Therapie:Lokale Therapie mit salinischen Lösungen, Kortikosteroide, Antibiotika, ggf. operative Therapie.
Allgemeine Informationen
Definition
Eine Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) ist in den meisten Fällen von einer Entzündung der Nasenschleimhäute begleitet. Deswegen wird häufig von einer Rhinosinusitis gesprochen.
Nasennebenhöhlenentzündungen werden nach ihrer Dauer unterteilt:1
rezidivierende akute Rhinosinusitis mit mindestens 4 Episoden einer akuten RS im Zeitraum von 12 Monaten (gerechnet ab der ersten Episode) mit zwischenzeitlich vollständiger Rückbildung der Symptomatik
chronische Rhinosinusitis mit Fortdauern der Symptomatik über 12 Wochen, mit (CRScNP) oder ohne (CRSsNP) nasale Polypen.1
Häufigkeit
Die Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis beträgt in Europa etwa 10 %, mit Polypen etwa 4 %.2
Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an, Frauen sind häufiger betroffen.
Ätiologie und Pathogenese
Eine rezidivierende akute Sinusitis mit Abflussbehinderung kann zu bleibenden Schleimhautveränderungen (Epithelmetaplasie, submuköse Fibrose) und chronischer Rhinosinusitis führen.
Darüber hinaus kann es zu bakteriellen Superinfektionen als Komplikationen (akut exazerberierte chronische Rhinosinusitis) kommen.2
Auch Pilze können Ursache einer chronischen Rhinosinusitis sein, insbesondere bei Immundefiziten.3
Bei der chronische Rinosinusitis mit Polypen (auch Polyposis nasi genannt) findet sich polypös-hyperplastisches Gewebe in Nasenhaupthöhle und/oder Nasennebenhöhlen.4
Durch anhaltende Entzündungen ist die Balance zwischen den T-Helferzellen gestört.
Insbesondere der T2-Endotyp spielt eine wichtige Rolle.5
In ca. 20 % der Fälle von chronischer Rhinosinusitis besteht gleichzeitig Asthma, das gilt vor allem für die Fälle mit Polypen.6
Manchmal besteht darüber hinaus eine Überempfindlichkeit gegenüber Acetylsalicylsäure oder NSAR (NERD: NSAR-Exacerbated Resipratory Disease, Analgetika-Intoleranz-Syndrom).
Schweißtests und molekulargenetische Screeningverfahren
Bei Immundefekten
Labortests: Immunglobuline vom Typ IgA und IgG, zelluläre Defekte auf der Ebene von B-Zellen, T-Zellen, Neutrophilen/Monozyten und/oder Komplementdefekte
Während der Corona-Pandemie sollten Personen mit Atemwegserkrankungen jeglicher Art zu Hause bleiben und sich telefonisch beraten lassen (Hausarztpraxen, Fieberambulanzen, bundesweite Rufnummer des Kassenärztlichen Notdienstes in Deutschland 116117).11
Die Therapie der chronischen Rhinsosinusitis umfasst lokale Behandlung, systemische Medikation, ggf. Therapie einer Grunderkrankung sowie evtl. operative Maßnahmen bei Versagen der konservativen Therapie oder starken anatomischen Veränderungen.12
Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf dieser Referenz.1
Symptomatische Therapie
NaCl-Nasentropfen oder die Spülung mit physiologischer Kochsalzlösung kann bei anhaltenden Beschwerden empfohlen werden.13-14
Eine tägliche lokale Behandlung mit hypertoner Kochsalzlösung führte in einer Studie (Ib) zu einer Verbesserung der Lebensqualität, verringerte die Symptome und den Verbrauch anderer Medikamente.
Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass die Therapie mit Kochsalzlösung eine sichere und wirksame Intervention darstellt, die Nasen- und Nebenhöhlenbeschwerden lindert (Ia).
Glukokortikoide
Lokale Kortikosteroide als Nasenspray
Können bei ausgeprägtem und refraktärem Schleimhautödem wirksam sein, können die Größe von Nasenpolypen verringern und Entzündungen der Nasenschleimhaut eindämmen.
z. B. Mometason-Fuorat 1–2 x tgl. 100 µg pro Nase bis zu 6 Wochen
Orale Steroide
In schweren Fällen können auch systemische Kortikosteroide kurzfristig eingesetzt werden.
Beispielsweise Prednisolon initial 5–60 mg/d, im Verlauf schrittweise reduzieren für 7–21 Tage.
Antibiotika
Eine kurzzeitige Antibiotikatherapie kann indiziert sein bei einer akuten Exazerbation:
Bei CRSsNP sollte der längerdauernde Einsatz von Clarithromycin bei Versagen der Standardtherapie erwogen werden.
500 mg/d für 2 Wochen, danach 250 mg/d für 6 Wochen
Bei CRScNP kann im Falle einer Rezidiv-Polyposis eine längerdauernde Therapie mit Doxycyclin erwogen werden.
über 3 Wochen, an Tag 1 200 mg, danach 100 mg/d
Biologika
Ausgewählte Biologika können bei Versagen etablierter Therapieformen im Einzelfall bei Polypen eingesetzt werden.
Hilfreich kann hier die Einteilung der Entzündung in verschiedene Endotypen (unterschiedliches Inflammationsmuster der T-Helfer-Zellen, die Biologika greifen an unterschiedlichen Stellen an) sein.15
Omalizumab bewirkt durch Reduktion von freiem, zirkulierendem IgE eine signifikante Reduktion der nasalen Polypenlast, ist als Add-on zu intranasalen Kortikosteroiden bei CRScNP zugelassen.4
75–600 mg s. c. alle 2–4 Wochen, je nach Köpergewicht und IgE-Konzentration16
Die Behandlung sollte nur von Ärzt*innen eingeleitet werden, die Erfahrung in der Diagnostik und Behandlung der chronischen Rhinsosinusitis haben.
Kontraindikation ist eine Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber dem Präparat.
Weitere Studien zu Biologika laufen, zeigen z. T. vielversprechende Ergebnisse.3
Schleimhautabschwellende Medikamente
Nur in Episoden von akuter Sinusitis
Die Medikamente haben keinen positiven Einfluss auf den Verlauf einer chronischen Sinusitis, die Gefahr eines schädlichen Gebrauchs ist hoch (medikamentöse Rhinitis).
Allergie-Behandlung
Bei Anhaltspunkten für eine Allergie sind ggf. Antihistaminika angezeigt.
Weitere Therapien
Die Wirksamkeit von Akupunktur, Phytotherapie und Homöopathie ist nicht ausreichend untersucht; die Verfahren können in Einzelfällen hilfreich sein.
Adaptive Desaktivierung
Bei der chronischen Rhinosinusitis mit Polyposis nasi und einer Überempfindlichkeitsreaktion auf Acetylsalicylsäure (ASS) oder auf andere Antiphlogistika kann durch wiederholte Applikation von ASS eine Toleranz gegenüber Analgetika erreicht werden, die mit einer (meist orale) ASS-Erhaltungsdosis von 100–300 mg tgl. aufrechterhalten wird.
Individuelle Auslassversuche können im Einzelfall erfolgreich sein.1
Operative Therapie
Indikationen für eine operative Therapie
funktionelle Verbesserung der Nasenatmung
intrakraniale oder intraorbitale Komplikationen
Entfernung von Polypen, wenn eine konservative Therapie nicht anschlägt.
Ausgeprägte anatomische Veränderungen, die zu einer beeinträchtigten Nasenatmung führen, wie Nasenseptumdeviation, Nasendeformitäten oder Nasenmuschelveränderungen.17
Bei entsprechender Indikation ist die Wirkung der Operation in der Regel gut.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Erkrankung ist chronisch und hat oft einen langwierigen Verlauf.
Verstopfter Sinus maxillaris und frontalis, Sinusitis, CT
Stirnhöhlenentzündung und Nasenpolypen (3)
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Rhinosinusitis. AWMF-Leitlinie Nr. 017-049 und 053-012. S2k, Stand 2017 (in Überarbeitung). www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Formstörungen der inneren und äußeren Nase (mit funktioneller und/oder ästhetischer Beeinträchtigung). AWMF-Leitlinie Nr. 017-070. S2k, Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Rhinosinusitis. AWMF-Leitlinie Nr.017-049 und 053-012, Stand 2017 (in Überarbeitung) www.awmf.org
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Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Entzündung der Nasennebenhöhlen, die länger als 3 Monate anhält, mit oder ohne Polypenbildung. Häufigkeit:Prävalenz bis zu 10 %. Symptome:Verstopfte Nase, Druckgefühl, Kopf-, Gesichtsschmerzen sowie Beeinträchtigung des Geruchssinns.