Definition:Unwillkürlicher Harnverlust ab dem 5. Geburtstag ohne Vorliegen einer organischen Erkrankung des Nerven- oder Harnsystems. Einnässen im Kindesalter wird nach dem 5. Geburtstag als Harninkontinenz bezeichnet. Einnässen im Schlaf bezeichnet man als Enuresis.
Häufigkeit:Nächtliches Einnässen bei 10 % der 7-Jährigen und 1–2 % der Jugendlichen, Harninkontinenz tagsüber bei 2–3 % der 7-Jährigen und weniger als 1 % der Jugendlichen. Jungen sind im Verhältnis 2:1 häufiger von Enuresis, Mädchen im Verhältnis 1–1,5:1 häufiger von Harninkontinenz betroffen.
Symptome:Leidensdruck der Betroffenen, evtl. soziale Schwierigkeiten und Isolation, ggf. Symptome psychischer Komorbiditäten.
Befunde:Klinischer Untersuchungsbefund unauffällig, oft psychische Komorbiditäten.
Diagnostik:Klinische Untersuchung, detaillierte Anamnese inkl. psychologischer Evaluation, Sonografie. Bei entsprechender Indikation oder Verdacht auf organische Ursache weitere apparative Diagnostik.
Therapie:Aufklärung und Information, Miktionstraining, apparative Verhaltenstherapie, Medikamente.
Harninkontinenz: Einnässen im Kindesalter (unwillkürlicher Urinverlust) wird nach dem 5. Geburtstag als Harninkontinenz bezeichnet. Einnässen im Schlaf (auch Mittagsschlaf) bezeichnet man als Enuresis.
Harninkontinenz gilt bis zum Ende des 4. Lebensjahres als physiologisch, sofern keine Warnhinweise für eine organische Störung bestehen. Etwa 20–25 % der 4-Jährigen nässen nachts und 8–10 % tagsüber noch ein.
Bezeichnet einen unwillkürlichen Urinverlust nach Ausschluss struktureller Anomalien des Harntrakts, neurologischer Störungen und polyurischer Nierenerkrankungen bei einem Kind ab dem Alter von 5,0 Jahren.1
Auftreten mindestens einmal1 x pro Monat über einen Zeitraum von 3 Monaten.
Auftreten im Schlaf als Enuresis (= Enuresis nocturna)
monosymptomatische Enuresis nocturna (MEN) ohne Zeichen einer Blasendysfunktion
nicht-monosymptomatische Enuresis nocturna (nonNon-MEN): gleichzeitig mitbestehende BlasendysfunktionSymptome der Harnblasendysfunktion (d. h. Symptome tagsüber), z. B. überaktive Blase, Dranginkontinenz, Miktionsaufschub, Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination. Die Kinder können tagsüber trocken sein, deshalb häufig Fehldeutung als MEN.
primäre Enuresis: bisher nie länger als 6 Monate kontinent
sekundäre Enuresis: Auftreten nach mehr als 6-monatiger Phase der Kontinenz
dann (2zwei Diagnosen), eine für die nächtliche und eine für die Inkontinenz tagsüber
Der Begriff „Enuresis diurna“ soll nicht mehr verwendet werden.
Die häufige Verknüpfung von Funktionsstörungen des unteren Harntrakts und der Darmentleerung (Obstipation und/oder Stuhlinkontinenz) wird als „Bladder and Bowel-Dysfunction" (BBD) bezeichnet.
Häufigkeit
Jungen sind häufiger von Enuresis nocturna, Mädchen häufiger von Harninkontinenz tagsüber betroffen.1
Die Inkontinenz am Tage ist seltener als die Enuresis.1
Familiäre Häufung bei MEN (monosymptomatische Enuresis nocturna) mit Auftreten der Symptomatik bei 77 % der Kinder, wenn beide Elternteile ebenfalls eingenässt haben, bei 44 %, wenn ein Elternteil betroffen war.1
Pathogenetische Faktoren der EnursisEnuresis sind tiefer Schlaf und erschwerte Erweckbarkeit, eingeschränkte kortikale Detrusorinhibition in der Nacht, nächtliche Polyurie.
Gehäuft psychische Komorbidität oder Belastungssituationen bei sekundärer Enuresis
Unzureichende Ausreifung der zentralen Steuerung der Blasenfunktion mit unwillkürlichen Detrusorkontraktionen, die nicht ausreichend unterdrückt werden können.
Miktionsaufschub
Kann im Kontext einer Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten auftreten.
bewusstes Verweigern der Miktion aus unterschiedlichen Gründen
Detaillierte Anamnese zum Ausmaß der Harninkontinenz unter Zuhilfenahme z. B. eines standardisierten Anamnesefragebogens, eines Blasentagebuchs (Trink- und Miktionsprotokoll über mindestens 48 h) sowie eines 14-Tage-Protokolls (Dokumentation von Harninkontinenz, Häufigkeit der Darmentleerung, ggf. Stuhlschmieren, Enkopresis).
Drangsymptomatik, plötzlicher starker Harndrang, dabei häufig typische Körperhaltung (Dranginkontinenz)
Haltemanöver
kleine Miktionsmengen
häufige Miktion
oft geringe Trinkmengen
Symptome v. a. am Nachmittag
Assoziation mit Obstipation/Stuhlentleerungsstörungen
Betroffene bemerken das Einnässen oft nicht.
Miktionsaufschub
habituelle Aufschub der Miktion mit zunehmendem Harndrang und z. T. ausgeprägten Haltemanövern: Anspannung des Beckenbodens, Überkreuzen der Beine, Hocke und Fersensitz
Entleerung der Blase 2–3 x tgl.
häufig assoziiert mit Aufschub der Stuhlentleerung und oppositionellem Verhalten
Fehlpositionen, Entzündungen der perianalen Haut, Fissuren und Marisken
Region des LWS und des Os sacrum
äußerliche Zeichen einer Spina bifida occulta, eines Sakrallipoms, einer Diastomyelie oder eines Filum-terminale-Syndroms (Tethered Cord)
lokale Hypertrichose oder atypische Behaarung, Hämangiome unterschiedlicher Ausprägung, kleine Nävi, atypische Pigmentierung, Sinus pilonidalis, Gesäßfaltenasymmetrie
Fehlbildung des Os sacrum (sakrale Dysgenesie, Sakralagenesie)
Asymmetrie der Glutealfalten, auffallend kurzen Glutealfalte oder flaches Gesäß
Zehen- und Hackengang, Einbeinstand oder Einbeinhüpfen können gestört sein.
orientierende neurologische Untersuchung (Muskeleigenreflexe der unteren Extremitäten, ggf. Analreflexe)
Rektal-digitale Untersuchung unter großer Zurückhaltung, nur unter strenger Indikationsstellung und mit Einverständnis des zuvor aufgeklärten Kindes von Ärzt*innen, die ausreichende Erfahrung in der Beurteilung des Befundes haben.
Zystomanometrie, MR-UrografieMiktionscystourethrographie (MCU) bzw. kontrastmittelgestützte Miktionsurosonographie (MUS), ggf. videourodynamische Untersuchungen, MRT der gesamten spinalen Achse und des Neurokraniums
bei V. a. ektopen Harnleiter (Mädchen)
MR-Urografie
Urethralklappen bei Jungen
Ultraschall, Uroflowmetrie, radiografische Miktionszystourethrografie (MCU) oder eine kontrastmittelgestützte Miktionsurosonografie (MUS), Zystourethroskopie
bei nachweisbarer Polyurie (Urinausscheidung > 4 ml/kg KG/h oder 1.200 ml/m2 KOF/24 Stunden) z. A. eines Diabetes insipidus (zentral und renal) und einer polyurischen Nierenerkrankung
Spezielle gastroenterologische Diagnostik bei ausgeprägter Obstipation6
Spezielle kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik bei V. a. relevante psychiatrische Komorbidität
Indikationen zur Überweisung
Eine primäre, monosymptomatische Enuresis nocturna kann meist gut von Hausärzt*innen behandelt werden.
Bei sekundärer Enuresis ohne erkennbare Ursache (Infektion, belastende Vorfälle im psychosozialen Bereich) sowie bei Auftreten des Einnässens tagsüber und nachts sind Kinder über 5 Jahren an Kinderärzt*innen zu überweisen.
Bei Entwicklungs- oder Konzentrationsstörungen sowie bei Lernschwierigkeiten sollte das Kind an eine kinderärztliche oder kinder- und jugendpsychiatrische Praxis überwiesen werden.
Wenn die allgemeinmedizinische Behandlung nicht innerhalb eineseiniger JahresMonate zum Erfolg führt, ist eine kinderärztliche Abklärung erforderlich.
Auch bei Verdacht auf organisch bedingte Inkontinenz ist eine Überweisung erforderlich.
Therapie
Der gesamte Abschnitt basiert, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.1
Therapieziele
Informieren und aufklären, Abbau von Sorgen und Ängsten sowie psychischer und sozialer Belastungen.
Lebensqualität verbessern.
Blasenkontrolle erlangen.
Therapie relevanter Komorbiditäten
Allgemeines zur Therapie
In den meisten Fällen ist eine ambulante Behandlung möglich.
Zuerst wird die tagsüber bestehende Harninkontinenz, anschließend die Enuresis therapiert.
Stets soll eine parallele relevante Komorbidität vor oder mit Beginn der Therapie der Harninkontinenz/Enuresis ausreichend therapiert werden.5-6
DieBei initiale konsequente Behandlung einer evtl. zeitgleich bestehenden gleichzeitiger Obstipation und Stuhlinkontinenz wird diese initial behandelt.
Häufig verbessert häufigsich dadurch die Symptomatik der Enuresis. Ziel ist das Herbeiführen täglicher, schmerzloser Defäkationen, wozu fast immer eine mehrmonatige und ausreichend dosierte Macrogolgabe erforderlich ist.
Eine antibiogrammgerechte antibiotische Prophylaxe mit Nitrofurantoin oder Trimethoprim (nicht länger als 6 Monate) ist bei rezidivierenden Zystitiden angezeigt.7
Therapieelemente
Beratung/Urotherapie
apparative Verhaltenstherapie (AVT)
medikamentöse Therapie
sonstige Maßnahmen
Beratung/Urotherapie
Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1,5,78
Urotherapie bezeichnet alle konservativen, nicht-chirurgischen und nicht-pharmakologischen Behandlungsverfahren.
Urotherapeutisch basierte Beratung und Intervention stellen die erste Maßnahme bei jeglicher Form der funktionellen Harninkontinenz dar.
Maßnahmen der allgemeinen Urotherapie (Standard-Urotherapie)
Aufklärung, Information, Entmystifizierung
Physiologie der Harnblase
Beschreibung der normalen Blasenfunktion als Reifungsprozess
Charakterisierung der Blasenfunktionsstörung (Pathophysiologie)
Allgemeine urotherapeutische Maßnahmen und Empfehlungen
Trinkverhalten
Die Menge der tagsüber getrunkenen Flüssigkeit darfsoll nicht reduziert werden: Ausreichendes Trinken ist wichtig. Es gilt die „7-Becher-Regel“: 7-mal am Tag soll ein Glas getrunken werden, die letzte Portion etwa 2 Stunden vor dem letzten Toilettengang am Abend.
Miktionsverhalten
Es gelten die „drei W's“: wann, wie oft und wie?
Wann: jedesmaljedes Mal bei Harndrang, morgens nach dem Aufstehen, abends vor dem Schlafengehen, vor längeren Zeiträumen, in denen keine Toilette zur Verfügung steht (z. B. Autofahrt).
Wie oft: mindestens 5- bis 7-mal pro Tag
Wie: inIn entspannter Sitzposition und mit Zeit; ein vollständiges Aufstellen der Füße sollte möglich sein, ggf. Fußbänkchen, Toilettenaufsatz.
Protokoll/Tagebuch führen bei monosymptomatischer Enuresis
Das Kind trägt über einen Zeitraum von 2 Wochen in ein Protokoll ein, ob es nachts einnässt.
Ein solches Protokoll kann vom Kind selbst angefertigt werden, am besten gemeinsam mit den behandelnden Ärzt*innen, oder es wird eine fertige Vorlage genutzt.
Beim nächsten Besuch nach 2–3 Wochen zeigt sich häufig, dass bereits diese Maßnahme eine Besserung bewirkt hat. Wenn das Protokoll über 2–3 Monate konsequent geführt und bei regelmäßigen Besuchen mit den Ärzt*innen besprochen wird, führt dies bei vielen Kindern zum Erfolg.
Nässt das Kind trotz Tagebuch öfter als 2-mal pro Woche ein, ist vermutlich eine weitergehende Behandlung erforderlich.
Motivation
Stellen Sie vor Einleitung der Maßnahmen bei monosymptomatischer Enuresis sicher, dass Kind und Eltern sollten zur Durchführung der Therapie motiviert sind und dass der Zeitpunkt geeignet istsein (meist noch nicht im Alter von 5–6, optimal in der Regel im Alter von 7–8 Jahren).
Wenn vor allem die Eltern großen Wert auf die Kontinenz ihres Kindes legen, das Kind selbst aber das Einnässen nicht als Problem wahrnimmt, sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs.
Das Kind kann nichts dafür, dass es einnässt, es tut es nicht absichtlich: Die Eltern dürfen ihm nicht vorwurfsvoll begegnen
Vorwurfsvolle oder es beschämen
mende Reaktionen sowie Bestrafungen sind nutzlos und schädlich.
Lob der Eltern für trockene Nächte bzw. Tage kann hingegen zu einer positiven Verstärkung führen.
Einnässen ist zwar lästig, aber nie gefährlich. Man hat Zeit, den richtigen Zeitpunkt für eine intensivere Therapie abzuwarten. Nicht selten erledigt sich das Problem von selbst (Spontanremissionsrate ca. 15 %/Jahr).
Wecken?
DasSpätabendliches KindWecken nachtszum Toilettengang führt häufig zu weckeneiner vorübergehenden Reduktion von nassen Nächten und imzu Halbschlafeiner aufEntspannung dieder Toilettefamiliären Situation, jedoch nicht zu schickeneiner oderBesserung esder dorthin zu tragen, z. B. bevor die Eltern schlafen gehen, scheint ungünstige Toilettengewohnheiten zu fördern und wird nicht empfohlen.8
Bei älteren Kindern kann ggf. das Stellen eines Weckers sinnvoll sein, durch den das Kind tatsächlich wach wird und dann selbst die Toilette aufsuchtArousaldysfunktion.
Schützen Sie dieDie Matratze sollte mit einer Kunststoffauflage geschützt werden. Das nächtliche Tragen von Windeln lässt die Symptome nicht zurückgehen. Manchmal kann der Einsatz der Windel sinnvoll sein, weil er von Wäschebergen entlastet. Wenn eingenässt wurde, kann der Rest der Nacht bedenkenlos mit einem Handtuch über dem nassen Fleck verbracht werden.
Beim Wechseln und Waschen der Bettwäsche sollten ältere Kinder bereits Verantwortung übernehmen, wobei dies keine Strafe darstellen darf.
Das Führen eines Tagebuchs kann bereits eine Besserung bewirken. Scheuen Sie sich nicht, trockene Nächte zu belohnen, aber strafen Sie keinesfalls, wenn das Kind einnässt.
Eine besonders intensive Form der urotherapeutischen Behandlung ist die Kontinenzschulung, die einzeln oder in einer Gruppe Gleichbetroffener unter Einbeziehung der Eltern erfolgt.
Wird bei mangelndem Therapieerfolg trotz ausreichender Behandlung von Komorbiditäten empfohlen.
Indiziert bei jeder Form der Enuresis (nach Behandlung der Tagessymptomatik), wenn die Standard-Urotherapie nicht zum Erfolg geführt hat.
Die apparative Verhaltenstherapie wird gegenüber Desmopressin als Mittel der 1. Wahl bevorzugt.
Bei Versagen des einen Verfahrens soll auf das andere gewechselt werden.
Eine Kombination beider Verfahren soll nur in Ausnahmefällen in Erwägung gezogen werden.9
Bei Versagen beider Verfahren soll die Adhärenz überprüft werden und eine erneute Diagnostik erfolgen.
Auch ein abwartendes Verhalten ist bei einer Spontanheilungsrate von 15 % der monosymptomatischen Enuresis nocturna gerechtfertigt.
Apparative Verhaltenstherapie
: Weckgeräte („Klingelhose“)
Dies ist bei monosymptomatischer Enuresis die wirksamste und kostengünstigste Behandlungsmethode3,910-1011 und sollte angesprochen werden, wenn das Therapieziel nach 1–3 Monaten Beratung und EigenbehandlungBasis-Urotherapie nicht erreicht ist.
bessere Langzeitergebnisse als die Behandlung mit Desmopressin12
Die Hose oder Matte enthält einen Sensor, der auf geringe Urinmengen einen Weckton auslöst.
Das Kind lernt, den Weckton mit der vollen Blase zu verbinden und so zunehmend vom Harndrang wach zu werden.
Diese Methode wird frühestens ab einem Alter von 5 Jahren empfohlen, setzt aber voraus, dass das Kind die nötige Eigenmotivation aufbringt und dieser Art von „Training“ positiv gegenübersteht, was erfahrungsgemäß erst ab ca. 7 Jahren der Fall ist.
Die Methode führt bei 50–70 % der Kinder zum Erfolg. Rückfälle treten bei 1/4 der behandelten Kinder auf.
Ein Behandlungserfolg zeigt sich in der Regel nach etwa 5–8 Wochen. Die Behandlungsdauer sollte mindestens 8 und höchstens 16 Wochen betragen.
Bei Rückfällen wird empfohlen, direkt wieder mit einer AVT zu beginnen.
Für den Behandlungserfolg ist es von entscheidender Bedeutung, dass Kinder, Eltern und Ärzt*innen die richtige Motivation mitbringen, und dass die Therapie in das Alltagsleben der Familie integriert werden kann.
Nebenwirkungen der Therapie sind gestörter Nachtschlaf auch der anderen Familienangehörigen.
VieleWenn Hausäbei den behandelnden Ärzt*innen, aber auch manche Kinderärzt*innen und Urolog*innen haben wenig Erfahrung mit dieser Methode undbesteht, sind gut beraten,können entsprechend geschulte und ausgestattete Spezialist*innen hinzuzuziehenhinzugezogen werden (z. B. InPersonen dermit einjähriger Regel bieten die Weckapparat-Hersteller einen guten Beratungsservice während der Therapiephase.
Die Geräte gibt es in stationinterdisziplinärer undFachweiterbildung tragbarer AusführungUrotherapie).
Die tragbare Ausführung (Hosensystem) ist leichter zu handhaben als ein stationäres Mattensystem und reagiert eher auf kleine Harnmengen.
Es gibt drahtlose und kabelgebundene Geräte.
Wenn der alleinige Einsatz des Weckgeräts nicht zum Erfolg führt, empfiehlt sich die Kombination aus Weckgerät und der Gabe von Desmopressin.11
Medikamentöse Therapie
Für andere Medikamente als
Desmopressin und ggf. trizyklische Antidepressiva ist bei Enuresis nocturna keine Wirkung belegt.12
Desmopressin(Desmopressinazetat)
StelltAlternative bei monosymptomatischer Enuresis das Mittel der ersten Wahl dar, wenn die Weckapparat-Therapieapparative Verhaltenstherapie versagt hat oder, nicht anwendbar ist oder abgelehnt wird.4,13
Das Medikament wird peroral verabreicht.
Die Dosis beträgt zu Beginn 100–200 µg, zureingenommen Nacht1 Stunde vor dem Schlafengehen (bei Kindern, die vor Mitternacht einnässen, etwa 2 Stunden vor dem Schlafengehen) und kann bei Wirkungslosigkeit auf 400 µg nach 2 Wochen gesteigert werden.
Als teurere Schmelztablette beträgt die Anfangsdosis 60–120 µg sublingual vor dem Schlafengehen und kann bei Bedarf auf 240 µg erhöht werden.
Wichtig: InzwischenNach gibtEinnahme esvon Desmopressin sollte eine Trinkmenge von 250 ml nicht überschritten werden und auch alsin Lösungder Nacht nicht getrunken werden.
sonst Gefahr der (Dosierungseltenen) 180Wasserintoxikation µgbei bzw.hypotoner 360Hyperhydratation µg)mit dem Risiko zerebraler Krampfanfälle
Kontraindikation: Nachweis einer ungeklärten Polydipsie/Polyurie und bei habitueller Polydipsie
Falls sich nach 2–4 Wochen bei ausreichender Dosis kein Erfolg einstellt, wird empfohlen, das Medikament abzusetzen.
Zugelassen ab einem Alter von 5 Jahren, sofern die Nierenkonzentrationsfähigkeit normal ist und Weckgeräte keine Besserung bewirken.
Kurzfristige Wirkung
Die kurzfristige Wirkung tritt innerhalb weniger Tage und bei 60–70 % der Patient*innen ein. Das Medikament hat wenige Nebenwirkungen, aber bei vielen behandelten Patient*innen kommt es zu Rückfällen. Die Behandlung gilt als symptomatisch.13
Sofern die Wirkung vorab getestet wird, eignet sie sich insbesondere für Reisen, Übernachtungsbesuche etc.
Langzeittherapie
In der Regel wird empfohlen, die Dosistitration bis zur Erzielung einer Wirkung durchzuführen, das Medikament über 3 Monate konstant einzunehmen und es danach probeweiseauszuschleichen, fürindem 1schrittweise Wochedie abzusetzenDosis reduziert wird.
Wenn die Kinder bei Dosisreduktion erneut einnässen, wird empfohlen, die zuvor erfolgreiche Dosierung erneut anzubieten.
Wenn die Beschwerden anhalten, folgt ein weiterer Dreimonatszeitraum mit medikamentöser Behandlung.
Flüssigkeitsrestriktion
Trizyklische Antidepressiva
ZwischenImipramin 1ist Stundezur Behandlung der Enuresis bei Kindern ab 5 Jahren zugelassen, angesichts der engen therapeutischen Breite und bedrohlicher kardialer Nebenwirkungen, vor undallem 8bei StundenNachweis nacheines EinnahmeLong-QT-Syndromsdesaber nur Mittel der 3. oder 4. Wahl.
Kann in der Hand von in der Anwendung dieses Medikaments sollteerfahrenen dasÄrzt*innen Kindbzw. möglichstin wenigeiner trinken,spezialisierten umEinrichtung eineangeboten Flüssigkeitsretention und die daraus folgenden Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Bauchkrämpfe und Übelkeitwerden.
Weitere Therapieoptionen
Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1,5,1413
AnticholinergikaAnleitung zum Verzicht auf Haltemanöver, sofortiges Aufsuchen der Toilette bei HarninkontinenzHarndrang, Optimierung des Trinkverhaltens
Regelmäßiges Miktionieren (evtl. mit überaktiverUhr/Smartphone Blasemit Erinnerungsfunktion), bei Versagen der Verhaltenstherapie Behandlungsversuch mit Anticholinergikum (Cave – Nebenwirkungen: AufgrundObstipation, desRestharnbildung, NebenwirkungsprofilsTachykardie, undMundtrockenheit, eingeschränkterHautrötung, WirksamkeitKopfschmerzen, nurSchwindel, kritischSehstörungen, undMüdigkeit, durchKonzentrationsstörungen!)
Anticholinergika
Mittel erfahreneder Behandler1. einzusetzenWahl ist Propiverin.
TENS:als Bei überaktiver Blase gibt es vielversprechende Daten zur WirksamkeitMittel der sakralen2. transdermalenWahl: elektrischenOxybutynin, Nervenstimulationab dem Alter von 12 Jahren auch Trospiumchlorid
neue Anticholinergika (Tolterodin, Solifenacin)
Nach Therapieversagen anderer Therapien und Reevaluation kann bei strenger Indikationsstellung der Einsatz neuerer Anticholinergika (im Off-Label-Use) bei der überaktiven Blase/Dranginkontinenz in Erwägung gezogen werden.
Biofeedback:Botulinum-A-Toxin
Bei Therapieresistenz und nur nach Re-Evaluation inklusive urodynamischer Untersuchung kann Botulinumtoxin nach strenger Indikationsstellung bei motiviertender Patient*innenüberaktiven mitBlase/Dranginkontinenz dyskoordinierterin MiktionEinzelfällen erwogen werden.
PhysiotherapieIn ggf. bei dyskoordinierter Miktion
Spezielle Therapieformen (Alpha-Rezeptoren-Blocker wie Tamsulosin, intermittierende Katheterisierung) in sehr selteneneinigen Fällen Besserung mit TENS (transkutane Elektroden)
Miktionsaufschub
Anleitung zum regelmäßigen, entspannten Miktionieren, Erinnerung durch Uhr/Smartphone
Ggf. Einsatz von funktioneller HarninkontinenzBiofeedbackmethoden nach Versagen der Standard-Urotherapie (bislang keine überzeugenden Studiendaten, Therapieversuch jedoch gerechtfertigt bei entsprechender Motivation der betroffenen Person)
Keine Empfehlung für medikamentöse Therapie
Unteraktive Blase
Ggf. intermittierendes Katheterisieren neben der Urotherapie
Gefahr der Entwicklung einer Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination oder einer unteraktiven Blase bei Miktionsaufschub
Gefahr von Blasenwandverdickung und sekundärem Reflux, Megaureter oder Nierenbeckendilatation bei dyskoordinierter Miktion
Prognose
Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1,3,1310
Die Spontanheilungsrate beträgt pro Jahr etwa 15 %.
40 % der Patient*innen werden mit Urotherapie symptomfrei, 40 % zeigen Besserung der Symptome.
50–80 % der Patient*innen werden mit AVT nach 8–10 Wochen erfolgreich therapiert, davon werden 2/3 der Kinder nachts trocken und schlafen durch, 1/3 wacht rechtzeitig auf, um auf die Toilette zu gehen. In 15–30 % der Fälle kommt es innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss der Behandlung zu einem Rezidiv.
70 % der Patient*innen mit Enuresis sprechen innerhalb kurzer Zeit auf Desmopressin an (30 % volle und 40 % partielle Responder), ein langfristiger Therapieerfolg stellt sich jedoch nur bei 18–38 % ein. Bei langsamem Ausschleichen der Medikation werden bessere Ergebnisse erzielt als bei schnellem Absetzen.
15–20 % der Patient*innen mit Enuresis nocturna werden durch Führen eines Trink- und Miktionsprotokolls trocken.
40–50 % der Kinder mit überaktiver Blase werden mit der Kalendermethode trocken.
Bei 60 % der Kinder mit überaktiver Blase führen Anticholinergika zur Besserung der Symptomatik, es besteht jedoch eine Rückfallquote von 50 %.
Verlaufskontrolle
Langfristige Behandlung auch über das Erreichen der Kontinenz hinaus
Anfangs engmaschige Verlaufskontrollen zur motivierenden und unterstützenden Begleitung der Therapie
Bei Rückfall erneuter Therapieversuch, in resistenten Fällen Unterstützung durch Kinder- und Jugendpsychiatrie in Erwägung ziehen, ggf. teilstationäre oder stationäre Behandlung in Abhängigkeit von den psychologischen Komorbiditäten.
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Autor*innen
AnneFranziska StraußJorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung PädiatrieAllgemeinmedizin, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum FreiburgKaufbeuren
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Unwillkürlicher Harnverlust ab dem 5. Geburtstag ohne Vorliegen einer organischen Erkrankung des Nerven- oder Harnsystems. Einnässen im Kindesalter wird nach dem 5. Geburtstag als Harninkontinenz bezeichnet. Einnässen im Schlaf bezeichnet man als Enuresis.