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Lyme-Borreliose

Zusammenfassung

  • Definition:Durch Zeckenstich übertragende Infektionskrankheit mit Bakterien der Gattung Borrelia.
  • Häufigkeit:Inzidenz in Deutschland 26–41 Fälle auf 100.000 Personen.
  • Symptome:Nur etwa 1 % der Patient*innen entwickelt nach einem Zeckenstich eine symptomatische Infektion.
  • Befunde:Leitsymptom Erythema migrans in Frühstadium, später Dissemination mit neurologischer, kardialer oder Gelenkbeteiligung möglich.
  • Diagnostik:Bei typischem Erythema migrans Blickdiagnose. Bei Unsicherheit serologische Untersuchung auf Antikörper, bei Neuroborreliose auch Liquordiagnostik; ggf. zusätzlich direkter Erregernachweis.
  • Therapie:Jede symptomatische Infektion sollte antibiotisch behandelt werden, jedoch keine antibiotische Therapie bei asymptomatischem Zeckenstich (auch keine Prophylaxe!).

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Lyme-Borreliose ist in Europa die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung.2
    • hervorgerufen durch Spirochäten aus dem Borrelia-burgdorferi-sensu-lato-Komplex (Bbsl-Komplex)
  • Die klinische Symptomatik ist sehr vielgestaltig und umfasst insbesondere Symptome an Haut, Nervensystem, Gelenken und Herz.2
  • Benennung nach dem Ort Lyme (Connecticut, USA), in dem gehäuft Gelenkentzündungen nach Zeckenstichen auftraten.2
    • Hautmanifestationen der Lyme-Borreliose wurden in Europa bereits Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben, aber erst 1981 wurde der Erreger von W. Burgdorfer entdeckt.
  • In Deutschland spricht man in der Regel von der Borreliose oder auch Lyme-Borreliose, international wird diese Erkrankung vor allem als Lyme-Krankheit (Lyme Disease) bezeichnet.3-5

Stadien der Erkrankung6

  • Früh lokalisiert (Stadium 1)
    • Erythema migrans
    • Borrelien-Lymphozytom
  • Früh disseminiert (Stadium 2)
    • multiple Erythemata migrantia
    • multiple Borrelien-Lymphozytome
    • grippeartige Symptome (Muskel- und Gelenkschmerzen, FieberLymphknotenschwellung, Leistungsminderung)
    • Neuroborreliose (lymphozytäre Meningitis, Meningoradikulitis Bannwarth, Hirnnervenparesen, Myelitis)
    • Ophthalmoborreliose
    • Myositis
    • akute Karditis
    • akut intermittierende Lyme-Arthritis (Monarthritis)
  • Spätmanifestation (Stadium 3)
    • Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA)
    • periphere Neuropathie assoziiert mit ACA
    • chronische Arthritis
    • chronische Enzephalomyelitis (sehr selten)
    • zerebrale Vaskulitis (sehr selten)

Meldepflicht

  • In Deutschland besteht keine bundesweite krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht (Stand Juli 2020).2
    • derzeit in 9 Bundesländern eine länderspezifische Meldepflicht für Lyme-Borreliose: Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen6
    • Verpflichtung für die nichtnamentliche Meldung der Erkrankung und des Todes durch Lyme-Borreliose in Form eines Erythema migrans, einer akuten Neuroborreliose und einer akuten Lyme-Arthritis an die zuständigen Gesundheitsämter6

Leitlinie: Meldung als Berufserkrankung6

  • Der begründete Verdacht, dass es sich bei einer Erkrankung an Lyme-Borreliose um eine Berufskrankheit (BK 3102) handeln könnte, ist entsprechend § 202 SGB VII von den behandelnden Ärzt*innen unverzüglich dem Unfallversicherungsträger, z. B. der Berufsgenossenschaft, zu melden.
  • Die Bezeichnung dieser Berufskrankheit lautet: von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten.
  • Zu den besonders gefährdeten Berufsgruppen zählen die Forst- und Waldarbeiter*innen, Gärtner*innen, Landwirt*innen und Jäger*innen.

Anerkennung als Berufskrankheit

  • Tritt die Lyme-Borreliose im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit auf, kann diese Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden.7
  • Alle Ärzt*innen sind nach § 202 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) gesetzlich verpflichtet, die Berufskrankheit-Anzeige zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die versicherte Person widerspricht (Meldebogen).8
  • Es wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben, und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
  • Dann können bestimmte Maßnahmen auf Kosten der GUV durchgeführt werden:
    • spezielle therapeutische Maßnahmen
    • Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zur Zahlung einer Rente.9

Häufigkeit

  • Die Lyme-Borreliose ist die häufigste Zoonose in Deutschland.10
  • Inzidenz in Deutschland: 26–41 Fälle auf 100.000 Personen2
    • deutliche geografische Unterschiede zwischen den Bundesländern
  • Jährlich geschätzt sind 214.000 Personen in Deutschland von Lyme-Borreliose betroffen.2
  • In Europa sind bis zu 30 % der Zecken mit Borrelia burgdorferi infiziert.2
    • Infektionsnachweis nach einem Zeckenstich bei 2,6–5,6 % der Betroffenen durch Serokonversion, also Auftreten von Antikörpern im Blut
    • Bei 0,3–1,4 % der Personen mit Zeckenstichen ist mit Krankheitssymptomen zu rechnen.
  • Das Risiko einer symptomatischen Infektion ist abhängig vom Zeitintervall, das vom Zeckenstich bis zur Entfernung der Zecke verstreicht.
    • Anstieg der Wahrscheinlichkeit für Infektion ab Saugdauer > 12 h2
  • Häufigkeit von Seropositivität (nicht gleichbedeutend mit symptomatischer Infektion)6
    • Anstieg von borrelienspezifischen Antikörpern im Serum mit zunehmendem Alter
    • in der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen 7 % 
    • in der Gruppe der 70- bis 79-jährigen 24,5 % der Männer und 16,4 % der Frauen

Wahrscheinlichkeit für Infektion nach Zeckenstich

  • In der Bevölkerung herrscht häufig große Sorge, was Zeckenstiche betrifft.
  • Anhand der Zahlen vom RKI2 und von der aktuellen Leitlinie6 ist folgende Rechnung (mit gerundeten Zahlen) zur Beruhigung der Patient*innen möglich:
    • Bei 100 Personen mit Zeckenstich kommt es bei 5 Personen zu einem Kontakt mit Borrelien und zur Bildung von Antikörpern.
    • Bei nur 1 Person kommt es zu Krankheitssymptomen.
      • davon etwa 90 % in Form des Erythema migrans
    • 95 Personen erleben den Zeckenstich ohne jegliche Folgen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Infektion mit der Spirochäten-Gattung Borrelia
    • mindestens 5 gesichert humanpathogene Subtypen:6
      1. B. afzelii: am häufigsten in Europa, Assoziation mit Acrodermatitis chronica atrophicans
      2. B. garinii: assoziiert mit neurologischen Manifestationen
      3. B. burgdorferi: assoziiert mit Gelenkmanifestationen, sowohl in Europa als auch USA verbreitet
      4. B. bavariensis: assoziiert mit neurologischen Manifestationen, gehäuft in Süddeutschland  
      5. B. spielmanii: nur bei Erythema migrans nachgewiesen.
  • Übertragung in Europa durch den Stich der Schildzecke Ixodidae ricinus2
    • In Deutschland sind Zecken ubiquitär mit Borrelien infiziert.6
    • In der nüchternen Zecke befinden sich die Borrelien im Darm.
    • Nach Beginn des Saugaktes wandern die Borrelien in die Speicheldrüsen, von wo sie mit dem Zeckenspeichel übertragen werden.
    • Die Zecke muss daher eine längere Zeit (zumindest mehrere Stunden) gesaugt haben, damit Borrelien übertragen werden können.
  • Inkubationszeit2
    • Stadium 1: 3–30 Tage (Median 7–10 Tage)
    • Stadium 2: oft nur unwesentlich länger als Stadium 1
    • Stadium 3: Monate bis Jahre
    • Cave: Jede klinische Manifestation kann isoliert, aber auch in Kombinationen unterschiedlicher Stadien auftreten.

Prädisponierende Faktoren

  • Zecken halten sich bevorzugt in feuchter Vegetation und dichtem oder hohem Gras auf.
  • Das Infektionsrisiko steigt mit der Saugdauer der Zecke.

ICPC-2

  • A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere

ICD-10

  • A69 Sonstige Spirochäteninfektionen
    • A69.2 Lyme-Krankheit

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Lyme-Borreliose ist primär eine klinische Verdachtsdiagnose, die durch die Ergebnisse der Labordiagnostik gestützt wird.2
    • Abgesehen vom typischen Erythema migrans, das rein klinisch diagnostiziert wird, ist bei Verdacht auf Lyme-Borreliose der Nachweis borrelienspezifischer Antikörper im Serum, ggf. auch im Liquor, ein entscheidender Baustein für die Diagnosefindung.
  • Bei uneindeutigen Fällen zusätzlich direkten Erregernachweis anstreben.6

Diagnostik

Leitlinie: Diagnostik6,11

Serologische Diagnostik

  • Die serologische Diagnostik soll nur bei ausreichendem klinischem Verdacht angefordert werden.
  • Die Diagnostik soll als Stufendiagnostik (Suchtest und Bestätigungstest) durchgeführt werden.
  • Ein positiver Antikörpernachweis ist nicht beweisend für eine klinisch bestehende Lyme-Borreliose.
  • Ein negativer Antikörpernachweis schließt bei längerer Krankheitsdauer bei immungesunden Patient*innen eine Lyme-Borreliose weitestgehend aus.
  • Ein isoliert positiver IgM-Nachweis spricht gegen eine Spätmanifestation der Lyme-Borreliose.

Direkter Erregernachweis

  • Der kulturelle Direktnachweis sollte nur bei differenzialdiagnostisch uneindeutigen Fällen eingesetzt werden.
  • Die kulturelle Anzucht von Borrelia burgdorferi sensu lato sollte auf Expertenlaboratorien beschränkt bleiben.
  • Positive Kulturergebnisse sind mittels geeigneter molekularbiologischer Methoden zu bestätigen.

Neuroborreliose

  • Bei V. a. Neuroborreliose sollen eine Liquor- und Serumuntersuchung (zeitgleiche Entnahme) erfolgen.
  • Die Liquor-Analytik soll die zytologische, proteinchemische und serologische  Untersuchung umfassen.
  • Mittels des Nachweises der borrelienspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese (positiver borrelienspezifischer Antikörper-Index [AI]) in Verbindung mit entzündlichen Liquorveränderungen lässt sich die klinische Verdachtsdiagnose einer Neuroborreliose bestätigen.
  • Der molekularbiologische und kulturelle Direktnachweis aus dem Liquor sollte nur bei differenzialdiagnostisch uneindeutigen Fällen (z. B. unzureichende Antikörperproduktion bei primärem Immundefekt oder B-Zell-Depletion) eingesetzt werden.

Serologische Diagnostik

  • Der positive Nachweis Borrelien-spezifischer IgM- und/oder IgG-Antikörper allein weist keine aktive Infektion mit Borrelia burgdorferi nach11, da:
    • Borrelien-Infektionen mit asymptomatischer Serokonversion vorkommen und
    • über Jahre anhaltende erhöhte IgG- und IgM-Antikörpertiter (in Serum oder Liquor) nach ausreichend behandelter Borreliose bei gesunden Personen keine Seltenheit darstellen.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) rät im Rahmen ihrer Initiative Klug Entscheiden von einer Borrelien-Serologie ohne typische Anamnese und Klinik ab.12
    • Die Durchführung einer Borrelien-Serologie ohne entsprechende Symptomatik bedingt aufgrund der Seroprävalenz in der Bevölkerung („Durchseuchungstiter“) eine hohe Wahrscheinlichkeit von Fehldiagnosen.

Kultivierung und direkter Erregernachweis2

  • Anzucht und PCR sind im diagnostischen Procedere lediglich der Serologie nachgeschaltete, hilfreiche Zusatzverfahren.
  • Die Kultivierung von Borrelien aus Patientenmaterial ist diagnostisch beweisend.
  • Es handelt sich jedoch um ein zeit- und arbeitsaufwendiges Verfahren, das nur in wenigen Speziallaboratorien durchgeführt wird.
  • Häufig lassen sich die Erreger erst nach mehrwöchiger Bebrütung und mehrfacher Blindpassage nachweisen.
  • Für die Anzucht geeignete Untersuchungsmaterialien sind Liquor und Biopsiematerial.
  • Ein negatives PCR-Testergebnis schließt eine Lyme-Borreliose nicht aus.6

Borrelienspezifischer Antikörper-Index11

  • Nachweis einer borrelienspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese zur Bestätigung einer Neuroborreliose
  • Zeitgleiche Entnahme von Serum und Liquor
  • Bestimmung des Antikörper-Index nach Reiber (beispielhaft für IgG angegeben, analog für IgM und IgA zu berechnen):
    • Quotient aus:
      • spezifische IgG-AK Liquor/spez. IgG-AK Serum (Zähler) und
      • IgG-Konz. Liquor/IgG-Konzentration Serum (Nenner).
  • Spezifische intrathekale Antikörperproduktion entwickelt sich bei unbehandelten Patient*innen ab etwa der 2. Krankheitswoche und ist nach 6–8 Wochen bei über 99 % der Patient*innen nachweisbar.
  • Nach ausgeheilter Neuroborreliose kann der borrelienspezifische AI bei beschwerdefreien Patient*innen über Monate bis Jahre hinweg positiv bleiben.
    • nicht zur Therapie-Erfolgskontrolle geeignet

Chemokin CXCL13 11

  • Chemokin CXCL13 steigt bei nahezu allen Patient*innen mit akuter Neuroborreliose im Liquor deutlich an, noch bevor eine spezifische Antikörperantwort generiert wird.
  • Der Parameter kann bei unklaren Fällen einer sehr frühen Neuroborreliose hilfreich sein.
  • Cave: nicht spezifisch für die Neuroborreliose!
    • u. a. auch erhöht bei Neurolues, tuberkulöser Meningitis und ZNS-Lymphomen

Differenzialdiagnose

  • Die Differenzialdiagnostik des Erythema migrans, und insbesondere der multiplen Erythemata migrantia, ist vielgestaltig und erfordert Erfahrung.
    • Effloreszenzen, die nach suffizienter antibiotischer Therapie persistieren, sollten an eine Differenzialdiagnose des Erythma migrans denken lassen.
  • DD sind:6
    • persistierende Insektenstichreaktion
    • mitigiertes Erysipel („abgeschwächtes“ Erysipel)
    • fixes Arzneimittelexanthem
    • Hypodermitis (Entzündung der Subcutis) bei chronisch venöser Insuffizienz
    • Atrophodermia Pasini et Pierini
      • progredient verlaufende, atrophisierende Dermatose
    • initiale Morphea (Solitärherd)/zirkumskripte Sklerodermie
    • Granuloma anulare
    • bei vesikulöser Variante: stark entzündlicher Herpes simplex
    • Tinea corporis
    • persistierende Urtikaria
    • Erythema anulare centrifugum
    • Parvovirus B-19-Infektion (Ringelröteln).
  • Tinea corporis
    • meist juckend
    • schuppender, leicht erhabener Randwall
    • kein Zeckenstich erinnerlich
    • häufig mehrere Effloreszenzen gleichzeitig auftretend (Cave: disseminiertes Erythema migrans!)
    • randbetonte ringförmige Hautentzündung mit Infiltration und Schuppenbildung (epidermale Beteiligung!), mikroskopischer und kultureller Nachweis von Dermatophyten6
  • Andere Formen von Arthritis
  • Andere Ursachen einer Fazialisparese bzw. anderer Hirnnervenausfälle
  • Andere Ursachen einer Meningitis (vor allem bei Kindern)

Anamnese

  • Auch wenn manche Patient*innen sich nicht an einen Zeckenstich erinnern können, sollte eine Lyme-Borreliose bei entsprechenden Symptomen als Differenzialdiagnose überlegt werden.

Klinische Untersuchung

Klinische Häufigkeit der verschiedenen Manifestationen

  • In einer prospektiven, populationsbasierten Studie im Raum Würzburg wurden über 12 Monate 313 Fälle mit Lyme-Borreliose gefunden.13
  • Dabei traten folgende Erkrankungshäufigkeiten auf:
    • Frühmanifestationen
      • 89 % nur Erythema migrans (bei weiteren 3 % Erythema migrans in Verbindung mit einer anderen Organmanifestation)
      • 3 % Neuroborreliose (Stadium 2)
      • 2 % Borrelien-Lymphozytom
      • < 1 % Karditis
    • chronische Manifestationen
      • 5 % Lyme-Arthritis
      • 1 % Acrodermatitis chronica atrophicans
      • Eine chronische Neuroborreliose (Stadium 3) wurde nicht gefunden.

Lokalisierte Frühmanifestation

  • Erythema migrans (EM)
    4810-2-borreliose-erythema-chronicum-migrans.jpg
    Erythema migrans am Arm
    • Das typischste Anzeichen einer Borrelien-Infektion, tritt bei etwa 90 % aller Infizierten auf.13-16
    • symptomfreies Zeitintervall von mindestens 3 Tagen zwischen Zeckenstich und Beginn des Erythems2
    • randbetontes, nicht erhabenes Erythem mit mindestens 5 cm Durchmesser2
    • zunehmende zentrifugale Ausbreitung2
    • Abschuppung und Juckreiz treten nur geringfügig oder gar nicht auf.17
    • Evtl. treten Allgemeinsymptome wie leichtes Fieber, Kopfschmerzen oder eine lokale Lymphknotenschwellung auf.
      Erythema migrans 2_Hilbert.png
      Erythema migrans
    • Cave: Sehr starke Variabilität des klinischen Erscheinungsbild, bei atypischen Verlaufsformen dermatologische Expertise mit einbeziehen!2
  • Borrelien-Lymphozytom
    • Pseudolymphom, das bevorzugt bei Kindern auftritt.2
    • bläulich-rote, nicht schmerzende Papel
    • häufig an Ohrläppchen, Mamillen oder Genitalbereich

Disseminierte Frühmanifestation

  • Neuroborreliose
    • Bricht in der Regel einige Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich aus.
    • Weniger als die Hälfte der Patient*innen berichten über ein vorheriges Erythema migrans.2
    • typische Symptome2
      • nachts betonte, brennend schmerzhafte Meningoradikulitis einzelner Rückenmarksnerven
      • ein- oder beidseitigen Gesichtslähmung (Fazialisparese)
      • Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom
        • Trias aus Radikulitis, Meningitis und Fazialisparese
  • Akute Lyme-Arthritis6
    • intermittierende Arthritis mit voluminöser, teilweise schmerzhafter Gelenkschwellung, in der Regel als Mon- oder Oligoarthritis
    • In 85 % der Fälle sind die Kniegelenke betroffen.
    • Die oft massiven Kniegelenksergüsse führen ungewöhnlich häufig und frühzeitig zur Entwicklung von Poplitealzysten (Baker-Zysten).
    • Der Befall kleiner Gelenke ist untypisch.
  • Lyme-Karditis
    • selten 
    • meist in Form von Reizleitungsstörungen (AV-Block wechselnden Grades) oder einer Perimyokarditis2
  • Multiple Erythemata migrantia
    • ovale Rötungen unterschiedlicher Größenausprägung, bei Kindern auch ähnlich den Ringelröteln symmetrisch auf den Wangen2

Spätmanifestation

  • Chronische, nicht behandelte Infektionen, die seit Monaten oder Jahren bestehen.
  • Chronisch verlaufenden Lyme-Arthritis
    • Mon- oder Oligoarthritis mit rezidivierenden Schwellungen von großen Gelenken
  • Acrodermatitis chronica atrophicans (Herxheimer)
    • gehäuft bei älteren Frauen
    • initial anschwellendes (ödematös-infiltratives) Stadium, meistens an Armen und Beinen2
    • Nachfolgend atrophes Stadium mit Verlust von Binde- und Fettgewebe und der Körperbehaarung2
    • Hervortreten von Blutgefäßen und Bildung (juxtaartikulärer) fibroider Knoten2
    • oft in Verbindung mit Myalgien, leichter sensorischer Neuropathie und Gelenkschmerzen
  • Chronische Neuroborreliose mit Enzephalomyelitis und spastisch-ataktischer Gangstörung sowie Blasenstörung2

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Typisches Erythema migrans: keine weitere Diagnostik notwendig
  • Serologische Untersuchung auf Antikörper bei begründetem Verdacht
    • erst Suchtest, dann Bestätigungstest

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Bei Verdacht auf Neuroborreliose ist eine Lumbalpunktion indiziert.11
  • Bei Verdacht auf eine kutane Manifestation einer Lyme-Borreliose und nicht eindeutigem klinischem Erscheinungsbild soll eine Hautbiopsie mit einer feingeweblichen Untersuchung (Histologie) zusammen mit einem direkten Erregernachweis mittels Kultur und molekularbiologischen Verfahren erfolgen.6

Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • Stationäre Einweisung bei Anzeichen für neurologische oder kardiale Manifestationsformen
  • Bei Hautentzündungen, die als Lyme-Borreliose diagnostiziert wurden und durch eine lege artis durchgeführte Antibiotikatherapie nicht abgeheilt sind, sollen die Patient*innen zu einer fachärztlichen dermatologischen Untersuchung überwiesen werden.6

Checkliste zur Überweisung

Lyme-Borreliose

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Zeckenstich festgestellt? Verlauf?
    • Symptomatik? Erythema migrans? Allgemeinsymptome? Neurologische Symptome? Myalgien und/oder Arthralgien?
    • Evtl. durchgeführte Therapieansätze: Wirksamkeit? Regelmäßige Medikamenteneinnahme?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand der Patient*innen? Hautausschlag? Lymphadenopathie? Neurologische Ausfälle?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Serologie?
    • Biopsie?

Therapie

  • Asymptomatische Zeckenstiche werden nicht antibiotisch behandelt.
  • Bei klinischer Symptomatik sollten alle Stadien der Borreliose, auch das unkomplizierte Erythema migrans, antibiotisch behandelt werden, um eine Dissemination und Komplikationen zu verhindern.
  • Der Therapieerfolg soll anhand der klinischen Symptomatik beurteilt werden.11

Leitlinie: Therapie der kutanen Lyme-Borreliose6

  • Doxycyclin und Amoxicillin sind die Antibiotika der 1. Wahl.
    • Doxycyclin 2 x 100 mg oder 1 x 200 mg pro Tag
    • Amoxicillin 3 x 500–1.000 mg pro Tag
  • Die kutanen Frühmanifestationen sollen 10–21 Tage behandelt werden.
    • 10–14 Tage bei lokalisierter Infektion (solitäres Erythema migrans)
    • 21 Tage bei Hinweisen auf Dissemination
  • Bei kutanen Spätmanifestationen ohne neurologische Beteiligung ist eine orale Doxycyclin- oder Amoxicillintherapie über 30 Tage in der Regel ausreichend.
  • Besteht gleichzeitig eine neurologische Symptomatik kann eine intravenöse Therapie mit Penicillin G oder den Cephalosporinen der 3. Generation Ceftriaxon oder Cefotaxim erforderlich sein.
  • In der Schwangerschaft und Stillzeit wird eine orale Therapie mit Amoxicillin p. o. empfohlen.
    • Alternativ können Penicillin G und Ceftriaxon i. v. angewendet werden.
  • Kinder können nach abgeschlossener Zahnschmelzbildung ab dem 9. Lebensjahr (> 8 Jahre) mit Doxycyclin in einer Dosierung von 4 mg/kg KG/d bis zu einer Höchstdosis von 200 mg/d behandelt werden.
    • Bei Kindern unter 8 Jahren ist die Therapie der Wahl Amoxicillin 50 mg/kg KG/d.
  • Eine Übersicht über alle von der Leitlinien empfohlenen Antibiotika-Regime finden Sie unter Therapieempfehlungen bei kutaner Lyme-Borreliose.

Leitlinie: Therapie der Neuroborreliose11

  • Die genannten Substanzen können alternativ eingesetzt werden, die optimale Therapiedauer ist ungeklärt.
  • Doxycyclin darf in der Schwangerschaft nicht gegeben werden.

Akute Neuroborreliose

  • Doxycyclin
    • Erwachsene/Jugendliche ab 50 kg:
      • 2- bis 3-mal 100 mg oder 1-mal 200–300 mg p. o.; 14 Tage
    • Kinder ab 9. Lebensjahr nach Abschluss der Zahnschmelzbildung:
      • 4 mg/kg Körpergewicht pro Tag (maximal 200 mg); 14 Tage
  • Ceftriaxon (alternativ)
    • Erwachsene:
      • 1 × 2 g/d i. v.; 14 Tage
    • Kinder:
      • 50 mg/kg Körpergewicht; 14 Tage
  • Cefotaxim (alternativ)
    • Erwachsene:
      • 3 × 2 g/d i. v.; 14 Tage
    • Kinder:
      • 100 mg/kg Körpergewicht; 14 Tage
  • Penicillin G (alternativ)
    • Erwachsene:
      • 4 x 5 Mio. IE i. v.; 14 Tage
    • Kinder:
      • 200.000–500.000 IE/kg Körpergewicht; 14 Tage

Chronische Neuroborreliose

  • Ceftriaxon
    • Erwachsene:
      • 1 × 2 g/d i. v.; 14–21 Tage 
    • Kinder:
      • 50 mg/kg Körpergewicht; 14–21 Tage
  • Cefotaxim (alternativ)
    • Erwachsene:
      • 3 × 2 g/d i. v.; 14–21 Tage 
    • Kinder:
      • 100 mg/kg Körpergewicht; 14–21 Tage
  • Penicillin G (alternativ) 
    • Erwachsene:
      • 4 x 5 Mio. IE i. v.; 14–21 Tage
    • Kinder:
      • 200.000–500.000 IE/kg Körpergewicht; 14–21 Tage
  • Doxycyclin (alternativ)
    • Erwachsene:
      • 2 × 100 mg/d p. o.; 14–21 Tage 
    • Kinder ab 9. Lebensjahr nach Abschluss der Zahnschmelzbildung:
      • 4 mg/kg Körpergewicht pro Tag (max. 200 mg); 14–21 Tage
  • Es gibt keine Studie, die zeigt, dass bei der Neuroborreliose eine Therapiedauer von mehr als 2 Wochen bessere Ergebnisse bringt als eine 14-tägige Therapie.
    • Insbesondere Langzeit- oder Dauerbehandlungen mit Antibiotika sind nicht zu empfehlen.
    • Der Therapieerfolg sollte nach der Besserung der neurologischen Symptomatik und der Normalisierung der Liquorpleozytose beurteilt werden.
  • Haben Patient*innen 6 Monate nach der Behandlung noch beeinträchtigende Beschwerden, sollte die Liquordiagnostik wiederholt werden.
    • Bestehen vorher Zweifel, dass die Symptomatik sich bessert, kann eine frühere Liquorverlaufsuntersuchung erwogen werden.
    • Bei anhaltender Pleozytose sollte nach Überprüfung18 der Differenzialdiagnose eine erneute antibiotische Behandlung erfolgen.

Therapie der Lyme-Arthritis

  • Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie DGRh (die allerdings ohne Publikationsdatum oder Angabe zur Dauer der Gültigkeit der Empfehlungen auf der Homepage der DGRh stehen, Anm. der Redaktion):18  
    • Doxycyclin, 1 x 200 oder 2 x 100 mg pro Tag über 30 Tage
    • alternativ Amoxicillin, 3 x 500–1000 mg pro Tag über 30 Tage
    • Kinder: Dosierungen analog denen bei Erythema migrans
    • evtl. zusätzlich NSAR
    • keine intraartikuläre Glukokortikoid-Therapie vor dem Abschluss der ersten Antibiotikatherapie
  • Keine Beschwerdefreiheit mehrere Wochen nach Therapie
    • Ceftriaxon 1 x 2 g i. v. pro Tag über 14–21 Tage
    • Kinder: Ceftriaxon 50 mg/kg i. v., max. 2 g pro Tag

Therapieziele

  • Infektion ausheilen.
  • Komplikationen vorbeugen.

Allgemeines zur Therapie

  • Ein häufiger Grund für ein Therapieversagen ist die fehlerhafte Einnahme von Doxycyclin.6
    • Es ist zu beachten, dass die Resorption durch 2- oder 3-wertige Kationen wie Aluminium, Kalzium (Milch, Milchprodukte und kalziumhaltige Fruchtsäfte) und Magnesium in Antazida oder durch Eisenpräparate sowie durch medizinische Aktivkohle und Colestyramin beeinträchtigt werden kann.
    • Daher sollten derartige Arznei- oder Nahrungsmittel in einem zeitlichen Abstand von 2–3 Stunden eingenommen werden.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Informieren Sie die Patient*innen im Falle einer antibiotischen Therapie mit Doxycyclin über den nötigen Abstand zu möglichen komplexbildenden Nahrungsmitteln (s. o.).
  • Bei disseminierter Infektion sollte über die Möglichkeit einer Herxheimer-Reaktion mit Aufflammen der Erytheme in ca. 10 % der Fälle, schwerem Krankheitsgefühl und Fieberanstieg in ca. 2 % der Fälle, innerhalb von 24 Stunden nach Einnahme der Antibiotika aufgeklärt werden.6
    • vorübergehende immunologische Reaktion durch die Hochregulation von proinflammatorischen Zytokinen
    • Kann z. B. mit nichtsteroidalen Antirheumatika behandelt werden.
    • Eine Kortisontherapie ist nicht erforderlich.
    • Das Antibiotikum soll weiter eingenommen werden.

Prävention 

Leitlinie: Prävention6

  • Die beste Prophylaxe ist die Prävention von Zeckenstichen durch bedeckende Kleidung und sorgfältiges Absuchen der Haut inklusive des behaarten Kopfes nach Aufenthalten im Freien.
    • Dies ist besonders wichtig bei Kindern, die vom Frühjahr bis Herbst beim Spielen ein erhöhtes Risiko haben.
  • Nach einem Aufenthalt im Garten, Park, Feld, Wald und Wiesen mit möglichem Zeckenkontakt sollte deshalb am selben Abend der Körper nach Zecken abgesucht werden.
  • Die Zecken sollen mit Zeckenpinzetten oder Zeckenkarten sofort entfernt werden, um die Übertragung von Borrelien zu verhindern.
  • Bleiben Teile des Stechapparates in der Haut, können diese mit einer Nadel oder einer Kürettage auch später noch entfernt werden.
    • Das Verbleiben des Kopfes oder des Stechapparates in der Haut ist bezüglich der Übertragung von Borrelien unbedenklich.
  • Bei vollgesaugten Nymphen und adulten Zecken sollte der Zeckenkörper nicht gequetscht werden, um eine evtl. Übertragung von Borrelien zu verhindern.
  • Nach der Entfernung einer Zecke sollen die Patient*innen über die notwendige Nachbeobachtung der Einstichstelle in den folgenden 6 Wochen informiert werden.
  • Eine lokale oder systemische prophylaktische antibiotische Behandlung nach Zeckenstich wird nicht empfohlen.
  • Ein Impfstoff gegen Lyme-Borreliose ist derzeit nicht verfügbar (Stand Juli 2020).
    • Im Gegensatz dazu stehen gegen FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) wirksame Impfstoffe zur Verfügung.
    • Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung von Erwachsenen und Kindern, die sich wiederholt in FSME-Risikogebieten aufhalten, und Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (Forstarbeiter*innen, in der Landwirtschaft arbeitende Personen und Laborpersonal).19

Verlauf, Komplikationen und Prognose 

Verlauf 

  • Generell sehr gutes Ansprechen auf die antibiotische Therapie
  • Ohne antibiotische Therapie häufig Übergang in disseminierte Form mit Spätkomplikationen

Komplikationen 

  • Übergang in disseminierte Form mit neurologischer, kardialer oder Gelenkbeteiligung 
  • Post-Lyme-Syndrom/Posttreatment Lyme Disease Syndrome (PTLDS)6
    • unspezifischen Symptome (Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl, Irritierbarkeit oder Parästhesien) über mehr als 6 Monate
    • Es handelt sich um ein wissenschaftlich bislang nicht allgemeingültig definiertes und deshalb nicht einheitlich akzeptiertes Syndrom, das diagnostisch von gesicherten Spätmanifestationen der Lyme-Borreliose, Beschwerden durch Persistenz vermehrungsfähiger Erreger und durch Defektheilung bedingte Symptome abzugrenzen ist.
    • Der Nutzen von wiederholten und langzeitigen Antibiotikabehandlungen ist nicht belegt.

Prognose 

  • Die Prognose ist bei richtiger Diagnose und Therapie gut.20
  • Die Heilungsraten liegen bei rechtzeitiger Therapie von lokalisierten und disseminierten Frühmanifestationen der Haut bei 95–100 %.6
  • Auch bei Neuroborreliose kann von einer guten Prognose ausgegangen werden.
    • Einige Patient*innen berichten jedoch von Restsymptomen noch Jahre nach der Therapie, wobei diese aber nur selten den Alltag beeinträchtigen.20-21
    • Laut einer großen dänischen Kohortenstudie hat die Neuroborreliose keine nachteiligen Auswirkungen auf die Lebenserwartung.22
  • Eine durchgemachte Lyme-Borreliose stellt in der Regel keinen Schutz gegen eine erneute Infektion dar.23 

Verlaufskontrolle

  • Bei disseminierten und chronischen Infektionen ist die Verlaufskontrolle auch durch Spezialist*innen (Dermatologie, Orthopädie, Neurologie, Kardiologie) sinnvoll.
  • Serologische Untersuchungen zur Verlaufskontrolle werden nicht empfohlen.
    • IgG-Antikörper (und IgM-Antikörper) sind noch Jahre nach einer erfolgreichen Therapie nachweisbar.
  • Im Wesentlichen wird der Behandlungserfolg klinisch beurteilt.

Weitere Informationen

  • Auf Coliquio findet sich der Fall einer Borreliose unter Immunsuppression.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

Leitlinie: Patienteninformation über das Vorgehen bei Zeckenstichen6

  1. Entfernen Sie die Zecke so bald wie möglich.
    • Am besten geeignet sind spezielle Zeckenpinzetten oder Zeckenkarten.
    • Ziehen oder schieben Sie die Zecke langsam mit Geduld aus der Haut heraus – ohne Drehen oder Vorbehandlung mit Öl oder Klebstoff. Vermeiden Sie das Quetschen des Körpers.
    • Falls ein Rest des Stechapparates (häufig fehlinterpretiert als „Kopf“) in der Haut verbleibt, können Sie ihn mit einer sterilen Nadel oder Kürette entfernen oder auch von einer Ärztin/einem Arzt entfernen lassen. Hinsichtlich einer Übertragung von Borrelien ist das Verbleiben des Stechapparates in der Haut unbedenklich.
  2. Suchen Sie sorgfältig den Körper und bei Kindern vor allem auch den Kopf nach weiteren Zecken ab.
  3. Beobachten Sie die Haut in der Umgebung der Einstichstelle 6 Wochen lang.
    • Eine unmittelbar nach dem Stich auftretende Rötung durch die Zeckenspeichelstoffe bildet sich innerhalb einiger Tage zurück. Tritt danach erneut eine Rötung auf oder vergrößert sich die anfängliche Rötung auf ≥ 5 cm, sollten Sie unbedingt ärztliche Hilfe suchen. Es kann sich um die Frühmanifestation der Lyme-Borreliose, das Erythema migrans (Wanderröte), handeln.
  4. Bei einer typischen Wanderröte in der Umgebung des Zeckenstiches soll auch ohne Blutuntersuchung und auch bei noch fehlendem Antikörpernachweis im Blut bereits eine Antibiotikabehandlung vorzugsweise mit Doxycyclin (bei Kindern erst ab 9. Lebensjahr) oder mit Amoxicillin durchgeführt werden.
  5. Die Verbreitung der Borrelien über den Blutweg kann sich – auch ohne Rötung der Haut – durch ein grippeartiges Krankheitsgefühl ohne Beschwerden in den Atemwegen bemerkbar machen. Es können die Vorboten einer Organerkrankung sein, z. B. der Gelenke oder des Nervensystems. Suchen Sie dann eine/n Ärztin/Arzt auf, die/der über die Notwendigkeit einer Blutuntersuchung auf Borrelienantikörper entscheidet.
  6. Die Lyme-Borreliose ist im Frühstadium durch die leitliniengerechte Antibiotikatherapie vollständig heilbar. Spätmanifestationen werden dadurch verhindert.
  7. Eine Untersuchung der Zecke auf Borrelien ist nicht sinnvoll, da bei positivem Nachweis nicht sicher ist, ob die Borrelien überhaupt in die Haut übertragen wurden und ob sie im Falle der Übertragung zu einer Erkrankung führen. Ein negatives Ergebnis schließt eine Übertragung nicht aus.
  8. Nur ein kleiner Teil der mit Borrelien infizierten Menschen erkranken! Aus diesem Grund ist von einer vorbeugenden oralen Antibiotikatherapie abzuraten.

Patienteninformationen in Deximed 

Illustrationen

244-2-erythema-migrans.jpg4810-2-borreliose-erythema-chronicum-migrans.jpg
Erythema migrans am dorsalen Oberschenkel mit Durchmesser von über 15 cm.Arm
242-2-erytema-migrans.jpg242-2-erytema-migrans.jpg
Klassisches Erythema migrans am Oberarm. Zentral die rote Stichstelle der Zecke mit nach peripher verblassender Färbung und dunklem Außenrand.
4810-2-borreliose-erythema-chronicum-migrans.jpg
Das Erythema migrans stellt das Leitsymptom der Lyme-Borreliose dar und tritt bei etwa 90 % aller Infizierten auf.
IMG_20160129_111817.jpg
Erythema migrans (mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Erich Ramstöck)
Erythema migrans 3_Hilbert.png
Erythema migrans (mit freundlicher Genehmigung von Bernadett Hilbert)
Erythema migrans 2_Hilbert.png
Erythema migrans (mit freundlicher Genehmigung von Bernadett Hilbert)
Erythema migrans_Hilbert.png
Erythema migrans (mit freundlicher Genehmigung von Bernadett Hilbert)

Quellen

RKI-Ratgeber

  • Robert-Koch-Institut. Infektionskrankheiten A–Z. Stand 2019: Borreliose (Lyme-Borreliose). www.rki.de
    • Antworten auf häufig gestellte Fragen. Stand 2018. www.rki.de
  • Robert-Koch-Institut. Antworten auf häufig gestellte Fragen zur FSME-Impfung. Stand 2019. www.rki.de

Leitlinien

  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Kutane Lyme Borreliose. AWMF-Leitlinie Nr. 013-044. S2k, Stand 2016. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Neuroborreliose. AWMF-Leitlinie Nr. 030-071. S3, Stand 2018. www.awmf.org 

Literatur

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Robert-Koch-Institut. Infektionskrankheiten A–Z. Stand 2019: Borreliose (Lyme-Borreliose) www.rki.de
  3. Stanek G, Strie F. Lyme borreliosis. Lancet 2003; 362: 1639-47. PubMed
  4. Depietropaolo DL, Powers JH, Gill JM. Diagnosis of Lyme disease. Am Fam Physician 2005; 72: 297-304. PubMed
  5. Shapiro ED. Clinical practice. Lyme disease. N Engl J Med. 2014 May 1;370(18):1724-31. doi: 10.1056/NEJMcp1314325. DOI
  6. Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Kutane Lyme Borreliose. AWMF-Leitlinie Nr. 013-044. S2k. Stand 2016 www.awmf.org
  7. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Dortmund. Merkblätter und wissenschaftliche Begründungen zu den Berufskrankheiten der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), zuletzt aktualisiert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. Dezember 2014. Zugriff 24.1.2017. www.baua.de
  8. DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de
  9. Mehrtens, G. Valentin, H. Schönberger, A. Arbeitsunfall und Berufskrankheit : rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung S.878ff. Berlin: Erich Schmidt Verlag 9: Auflage, 2017.
  10. Scheerer C, Dersch R, Huppertz HI, et al. Lyme-Borreliose: Kutane und neurologische Manifestationen, Falldefinitionen und Therapie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 2020. www.thieme-connect.com
  11. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Neuroborreliose. AWMF-Leitlinie Nr. 030-071. S3. Stand 2018 www.awmf.org
  12. DGIM. Klug entscheiden. Negativ Empfehlungen. Letzter Zugriff 05.07.2020. www.klug-entscheiden.com
  13. Huppertz HI, Bohme M, Standaert SM et al. Incidence of Lyme borreliosis in the Wurzburg region of Germany. European Journal of Clinical Microbiology & Infectious Diseases 1999; 18: 697-703. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Steere AC, Sikand VK. The presenting manifestations of Lyme disease and the outcomes of treatment. N Engl J Med 2003; 348: 2472-4. www.nejm.org
  15. Wormser GP. Early Lyme disease. N Engl J Med 2006; 354: 2794-801. PubMed
  16. Bockenstedt LK, Wormser GP. Review: unraveling Lyme disease. Arthritis Rheumatol. 2014 Sep;66(9):2313-23. doi: 10.1002/art.38756. www.ncbi.nlm.nih.gov
  17. Smith RP, Schoen RT, Rahn DW, et al. Clinical characteristics and treatment outcome of early Lyme disease in patients with microbiologically confirmed erythema migrans. Ann Intern Med 2002; 136: 421-8. www.ncbi.nlm.nih.gov
  18. Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Empfehlungen zur Therapie der Lyme-Borreliose speziell des Erythema migrans sowie der Lyme-Arthritis (ohne Publikationsdatum). dgrh.de
  19. RKI. Antworten auf häufig gestellte Fragen zur FSME-Impfung. Stand: 25.09.2019. Letzter Zugriff: 05.07.2020. www.rki.de
  20. Selzer EG, Gerber MA, Cartter ML, Freudigman K, Shapiro ED. Long-term outcomes of persons with Lyme disease. JAMA 2000; 283:609-16. www.ncbi.nlm.nih.gov
  21. Shadick NA, Phillips CB, Sangha O et al. Musculoskeletal and neurologic outcomes in patients with previously treated Lyme disease. Ann Intern Med 1999; 131: 919-26. PubMed
  22. Obel N, Dessau RB, Krogfelt KA. Long term survival, health, social functioning, and education in patients with European Lyme neuroborreliosis: nationwide population based cohort study. BMJ 2018 May 30;361:k1998. doi: 10.1136/bmj.k1998. www.ncbi.nlm.nih.gov
  23. Robert Koch Institut Berlin. Antworten auf häufig gestellte Fragen: Borreliose (Stand 14.02.2018). Letzter Zugriff 05.07.2020. www.rki.de

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
A69; A692
flåttbåren sykdom; lymes sykdom; Erytema migrans; borreliose; Erythema migrans; s76 annan hudinfektion; Borrelia; fästing sjukdom; lymes sjukdom; borrelios; a69 andra spiroketinfektioner; Lyme-Borreliose
A78
Erythema migrans; Erythema chronicum migrans; Borrelien Lymphozytom; Borrelien; Borrelia burgdorferi sensu lato; Borrelia burgdorferi sensu stricto; Borrelia; Lyme; Post-Lyme; Posttreatment Lyme Syndrom; Borreliose; Arthritis; Neuroborrelliose; Acrodermatitis chronica atrophicans; Zecke; Wanderröte; Karditis; Zeckenbiss; Borreliose; choosing wisely; klug entscheiden; KEE
Lyme-Borreliose
BBB MK 26.07.2021 Therapie Lyme-Arthritis nach Leserhinweis. Bild eingefügt 5.7.21 UB DDD MK 07.02.2019 klug entscheiden ergänzt MK Zitate korrigiert 02.01.18 Tabelle korrigiert UB DDD MK 24.05.2018, DGN-LL; RKI CCC MK 08.10.2018, neue Studie zur Prognose von Neuroborreliose
BBB MK 06.07.2020. Umfassend überarbeitet und gekürzt, RKI berücksichtigt und alte LL entfernt. MK 21.09.17 komplett überarbeitet, Therapie an D angepasst, LL im Text DEGAM Freitag 21.9.17
document-disease document-nav document-tools document-theme
Definition:Durch Zeckenstich übertragende Infektionskrankheit mit Bakterien der Gattung Borrelia. Häufigkeit:Inzidenz in Deutschland 26–41 Fälle auf 100.000 Personen.
Infektionen
Lyme-Borreliose
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