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Hernie

Zusammenfassung

  • Definition:Durch eine Lücke in der Bauchwand kann sich ein Bruchsack mit Gewebeanteilen vorwölben.
  • Häufigkeit: Die Leistenhernien-Operation gehört zu den häufigsten allgemeinchirurgischen Eingriffen. Auch andere Hernienarten sind häufig.
  • Symptome:Lokale Beschwerden, Druckgefühl, evtl. eine tastbare Vorwölbung. Akute starke Schmerzen bei eingeklemmter Hernie und drohender/beginnender Durchblutungsstörung (Notfall).
  • Befunde:Schwellungen, bei Inkarzerationen schwere Allgemeinsymptome bis hin zur Sepsis.
  • Diagnostik:Anamnese und Klinik, ggf. bildgebende Untersuchungen nötig (Sonografie, MRT, CT).
  • Therapie:Bei inkarzerierter Hernie sofortige Operation, sonst meist auch operative Revision mit Rückverlagerung des Bruchsacks mit Inhalt sowie Verschluss der Bruchpforte, in einigen Fällen ist eine konservative Therapie gerechtfertigt.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Eine Hernie (Weichteilbruch) entsteht infolge einer Schwachstelle in der fibromuskulären Bauchwand, wenn dort Gewebeanteile aus dem Abdomen oder auch Anteile des Darms durchtreten.
  • Die Lücke in der Bauchwand ist entweder bereits vorhanden oder sekundär entstanden.
  • Bauchorgane und intraabdominelle Strukturen können sich über eine Bruchpforte im Zwerchfell in die Brusthöhle verlagern (Hiatushernie).
  • Als Bruchpforte bezeichnet man die Bauchwandlücke, als Bruchsack die Tasche des Bauchfells und als Bruchinhalt darin befindliche Gewebe des Bauchraums.

Disponierende Faktoren

  • Erbliche Disposition/familiäres Vorkommen
  • Bindegewebserkrankungen bzw. veränderter Kollagenmetabolismus
  • Geschlecht 
  • Alter1
  • Erhöhung des Druckes im Bauchinnenraum
    • Heben schwerer Lasten
  • Rauchen
  • Zustand nach Prostatektomie

Ätiologie und Pathophysiologie

  • Es kommt zu Protrusion von Gewebe durch eine geschwächte Bauchwand.
  • Man unterscheidet komplette Hernie, Gleithernien oder inkomplette Hernien, die keine komplette Darmschlinge enthalten (Richter-Hernie).

Inkarzeration

  • Gelangen Teile des Darms oder von Organen aus dem Inneren der Bauchhöhle in den Bruchsack, kann es zu Einklemmungen oder Inkarzerationen kommen.
  • Je kleiner die Bruchpforte, desto größer das Inkarzerationsrisiko
  • Eine unbehandelte inkarzerierte Hernie kann zu einer Perforation, Abszessbildung, PeritonitisIleus oder einem septischen Schock führen.
  • Bei Inkarzerationen ist eine sofortige Operation notwendig.

Hernientypen

Leistenhernie (Inguinalhernie)

  • Bei Kindern liegt die Inzidenz von Leistenhernien bei 0,8–5 %, bei Frühgeborenen sogar bei 30 %, Jungen sind deutlich häufiger betroffen.2
  • Bei Erwachsenen liegt das Lebenszeitrisiko, eine Leistenhernie zu entwickeln, für Frauen bei 3 %, für Männer bei 27 %.3
  • Bei einer Leistenhernie kommt es zur Ausstülpung von Fettgewebe, Bauchfell und evtl. Darmanteilen und/oder Bauchorganen im Bereich des Leistenkanals.
  • Man unterscheidet je nach Bruchpforte direkte (mediale) oder indirekte (laterale) Leistenbrüche.

Indirekter Leistenbruch

  • Nach dem Abstieg des Hodens ins Skrotum bleibt der Processus vaginalis geöffnet, und es kann zu einem Durchtreten von Bauchrauminhalten kommen (angeborener Leistenbruch).
    • Die rechte Seite ist durch den späteren Abstieg des rechten Hodens häufiger betroffen.

Direkter Leistenbruch

  • Der direkte Leistenbruch ist immer erworben.
  • Hier liegt die Bruchpforte innen am Hesselbach-Dreieck, außen am äußeren Leistenring, der Bruchsack liegt medial vom Samenstrang.
  • Die Leistenhernien-Operation ist die häufigste Operation der Viszeral- und Allgemeinchirurgie.3
  • Inguinalhernie bei kleinen Kindern
    • Heilt nicht spontan und muss ausreichend schnell operiert werden, um eine Inkarzeration zu verhindern.
  • Inguinalhernie bei erwachsenen Männern
    • Empfehlung zur operativen Therapie
    • Bei asymptomatischen und nichtprogredienten Leistenhernien ist „Watchful Waiting“ als Alternative möglich.3

Schenkelhernie (Femoralhernie) 

  • Seltenere Hernienform, immer erworben, meist bei älteren Frauen
  • Der Bruch tritt unterhalb des Leistenbandes vor.
  • Elektive und notfallmäßige Operationen von Schenkelhernien machen etwa 2–4 % aller Hernienoperationen aus.4
  • Die Gefahr der Inkarzeration liegt bei 30 %.3

Sportlerhernie (Sportlerleiste)

  • Bei der sog. Sportlerhernie liegt keine Hernie mit Bruchsack und Bruchpforte vor, es handelt sich um einen typischen Leistenschmerz bei Sportlern; nach Ausschluss anderer Ursachen (Hüftgelenk, Leistenhernie, Adduktorentendopathie) ist sonografisch eine Protrusion der Leistenkanalhinterwand nachweisbar.5

Abdominale Hernien

  • Abdominale Hernien (ventrale Hernien) werden nach ihrer Entstehung in
    • angeborene Schwachstellen (primäre Hernien) in der Bauchwand (Nabelhernie)
    • und infolge einer Bauchoperation in erworbene (sekundäre Hernien) Defekte (Narbenhernien oder Inzisionshernien) unterteilt.
  • Hierzu gehören auch die epigastrischen Hernien, die manchmal zu starken und plötzlichen Schmerzen im Oberbauch führen können.
  • Die Spieghel-Hernie ist ein seltener Bruch der ventralen Bauchwand entlang der Linea semilunaris, der wegen der über dem Bruch liegenden Externusaponeurose oft lange unerkannt bleibt.6
  • Auch neben einem Stoma kann eine Hernie entstehen (parastomale Hernie).
  • Sehr große Hernien inkarzerieren seltener.
  • Nabelbrüche und Bauchwandbrüche bei Erwachsenen bilden sich nicht von selbst zurück und sollten operativ versorgt werden; nur so kann eine möglich Notfalloperation im Falle einer Inkarzeration vermieden werden.
    • je kleiner der Bruch, desto einfacher und risikoärmer die Operation
    • Eine Kontraindikation für eine elektive Hernienoperation liegt vor, wenn die Patient*innen wegen ihres Alters oder bestehender Begleiterkrankungen nicht operations- oder narkosefähig sind.
  • Rezidive sind häufig.

Hiatushernie

  • Siehe Artikel Hiatushernie.
  • Bauchorgane und intraabdominelle Strukturen werden über eine Bruchpforte im Zwerchfell in die Brusthöhle verlagert (Zwerchfellbruch).7
  • Man unterscheidet 4 Typen der Hiatushernie:
    • Typ I, die axiale Gleithernie, ist bei weitem die häufigste.8
      • Hierbei rutschen der gastroösophageale Übergang und die Kardia des Magens nach oben.
      • Die Inzidenz symptomatischer Hiatushernien ist eng mit der Diagnose gastroösophageale Refluxkrankheit verknüpft.9
    • Typ II,III und IV gehören zu den paraösophagealen Hernien, je nach Größe und des durchtretenden Materials klassifiziert.
  • Sehr große Hernien können zu einem Upside-down-Magen führen.
  • Viele Hiatushernien sind asymptomatisch, Symptome wie Sodbrennen, Schluckstörung, und Schmerzen beim Schlucken, HeiserkeitAsthmaAtemnotBrustschmerzenAnämie und Hämatemesis bis hin zu lebensbedrohlichen Inkarzerationen mit Fieber, Tachykardie, Hypotonie, Tachypnoe, Verwirrtheit oder Bewusstseinstrübung können auftreten.
  • Die Therapie richtet sich nach den Symptomen und der anatomischen Konfiguration der Hernie. Bei Inkarzerationen ist eine sofortige OP indiziert, während unkomplizierte Gleithernien oft symptomatisch behandelt werden können.
  • Die Operation beinhaltet die
    • Reposition des Bruchinhaltes
    • Präparation und Resektion des Bruchsacks
    • Hiatoplastik
    • Fixierung des Magens.10

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

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Leistenhernie
Inguinalhernie.jpg
Eine Leistenhernie kann sich sichtbar vorwölben, wenn der Patient steht, hustet oder auf andere Weise den abdominellen Druck erhöht.
 
Sonografie: Nabelhernie (Dünndarm und Mesenterium) (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Nabelhernie (Dünndarm und Mesenterium) (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).

Quellen

Leitlinien

  • European Hernia Society. Update with level 1 studies of the European Hernia Society guidelines on the treatment of inguinal hernia in adult patients. 2009. PubMed
  • Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Leistenhernie, Hydrozele. AWMF-Leitlinie Nr. 006-030. S1, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). AWMF-Leitlinie Nr. 021-013. Gastroösophageale Refluxkrankheit. S2k, Stand 2014. www.awmf.org
  • The HerniaSurge Group. World Guidelines for Groin Hernia Management. EHS 2018. www.europeanherniasociety.eu

Literatur

  1. de Goede B, Timmermans L, van Kempen BJ, et al. Risk factors for inguinal hernia in middle-aged and elderly men: Results from the Rotterdam Study. Surgery 2015; 157: 540-6. pmid:25596770 PubMed
  2. Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Leistenhernie, Hydrozele. AWMF-Leitlinie Nr.006 - 030, Stand 2020. www.awmf.org
  3. Berger D. Evidence-based hernia treatment in adults. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 150–8.DOI: 10.3238/arztebl.2016.0150 www.aerzteblatt.de
  4. European Hernia Society.Summary of The International Guidelines For Groin Hernia Management. EHS 2018. Zugriff 12.12.2020 www.europeanherniasociety.eu
  5. Muschaweck U, Koch A. Sportlerleiste. Radiologe 2019; 59: 224-233 link.springer.com
  6. Prokop A, Gawenda M, Walter M. Die Spieghel-Hernie - seltene Ursache eines akuten Abdomens. Langenbecks Arch Chir 377, 104–106 .1992. link.springer.com
  7. Qureshi WA. Hiatal hernia. Medscape, last updated Jan 03, 2016. emedicine.medscape.com
  8. Kahrilas P, Hiranu I. Erkrankungen der Speiseröhre. Harrisons Innere Medizin. 19. Auflage 2016, Thieme-Verlag S. 2338.
  9. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). AWMF-Leitlinie Nr. 021-013. Gastroösophageale Refluxkrankheit. S2k, Stand 2014. www.awmf.org
  10. Geissler B., Schäfer P, Anthuber M. Upside-Down-Magen und Thorax-Magen. Chirurgische Allgemeine Zeitung 3/2019. www.kaden-verlag.de

Autor*innen

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
femoralhernie; lårbrokk; Navlebrokk; Brokk; Hernie
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Bilder Hernie eingefügt 25.6.19 UB
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Definition:Durch eine Lücke in der Bauchwand kann sich ein Bruchsack mit Gewebeanteilen vorwölben. Häufigkeit: Die Leistenhernien-Operation gehört zu den häufigsten allgemeinchirurgischen Eingriffen. Auch andere Hernienarten sind häufig.
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