Definition: Chronische Durchfallerkrankung mit typischen, histologisch nachweisbaren Schleimhautveränderungen. Unterschieden werden die Unterformen kollagene und lymphozytäre Kolitis.
Häufigkeit:Etwa 9 Fälle je 100.000 Personen jährlich. 10–20 % der chronischen Durchfallerkrankungen, gehäuft betroffen sind ältere Frauen.
Symptome:Symptom ist eine anhaltende, wässrige, unblutige Diarrhö.
Befunde:Die klinischen Befunde sind normal.
Diagnostik:Wichtigste Untersuchung ist die Koloskopie mit Stufenbiopsien.
Therapie:Absetzen von auslösenden Medikamenten wie NSAR and Protonenpumpenhemmern. Spontanremissionen sind häufig. Die Behandlung erfolgt mit Budenosid.
Die Diagnose wird durch einen histologischen Nachweis der typischen entzündlichen Veränderungen der Darmschleimhaut gestellt. Histologisch können eine lymphozytäre und eine kollagene Form unterschieden werden.2
Makroskopisch (endoskopisch) zeigen sich meist keine Auffälligkeiten.
Häufigkeit
Die mikroskopische Kolitis ist eine häufige Ursache für chronische nicht-blutige Durchfälle. 10–20 % der Fälle chronischer Diarrhöen lassen sich hierauf zurückführen.3-4
Inzidenz
Die Inzidenz liegt bei etwa 4 Fällen kollagener Kolitis pro 100.000 Patienten jährlich und 5 Fällen lymphozytärer Kolitis pro 100.000 Patienten jährlich laut einer Metaanalyse von 2015.5
Damit ist die Häufigkeit vergleichbar mit den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.3-4
Alter
Die Erkrankungshäufigkeit nimmt mit dem Alter zu.3,6
Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei 62–65 Jahren.5
Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.
Das Geschlechterverhältnis beträgt 3:1 für kollagene Kolitis und 2:1 für lymphozytäre Kolitis.5-6
Ätiologie und Pathogenese
Die Ursachen der mikroskopischen Kolitis sind unbekannt. Es existieren verschiedene Theorien zur Pathogenese der Erkrankung. Möglich ist auch, dass verschiedene Erkrankungen in einem ähnlichen histopathologischen Erscheinungsbild münden.
Autoinflammation
Eine Hypothese ist, dass die Erkrankung durch eine überschießende immunologische Reaktion auf Schleimhautverletzungen bei vorbelasteten Personen hervorgerufen wird.8
Für eine Rolle eines überaktiven Immunsystems spricht die Assoziation der Erkrankung mit Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie, Typ-1-Diabetes mellitus und rheumatischen Erkrankungen.9
Auch das gute Ansprechen der Erkrankung auf eine immunsuppressive Behandlung mit Glukokortikoiden wie Budenosid spricht für eine Schlüsselrolle des Immunsystems.10
Infektiöse Genese
Ein auslösender Krankheitserreger konnte bislang nicht nachgewiesen werden, jedoch gibt es Berichte über eine erfolgreiche antibiotische Behandlung.7
Medikamenteninduziert
Mehrere Medikamente zeigen eine Assoziation mit mikroskopischer Kolitis.4-5,9,11-12
nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen und Diclofenac
Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol
Serotinin-Wiederaufnahmehemmer wie Sertralin
Kollagenablagerungen
Die Pathogenese der Kollagenablagerungen bei kollagener Kolitis ist unklar.13
wichtigste Untersuchung für die Diagnose einer mikroskopischen Kolitis
Ist in den meisten Fällen makroskopisch unauffällig.
Multiple Biopsien sollten entnommen werden, weil oft nur einzelne Darmabschnitte befallen sind.13
Die Anzahl notwendiger Biopsien ist umstritten.
In den meisten Fällen reichen Biopsien aus dem linken Kolonabschnitt mittels Sigmoidoskopie zur Diagnosestellung aus. Jedoch sollte aus differenzialdiagnostischen Erwägungen – zum Ausschluss eines Malignoms und einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung – in der Regel eine vollständige Koloskopie erfolgen.4,13,22
Histopathologische Charateristika
Es zeigt sich eine entzündliche Veränderung der Schleimhaut.
Mikroskopisch können eine lymphozytäre und eine kollagene Form unterschieden werden, wobei die Unterscheidung hauptsächlich akademischen Wert hat.
Aufgrund der häufigen Durchfälle ist die Lebensqualität der Betroffenen deutlich reduziert. Bei klinisch manifester mikroskopischer Kolitis besteht daher in der Regel eine Indikation zur Therapie.
Erster Schritt ist die Suche nach auslösenden Faktoren (Nikotin, Medikamente, Ernährungsgewohnheiten).
Die Symptome sprechen in der Regel gut auf eine Behandlung mit Budenosid an; ein Wiederauftreten der Beschwerden nach Beendigung der Therapie ist jedoch häufig.
Die Lebensqualität hängt eindeutig mit der Stuhlhäufigkeit zusammen. Als Definition einer klinischen Remission wurde eine Stuhlhäufigkeit < 3/Tag und ohne wässrige Diarrhö über einen Zeitraum von 1 Woche vorgeschlagen.23
Rauchen ist mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko assoziiert (Odds ratio 3.0) sowie mit schwereren Verläufen, die schlecht auf eine Therapie ansprechen.17,24-25
Es liegen keine Studien vor, die den Effekt eines Rauchstopps auf eine aktive Erkrankung untersuchen. Dennoch erscheint die Empfehlung, auch im Hinblick auf weitere gesundheitsfördernde Effekte, sinnvoll.
Stopp von möglicherweise auslösenden Medikamenten, sofern dies klinisch vertretbar ist (s. o.). Insbesondere NSAR sollten abgesetzt werden.13
Medikamentöse Therapie
Budenosid
Budenosid ist ein vor allem topisch wirksames synthetisches Glukokortikoid. Aufgrund der der hepatischen Elimination („First-Pass-Effekt“) sind die Nebenwirkungen verglichen mit systemisch wirksamen Glukokortikoiden gering.
Mittel der Wahl zur Behandlung der mikroskopischen Kolitis4
Die Wirksamkeit sowohl für Kollagene als auch lymphozytäre Kolitis wurde in mehreren separaten randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien sowie Metaanalysen belegt.10,26-30
Die Aussagekraft der Studien ist allerdings durch geringe Fallzahlen begrenzt.30-31
Eine klinische Remission zeigt sich in 80 % der Patienten (Placebo: 17–33 %). Die Raten histologischer Remission sind nur geringfügig niedriger.30-31
Empfohlen wird eine initiale Behandlung mit 9 mg Budenosid täglich über 6–8 Wochen.
Laut kleinerer Studien kommt es nach Beendigung der Therapie bei 60–80 % der Patienten zu einem Wiederauftreten der Beschwerden, die jedoch meist erneut auf Budenosid ansprechen.27,32
Eine Erhaltungstherapie kann mit verminderter Dosis erfolgen, wobei auf unerwünschte Nebenwirkungen der Steroidtherapie zu achten ist.13
Antidiarrhoika
Einige Autoren schlagen einen Therapieversuch mit dem Peristaltikhemmer Loperamid bei leichten Formen von mikroskopischer Kolitis vor.4,13
Die Empfehlung basiert lediglich auf Expertenmeinungen und Fallberichten. Es gibt keine Studien, die einen Effekt von Loperamid belegen.4,33
Weitere Therapieoptionen
Weitere Therapien wurden ein kleinen Studien und Einzelfällen erfolgreich erprobt. Die Evidenz ist jedoch gering bzw. fehlt.4,30-31
Mesalazin
Cholestyramin
Bismut
Probiotika
Boswellia serrata
Azathioprin
Methotrexat
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Der Erkrankungsverlauf variiert stark. Das Bild in Studien ist diesbezüglich inkohärent.4,13,32-33
Es zeigen sich Spontanremissionen nach einer einmaligen Episode, jedoch auch chronisch-remittierende Verläufe, die eine dauerhafte Therapie erforderlich machen.
Komplikationen
Komplikationen sind selten.
Ein Übergang in andere Formen von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen kommt vor, ist jedoch selten. Möglich ist auch, dass die Erkrankung in diesen Fällen initial nicht korrekt diagnostiziert wurde.34-35
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Autoren
Dietrich August, Arzt in Weiterbildung, Freiburg i. Br.
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Jan H. Dybdahl, Oberarzt, Dr. med., Medizinische Abteilung, St. Olavs-Hospital, Trondheim
Definition: Chronische Durchfallerkrankung mit typischen, histologisch nachweisbaren Schleimhautveränderungen. Unterschieden werden die Unterformen kollagene und lymphozytäre Kolitis.