Allgemeine Informationen
Definition
- Weitere Bezeichnungen sind Dekubitus, Druckgeschwüre und Dekubitalulkus.
- Druckgeschwüre sind auf eine ischämische Nekrose und eine Ulzeration von Gewebe über Knochenvorsprüngen zurückzuführen, das über lange Zeit einem Druck von außen ausgesetzt war.1
- Dieser Druck kann z. B. vom Bett oder Rollstuhl, von einem Gips, einer Prothese, einem Sauerstoffschlauch, durch ungeeignetes Schuhwerk, durch einen Blasenkatheter oder von einem Operationstisch ausgeübt werden.
- Der Dekubitus kann sich in Form eines anhaltend hyperämischen, bullösen, rissigen oder nekrotischen Hautbereichs präsentieren.
- Darunter liegende Strukturen wie Muskeln und Knochen können mitbeteiligt sein.
- Ein Dekubitus gehört zu den gravierenden Gesundheitsproblemen pflegebedürftiger Menschen.2
Häufigkeit
- Druckgeschwüre finden sich häufig in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
- In einer 5-jährigen Vollerhebung am Universitätsklinikum in Dresden betrug die Prävalenz von Dekubitalulzera 1,2 %, hierbei bekamen 0,8 % der Patient*innen einen Dekubitus während des Aufenthalts.3
- Die Prävalenz in der Langzeitpflege beträgt 2–5 %.4
- Laut Pflege-Qualitätsberichten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes
Bund der Krankenkassen hatten 2013 3,8 % der Bewohner*innen von einer Pflegeeinrichtung einen Dekubitus.5
Ätiologie und Pathogenese
- Druckgeschwüre entstehen infolge einer lang anhaltenden Ischämie von Haut- und Unterhautgewebe. Die Ursachen können Druck, Reibung oder Dehnung auf einen Hautbereich z.B. über einem Knochenvorsprung sein.
- Als häufigste Lokalisation der Dekubitalulzera gelten:
- Ferse (ca. 22 %)
- Sitzbein (22 %)
- Kreuzbein (19 %).3
- Es gibt zahlreiche Risikofaktoren, die die Entstehung eines Dekubitus unter Druckbelastung begünstigen.
- Störungen der Sensibilität, Trophik, Mobilität und Zirkulation wie z. B. bei einer Querschnittlähmung erhöhen das Risiko.6
- Gibt es an den Auflagestellen Hautkrankheiten, lokale Irritationen oder Verletzungen, Narben, Kontrakturen oder anatomische Veränderungen, erhöht sich das Risiko.
- Weitere zusätzliche Risikofaktoren sind:6
- Infekte
- Durchblutungsstörungen
- Immundefizite oder Autoimmunerkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus)
- kardiopulmonale Grunderkrankungen
- Fehlernährung
- Malignome
- psychiatrische Erkrankungen und Demenz
- Medikamenteneinfluss
- Alkohol/Nikotin
- schlechtsitzende Prothesen.
- Auch die Pflegesituation beeinflusst das Dekubitusrisiko:
- inadäquate Inkontinenz- und Wundversorgung
- zu seltener Lagewechsel.
- Es gibt verschiedene Skalen (z. B. Norton-, Gosnell-, Medley-, Waterlow- und Braden Skala) zur Einschätzung des individuellen Dekubitusrisikos, keine davon ist für alle Patient*innen passend, sodass keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden kann.7
- Dekubituseinteilung der EPUAP (European Pressure Ulcer Advisory Panel)8
- Kategorie/Stufe/Grad I: nicht wegdrückbare Rötung
- Kategorie/Stufe/Grad II: Teilverlust der Haut
- Kategorie/Stufe/Grad III: Verlust der Haut
- Kategorie/Stufe/Grad IV: vollständiger Gewebeverlust
Prädisponierende Faktoren
ICPC-2
- S97 Chronische Ulzeration Haut
ICD-10
- L89.99 Dekubitalgeschwür und Druckzone, Grad nicht näher bezeichnet
Diagnose
Diagnostische Kriterien
- Die Diagnose stützt sich auf die typische Anamnese und die typischen klinischen Befunde.
Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Rötung, Schwellung, evtl. Schmerzen an Körperpartien, die Druck ausgesetzt sind.
- Im weiteren Verlauf kommt es zur Ulzeration.
- Erfassung der o. g. Risikofaktoren, wie Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Ernährungszustand und Lagerungsbedingungen
Klinische Untersuchung
- Visuelle und palpatorische Erfassung der Ausdehnung der Gewebsschädigung.
Einteilung8
Druckgeschwür
Grad I
- noch intakte Haut, mit nicht wegdrückbaren geröteten Hautbereichen
- Der Bereich ist oft schmerzempfindlich, verhärtet, weich, wärmer oder kälter sein als das
umgebende Gewebe.6
-
Dekubitus Grad II-III
Grad II
- Teilzerstörung der Haut mit offener Wunde mit flachem, rosarotem Wundbett
- Grad III
- Vollzerstörung der Haut mit sichtbarem Subkutangewebe
- Grad IV
- Vollständiger Gewebeverlust mit freiliegenden Muskeln, Sehnen und Knochen; evtl. liegen Taschenbildungen oder Unterminierungen vor.
- Anzeichen einer Wundinfektion können Rötung, Schwellung, purulentes Sekret, Geruch, unnatürlich „schäumendes" Granulationsgewebe, Kontaktblutung, Gewebezersetzung, Schmerzen und ggf. systemische Erkrankung ohne andere Entzündungsherde sein.
- Evtl. Fieber und reduzierter Allgemeinzustand
Ergänzende Untersuchungen
- Bei klinischen Infektzeichen Abstrich zur bakteriologischen Untersuchung
und ggf. BB, CRP.
Druckgeschwür
- Bei malignomverdächtigen lokalen Hautveränderungen muss eine Gewebeprobe zur histologischen Untersuchung entnommen werden.6
- Bei einem Abszess, Bursitis, Ödem oder Nekrosen kann eine Sonografie das Ausmaß darstellen.
- Bei knöcherner Mitbeteiligung und zur Fisteldarstellung kommen auch Röntgen, CT oder MRT zum Einsatz.
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Bei großen und therapieresistenten Geschwüren oder bei Verdacht auf eine Osteitis oder eine Osteomyelitis.
- Bei Indikation für einen plastisch-chirurgischer Eingriff (Schwenklappen, freier Hautlappen, gefäßgestielter Hautlappen, Spalthauttransplantation)
- Bei ambulant nicht beherrschbaren Schmerzen
- Bei Verdacht auf Phlegmone oder Sepsis.
Checkliste zur Überweisung
Druckgeschwür, Dekubitus
- Zweck der Überweisung
- Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
- Anamnese
- Ulzeration: Ursache, Zeitpunkt, Entwicklung
- Schweregrad der Beschwerden: Schmerzen, Infektionen, Sekretion
- bisherige Behandlung
- Allgemeiner Gesundheitszustand, chronische Erkrankungen, Diabetes? Regelmäßig eingenommene Medikamente?
- Pflegebedürftig oder selbständig?
- Klinische Untersuchung
- Ulkus: Lokalisation, Größe, Umfang, Tiefe? Beteiligung von Knochen?
- Allgemeiner Gesundheitszustand: Allgemeinzustand, Herz-Kreislauf-System, Lunge, Fieber?
Therapie
Therapieziele
- Druckgeschwüre verhindern.
- Wiederherstellung intakter Haut.
- Lebensqualität verbessern.
Allgemeines
- Präventive Maßnahmen sind von ganz wesentlicher Bedeutung.
- Ausreichende Schmerzbehandlung
- Verbesserung von Begleiterkrankungen und/oder Ernährungszustand
- Alle an der Behandlung der Patient*innen beteiligten Personen sind ausreichend zu schulen: Ärzt*innen, Pflegepersonal, Angehörige.
- Regelmäßige Kommunikation zwischen allen Beteiligten
- Eine ausführliche Wunddokumentation (auch mittels Fotodokumentation) ist während des gesamten Heilungsverlaufes wichtig.
- Wichtig sind Angaben zur Lokalisation, Größe, Exsudation, Wundrand, Wundgrund und Schmerz sowie die Einteilung in eine EPUAP-Klassifikation.6
- Die Wunde sollte regelmäßig auf Nekrosen (schwarz), Infekte (gelb, mit oder ohne Sekret) und den Grad der Wundheilung (rot, mit oder ohne Sekret: granulierende Wunde, rosa: Epithelialisierungsphase) kontrolliert werden.9
Konservative Wundbehandlung
- Das Wichtigste ist eine absolute Druckentlastung der geschädigten Körperregion.
- Vermeidung von Scherkräften
- Vermeidung von lokaler Kontamination (z. B. Stuhl, Harn)
- Verbandswechsel sollten atraumatisch mit möglichst großen Abständen durchgeführt werden.
- Hygienemaßnahmen sollten eingehalten werden.10
- Vor und nach dem Verbandswechsel soll eine Händedesinfektion durchgeführt werden.11
- Antiseptische Wundreinigung bei lokalem Infekt: z. B. Octinidin 0,1 % (Einwirkzeit 30 sec – 1 min) und Polihexanid 0,04 % (Einwirkzeit 5–20 min)6
- Wundspülungen unter Druck sollte wegen der Gefahr einer toxischen Reaktion und der Gefahr der aseptischen Nekrose unbedingt vermieden werden; sie sind nach einem fachgerechten Debridement meist nicht notwendig.12
- Insbesondere sollten keine Spülungen mit Octenidin erfolgen, wenn, dann nur mit NaCl 0,9 % oder polyhexanidhaltigen Lösungen.12
- Oft ist eine ausführliche mechanische Wundreinigung (Debridement) erforderlich, um eine infektfreie und keimarme Wunde mit einem gut durchbluteten, granulationsfähigen Wundgrund zu erhalten.6
- Eine lokale Unterdrucktherapie (Negative Pressure Wound Therapy, NPWT) kann durch Verbesserung der Durchblutung die Heilung fördern.
- kontraindiziert bei anaeroben Keimen, malignen Tumoren, lokal freiliegenden Gefäßen und Gefäßanastomosen, Fisteln mit unklarem Verlauf und trockenen Nekrosen
Wundauflagen
- Die Wahl der Wundauflagen sollte immer individuell erfolgen.
- Verschiedene Systeme stehen zur Verfügung:6,13
- autolytische, osmotische, biochirurgische und enzymatische Auflagen zur Wundreinigung
- antiseptische Wundauflagen (Silberbeschichtung, Polihexanid)6
- Manche Autor*innen sehen in silberhaltige Wundauflagen keinen signifikanten Vorteil gegenüber Wundauflagen ohne Silber.
- Jodhaltige Wundauflagen sollten nicht in der Schwangerschaft oder bei Hyperthyreose verwendet werden, darüber hinaus besteht eine zytotoxische Wirkung.9
- aktive Wundverbände (kollagene Wundauflagen, Hyaluronsäure, Proteasen modulierende Matrix, hydroaktiver Wundauflagen)
- Anforderungen an einen guten Wundverband:14
- Ein feuchtes Milieu im Wundbereich aufrechterhalten.
- Überschüssiges Exsudat und toxische Bestandteile aufnehmen.
- Gasaustausch ermöglichen.
- Vor Sekundärinfektionen schützen.
- Einen atraumatischen Verbandswechsel ohne Abgabe von Fasern und anderen Fremdstoffen ermöglichen.
Operative Therapie
- Infekt- und nekrosefreie Dekubitalgeschwüre können durch Verwendung von Verwendung von fasziocutanen Lappen chirurgisch rekonstruiert werden.6
- Unbedingt darauf achten, dass eine ausreichende Weichteildeckung erfolgen kann und die resultierende Narbe nicht im Auflagebereich liegt.
- Eine belastungsstabile Narbe ist erst nach ca. 6 Wochen vorhanden.
- evtl. peri- und postoperativen Antibiose nach Antibiogramm
Medikamentöse Therapie
Systemische Antibiotika
- Können indiziert sein bei Zeichen einer ausgebreiteten Infektion oder wenn tieferes Gewebe betroffen ist.
- Werden Antibiotika erwogen, sollten Abstriche zur mikrobiologischen Untersuchung gemacht werden, insbesondere bei Patient*innen, die sich kürzlich in einer Umgebung aufgehalten haben (z. B. im Krankenhaus), in der viele multiresistente Bakterien vorkommen.
- Indikationen für die parenterale (statt orale), allenfalls sequenzielle Antibiotikagabe
- systemische Infektionszeichen (Leukozytose mit Neutrophilie, Fieber, Anstieg von BSG oder CRP)
- Mittel der 1. Wahl bei unkomplizierten Infektionen
- Cefazolin 4 x 0,5 g oder 2 x 1g i. v. – oder –
- Flucloxacillin 3 x 1 g oder 4 x 1 g p. o./i. v.
- Mittel der 2. Wahl bei unkomplizierten Infektionen
- Clindamycin 3 x 0,9 g tgl. p. o./i. v.
- Schwere lebensbedrohliche Infektionen oder kritische Lokalisation (z. B. Hand- oder Gesichtsbereich)
- Cefazolin 3 x 1–2 g/d i. v. (bis 12 g/d) – oder –
- Cefuroxim 3 x 1,5 g/d i. v.
- Zur Therapie von komplizierten, chronischen Infektionen (z. B. Dekubitus, Ulcus cruris) wird eine Erregerbestimmung und eine gezielte Therapie entsprechend dem mikrobiologischen und klinischen Befund empfohlen.
Lokale Antibiotika
- Sind normalerweise nicht indiziert.
Weitere Maßnahmen
- Behandlung der Grunderkrankungen
- Optimierung des Blutzuckers
- Optimierung der Ernährungssituation
Prävention
Allgemeines
- Oberstes Prinzip der Prävention von Druckgeschwüren ist die Druckentlastung durch:
- durch entsprechende berührungsfreie Lagerung
- durch häufigen Lagewechsel
- Einer amerikanische Studie zufolge bietet ein Lagewechsel alle 3 Stunden die beste Dekubitusprophylaxe.16
- die Anwendung von Hilfsmitteln wie Schaumverbänden über Knochenvorsprüngen, Matratzen, Lagerungs- oder Sitzkissen
- Hilfsmittel ersetzen keinesfalls notwendige Entlastung, Umlagerungen und Hautkontrollen!6
- Etwaige Gipsverbände sollten mit einem „Fenster“ im Bereich potenzieller Druckstellen versehen werden.
- Bei Schmerzen im Gipsverband muss dieser entfernt. Die Druckstellen sollen identifiziert und versorgt werden; ggf. soll der Gipsverband neu angelegt werden.
- Schlechtsitzende Prothesen müssen überarbeitet und/oder vorrübergehend nicht getragen werden.
- Auf sorgfältige, möglichst fersenfreie Lagerung der Patient*innen im Operationssaal ist besonders zu achten.
- Patient*innen, die im Rollstuhl sitzen, sollten alle 10–15 Minuten die Position ändern, auch wenn ein druckentlastendes Kissen eingesetzt wird.
Hautpflege
- Die Pflege der Haut ist wichtig, um die Auflösung (Mazeration) der Haut und Sekundärinfektionen zu vermeiden.
- Es kann hilfreich sein, die Patient*innen auf ein natürliches Schaffell zu legen.
- Die Haut sollte sauber und trocken gehalten und eine Mazeration verhindert werden.
- Die Bett- und Nachtwäsche sollten häufig gewechselt werden.
- Das Bettlaken sollte weich, sauber und faltenfrei sein.
- Die Patient*innen sollten nach dem Waschen gründlich abgetrocknet werden.
- Nicht zu verwenden sind reine Fettsubstanzen wie Vaseline, alkoholische Lösungen, Talkumpuder, Zinkpaste, da sie die Haut schädigen und belasten. Hierdurch wird das Verletzungsrisiko erhöht.
- Ebenso Heftpflaster, Eisen und Föhnen sowie das Verwenden von durchblutungsfördernden Salben vermeiden.17
Empfehlungen
- Eine übermäßige Sedierung vermeiden. Die Patienten motivieren, sich zu bewegen.
- Die Wahrnehmung der Patient*innen schulen.
- Trotzdem ist eine ausreichende Schmerztherapie wichtig.
- Inkontinenz behandeln und vermeiden.
- Sofern dies zweckmäßig ist, können passive und aktive Physiotherapieübungen durchgeführt werden.
- Eine Hydrotherapie kann ebenfalls hilfreich sein.
- Auf eine gesunde, proteinreiche Ernährung achten.
- Bei einem schlechten Ernährungszustand steigt das Risiko der Entwicklung von Druckgeschwüren bei älteren Patient*innen.
- Ernährungsempfehlung: Patient*innen mit Ernährungs- und Dekubitusrisiko sollten täglich 30–35 Kcal pro Kilogramm Körpergewicht einschließlich 1,25–1,5 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht und 1 ml Flüssigkeit pro kcal zu sich nehmen.8
- Orale proteinreiche Nahrungsergänzungen und/oder Sondenernährung können hilfreich sein.
- Unklar ist, ob sich Nahrungsergänzungsmittel oder spezifische Nährstoffe bei der Prävention und Behandlung von Druckgeschwüren bei älteren Patient*innen positiv auswirken.
Spezialmatratzen oder -auflagen
- Es kommen verschiedene druckentlastende Matratzen zum Einsatz.
- Trotzdem entbindet keine Matratze von der Verpflichtung, regelmäßige Lagewechsel durchzuführen.
- Membranen, in denen Luft zirkulieren kann, schaffen eine „fließende“ Oberfläche.
- Die Patient*innen benötigen jedoch Hilfe, um sich in einem Bett mit einer solchen Membran aufzurichten und aufzustehen.
- Sie werden in der Regel Patient*innen angeboten, die den Großteil des Tages im Bett verbringen.
- Wechseldrucktherapie
- Dabei kommen Matratzen oder Auflagen zum Einsatz, die aus einer oder zwei Schichten wechselnd gefüllter Lufttaschen bestehen.
- Die Lufttaschen werden abwechselnd aufgepumpt bzw. Luft daraus abgelassen, sodass der Druck jeweils auf verschiedene Bereiche des Körpers verteilt wird.
- Unterstützung mit konstant niedrigem Druck
- Durch Matratzen, Auflagen und Kissen aus Formschaum oder mit einer Füllung aus Fasern, Gel, Wasser, Luft usw. lässt sich die Kontaktfläche zwischen den Patient*innen und der Unterlage vergrößern, sodass die einzelnen Hautbereiche entlastet werden.
Empfehlungen für Patient*innen
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Als erste Symptome treten in der Regel eine Rötung und ein Ödem auf. In diesem Stadium kann eine vollständige Druckentlastung als alleinige Therapie ausreichen.
- Eine etwaige Nekrose des Gewebes unter der Haut entwickelt sich bereits, bevor auf der Oberfläche eine Wunde sichtbar wird.
Komplikationen
Prognose
- Ursachenorientierte Therapie verbessert die Wundheilung.
- Die Prognose hängt davon ab, inwieweit die Patient*innen mobilisiert werden können.
- Bei älteren Patient*innen, die eine Intensivbehandlung erhalten und an Druckgeschwüren leiden, besteht eine um das Zwei- bis Vierfache erhöhte Mortalität.
- Ein Drittel der stationär behandelten Patient*innen mit Druckgeschwüren stirbt während des Krankenhausaufenthaltes. Mehr als die Hälfte der Betroffenen, bei denen sich im Krankenhaus ein Druckgeschwür entwickelt, stirbt im Laufe der folgenden 12 Monate.18
- Rezidive bei Dekubitus sind nicht selten, wenn die Druckbelastung bestehen bleibt.
Verlaufskontrolle – Routineüberwachung
- Regelmäßige Wunddokumentation
- Patient*innen und ihre Angehörigen sollten in der täglichen Inspektion und Palpation der Bereiche, in denen sich Geschwüre bilden können, geschult werden.
- Ebenso wichtig ist die Schulung, Dokumentation und Überwachung bei der Behandlung bereits bestehender Dekubitalgeschwüre.
- Regelmäßige Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Pflegepersonal
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Dekubitus Grad II-III (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Regina Beverungen)
Ein Druckgeschwür kann mit einem Eisberg verglichen werden: An der Oberfläche ist nur eine kleine Veränderung sichtbar, doch unter der Haut verbirgt sich ein größerer Gewebeschaden unbekannten Ausmaßes.
Druckgeschwüre werden in vier Schweregrade eingeteilt. Grad I ist durch eine intakte, etwas gerötete Haut gekennzeichnet. Grad IV ist erreicht, wenn das Geschwür alle Hautschichten betrifft und Muskeln und Knochen freiliegen.
Quellen
Leitlinien
- Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie. Querschnittspezifische Dekubitusbehandlung und -prävention. AWMF-Leitlinie Nr. 179-008. S1, Stand 2017. www.awmf.org
- Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF. Händedesinfektion und Händehygiene. AWMF-Leitlinie Nr. 029-027. S2k, Stand 2016. www.awmf.org
- National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel and Pan Pacific Pressure Injury Alliance. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide. Emily Haesler (Ed.). Cambridge Media: Osborne Park, Australia; 2014. www.epuap.org
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. S. 175 ff. AWMF-Leitlinie 082-006. S2k, Stand 2017. www.awmf.de
Literatur
- Bluestein D, Javaheri A. Pressure ulcers: prevention, evaluation, and management. Am Fam Physician 2008; 78: 1186-94. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. 2. Aktualisierung 2017 www.dnqp.de
- Eberlein-Gonska M, Petzold T, Helaß G, Albrecht DM, Schmitt J: The incidence and determinants of decubitus ulcers in hospital care—an analysis of routine quality management data at a university hospital. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(33–34): 550–6. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0550 www.aerzteblatt.de
- Tomova-Simitchieva T. Akdeniz M, Blume- Peytavi U. Die Epidemiologie des Dekubitus in Deutschland: eine systematische Übersicht. Gesundheitswesen 2019; 81(06): 505-512 www.thieme-connect.com
- Robert Koch Institut. Gesundheitliche Ungleichheit in verschiedenen Lebensphasen. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. RKI Berlin 2017 www.rki.de
- Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie. Querschnittspezifische Dekubitusbehandlung und -prävention. AWMF-Leitlinie Nr. 179-008. Stand 2017. www.awmf.org
- Chou R, Dana T, Bougatsos C, et al. Pressure ulcer risk assessment and prevention: a systematic comparative effectiveness review. Ann Intern Med 2013 Jul 2;159(1):28-38. doi: 10.7326/0003-4819-159-1-201307020-00006. DOI
- National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel und Pan Pacific Pressure Injury Alliance. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide. Emily Haesler (Hrsg.). Cambridge Media: Osborne Park, Western Australia; 2014. www.epuap.org
- Jäger C, Reiding K, Ledig T. Herausforderung komplexe Wunde – eine Übersicht über Wundauflagen. Deutscher Ärzte-Verlag. Z Allg Med .2012; 88 (7/8) www.online-zfa.de
- Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2005 · 48:1061–1080 DOI 10.1007/s00103-005-1126-2 © Springer Medizin Verlag 2005 www.rki.de
- Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF. Händedesinfektion und Händehygiene. AWMF-Leitlinie Nr. 029 - 027. Stand 2016. www.awmf.org
- Schülke & Mayr GmbH: Wichtige Information zur Arzneimittelsicherheit von Octenisept: Ödematöse Schwellungen und Gewebeschädigungen nach Einbringen unter Druck in Stichwunden bei handchirurgischen Eingriffen. Rote-Hand-Brief vom 7. Februar 2008. www.akdae.de
- Dumville JC, Stubbs N, Keogh SJ, et al. Hydrogel dressings for treating pressure ulcers. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Feb 17;2:CD011226. Cochrane (DOI)
- BVMed - Bundesverband Medizintechnologie e.V. Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungsstruktur für Menschen mit chronischen Wunden in Deutschland. Stand 2019 www.bvmed.de
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. S. 175 ff. AWMF-Leitlinie 082-006. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
- Bergstrom N, Horn S D, Rapp M. Preventing Pressure Ulcers: A Multisite Randomized Controlled Trial in Nursing Homes. Ont Health Technol Assess Ser. 2014; 14(11): 1–32. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Deutsche Dekubitusliga; der DDL-Leitfaden; Kapitel 4.3, 2009 www.deutsche-dekubitusliga.de. www.deutsche-dekubitusliga.de
- Kirman CN. Pressure ulcers and wound care. Medscape, last updated Apr 01, 2020 emedicine.medscape.com
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Die ursprüngliche Version dieses Artikel basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Dekubitus; Dekubitalulkus; Druckgeschwüre; Druckbelastung der Haut; bettlägerig; Bettlägerigkeit; Immobilität; Erytheme; Ödeme; NPWT
Definition:Druckgeschwüre sind lokal begrenzte Schädigungen der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, insbesondere über Knochenvorsprüngen. Werden hervorgerufen durch eine längere Druckbelastung von außen.