und 16 Wochen
        • ggf. Wiederholung der Infusion bei erneuter klinischer Verschlechterung nach initialem Ansprechen oder Rückgang der Laborwerte nach Infusion.

Dopaminerge Wirkstoffe

  • Dopaminerge Substanzen mit guter Wirksamkeit28-31
  • Wichtigste Substanzen für die First-Line-Therapie
  • L-DOPA/Benserazid ohne Zulassungsbeschränkungen bei allen Schweregraden einsetzbar
    • in der Praxis Einsatz von L-DOPA vorwiegend bei leichtgradigen bzw. intermittierenden Beschwerden (auch als Bedarfsmedikation)4,6
      • Cave: bei hohen Dosen oder kontinuierlicher Therapie erhöhtes Augmentationsrisiko!
  • Bei mittlerem bis schwerem RLS kommen vor allem Non-Ergot-Dopaminagonisten zum Einsatz:6
    • Pramipexol
    • Ropinirol
    • Rotigotin-Pflaster.
  • Dopaminagonisten sollten einschleichend und mit der niedrigsten Dosis beginnend verabreicht werden.6
  • Nebenwirkungen der Dopaminagonisten insbesondere in den ersten Wochen
    • Übelkeit, Benommenheit, orthostatische Dysregulation
Augmentation als wichtige Nebenwirkung dopaminerger Wirkstoffe
  • Augmentation ist die wichtigste Nebenwirkung der dopaminergen Therapie.1
    • am häufigsten unter L-Dopa-Therapie, Auftreten aber auch unter Dopaminagonisten möglich
  • Wahrscheinlichkeit des Auftretens steigt mit der Höhe der Dosis
  • Symptomatik einer Augmentation.1
    • früheres Auftreten der RLS-Symptome im Tagesverlauf
    • zunehmende Intensität der Symptome tagsüber und/oder
    • Ausbreitung der Symptome auf andere Körperteile (z. B. Arme)
  • Niedriges Ferritin ist ein Risikofaktor.
  • Augmentation macht Dosisanpassung oder Wechsel der Substanz bzw. Substanzklasse erforderlich.32

Opioide

  • Wenn dopaminerge Medikamente nicht die gewünschte Wirkung zeigen, sind Opioide eine Alternative.
  • Oxycodon-Naloxon ist zugelassen zur Second-Line-Therapie bei mittlerem bis schwerem bis sehr schwerem RLS nach Unwirksamkeit der dopaminergen Therapie.33
  • Für andere Opioide (z. B. Tilidin, Fentanylpflaster) ist die Datenlage unzureichend.10

Antikonvulsiva

  • Alternativ können (off label) eingesetzt werden:
    • Pregabalin34
    • Gabapentin.35
  • Die Anwendung kann z. B. bei Patient*innen mit schmerzhafter Symptomatik oder Polyneuropathie sinnvoll sein.6,8

Medikamentöse Therapie in Abhängigkeit vom Schweregrad

  • Die Entscheidung über die Medikation ist u. a. abhängig von der Ausprägung des RLS, der Schweregrad kann z. B. mit der IRLS-Skala quantifiziert werden.1,25
Leichtes RLS oder RLS mit intermittierenden Beschwerden (IRLS < 15)
  • Medikamentöse Behandlung nicht zwingend, aber bedarfsgerecht möglich
  • Therapie ggf. mit L-Dopa/Benserazid
    • Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin) für leichtes RLS nicht zugelassen
  • Tagesdosis L-DOPA max. 200–300 mg, da sonst erhöhtes Augmentationsrisiko
Mittelgradiges bis schweres RLS (IRLS ≥ 15)
  • First-Line-Behandlung mit Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin-Pflaster), Beginn mit niedrigst möglicher Dosis, je nach Wirksamkeit im weiteren Verlauf Aufdosierung1
    • Pramipexol: Initialdosis 0,125 mg (entsprechend 0,088 mg Pramipexol-Base) 2–3 Stunden vor dem Zubettgehen
      • ggf. stufenweise Steigerung alle 4–7 Tage bis max. 0,75 mg/d
    • Ropinirol: Initialdosis 0,25 mg/d 1 x tgl. während 2 Tagen, für den Rest der Woche 0,5 mg 1 x tgl.
      • je nach Wirksamkeit Steigerung in wöchentlichen Schritten bis max. 4,0 mg 1 x tgl.
    • Rotigotin-Pflaster: Initialdosis 1 mg/24 h
      • je nach Wirksamkeit Steigerung wöchentlich um 1 mg/24 h bis max. 3 mg/24 h
  • Second-Line-Therapie von Patient*innen mit schwerem bis sehr schwerem RLS (IRLS ≥ 21) mit Opioid
    • Oxycodon/Naloxon: Initialdosis 5 mg/2,5 mg Oxycodon/Naloxon alle 12 Stunden
      • ggf. Höherdosierung in wöchentlichen Schritten bis max. 60 mg/30 mg Oxycodon/Naloxon
  • Off-Label-Therapie mit Antikonvulsiva
    • Sinnvolle Indikationen sind z. B. starke Schmerzen, begleitende Neuropathie oder Augmentation.5
      • Pregabalin: 50–450 mg tgl.5-6
        • Wirkung meist erst ab 150 mg6
      • Gabapentin: 300–1800 mg tgl.6

Sonstige Therapien

  • Pneumatische Kompression mit möglichem Nutzen6
  • Keine Evidenz für oder gegen Akupunktur36

Schwangerschaft

  • Behandlungsprinzipien in der Schwangerschaft19
    • Ein bei Schwangeren häufiger Eisenmangel sollte substituiert werden.
    • Ansonsten sollten nichtpharmakologische Maßnahmen bevorzugt werden.
    • Falls eine L-Dopa-Therapie notwendig ist, soll die Kombination L-Dopa/Carbidopa verwendet werden.
      • Die Kombination mit Benserazid ist wegen embryotoxischer Wirkung und Einbau in die Knochen kontraindiziert.6
  • Vorherige Konsultation der behandelnden Gynäkolog*in

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Schlafstörungen
  • Reduzierte Lebensqualität
  • PLMS möglicherweise mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert10
  • Erhöhtes Risiko für Depression37
  • Nebenwirkungen der Medikation (z. B. Augmentation bei dopaminergen Substanzen)

Prognose

  • Häufig chronisch-progredienter Krankheitsverlauf10
    • Meist nehmen Häufigkeit und Stärke im Verlauf zu.4
  • Zu Beginn der Erkrankung wochen- bis monatelange weitgehend symptomfreie Intervalle möglich6
  • Mildes RLS oft intermittierend oder für mehrere Jahre spontan remittierend10
  • Bei Krankheitsbeginn in höherem Alter eher schnellere Progredienz10
  • Bei Schwangeren ist die Prognose günstig, in bis zu 70 % Rückbildung der Symptome in den ersten Monaten nach Entbindung.6
  • In den meisten Fällen kann durch adäquate Behandlung eine deutliche Beschwerdelinderung erzielt werden.4

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLSSG): Evidence-based and consensus clinical practice guidelines for the iron treatment of restless legs syndrome/Willis-Ekbom disease in adults and children. Stand 2018. ncbi.nlm.nih.gov

Literatur

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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
G2581; O268-
N04
Restless Legs; Restless Legs Syndrom; RLS; Willis-Ekbom-Syndrom; Eisenmangel; Nierenversagen; Neuropathie; Periodische Beinbewegung im Schlaf; Periodic Leg Movents during Sleep; PLMS; L-Dopa; Dopaminantagonisten; Augmentation; Oxycodon; Pregabalin; Gabapentin; Schwangerschaft
Restless-Legs-Syndrom (RLS)
U-MK 05.02.2019, Eisensubstitution, wie in NEL beschrieben, eingefügt
BBB MK 03.02.2022 revidiert, aktualisiert. chck go 22.3. 2.9.16 MH CCC MK 24.09.2018, überarbeitet nach Leseranfrage
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Definition:Das Restless-Legs-Syndrom ist charakterisiert durch Bewegungsdrang und Missempfindungen der Beine in Ruhe, eine zirkadiane Rhythmik mit Überwiegen der Symptome am Abend und in der Nacht sowie rasche Symptomlinderung durch Bewegung.
Neurologie
Restless-Legs-Syndrom
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restless-legs-syndrom
SiteDisease
Restless-Legs-Syndrom
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