Die Physiotherapie umfasst die physiotherapeutischen Verfahren der Bewegungstherapie sowie die physikalische Therapie.
Bewegungstherapie ist die Hauptaufgabe der Physiotherapie.1
Sie hat zur Aufgabe, die Belastungsfähigkeit zu verbessern und die normale Körperfunktion soweit möglich wiederherzustellen.
Bewegungstherapie umfasst zahlreiche Behandlungsmethoden und -techniken.
Physiotherapie nutzt als natürliches Heilverfahren die passive – z. B. durch Therapeut*innen geführte – und die aktive, selbstständig ausgeführte Bewegung des Menschen sowie den Einsatz physikalischer Maßnahmen zur Heilung und Vorbeugung von Erkrankungen.
In Deutschland ist Physiotherapeut*in ein eigenständiger Berufstand im Gesundheitswesen mit eigenen Ausbildungsmodalitäten.2
Physiotherapie findet Anwendung in vielfältigen Bereichen von Prävention, Therapie und Rehabilitation sowohl in der ambulanten Versorgung als auch in teilstationären und stationären Einrichtungen.
Physiotherapie ist eine Alternative oder sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen oder operativen Therapie.1
Sie gehört in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland zu den sog. Heilmitteln, d. h. zu den medizinischen Leistungen, deren Verordnung in der Heilmittel-Richtlinie3 geregelt ist.
Der Heilmittelkatalog schreibt vor, bei welcher Erkrankung welches Heilmittel wie oft und wie lange verordnet werden darf.
In den gängigen Praxissoftware-Programmen ist der Heilmittelkatalog eingebunden. Gewünschtes Heilmittel, Verordnungsfrequenz und -häufigkeit kann durch Anklicken ausgewählt werden, sobald die Erkrankungen der Patient*innen (inkl. ICD-10-Kodierung) bekannt sind.
Definition: Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Leistungen, dazu gehören die:3
einzelnen Maßnahmen der Physiotherapie
einzelnen Maßnahmen der podologischen Therapie
die einzelnen Maßnahmen der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie
einzelnen Maßnahmen der Ergotherapie
Ernährungstherapie.
Die überarbeitete Heilmittel-Richtlinie und die Neufassung des Heilmittelkatalogs sind seit 01.01.2021 in Kraft.3
Statt der früheren drei Formulare gibt es ab 1. Januar 2021 nur noch eines, das neue Formular 13.4
Darauf können Ärzt*innen neuerdings mehrere Leitsymptomatiken angeben oder bis zu 3 vorrangige Heilmittel zugleich verordnen.
Auch haben Ärzt*innen die Möglichkeit, die Verordnung als dringlich zu markieren.4
Im Folgenden werden die für die Hausarztpraxis häufigen Heilmittelverordnungen näher erläutert, für alle anderen siehe den Heilmittelkatalog, der eine gute Systematik der Verordnungsmöglichkeiten anbietet.
Verordnungsfall (VO)
Bezieht sich auf die Ärzt*innen, die Erkrankungen ihrer Patient*innen und auf das Verordnungsdatum.
Endet 6 Monate nach dem Verordnungsdatum – sofern die Ärzt*innen in dieser Zeit keine weiteren Verordnungen aufgrund derselben Erkrankungen für diese Patient*innen ausstellen.
Für jede Diagnosegruppe ist im Heilmittelkatalog eine sog. orientierende Behandlungsmenge angegeben, mit der das Behandlungsziel erreicht werden soll.
Sofern medizinisch notwendig, können Ärzt*innen weitere Verordnungen ausstellen.
Eine Begründung ist nicht mehr auf der Verordnung, sondern nur noch in der Patientenakte zu dokumentieren.
Wie bisher gibt es für jede Verordnung Höchstmengen. Diese dürfen Ärzt*innen nur in Ausnahmefällen überschreiten – etwa bei langfristigem Heilmittelbedarf oder bei einem besonderen Verordnungsbedarf.
Die Mengen finden Ärzt*innen im Heilmittelkatalog – auch die jeweils empfohlene Therapiefrequenz.
Innerhalb der Diagnosegruppen wird nicht mehr unterschieden zwischen kurzfristigem oder mittelfristigem bzw. langfristigem Behandlungsbedarf.
Besteht kein dringlicher Behandlungsbedarf, behält die Verordnung nun länger ihre Gültigkeit: nämlich 28 Tage lang (früher waren es nur 14 Tage).
Ausnahmeregelungen währenhrend der COVID-19-Pandemie
Erneute Verordnungen können auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt und von den Vertragsärzt*innen postalisch an die Versicherten übermittelt werden, sofern bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung und Verordnung durch die verordnenden Vertragsärzt*innen erfolgt ist.
Sofern die Behandlungen aus therapeutischer Sicht auch im Rahmen einer telemedizinischen Leistung (Videobehandlung) stattfinden können, ist dies unter Einsatz datenschutzkonformer Anwendungen und mit Einwilligung der Patient*innen möglich.
Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane
WS Wirbelsäulenerkrankungen
z. B. Blockierungen, degenerative WS-Erkrankungen, Osteoporose, Bandscheibenprolaps
Leitsymptomatik
Schädigung der Bewegungssegmente, z. B.:
der diskoligamentären Strukturen (z. B. Instabilität, Hypermobilität)
der Gelenkbeweglichkeit und -stabilität mit lokalem/(pseudo-)radikulärem Schmerz.
orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten; bis zu 50 Einheiten längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, davon jeweils bis zu 12 Einheiten für standardisierte Heilmittelkombination, Massagetherapien
CS Chronifiziertes Schmerzsyndrom
z. B. neuropathische Schmerzen, chronisches regionales Schmerzsyndrom, Fibromyalgie
Physiotherapieverfahren nach der Heilmittel-Richtlinie des GBA
Im Folgenden werden die nach der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses3 zugelassenen und nicht zugelassenen Maßnahmen der Physiotherapie (§§ 18–25) beschrieben.
Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses3
Soweit medizinisch erforderlich, kann zu „vorrangigen Heilmitteln" maximal ein im Heilmittelkatalog genanntes „ergänzendes Heilmittel" verordnet werden.
Abweichend hiervon können Elektrotherapie oder Elektrostimulation oder die Ultraschall-Wärmetherapie auch isoliert verordnet werden, soweit der Heilmittelkatalog diese Maßnahmen indikationsbezogen als ergänzende Heilmittel vorsieht.
Mehr als ein ergänzendes Heilmittel kann nicht isoliert verordnet werden.
§ 18 Massagetherapie
Definition
Die Massagetherapie ist eine in Ruhelage der Patient*innen durchgeführte Maßnahme, die aktive körperliche Reaktionen bewirkt.
Sie setzt bestimmte manuelle Grifftechniken ein, die in planvoll kombinierter Abfolge je nach Gewebebefund über mechanische Reizwirkung direkt Haut, Unterhaut, Muskeln, Sehnen und Bindegewebe einschließlich deren Nerven, Lymph- und Blutgefäße beeinflussen. Indirekt wird eine therapeutische Beeinflussung innerer Organe über kutiviszerale Reflexe erreicht.
Maßnahmen
klassische Massagetherapie (KMT) als überwiegend muskuläre Massageform einzelner oder mehrerer Körperteile
Bindegewebsmassage (BGM)
Segmentmassage (SM)
Periostmassage (PM)
Kolonmassage (CM)
Unterwasserdruckstrahlmassage (UWM)
manuelle Lymphdrainage (MLD) der Extremitäten, des Kopfes und/oder des Rumpfes
Eine erforderliche Kompressionsbandagierung (lymphologischer Kompressionsverband) zur entstauenden Behandlung bei Ödemen verschiedener Ursachen kann ergänzend verordnet werden.
MLD-30 (Teilbehandlung): bei leichtgradigen Lymphödemen, Ödemen oder Schwellungen zur Behandlung eines Körperteils
MLD-45 (Großbehandlung): bei Lymphödemen, Phlebo-Lymphödemen oder Lipödem zur Behandlung von zwei Körperteilen
MLD-60 (Ganzbehandlung): bei schwergradigen Lymphödemen oder Lipödem zur Behandlung von zwei Körperteilen oder bei schwergradigen Lymphödemen mit Komplikationen durch Strahlenschädigungen (mit z. B. Schultersteife, Hüftsteife oder Plexusschädigung) zur Behandlung eines Körperteils
§ 19 Bewegungstherapie
Definition
Die einzelnen Maßnahmen der Bewegungstherapie bauen auf der Kenntnis der normalen und krankhaft veränderten Funktionen der Bewegungsorgane, der Bewegungslehre sowie auf Übungs- und Trainingsprinzipien auf.
Dabei dient der gezielte, dosierte, methodisch planmäßige Einsatz dieser Maßnahmen der Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Leistungen der Stütz- und Bewegungsorgane, des Nervensystems und der dabei beteiligten Funktionen des Herz-/Kreislaufsystems, der Atmung und des Stoffwechsels.
Soweit krankheitsbedingt möglich, soll das Erlernen von Eigenübungsprogrammen im Vordergrund stehen.
Übungsbehandlungen
Ziel: Schädigungen der Muskelfunktion (Muskelkraft, -ausdauer, -koordination und -tonus) zu beseitigen, Kontrakturen zu vermeiden und Schädigungen der Gelenkfunktionen (z. B. der Gelenkbeweglichkeit und -stabilität) zu mindern. Sie dienen auch der Funktionsverbesserung des Herz-Kreislauf-Systems, der Atmung und des Stoffwechsels.
Übungsbehandlung im Bewegungsbad
Chirogymnastik
Chirogymnastik als spezielle funktionelle Wirbelsäulengymnastik dient der Kräftigung von Muskelketten, Koordinierung und Stabilisierung des muskulären Gleichgewichtes sowie der Dehnung von bindegewebigen Strukturen.
Krankengymnastik
allgemeine Krankengymnastik (KG bzw. KG-Atemtherapie)
Behandlung von Erkrankungen, Verletzungen, Verletzungsfolgen und Funktionsstörungen der Haltungs- und Bewegungsorgane sowie innerer Organe und des Nervensystems mit mobilisierenden und stabilisierenden Übungen und Techniken.
Kontrakturvermeidung und -lösung, Regulierung der Atmungsfunktion
allgemeine Krankengymnastik im Bewegungsbad
Krankengymnastik zur Behandlung von schweren Erkrankungen der Atmungsorgane wie der Mukoviszidose (KG-Muko)
gerätegestützte Krankengymnastik (KG-Gerät)
Schädigungen der Bewegungssegmente der Wirbelsäule, Schädigungen der Muskelfunktion (Muskelkraft, -ausdauer, -koordination und -tonus) einschließlich motorischer Paresen
KG-ZNS-Kinder
Behandlung von ZNS-Erkrankungen einschließlich des Rückenmarks und neuromuskulärer Erkrankungen, insbesondere angeborener oder frühkindlich erworbener Schädigungen der Bewegungsfunktionen oder der Muskelfunktionen (Paresen) längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
KG-ZNS
Behandlung von ZNS-Erkrankungen einschließlich des Rückenmarks und neuromuskulärer Erkrankungen nach Vollendung des 18. Lebensjahres
Einsatz der Techniken nach Bobath, Vojta oder PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation)
manuelle Therapie
Wiederherstellung oder Minderung reversibler Schädigungen der Gelenkfunktion, der Bewegungssegmente der Wirbelsäule, Schädigung der Muskelfunktion und Schmerzlinderung durch Anwendung einer gezielten impulslosen Mobilisation oder durch Anwendung von Weichteiltechniken
§ 20 Traktionsbehandlung
Anwendung eines gezielten mechanischen apparativen Zuges zur Entlastung komprimierter Nervenwurzeln und Gelenkstrukturen
§ 21 Elektrotherapie
Nieder- und mittelfrequente Stromformen zur Schmerzlinderung, Durchblutungsverbesserung, Tonisierung und Detonisierung der Muskulatur
Elektrotherapie unter Verwendung konstanter galvanischer Ströme oder unter Verwendung von Stromimpulsen (z. B. diadynamische Ströme, mittelfrequente Wechselströme, Interferenzströme)
Elektrostimulation unter Verwendung von Reizströmen mit definierten Einzelimpulsen nach Bestimmung von Reizparametern (nur zur Behandlung von Lähmungen bei prognostisch reversibler Nervenschädigung)
Hydroelektrisches Teilbad oder Vollbad (Stangerbad)
§ 22 Kohlensäurebäder und Kohlensäuregasbäder
Wirken durchblutungsfördernd und stoffwechselstimulierend, wenn eine standardisierte Konzentration von Kohlendioxid (CO2) auf die Haut einwirkt.
§ 23 Inhalationstherapie
Einzeltherapie mittels Gerät, mit dem eine alveolengängige Teilchengröße erreicht wird.
Zur Sekretlockerung, Sekretverflüssigung sowie der Entzündungshemmung
Zur längerfristigen Behandlung sind Inhalationen als Heilmittel nur verordnungsfähig, sofern eine Eigenbehandlung mit verordnungsfähigen, als Arzneimittel zugelassenen Inhalaten, ggf. in Verbindung mit zusätzlich notwendigen Geräten, nicht möglich ist.
§ 24 Thermotherapie (Wärme-/Kältetherapie)
Je nach Indikation schmerzlindernd, beeinflussen den Muskeltonus und wirken reflektorisch auch auf innere Organe.
Heißluft, heiße Rolle, Ultraschall, Warmpackungen mit Peloiden (z. B. Fango), Paraffin oder Paraffin-Peloidgemischen, Voll- und Teilbäder mit Peloiden/Paraffin
Kann (Ausnahme der Ultraschallwärmetherapie) nur als therapeutisch erforderliche Ergänzung in Kombination mit Krankengymnastik, manueller Therapie, Übungsbehandlung, Chirogymnastik oder Massagetherapie verordnet werden, es sei denn, im Heilmittelkatalog ist indikationsbezogen etwas anderes bestimmt.
§ 25 Standardisierte Kombinationen von Maßnahmen der physikalischen Therapie („standardisierte Heilmittelkombinationen“)
Können nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs nur dann verordnet werden, wenn komplexe Schädigungsbilder vorliegen und die therapeutisch erforderliche Kombination von drei oder mehr Maßnahmen synergistisch sinnvoll ist, wenn die Erbringung dieser Maßnahmen in einem direkten zeitlichen und örtlichen Zusammenhang erfolgt und die Patient*innen aus medizinischer Sicht geeignet sind.
In der GKV nicht verordnungsfähige Maßnahmen
Therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen:
Hippotherapie
isokinetische Muskelrehabilitation
Höhlentherapie
Musik- und Tanztherapie
Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen
Fußreflexzonen-Massage
Akupunkt-Massage
Atlas-Therapie nach Arlen
Mototherapie
Zilgrei-Methode
Atemtherapie nach Middendorf
konduktive Förderung nach Petö.
Maßnahmen der persönlichen Lebensführung
Massage des ganzen Körpers (Ganz- bzw. Vollmassagen)
Teil- und Wannenbäder, soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittelkataloges verordnungsfähig sind.
Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder
Schwimmen und Baden, auch in Thermal- und Warmwasserbädern
Maßnahmen, die der Veränderung der Körperform (z. B. Bodybuilding) oder dem Fitnesstraining dienen.
Maßnahmen, die ausschließlich der Anreizung, Verstärkung und Befriedigung des Sexualtriebes dienen sollen.
Voraussetzungen der Verordnung in der GKV
Angaben laut HeilmittelrichtlinieHeilmittel-Richtlinie3
Die Abgabe von Heilmitteln zulasten der gesetzlichen Krankenkassen setzt eine Verordnung durch Vertragsärzt*innen voraus.
Die Therapeut*innen sind grundsätzlich an die Verordnung gebunden.
Heilmittel können zulasten der Krankenkassen nur verordnet werden, wenn sie notwendig sind, um
eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen.
einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken oder
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu mindern.
Die Verordnung von Heilmitteln kann nur erfolgen, wenn sich die Verordner*innen von dem Zustand der Versicherten überzeugen, diesen dokumentiert und sich erforderlichenfalls bei den Versicherten über die persönlichen Lebensumstände (Kontextfaktoren) sowie über bisherige Heilmittelverordnungen informiert haben oder wenn ihnen diese aus der laufenden Behandlung bekannt sind.
Nichtverordnungsfähige Heilmittel sind Maßnahmen,
deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist.
die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind.
Wichtige Definitionen für die Verordnung
Verordnungsfall
Angaben laut HeilmittelrichtlinieHeilmittel-Richtlinie3
Ein Verordnungsfall umfasst alle Heilmittelbehandlungen für die Patient*innen aufgrund derselben Diagnose (d. h. die ersten drei Stellen des ICD-10-GM-Codes sind identisch) und derselben Diagnosegruppe nach Heilmittelkatalog.
Dies gilt auch, wenn sich innerhalb des Verordnungsfalles die Leitsymptomatik ändert oder unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kommen.
Im Rahmen eines Verordnungsfalles können mehrere Verordnungen getätigt werden.
Treten im zeitlichen Zusammenhang mehrere voneinander unabhängige Diagnosen derselben oder unterschiedlicher Diagnosegruppe(n) auf, kann dies weitere Verordnungsfälle auslösen, für die jeweils separate Verordnungen auszustellen sind.
Ein neuer Verordnungsfall tritt ein, wenn seit dem Datum der letzten Verordnung ein Zeitraum von 6 Monaten vergangen ist.
Orientierende Behandlungsmenge
Angaben laut HeilmittelrichtlinieHeilmittel-Richtlinie3
Summe der Behandlungseinheiten, mit der das angestrebte Therapieziel in der Regel erreicht werden kann.
Wird neben vorrangigen Heilmitteln auch ein ergänzendes Heilmittel verordnet, sind die Behandlungseinheiten des ergänzenden Heilmittels bei der Bemessung der orientierenden Behandlungsmenge nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen.
Die orientierende Behandlungsmenge ergibt sich indikationsbezogen aus dem Heilmittelkatalog.
Der Verordnungsfall und die orientierende Behandlungsmenge beziehen sich auf die jeweiligen Verordner*innen.
Konnte das angestrebte Therapieziel mit der orientierenden Behandlungsmenge nicht erreicht werden, sind weitere darüber hinausgehende Verordnungen möglich, die demselben Verordnungsfall zuzuordnen sind.
Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine kontinuierliche Behandlung, um Rezidive oder neue Erkrankungsphasen handelt. in diesem Fall sind die individuellen medizinischen Gründe in die Patientendokumentation der Verordner*innen zu übernehmen.
Höchstmenge je Verordnung
Angaben laut HeilmittelrichtlinieHeilmittel-Richtlinie3
Im Heilmittelkatalog ist zudem die zulässige Höchstmenge an Behandlungseinheiten je Verordnung festgelegt.
Sofern neben dem vorrangigen Heilmittel ein ergänzendes Heilmittel verordnet wird, richtet sich die Höchstmenge des ergänzenden Heilmittels nach den verordneten Behandlungseinheiten des vorrangigen Heilmittels.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Angaben laut HeilmittelrichtlinieHeilmittel-Richtlinie3
Für Versicherte mit einem langfristigen Heilmittelbedarf gilt, dass die notwendigen Heilmittel je Verordnung für eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen verordnet werden können.
Langfristiger Heilmittelbedarf liegt vor, wenn sich aus der Begründung der Verordner*innen die Schwere und Langfristigkeit der funktionellen oder strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der nachvollziehbare Therapiebedarf der Versicherten ergeben.
Die Diagnosen, bei denen von einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen ist, sind in Anlage 2 der Heilmittelrichtlinie aufgelistet. Bei Diagnosen, die hier nicht gelistet sind, entscheidet die Krankenkasse auf Antrag der Versicherten, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt.
Evidenzbasierte Physiotherapie
Auch in der Physiotherapie lassen sich die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin anwenden.
Die Physiotherapie Evidenz Datenbank (PEDro) ist eine frei zugängliche Datenbank mit über 32.000 randomisierten, kontrollierten Studien, systematischen Reviews und klinischen Praxisleitlinien in der Physiotherapie.
Physiotherapie bei Kreuzschmerzen
Die NVL Kreuzschmerz5 (Nationale Versorgungsleitlinie) geht ebenfalls auf die Evidenz gängiger Physiotherapieverfahren ein.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Evidenz für physiotherapeutische/physikalische Verfahren bis auf die Bewegungstherapie bei subakuten oder chronischen Kreuzschmerzen gering ist.
Bewegungstherapie, kombiniert mit edukativen Maßnahmen nach verhaltenstherapeutischen Prinzipien, kann zur Behandlung akuter nichtspezifischer Kreuzschmerzen bei unzureichendem Heilungsverlauf und Einschränkungen der körperlichen Funktionsfähigkeit zur Unterstützung der körperlichen Aktivität angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).
Bewegungstherapie, kombiniert mit edukativen Maßnahmen nach verhaltenstherapeutischen Prinzipien, soll zur primären Behandlung subakuter und chronischer nichtspezifischer Kreuzschmerzen zur Unterstützung der körperlichen Aktivität angewendet werden (Empfehlungsgrad A).
Rehabilitationssport und Funktionstraining
Patient*innen mit subakuten und chronischen nichtspezifischen Kreuzschmerzen sollte unter folgenden Bedingungen die Teilnahme an einer Rehabilitationssport- bzw. Funktionstrainingsgruppe empfohlen werden:
Gefährdung der beruflichen Wiedereingliederung (Empfehlungsgrad B).
Kurzwellendiathermie
Kurzwellendiathermie soll zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen nicht angewendet werden (Empfehlungsgrad A).
Manuelle Therapie (Manipulation/Mobilisation)
Manipulation/Mobilisation kann zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).
Massage
Massage soll zur Behandlung akuter nichtspezifischer Kreuzschmerzen nicht angewendet werden (Empfehlungsgrad A).
Massage kann zur Behandlung subakuter und chronischer nichtspezifischer Kreuzschmerzen in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).
Rückenschule
Rückenschule, die auf einem biopsychosozialen Ansatz basiert, kann bei länger anhaltenden (> 6 Wochen) oder rezidivierenden, nichtspezifischen Kreuzschmerzen angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).
Thermotherapie (Wärmetherapie/Kältetherapie)
Wärmetherapie kann im Rahmen des Selbstmanagements in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).
Kältetherapie sollte zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen nicht angewendet werden (Empfehlungsgrad B).
Traktion mit Gerät
Traktion mit Gerät soll zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen nicht angewendet werden (Empfehlungsgrad A).
Quellen
Leitlinien
Gemeinsamer Bundesausschuss (GBA). Heilmittel-Richtlinie. Stand 20212022. www.g-ba.de
Nationale Versorgungsleitlinie (NVL-Programm) der Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz. AWMF Leitlinie Nr. nvl-007. S3, Stand 2016. www.awmf.org
Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V. Beruf und Bildung. Stand 2021. www.physio-deutschland.de
Gemeinsamer Bundesausschuss. Heilmittel-Richtlinie. Stand 20212022. www.g-ba.de
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Stand 01.07.2021. www.kbv.de
Nationale Versorgungsleitlinie (NVL-Programm) der Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz. AWMF Leitlinie Nr. nvl-007. S3, Stand 2016 www.awmf.org
Autor*innen
Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
CCC MK 11.01.2022 mit neuer Richtlinienversion abgeglichen.
DDD MK 15.01.2020 neuer Link zur aktuellen Diagnoseliste;
DDD MK 03.12.2018, Leseranfrage: Link zum Heilmittelkatalog funktionierte nicht mehr
DDD MK 24.03.2021 umgeschrieben auf der Basis der neuen Heilmittelrichtlinie (Diagnoseliste bei GBA nicht mehr einzeln verlinkt.
Artikel völlig neu GO 21.1.
DDD MK 14.11.2018, komplett überarbeitet, an deutsche Verordnungsvorgaben angepasst.
Die Physiotherapie umfasst die physiotherapeutischen Verfahren der Bewegungstherapie sowie die physikalische Therapie. Bewegungstherapie ist die Hauptaufgabe der Physiotherapie.1
Sie hat zur Aufgabe, die Belastungsfähigkeit zu verbessern und die normale Körperfunktion soweit möglich wiederherzustellen.
Bewegungstherapie umfasst zahlreiche Behandlungsmethoden und -techniken.