Definition:Eine rezidivierende akute Arthritis primär peripherer Gelenke, die durch eine Einlagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken, gelenknahen Geweben oder Weichteilen hervorgerufen wird.
Häufigkeit:Die Prävalenz liegtgeschlechtsübergreifend in Deutschland bei knappetwa 1–25 %. Sie steigt mit dem Alter an. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.
Symptome:Zu den Symptomen zählen akute, rezidivierende Anfälle, vor allem im Großzehengrundgelenk, evtl. auch im Knöchel-, Knie-, Ellenbogen- oder Handgelenk.
Befunde:Die betroffenen Gelenke sind gerötet und geschwollen. Möglich sind auch Ablagerungen von Harnsäurekristallen in den Weichteilen (sog. Tophi), z. B. an den Fingern, Ohren, oder Sehnen usw.
Diagnostik:DieKlinische Harnsäure im Serum ist meist erhöht, evtlDiagnose. auchBei dasdiagnostischer CRP,Unsicherheit die BSGGelenkpunktat und dieUntersuchung Leukozytender Synovialflüssigkeit auf Uratkristalle.
Therapie:Anfälle werden mit NSAR, Kortison oder ColchicinKolchizin behandelt. Therapie der Wahl bei symptomatischer Hyperurikämie mit mind. 2 Anfällen pro Jahr ist Allopurinol.
Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1
Die Gicht ist eine rezidivierende akute Arthritis insbesondere peripherer Gelenke, die durch eine Einlagerung von Harnsäurekristallen hervorgerufen wird.
Podagra bezeichnet den klassischen Befall des Großzehengrundgelenks.
Die Gicht verläuft regelhaft in Schüben, sie kann sich jedoch auch zu einer chronischen Gicht entwickeln.
Im Verlauf können auch Veränderungen im Weichteilgewebe (Tophi), eine Nephrolithiasis und eine Uratnephropathie auftreten.
Stadieneinteilungen
UmInternational einenverschiedene einheitlichen Sprachraum zu fördern, empfiehlt die DEGAM2 die Einteilung in die 4 Stadien nach CDC:
asymptomatische Gewebeeinlagerungen
akute Gicht
Rasch einsetzende Entzündung eines Gelenks mit Überwärmung, die oft innerhalb von wenigen Stunden meist innerhalb des 1. Tages die maximale entzündliche Aktivität erreicht.
interkritische Perioden (zwischen 2 Gichtanfällen ggf. mit zunehmenden Urateinlagerungen im Gewebe)
Die Arthritis urica ist in Hausarztpraxen in Deutschland laut NAKO-Gesundheitsstudie mit einerüber Prävalenz100.000 Teilnehmenden im Alter von ca.20–75 1,4 % die häufigste Arthritis bei Erwachsenen.Jahren6-73
Es wird geschätzt, dass es in einer typischen Hausarztpraxis mit 2.000 Patient*innen 15 Männer und 3 Frauen gibt, bei denen ein erhöhtes Risiko von Gichtanfällen besteht.8
In den USA wird die Prävalenz auf Grundlage von Selbsteinschätzungen auf 37,9 % der ErwachsenenMänner beziffert.und 2,4 % der Frauen
Lebenszeitprävalenz im Alter von 30–59 Jahren: 5,6 % der Männer und 1,9 % der Frauen
Cave: Die Zahlen beruhen auf Selbstangaben der Teilnehmenden („Welche Erkrankung wurde jemals ärztlich bei Ihnen diagnostiziert?“)
Lebenszeitprävalenz laut diverser Fachgesellschaften in Deutschland94-6
geschlechtsübergreifend 1–2 %
Inzidenz
US-amerikanischenin Zahlenden zufolgeletzten liegtJahren deutlich ansteigend, u. a. durch die Inzidenzdemografische bei Personen über 50 Jahren bei Männern bei 1,6/1.000 und bei Frauen bei 0,3/1.000.Entwicklung10
Bezogen auf einen Zeitraum von 5 Jahren liegt das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, bei normalen Harnsäurewerten bei etwa 1 %.
Bei Patient*innen mit einer Harnsäurekonzentration von mehr als 540 µmol/l bzw. 9,08 mg/dl beträgt das entsprechende Risiko 22 %.
Die Inzidenz der Gicht nimmt zu. Dies ist wahrscheinlich auf Veränderungen in der Lebensweise, die zunehmende Verbreitung von Adipositas und den wachsenden Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung zurückzuführen.12-137
Alter und Geschlecht
Die Prävalenz der Gicht iststeigt abhängigmit vondem Alter und Geschlechtan.46,148
Männer sind etwa 3-mal so häufig betroffen wie Frauen.7,9
Bei mMännlichennnern Betroffenenmit >dem 65Alter Jahrelinear liegt die Prävalenz bei 7 %zunehmend, während siees bei Frauen erstnach beider einemMenopause Alterexponentiell > 85 Jahre ansteigt (2,8 %)zunimmt.8
Geschlecht
Bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter ist die Gicht ausgesprochen selten.15
NachDiesbezüglich 20wird Jahrenpostuliert, unbehandelterdass Östrogen eine Rolle im Purinstoffwechsel spielt, da eine hormonelle Ersatztherapie in der Postmenopause das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, 75 % der Patient*innen eine chronisch-tophöse Formminimiert.
U. a. deswegen können Patient*innen mit Gicht erhebliche Einschränkungen ihrer körperlichen Funktionsfähigkeit – verbunden mit einer reduzierten Lebensqualität – entwickeln.
Ätiologie und Pathogenese
Die Gicht ist mit einer Hyperurikämie assoziiert, die als eine Erhöhung der Serumharnsäure von ≥ 6,8 mg/dl (≥ 408 416 μmol/l (7 mg/dl) definiert ist.5
abhängig von der Quelle unterschiedliche Grenzwerte
Purinstoffwechsel
Harnsäure ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels.
Etwa 75 % werden über die Nieren, 25 % über den Darm ausgeschieden.
Ursachen des erhöhten Harnsäurespiegels
Eine Hyperurikämie resultiert meist aus einer genetisch bedingt verminderten renalen Harnsäure-Ausscheidung in Kombination mit einer erhöhten Zufuhr über die Nahrung.46
Wesentlich seltener ist eine endogene Überproduktion von Harnsäure aus dem Purinstoffwechsel4, z. B. durch:
Überproduktion von Harnsäure infolge einer Krankheit (z. B. Chemotherapie)
verminderte Ausscheidung infolge einer Nierenerkrankung oder aufgrund von Medikamenten
Bei Patient*innen, bei denen eine Organtransplantation vorgenommen wurde und die mit Ciclosporin behandelt werden, besteht ein erhöhtes Gichtrisiko.
Eine Hyperurikämie liegt bei etwa 80 % dieser Patient*innen vor, und bei etwa 10 % entwickelt sich innerhalb der ersten Jahre nach der Transplantation eine Gicht.16
medikamentös dasinduzierte denerhöhte Reabsorbtion von Harnsäurespiegelure undin dasder Gichtrisiko erhöht.13,21
Durch den regelmäßigen Verzehr von gesüßten Limonaden, Fruchtgetränken oder fruktosereichen Getränken auf Basis von Rosinen, Orangen oder Äpfeln erhöht sich bei Männern das Gichtrisiko.Niere
Zuckerfreieu. a. Limonadendurch sindPyrazinamid, nichtLow-Dose-Aspirin, mitCiclosporin, einemTestosteron, erhDiuretika
Durch die Ausfällung von Kristallen in den Gelenken wird eine Entzündungsreaktion hervorgerufen, bei einer Ausfällung im Weichteilgewebe kommt es dagegen nicht zu einer solchen Reaktion.22
Das Ausmaß der Ausfällung steigt bei zunehmender Azidose an, sodass alle Krankheitsbilder, die zu einer Azidose führen, auch eine verstärkte Ausfällung von Kristallen mit sich bringen.
InitialDie weisenHarnsäurekonzentration im Serum ist der wichtigste Risikofaktor für das erstmalige Auftreten eines Gichtanfalls.
Bei Harnsäurespiegel < 7 mg/dl Inzidenz von 0,1 %, bei Harnsäurespiegel > 9 mg/dl Inzidenz von 4,9 %5
Außer der Harnsäure spielen jedoch auch weitere Faktoren eine entscheidende Rolle, z. B. die genetische Disposition und freie Fettsäuren.5
Es gibt Patient*innen mit sehr hohen Harnsäurewerten im Serum, die Zeit ihres Lebens keinen Gichtanfall bekommen und Patient*innen mit sehr niedrigen Harnsäurekristalleurewerten, einedie nadelförmigetrotzdem Gestalteinen aufGichtanfall erleiden. Unter dem Polarisationsmikroskop sind sie leicht zu erkennen.
Die klinische Diagnose des Gichtanfalles ist zu stellen, wenn:
sich eine schmerzhafte Monoarthritis innerhalb ca. eines Tages ohne Prodromi entwickelt hat – und –
ein peripheres kleines Gelenk oder das Kniegelenk befallen ist – und –
weder Trauma (z. B. OP) noch intraartikuläre Injektion noch ein akut eingetretener schlechter Allgemeinzustand vorliegt.
Eine weitere Diagnostik ist nur bei untypischen Fällen indiziert.
Von einer diagnostischen Punktion im hausärztlichen Bereich zum Nachweis von Uratkristallen wird abgeraten.
Die Serumharnsäure ist bei 1/3 der Patient*innen im akuten Anfall nicht erhöht.
Eine Röntgenuntersuchung des betroffenen Gelenks wird bei klinischem Verdacht auf einen Gichtanfall nicht empfohlen.
ACP-Leitlinie
Das American College of Physicians (ACP) empfiehlt eine Gelenkpunktion mit Analyse der Gelenkflüssigkeit auf Uratkristalle, wenn die klinische Beurteilung es zur differenzialdiagnostischen Beurteilung notwendig erscheinen lässt, auch wenn es in der primärmedizinischen Versorgung schwierig ist.15
Nicht notwendig ist die Gelenkpunktion z. B. bei Patient*innen mit Podagra, Vorliegen von Risikofaktoren (wie Alter) und keinem Hinweis auf eine Hautverletzung.
Cave: (Relative) Kontraindikationen für Gelenkpunktion beachten, wie z. B. Antikoagulation, die bei älteren Patient*innen oft vorliegen (Anm. d. Red.).
Erstmalig treten Gichtanfälle normalerweise in nur einem Gelenk auf.
Sie sind hyperakut und können die Betroffenen aus dem Schlaf reißen.
Mehr als 75 % der Anfälle sind in Gelenken der unteren Extremitäten (kühlere Bereiche des Körpers) lokalisiert.
Podagra-Anfälle, d. h. Gichtanfälle im Großzehengrundgelenk, machen mehr als 50 % der akuten Attacken aus.
Die einzelnen Anfälle
Die Anfälle treten in der Regel nur in einem Gelenk auf, es können jedoch von Mal zu Mal unterschiedliche Gelenke betroffen sein. 5 % der Anfälle sind polyartikulär und können der rheumatoiden Arthritis ähneln.23
Schwere Gichtanfälle sind sehr schmerzhaft.
Der Anfall entwickelt sich oft im Laufe der Nacht.
Die Schmerzintensität erreicht nach einigen Stunden ihr Maximum. Eine Belastung des Gelenks ist dann nahezu unmöglich, und bereits kleinste Berührungen sind unangenehm.
AkuteZu Anfälle85 % erreichenist ihredas maximaleGroßzehengrundgelenk Intensität meist innerhalb von 1–2 Tagenbetroffen.
Ohne Behandlung hält ein Anfall für gewöhnlich 7–10 Tage an.9
Intermittierende Beschwerden
Zwischen den Anfällen durchlaufen die Patient*innen lange, beschwerdefreie Phasen.
Bei Patient*innen mit rezidivierenden Anfällen haben diese tendenziell eine längere Dauer, und es sind häufiger mehrere Gelenke betroffen.
Chronische Phase
ImDurch weiterenUratablagerungen Verlauf(Tophi) der Erkrankung kann diesekönnen chronische,polyartikuläreBeschwerden Züge annehmenentstehen.5
Patient*innen mit Gicht leiden häufig unter Harnsäure-Nierensteinen.
Klinische Untersuchung
Rote, geschwollene, heiße, druckempfindliche und nur eingeschränkt bewegliche Gelenke; maximale Ausprägung der Veränderungen sind innerhalb von 24 Stunden erreicht.
Akuter Gichtanfall am Großzehengrundgelenk
Mitunter ähnelt das klinische Bild in den angrenzenden Gelenken oder dem Weichteilgewebe dem einer Arthritis.
Welche Gelenke sind betroffen?
Am häufigsten ist das Großzehengrundgelenk betroffen.
Dann folgen in abnehmender Häufigkeit der Fuß, der Knöchel, das Knie und die Finger.
Prinzipiell können sämtliche Gelenke betroffen sein.
AmChronische häufigstenGicht ist dasam Großzehengrundgelenk betroffen.
Evtl.Prädilektionsstellen chronischefür ArthritisTophi (Uratablagerungen bei wenigerchronischem akuter Erkrankung
Sichtbare Tophi; heute aufgrund wirksamer Behandlungsmöglichkeiten seltener
am häufigsten an der Ohrmuschel oder subkutan am OlekranonVerlauf): Zehen, an SehnenFinger, FingerspitzenHand, Fuß, Ellenbogen und der Kornea lokalisiertOhren245
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt, die nachfolgenden Laborwerte sind nicht zwingend zu untersuchen.
CRP4, BSG und Leukozyten können je nach Schweregrad der Erkrankung erhöht sein.
zum definitiven Nachweis von Uratkristallen (beweisend für die Diagnose)
Sonografie
In der Arthrosonografie lassen sich bei Arthritis urica das sog. Doppelkontur-Zeichen am Gelenkknorpel, Ablagerungen von Tophi, knöcherne Erosionen und Zeichen der Synovitis darstellen.46
Die Sensitivität der Sonografie liegt bei 76,9 % und die Spezifität bei 84,3 %, wobei die Sensitivität bei einer Krankheitsdauer von mehr als 2 Jahren höher ist.2616
Ggf. Dual-Energy-CT
Die Dual-Energy-CT (DECT) bietet bei rezidivierenden Anfällen eine hohe Testgenauigkeit im Hinblick auf den Nachweis von Harnsäurekristallen.
Die Sensitivität der DECT für die Diagnose Gichtarthritis ist im direkten Vergleich zur Sonografie etwas höher, während die Spezifität etwa gleich ist (bei der ersten Krankheitsepisode weniger genau, da nur Uratdepots > 1 mm3 zuverlässig erkannt werden).2717
Ggf. Röntgen der betroffenen Gelenke (ggf. zum Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen)
Skelettveränderungen treten erst nach vielen Jahren der Krankheit auf, wenn keine umfassende Behandlung erfolgt ist.
Typische Veränderungen sind subkortikale Zysten ohne Erosionen.2218
Indikationen zur Überweisung
Die Behandlung der Erkrankung erfolgt in der Regel in der Hausarztpraxis.
Checkliste
Bei Unsicherheit bezüglich der Diagnose Überweisung an Orthopäd*in zur Überweisung
Durch eine frühzeitige Behandlung kann ein vollständiger Ausbruch abgewendet werden.
Die Wahl des NSAR ist nicht entscheidend, wichtig ist der frühe Therapiebeginn.2,4,296,19
COX-2-Hemmer wirken vergleichbar wie nichtselektive NSAR, werden aber besser vertragen als Diclofenac.3121
COX-2-Hemmer sollten nicht bei Patient*innen mit kardiovaskulären Erkrankungen angewendet werden.
Die Therapie erfolgt in der Regel über eine Dauer von 2–5 Tagen mit einer hohen Dosis bzw. so lange, bis die Symptome verschwinden.
ColchicinKolchizin
Sind NSAR kontraindiziert, ist ColchicinKolchizin eine Alternative.3222
seit 2018 reduzierte Dosierungsempfehlung aufgrund der geringen therapeutischen Breite23
Todesfälle (Endesind 2018)bereits nach Einnahme von nur 7 mg Kolchizin innerhalb von 4 Tagen beschrieben.
umgehendBfArM-Dosisempfehlung: 1 mgeine Colchicin, gefolgt von 0,5 mg nach 1 Stunde (max. 2 mgTagesdosis am 1. Tag),danachvon 2–3 x 0,5 mg, am 2. und 3. Tag 2–3 x 0,5 mg und am 4. Tag ggf. 2 x 0,5 mg (bis zum Erreichen der Höchstdosis von 6 mg pro Gichtanfall 6 mg)3324
Die Therapie muss innerhalb von 24 Stunden eingeleitet werden, um wirksam zu sein.
Eine hochdosierte Therapie (bis zu 5 mg tgl.) wird aufgrund der höheren Nebenwirkungsrate bei gleichzeitig vergleichbarer Wirkung nicht mehr empfohlen.2,4,34
Prednisolon p. o.
Die Wirkung von Prednisolon ist laut einer systematischen Übersichtsarbeit mit der von NSAR gleichwertig. Das Risiko für gastrointestinale Blutungen ist vergleichbar, jedoch treten weniger Dyspepsie, Übelkeit oder Erbrechen auf.3525
35–40 mg/d über 5 Tage verabreichensind bzgl. Die Wirksamkeit sowie das Nebenwirkungsprofil sind mit 2 x 500 mg Naproxen vergleichbar.3626
Häufige Gichtanfälle und chronische Gicht
DEGAM-Leitlinie: Therapie häufiger Gichtanfälle und chronischer Gicht35
Harnsäuresenkende Pharmakotherapie: Indikation
Erwogen werden sollte eine medikamentöse Senkung der Harnsäure:
bei Patient*innen mit mindestens 2 Gichtanfällen/Jahr
bei Patient*innen mit Uratablagerungen (Tophi, Uratnephrolithiasis) und/oder chronischer Gicht.
bei Vorliegen einer Nieren- oder Leberinsuffizienz sollte die Dosierung von Allopurinol entsprechend der Fachinformation reduziert werden.
Reservemittel, evtl. in Kombination mit Allopurinol, sind Probenecid und Benzbromaron.
Vitamin C 500 mg/d p. o.
Ob dadurch weniger Gichtanfälle auftreten, und wenn ja, ab wann dieser Effekt eintritt, ist unklar.
Da diese Vitamin-C-Dosis als sicher gilt, kann in Einzelfällen eine orale Vitamin-C-Einnahme erwogen werden.
Cave Febuxostat! SollNur wegenReservemedikament einerfür seltene, schwere, anders nicht behandelbare Uratablagerungen.
erhöhtenhte Sterblichkeitkardiovaskuläre und Gesamtsterblichkeit im Vergleich zumit Allopurinol nur noch selten und bei sehr schweren Fällen chronischer Gicht, die nicht ausreichend gelindert werden können, unter strenger Nutzen(Rote-/RisikoHand-Abwägung erwogen werden.Brief)27
Anfallsprophylaxe
Wenn am Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie z. B. wegen hoher Gichtlast eine Anfallsprophylaxe empfehlenswert erscheint.
NSAR (z. B. Naproxen 1 x 500 mg oder 2 x 250 mg/d, bei Risikopatient*innen Magenschutz erwägen) oder ColchizinKolchizin (0,5–1,2 mg/d)
Für 2 bis maximal 6 Monate
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) empfiehlt in ihrer Initiative Klug entscheiden, dass eine Therapie mit Allopurinol in den ersten 6 Monaten nicht ohne ColchicinKolchizin 2 x 0,5 mg/d erfolgen soll. Niedrigdosierte NSAR werden nur als Alternative bei Unverträglichkeit und Kontraindikationen gegen ColchizinKolchizin empfohlen.3728
Kontrolle des Harnsäureserumspiegels
Indikationen
Wenn der Therapieerfolg durch die klinische Einschätzung der Gicht nicht ausreichend beurteilt werden kann.
Um die Patientenmotivation zu erhöhen.
Um die Therapieadhärenz zu überprüfen.
Zielwert
DieDerzeit Evidenzenlässt reichen nichtsich aus,umden einenvorliegenden einheitlichenStudien Serumharnsäurezielwertkein bestimmter Grenzwert des Surrogatparameters für alledie Patient*innenSerumharnsäurezuallgemeingültig empfehlenfestlegen.
Cave: Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt einen Zielwert ≤ 6 mg/dl (360 μmol/l) und bei besonders schwerer Gichterkrankung (sehr häufige Gichtanfälle und Nachweis von Tophi) Harnsäurewerte von < 5 mg/dl (< 298 μmol/l).46
Kommentar der DEGAM: In der primärärztlichen Versorgung sollten die empfohlenen Serumharnsäure-Zielwerte, insbesondere zum Schutz der Patient*innen vor unnötigen Nebenwirkungen der Therapie, in der Regel nur in seltenen Fällen einer nicht ausreichenden Reduktion von Tophi oder uratbedingter chronischer Arthritis zur Anwendung kommen.
Kontrollintervalle
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt die Kontrolle der Zielwerte anfangs häufiger, später zumindest vierteljährlich.46
Beendigung
Es kann erwogen werden, eine harnsäuresenkende Therapie nach 5 Jahren effektiver Therapie zu beenden.
Wer sollte keine harnsäuresenkende Pharmakotherapie erhalten?
Patient*innen nach nur 1 Gichtanfall oder bei weniger als 2 Gichtanfällen/Jahr
Patient*innen mit asyptomatischer Hyperurikämie
auch bei Niereninsuffizienz und bestehender kardiovaskulären Erkrankungen derzeit keine Indikation
Febuxostat ist ein Xanthinoxidase-Hemmer, gehört also derselben Stoffgruppe an wie Allopurinol, ist jedoch kein Purin-Derivat.4533-4634
Die übliche Dosis beträgt 1 x tgl. 40–80 mg oral.
Die Daten in Bezug auf die Wirksamkeit, Sicherheit und Toxizität sind jedoch noch unzureichend.39
Laut einer großen Studie mit über 6.000 Patient*innen erhöht FebuxistatFebuxostat bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Mortalität signifikant im Vergleich zu Allopurinol.4735
Laut Arzneitelegrammarznei-telegramm ist FebuxistatFebuxostat deshalb als striktes Reservemedikament anzusehen.4827
Lesinurad
Urikosurikum
keine Monotherapie wegen nephrotoxischer Wirkung
in Deutschland nicht zugelassen
in Kombination mit Allopurinol effektive Senkung des Harnsäurespiegels, in manchen Ländern (USA, Österreich) zugelassen für therapierefraktäre Patient*innen4936
Empfehlungen für Patient*innen
Die DEGAM hat eine Patienteninformation zu Ernährung und Lebensstil bei Gicht erstellt.
Aus einer Kohortenstudie mit männlichen Läufern/Joggern geht hervor, dass bei Männern, die körperlich aktiv sind, die ein ideales Körpergewicht halten und die eine obst- und gemüsereiche und fleisch- und alkoholarme Ernährung aufweisen, ein geringeres Gichtrisiko besteht.1810
Prävention
Prophylaktische Behandlung mit Allopurinol zur Vermeidung einer akuten Niereninsuffizienz bei Patient*innen, die eine Chemo- oder Strahlentherapie erhalten.
Medikamente, die die Harnsäureausscheidung beeinträchtigen, vermeiden (Thiaziddiuretika und Salicylate).
Thiazide erhöhen den Harnsäurespiegel und sollten bei Patient*innen mit Gicht durch ein anderes Medikament ersetzt werden, z. B. Kalziumantagonisten oder Losartan (Angiotensin-II-Antagonist).3020
Vitamin C
Aus einer prospektiven Studie mit einer Beobachtungsdauer von 20 Jahren geht hervor, dass eine erhöhte Vitamin-C-Zufuhr mit einem geringeren Gichtrisiko assoziiert ist. Vitamin C wirkt urikosurisch und erhöht die Ausscheidung von Harnsäure.5339
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Typisch für die Gicht sind akute Anfälle und lange Phasen der Remission.
Beim ersten Anfall ist in der Regel nur ein Gelenk betroffen.
Bei der klassischen Gicht, der Podagra, ist das erste Metatarsophalangealgelenk des großen Zehs betroffen.
Weitere betroffene Gelenke können sein:
Fußwurzel
Sprunggelenk
Kniegelenk
Gelenke der oberen Extremitäten (selten).
Nach der ersten akuten Episode können die Patient*innen über Monate oder Jahre beschwerdefrei sein, bei einigen treten jedoch auch häufige Anfälle auf. In Ausnahmefällen entwickeln sich eine chronische, tophische Gicht, dauerhafte Gelenkschädigungen oder beides.
WeitereOhne mmedikamentöglichese ManifestationenTherapie dauert der schmerzhafte Gichtanfall ca. 1–2 Wochen an. 4
U. a. unddeswegen einekönnen BursitisPatient*innen olecranimit Gicht erhebliche Einschränkungen ihrer körperlichen Funktionsfähigkeit – verbunden mit einer reduzierten Lebensqualität – entwickeln.
InProblematisch sehrist, seltenen Fällen bilden sich im Wirbelkanal Tophi,dass die zuHyperurikämie einerzwar Kompressionselbst desnephrotoxisch Rückenmarkswirkt und somit eine harnsäuresenkende Therapie potenziell indiziert ist, auf der anderen Seite jedoch die notwendige harnsäuresenkende Therapie bei chronischer Niereninsuffizienz nur deutlich dosisreduziert eingesetzt werden darf oder dersogar Spinalnervenkontraindiziert führen könnenist.
Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom
90 % der Fälle treten in den ersten 6 Monaten der Behandlung – häufig innerhalb des ersten Monats – auf.42Tophi
Der Anteil der Patient*innen, die einen Ausschlag entwickeln, wird mit 2 % angegeben.
Ein Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom kann(AHS)
Bei 2 % der Behandelten treten Hautausschläge auf, die unvermittelt und nicht vorhersehbar beginnen, bei 0,4 % auftreten.davon Dasin Syndromein istAHS von Hautreaktionen,mit Fieber, Eosinophilie und einemakutem Multiorganversagen gekennzeichnetLeber- und gehtNierenversagen übergehen, mitdas einerwiederum Letalitätbei von bis zu 2514–30 % einhertödlich verläuft.54-5540
Bei Patient*innen mit gleichzeitiger Niereninsuffizienz oder Patient*innen, die Thiazide einnehmen, besteht ein erhöhtes Risiko.
Der Zusammenhang zwischen erhöhtenhtem kardiovaskulärem Risiko und Gicht liegt nach aktuellem Forschungsstand an einer endothelialen Dysfunktion, die zum einen durch die Hyperurikämie und zum anderen durch einen durch Harnsäurekonzentrationenurekristalle undinduzierten einemEntzündungsprozess erhin den Gefäßen ausgelöhtenst Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen nachgewiesenwird.57-597
Bei etwa jeder 4. betroffenen Person mit unbehandelter Hypertonie ist der Harnsäurespiegel erhöht.57
Kohortenstudien zufolge besteht bei Patient*innen mit Hyperurikämie ein erhöhtes relatives Risiko eines kardiovaskulär bedingten Todes und eines Herztodes (RR 1,4 bzw. 1,6).6043-6144
In einer Auswahl von 1.189 Patient*innen aus Taiwan war bei Gicht-Patient*innen, die eine langfristige Hyperurikämietherapiemie-Therapie erhielten, die Lebenserwartung insgesamt besser und das kardiovaskuläre Risiko geringer als bei den Patient*innen, die keine Langzeitbehandlung erhielten.6245
Eine Analyse von zwei prospektiven Kohortenstudien aus Dänemark ergab keinen kausalen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Harnsäurekonzentration und koronaren Herzkrankheiten oder Hypertonie.6346
Die Studie identifizierte einen erhöhten BMI als wahrscheinlichen Confounder für die in der Vergangenheit nachgewiesene Assoziation.
Prognose
Aus einer Studie über den natürlichen Krankheitsverlauf vor der Einführung von Allopurinol gehen die folgenden Daten in Bezug auf Rezidive hervor:64
nach 1 Jahr: 62 %
nach 2 Jahren: 78 %
nach 3 Jahren: 84 %.
Dank der heutigen Therapiemöglichkeiten können die meisten Patient*innen ein normales Leben führen, sofern die Diagnose früh genug gestellt wird.
Bei Patient*innen mit fortgeschrittener Erkrankung kann die Behandlung zu einer gewissen Besserung der Beschwerden führen: Tophi können aufgelöst, die Gelenkfunktion verbessert und ein Nierenversagen verlangsamt werden.
BeiU-förmige etwaAbhängigkeit 25 %zwischen dem Serumharnsäurespiegel und der Patient*innenSterblichkeit47
höchste mitKategorie schwerer(Serumharnsäure ≥ 9,5 mg/dl Hyperurikfür Männer und ≥ 8,5 mg/dl für Frauen) relatives Risiko für Versterben, insbesondere durch kardiovaskuläre Ereignisse, 2,39 (Männer) bzw. 3,77 (Frauen)
niedrigste Kategorie (Serumharnsäure < 3,5 mg/dl für Männer und < 2,5 mg/dl für Frauen) relatives Risiko für Versterben 1,58 (Männer) bzw. 1,8 (Frauen)
Vermutlich auf einen zusätzlich bestehenden Diabetes mellitus zurückzuführen.7
Ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus hat durch die Hyperglykämiekommteinen eszusätzlichen zuurikosurischen einerEffekt, rezidivierendenwas Bildung vonniedrige NierensteinenHarnsäurewerte erklären könnte.
Verlaufskontrolle
Die Patient*innen sollten bzgl. Komorbiditäten und kardiovaskulärer Risikofaktoren systematisch untersucht werden:3020
DieChronische Erkrankung kann verschiedene Gelenke befallen,Gicht am häufigsten ist jedoch das Großzehengrundgelenk betroffen. Sichtbare Tophi treten erst spät im Krankheitsverlauf auf und erreichen selten eine so starke Ausprägung wie auf dem Bild.
Bei Vorliegen einer Gicht sind unter dem Polarisationsmikroskop in der Gelenkflüssigkeit polymorphnukleäre Zellen sowie intra- und extrazelluläre nadelförmige Harnsäurekristalle erkennbar. Dies ist pathognomonisch.
Quellen
Leitlinien
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Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Eine rezidivierende akute Arthritis primär peripherer Gelenke, die durch eine Einlagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken, gelenknahen Geweben oder Weichteilen hervorgerufen wird.