Restless-Legs-Syndrom

Menschen mit dieser Erkrankung leiden an Episoden mit einem quälenden, unwiderstehlichen Drang, die Unterschenkel zu bewegen. Dies ist begleitet von Missempfindungen in den Beinen und lässt sich durch Bewegung bessern.

Was ist das Restless-Legs-Syndrom?

Definition

Das Syndrom wird auch als RLS, unruhige Beine oder Willis-Ekbom-Krankheit bezeichnet. Menschen mit dieser Erkrankung leiden an Episoden von einem quälenden, unwiderstehlichen Drang, die Unterschenkel (seltener auch die Arme) zu bewegen. Die Beschwerden treten nur in Ruhe auf und bessern sich durch Bewegung. Abends oder nachts sind die Symptome am stärksten.

Symptome

Das Restless-Legs-Syndrom ist charakterisiert durch Bewegungsdrang und Missempfindungen der Beine in Ruhe. Die Symptome überwiegen am Abend und in der Nacht. Durch Bewegung kommt es zu einer raschen Symptomlinderung.

Oft treten Ein- und Durchschlafstörungen durch die o. g. Beschwerden auf. Der Schlaf kann aber auch durch periodische Beinbewegungen im Schlaf gestört sein. Diese Beinbewegungen (PLMS = Periodic Limb Movement in Sleep) kommen bei einer Mehrzahl der Patient*innen (ca. 80 %) vor. Es handelt sich dabei um kurze, stereotype, wiederholte Bewegungen: Rhythmisches Strecken der großen Zehe und des Fußgelenks mit oder ohne Beugung von Knie oder Hüfte. Die Bewegungen treten periodisch ca. alle 20 bis 30 Sekunden auf und dauern bis zu 1 Sekunde an. PLMS können zum Aufwachen führen bzw. das Erreichen tieferer Schlafstadien verhindern. PLMS können auch mit nächtlichen Blutdrucksteigerungen und erhöhter Herzfrequenzvariabilität einhergehen.

Die Allgemeinsymptome können durch Koffein, Alkohol und Nikotin verstärkt werden.

Andere mögliche Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen

Ursachen

Die Ursachen sind noch nicht hinreichend erklärt. Diskutiert werden verschiedene Störungen von Stoffwechselvorgängen, z. B. Eisen, dem Hormon Dopamin oder dem körpereigenen Opioidsystem. Auch eine Sauerstoff-Minderversorgung von Gewebe wird als mögliche Ursache vermutet.

Im Allgemeinen wird zwischen primärem (idiopathischen) und sekundärem RLS unterschieden.

Primäres RLS

  • Es wird keine zugrundeliegende Erkrankung gefunden.
  • Es besteht eine genetische Veranlagung, ca. die Hälfte der Patient*innen mit primärem RLS weist eine positive Familienanamnese auf.

Sekundäres RLS

Häufigkeit

  • Die Erkrankung kann in jedem Alter treten, auch Kinder können betroffen sein (1 %). Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens erhöht sich aber mit dem Alter.
  • Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb seines Lebens ein Restless-Legs-Syndrom zu entwickeln, liegt bei etwa 5–10 %.
  • Frauen sind häufiger betroffen als Männer (2:1).
  • Fälle, die vor dem 45. Lebensjahr auftreten, weisen oft eine familiäre Häufung auf. Unter Verwandten 1. Grades kommt das Restless-Legs-Syndrom 3- bis 4-mal häufiger als in der Normalbevölkerung vor.

Untersuchungen

Körperliche Untersuchung

Die Diagnose wird auf Grundlage der von den Betroffenen beschriebenen typischen Symptome gestellt. Die Betroffenen werden gründlich körperlich untersucht, um evtl. Hinweise auf eine zugrunde liegende Krankheit zu finden, wie z. B. die Nervenerkrankung Polyneuropathie. Bei einem Verdacht werden zusätzliche Untersuchungen folgen, etwa zur Muskelaktivität oder der Nervenleitgeschwindigkeit.

Liegt ein RLS nahe, so gibt es aber keine zusätzlichen Untersuchungen, durch die sich die Diagnose bestätigen oder widerlegen lässt. Allerdings gibt es Diagnosekriterien:

Diagnosekriterien der International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLSSG)

  • Bewegungsdrang der Beine (seltener der Arme), häufig (nicht immer) verbunden mit Missempfindungen
  • Beginn oder Verschlechterung in Ruhe/Inaktivität wie Sitzen oder Liegen
  • Besserung durch Bewegungen wie Laufen oder Strecken, mindestens für die Dauer der Aktivität
  • Auftreten/Verschlechterung nur abends/nachts
  • Keine andere Grunderkrankung als alleinige Erklärung für die Beschwerden

Unterstützende Kriterien

  • Periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS)
  • Ansprechen auf Medikamente, die Dopamin enthalten („dopaminerg“).
  • Relativ geringe Tagesschläfrigkeit im Verhältnis zur verkürzten Schlafzeit
  • Positive Familienanamnese

Weitere Maßnahmen

Das Blut sollte untersucht werden, insbesondere der Eisengehalt des Körpers, da RLS oft mit einem Eisenmangel einhergeht. Wenn der Test einen Eisenmangel anzeigt, können Eisenprärate und eine entsprechende eisenreiche Ernährung zu einer Linderung der Symptome führen.

Zur genaueren Beurteilung der Schlafqualität können Untersuchungen im Schlaflabor sinnvoll sein.

Die Ärzt*innen können auch testen, ob bestimmte Medikamente gegen RLS bei den Betroffenen wirken: Tritt eine Besserung der Symptome ein, ist die Diagnose RLS wahrscheinlich.

Behandlung

Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern. Aktuell existiert keine Behandlung, die zu einer vollständigen Heilung führt. Ob eine Behandlung erforderlich ist, hängt davon ab, wie sehr die Betroffenen durch die Beschwerden beeinträchtigt sind. 

Allgemeinmaßnahmen

  • Sorgen Sie für einen guten Schlaf.
  • Regelmäßige Lebensführung
  • Körperliche Aktivität
  • Dehnübungen
  • Massagen
  • Heiße oder kalte Bäder
  • Vermeiden Sie Alkohol, Koffein und Nikotin.

Medikamentöse Therapie

Es ist wichtig, festzustellen, ob andere Ursachen (wie z. B. Eisenmangel) vorliegen, und diese ggf. zu behandeln. Eventuell kann die Behandlung mit den o. g. Medikamenten, die diese Beschwerden verursachen können, beendet oder umgestellt werden – allerdings nur in Absprache mit den behandelnden Ärzt*innen!

Es gibt wirksame Medikamente gegen die Erkrankung, sog. dopaminerge Mittel, die auch bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit zum Einsatz kommen. Die beiden Erkrankungen haben jedoch grundsätzlich nichts miteinander zu tun. Dopaminerge Mittel führen bei vielen Patient*innen zu einer Linderung der Symptome. Sie sind jedoch nicht frei von Nebenwirkungen; die Beschwerden können sich bei manchen Patient*innen sogar verstärken. Deshalb sollte gemeinsam mit den behandelnden Ärzt*innen kritisch geprüft werden, ob eine medikamentöse Behandlung erforderlich ist.

Als Alternative zu den verschiedenen dopaminergen Mitteln können Patient*innen Wirkstoffe einnehmen, die auch gegen Krampfanfälle eingesetzt werden. Schmerzmittel auf der Basis von Opioiden sind ebenfalls eine mögliche Option.

Schwangerschaft

Tritt RLS während einer Schwangerschaft auf, sollten Allgemeinmaßnahmen erfolgen und bei Eisenmangel Eisen substituiert werden. Bei starken Beschwerden können nach Rücksprache mit den behandelnden Gynäkolog*innen ggf. dopaminerge Medikamente verordnet werden. Nach der Geburt bessern sich meist auch die Symptome.

Was können Sie selbst tun?

  • Bewegung ist hilfreich, wenn die Beschwerden auftreten.
  • Eine regelmäßige Lebensführung
  • Regelmäßiger ausreichender Schlaf, ggf. Aneignung bestimmte Rituale, um besser einschlafen zu können (Schlafhygiene).
  • Entspannungsübungen
  • Massagen und Dehnungsübungen können ebenfalls die Symptome lindern.
  • Warme oder kühle Bäder sind ebenfalls bei einigen Betroffenen hilfreich.
  • Auf Alkohol, Koffein und Tabak sollte verzichtet werden.

Prognose

Es gibt große Unterschiede im Verlauf. Das Restless-Legs-Syndrom ist meist eine chronische lebenslange Erkrankung. Die Symptome verschlimmern sich manchmal mit dem Alter. Probleme mit dem Einschlafen sind sehr häufig und können zu Störungen des Tagesrhythmus und weiteren Beschwerden führen.

In den meisten Fällen kann aber durch adäquate Behandlung eine deutliche Beschwerdelinderung erzielt werden.

Bei RLS in der Schwangerschaft gehen die Beschwerden bei 70 % der Patientinnen innerhalb der ersten Monate nach der Entbindung zurück.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Restless-Legs-Syndrom. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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