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Glossopharyngeusneuralgie

Zusammenfassung

  • Definition: Kurze, starke, einschießende Schmerzattacken im Versorgungsgebiet des Nervus glossopharyngeus und ggf. des Nervus vagus
  • Epidemiologie: Inzidenz: 0,7 pro 100.000, zunehmend mit steigendem Alter, unabhängig vom Geschlecht
  • Symptome: Paroxysmale Anfälle von meist einseitigen, starken, brennenden, einschießenden Schmerzen im Versorgungsbereich des N. glossopharyngeus und ggf. der aurikulären und pharyngealen Äste des N. vagus. Vereinzeltes Auftreten von synkopalen Episoden, Hypotonie, Bradykardie oder Asystolie möglich. Getriggert durch Schlucken, Sprechen, Husten, Gähnen oder Berührung.
  • Befund: Klassische Glossopharyngeusneuralgie zeigt sehr selten neurologische Ausfälle. Bei der sekundären Form sind Sensibilitätsstörungen wahrscheinlicher.
  • Diagnostik: Klinische Diagnosestellung. Es sollte immer eine MRT zur Ursachensuche erfolgen.
  • Therapie: Medikamentöse Therapie zur Symptomlinderung. Alternative zu konservativer Behandlung bei unzureichender oder nachlassender Wirksamkeit sowie intolerablen Nebenwirkungen sind operative Verfahren. Goldstandard ist hier die mikrovaskuläre Dekompression.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-3
  • historisch: Vagoglossopharyngeusneuralgie
  • Die Glossopharyngeusneuralgie ist eine seltene Erkrankung, die zu meist einseitigen, plötzlich auftretenden und endenden, starken Schmerzen im sensiblen Versorgungsbereich des N. glossopharyngeus und der aurikulären sowie pharyngealen Ästen des N. vagus führen kann.
  • Klassifikation:
    • Klassische Glossopharyngeusneuralgie
      • verursacht durch eine neurovaskuläre Kompression des Nervs
    • Idiopathische Glossopharyngeusneuralgie
      • Ursache unbekannt
    • Sekundäre Glossopharyngeusneuralgie
  • Triggerreize können Schlucken, Sprechen, Husten oder Gähnen sein.1-2
  • Die Schmerzen können durch vagale Symptome wie Husten, Heiserkeit, Hypotonie, Synkopen und/oder Bradykardie begleitet werden.1-2
  • Die Erkrankung wird häufig mit der Trigeminusneuralgie oder Neuralgie des Nervus laryngeus superior aufgrund der ähnlichen Symptomatik verwechselt.
  • Da die Erkrankung selten auftritt, ist die Diagnosestellung häufig erschwert.

Epidemiologie

  • 0,2 - 1,3 % aller Gesichtsschmerzsyndrome 3-4
  • Inzidenz von 0,7 pro 100.000, im Vergleich dazu Inzidenz der Trigeminusneuralgie von 4-5 pro 100.0004-5
  • Geschlecht und Alter
    • unabhängig vom Geschlecht4
    • erstmaliges Auftreten meist im Erwachsenenalter
    • erste Symptome bei rund 43 % der Patient*innen vor dem 50. Lebensjahr.6
    • mit steigendem Alter zunehmend4

Klinische Anatomie

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.7
  • Der N. glossopharyngeus (IX. Hirnnerv) versorgt sensibel das Mittelohr, Teile der Zunge und den Pharynx.
  • Er enthält viszeromotorische, viszerosensible, motorische und Geschmacksfasern.
  • Er tritt zusammen mit dem N. vagus (X. Hirnnerv) durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus und verläuft lateral von A. carotis interna und Pharynx zum Zungengrund.
  • Er teilt sich in folgende Endäste:
  • N. tympanicus
    • empfängt sympathische Fasern aus dem Plexus der A. carotis interna
    • versorgt sensibel die Schleimhäute der Paukenhöhle und Tuba auditiva
    • sekretorische Fasern ziehen als N. petrosus minor zum Ganglion oticum
  • Ramus sinus carotici
    • endet in der Wand des Sinus caroticus und Glomus caroticum
    • leitet Impulse der Mechanorezeptoren des Sinus und der Chemorezeptoren des Glomus zur Medulla und Vaguskern
    • Regulation von Blutdruck und Herzfrequenz
  • Rami pharyngei
    • an sensibler und motorischer Versorgung des Pharynx beteiligt
  • Ramus musculi stylopharngei
    • Innervation vom Musculus stylopharyngeus (beteiligt an Schluckakt)
  • Rami tonsillares
    • sensible Innervation von Tonsillen und weichem Gaumen
  • Rami linguales
    • sensible Innervation vom hinteren Zungendrittel, Versorgung mt Geschmacksfasern

Ätiologie und Pathogenese

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen. 1-2,4
  • Klassische Glossopharyngeusneuralgie
    • neurovaskuläre Kompression der Wurzel des N. glossopharyngeus, Demyelinisierung des Nervs, dadurch Entstehung pathologischer Nervenaktionspotenziale
    • am häufigsten verursacht durch die A. cerebelli inferior posterior, gefolgt von der A. vertebralis und der A. cerebelli inferior anterior4
  • Sekundäre Glossopharyngeusneuralgie mit sekundären Ursachen wie
    • Multiple Sklerose
    • Autoimmunerkrankungen bspw. Sjögren-Syndrom
    • Kleinhirnbrückentumoren
    • Arnold-Chiari-Malformation
    • intrakranielle Tumoren
    • oropharyngeale Tumoren
    • Stylalgie (Eagle-Syndrom)
      • Wird durch einen verlängerten (>25mm) oder gebrochenen Processus styloideus oder ein verkalktes Ligamentum stylohyoideum hervorgerufen, kann den N. glossopharyngeus komprimieren 4
    • peritonsilläre oder intraorale Infektionen
    • HWS-Trauma
    • Z.n. Tonsillektomie
  • Idiopathische Glossopharyngeusneuralgie
    • weder neurovaskuläre Kompression vom N. glossopharyngeus noch erkennbare sekundäre Ursachen
    • Ursache unklar
    Pathogenese der Schmerzen bei allen Formen ist wahrscheinlich:
    • Demyelinisierung durch Komprimerung des Nerves
    • Entstehung ektoper Impulse an demyelinisierten Fasern
    • Übererregbarkeit und Signalübertragung zwischen demyelinisierten sensiblen und Schmerzfasern (ephaptische Signalübertragung)

ICPC-2

  • N94 Periphere Neuritis/Neuropathie

ICD-10

  • G52 Krankheiten sonstiger Hirnnerven
    • G52.1 Krankheiten des N. glossopharyngeus [IX. Hirnnerv]

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose sollte anhand der Klinik gestellt werden.
  • Eine MRT sollte aber dennoch auf jeden Fall erfolgen, um sekundäre Ursachen abzuklären bzw. Differenzialdiagnosen auszuschließen.
  • Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society) hat folgende klinische Kriterien für die Glossopharyngeusneuralgie erarbeitet:

Leitlinie: Internationale Kopfschmerzklassifikation ICHD-32

Glossopharyngeusneuralgie (13.2.1)

  • A. Wiederkehrende paroxysmale unilaterale Schmerzattacken im Versorgungsgebiet des N. glossopharyngeus, die das Kriterium B erfüllen
  • B. Der Schmerz weist alle folgenden Charakteristika auf:
    • Zwischen wenigen Sekunden bis 2 Minuten anhaltend
    • starke Intensität
    • Auslösung durch Schlucken, Husten, Sprechen oder Gähnen
    • von elektrisierender, einschießender, stechender oder scharfer Qualität
  • C. Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.

Klassische Glossopharyngeusneuralgie (13.2.1.1)

  • Glossopharyngeusneuralgie, die sich ohne andere ersichtliche Ursache als eine neurovaskuläre Kompression entwickelt.
  • Diagnostische Kriterien
    • A. Wiederkehrende einseitige paroxysmale Schmerzattacken, die die Kriterien für eine 13.2.1 Glossopharyngeusneuralgie erfüllen
    • B. Nachweis einer neurovaskulären Kompression der Wurzel des N. glossopharyngeus auf dem MRT oder bei einer Operation.
Sekundäre Glossopharyngeusneuralgie (13.2.1.2)
  • Glossopharyngeusneuralgie verursacht durch eine Grunderkrankung.
  • Diagnostische Kriterien
    • A. Wiederkehrende einseitige paroxysmale Schmerzattacken, die die Kriterien für eine 13.2.1 Glossopharyngeusneuralgie erfüllen
    • B. Es wurde eine Grunderkrankung nachgewiesen, die bekanntermaßen die Neuralgie verursachen kann und erklärt

Idiopathische Glossopharyngeusneuralgie (13.2.1.3)

  • Glossopharyngeusneuralgie ohne Nachweis einer neurovaskulären Kompression oder einer ursächlichen Grunderkrankung
  • Diagnostische Kriterien
    • A. Wiederkehrende einseitige paroxysmale Schmerzattacken, die die Kriterien für eine 13.2.1 Glossopharyngeusneuralgie erfüllen
    • B. Untersuchungen haben weder eine neurovaskuläre Kompression noch eine Grunderkrankung ergeben, die bekanntermaßen eine 13.2.1.2 sekundäre Glossopharyngeusneuralgie verursachen kann
    • C. Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen. 1-4,8
  • Vor Entwicklung einer Glossopharyngeusneuralgie berichten Patient*innen möglicherweise über wochen- oder monatelange unangenehme Empfindungen im Versorgungsgebiet des N. glossopharyngeus2
  • Auftreten und zeitlicher Verlauf der Schmerzen
    • Es kommt zu plötzlich auftretenden Schmerzepisoden, die mehrmals am Tag über Wochen und/oder Monate auftreten können.
    • Phasen der Spontanremission sind zwischen den Schmerzepisoden möglich.1
    • Patient*innen berichten eventuell über konstanten, dumpfen Hintergrundschmerz auch zwischen den Schmerzattacken1
    • Im Verlauf sind die Schmerzen bei Patient*innen relativ sterotyp
  • Schmerzstärke:
    • auf Schmerzskala anzugeben, sehr stark, nächtliches Erwachen durch den Schmerz
  • Schmerzqualität:
    • einschießend, brennend, elektrisierend, scharf, brennend, ausstrahlend
  • Schmerzdauer:
    • Sekunden bis wenige Minuten
  • Schmerzlokalisation:
    • meist einseitig, bilaterales Auftreten möglich (bei rund 12 % der Patient*innen)1,4
    • im Bereich der Tonsillen
    • hintere Zunge
    • Pharynx
    • Larynx
    • Mittelohr
    • Kieferwinkel
  • Schmerzausstrahlung:
    • in Nase, Auge, Kinn oder Schulter
  • Schmerztrigger:
    • Sprechen, Kauen, Schlucken, Husten, Gähnen, bestimmter Geschmack, Berührung von Hals oder äußerem Gehörgang1
  • Auftreten von Hypotonie, Bradykardie, Synkopen oder Epilepsie möglich
    • Bei ca. 2 % der Patienten kommt es während des Anfalls zu einer Synkope.1
  • Komorbiditäten, Vorerkrankungen, Operationen?
  • Gewichtsverlust durch verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, um Triggerreize zu meiden

Klinische Untersuchung

  • Körperliche Untersuchung
    • gründliche Inspektion der Haut, Palpation Halsregion, Auskulation Herz
  • Komplette neurologische Untersuchung mit Hirnnervenstatus, Sensibilitätsprüfung, Überprüfung Würgereflex, Reflexstatus, Kraftgrade
    • primäre Glossopharyngeusneuralgie: selten neurologische Defizite
  • Hinweis auf sekundäre Glossopharyngeusneuralgie:
    • Sensibilitätsstörungen wie Hypästhesien, verminderter oder fehlender Würgereflex2
    • bilaterale Schmerzen
    • ätiologische Abklärung notwendig
  • Mögliche Schmerzreduktion durch Lokalanästhesie des Rachens während eines Anfalls kann die Diagnose der Glossopharyngeusneuralgie erhärten.3
  • Im Zusammenhang mit den Schmerzanfällen kann es zu autonomen Symptomen wie Bradykardie und arterielle Hypotonie kommen.2,4

Weitere Diagnostik

  • MRT des Schädels im Rahmen der Differenzialdiagnose und bei V. a. sekundäre Ursachen6,8
  • MRA bei V. a. vaskuläre Neurokompression8
  • großes Blutbild, Liquordiagnostik zur Ursachenfindung bei sekundärer Glossopharyngeusneuralgie (Autoimmunerkrankungen, Infektionen oder Entzündungen)
  • kardiologische Diagnostik bei Bradykardie, Hypotonie, Synkopen

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf die Erkrankung sollte eine Überweisung an die Neurologie erfolgen, um Differenzialdiagnosen auszuschließen und weiterführende Diagnostik sowie eine medikamentöse Therapie einzuleiten.
  • Bei Versagen der konservativen Therapie und/oder untolerierbaren Nebenwirkungen sollte eine Überweisung an die Neurochirurgie erfolgen, um eine invasive Behandlung in Betracht zu ziehen.

Checkliste für die Überweisung

Glossopharyngeusneuralgie

  • Zweck der Überweisung:
    • Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese:
    • Wann fing die Erkrankung an? Akuter oder langsamer Beginn? Eventuell zugrunde liegende Ursache, Operationen, Infektionen in der Anamnese? Verlauf?
    • Schmerzanfall, Dauer, Art der Schmerzen? Lokalisierung und Ausstrahlung? Auslösende Faktoren?
    • Therapieversuch, Wirkung?
    • Andere relevante Erkrankungen?
    • Derzeitige Medikamente?
    • Komplikationen? Schmerzrelevante Komorbiditäten wie Angst, Depression?
  • Klinische Untersuchung:
    • Hirnnervenstatus, Sensibilitätsprüfung, Würgereflex, neurologischer Status
  • Apparative Diagnostik:
    • MRT oder andere Bildgebung vom Schädel bereits erfolgt?

Therapie

Therapieziel

  • Vorbeugung von Anfällen
  • Schmerzreduktion
  • Verbesserung der Lebensqualität
  • Eventuell Ursachenbehebung
  • Vermeidung von Komplikationen

Allgemeines zur Therapie

  • Die medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika ist die Therapie der Wahl.
  • Es kann sinnvoll sein, verschiedene Medikamente zu kombinieren, um eine bessere Schmerzreduktion zu erzielen.
  • Medikamentös wird ähnlich wie bei der Trigeminusneuralgie therapiert.1
  • Mittel der 1. Wahl ist Carbamazepin.
  • Erst bei unzureichender Wirksamkeit oder nicht tolerablen Nebenwirkungen sollte mit invasiven Verfahren ergänzt werden.

Medikamentöse Therapie

Langzeitbehandlung

Carbamazepin

  • Mittel der 1. Wahl4
  • Carbamazepin ist zur Behandlung der Glossopharyngeusneuralgie zugelassen.
  • Dosierung4,9:
    • Gabe in Form von Retardtabletten
    • initiale Dosis 200 mg, verteilt auf 1-2 Einzeldosen pro Tag
    • bei unzureichender Wirksamkeit langsame Steigerung um 200 mg pro Tag bis zum Eintritt der Schmerzfreiheit
    • Erhaltungsdosis 400-800 mg pro Tag
    • Maximaldosis 1200 mg pro Tag
    • im Verlauf Versuch der vorsichtigen Dosisreduktion, um Spontanremission zu prüfen
  • Nebenwirkungen9:
    • ungünstiges Nebenwirkungsprofil
    • kognitive Störung, Benommenheit, Schwindel, Müdigkeit, Ataxie, gastrointestinale Störungen
    • Hyponatriämie, Leukopenie, Leberschädigung, Herzrhythmusstörungen, allergische Hautreaktionen
  • Kontraindikationen9
    • Knochenmarkschädigung, Unverträglichkeit von Trizyklischen Antidepressiva, AV-Block, Einnahme von MAO-Hemmern
  • Überwachung der Therapie:
    • Aufdosierung nur unter Labor- (Blutbild, Leberwerte und Elektrolyte) sowie EKG-Kontrollen9

Medikamentöse Alternativen

  • als Mono- oder Add-on-Therapie
  • CAVE: off-Label-Use
  • Gabapentin, Pregabalin, Oxacarbazepin, Duloxetin, trizyklische Antidepressiva, Lamotrigin, Phenytoin oder Baclofen4,10
    • Können verwendet werden, wenn Carbamazepin nicht gut anschlägt.11-12
    • Studien deuten darauf hin, dass Pregabalin am besten wirkt.12
  • Die Wirkung der Medikamente kann mit der Zeit nachlassen.

Weitere Therapieoptionen

  • Nervenblockade: Die Injektion eines Lokalanästhetikums in den Triggerbereich kann zur Schmerzlinderung beitragen.
    • Komplikationen wie Heiserkeit und Schluckstörung sowie Stimmbandlähmung bei bilateraler Nervenblockade können auftreten.8

Therapie autonomer Symptome

  • Bei Bradykardie, Asystolie bzw. Hypotonie ist die medikamentöse Therapie mit Atropin indiziert.

Operative Therapie

  • Bei unzufriedenstellender Wirksamkeit konservativer Verfahren oder intolerablen Nebenwirkungen wird zur invasiven Therapie geraten.
  • Die chirurgischen Eingriffe lassen sich grundsätzlich in zwei Arten unterteilen:
    • Nicht-ablatives Verfahren
    • Ablative Verfahren
  • Nicht-ablatives Verfahren: mikrovaskuläre Dekompression (MVD) nach Jannetta
    • Goldstandard bei klassischer Glossopharyngeusneuralgie
    • Voraussetzung ist der Nachweis eines neurovaskulären Konflikts in der MRT
    • Erfolgsrate bei über 90 % der Eingriffe3
    • endoskopisch-assitierte mikrochirurgische Operation
    • Operationsziel: Beseitigung des Gefäß-Nerven-Kontaktes und das langfristige Verhindern einer neuen neurovaskulären Kompression eventuell durch Einlage eines Teflonkissens zwischen Gefäß und Nerv
    • intraoperatives neurophysiologisches Monitoring zur Vermeidung von Nervenverletzungen
    • Komplikationsrate ist sehr gering10
  • Ablative Verfahren
    • Stereotaktische Radiochirurgie mit Gamma-Knife
      • gute Ergebnisse
      • höhere Rezidivrate als bei MVD10
      • Indikation: ältere, multimorbide Patient*innen
      • bei Kontraindikationen zur offenen Operation
    • Perkutane Radiofrequenzthermokoagulation des Ganglion petrosum
      • Schädigung der Schmerzfasern durch thermische Koagulation
      • Erfolgsquote: 78,8 % nach Operation, nach 5 Jahren etwa 50%13
      • Komplikationen: Hypästhesie, Minderung des Würgereflexes, Ageusie, Schluckbeschwerden10

Prävention

  • Es sollte versucht werden, Triggerreize zu vermeiden.
    • Bei Kälte kann das Gesicht mit einem Tuch geschützt werden.
    • Beim Zähneputzen kann lauwarmes Wasser verwendet werden.
    • Es kann auf der weniger betroffenen Seite gekaut werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Es handelt sich um eine rezidivierende Erkrankung.
  • Bei rund 74 % der Betroffenen kommt es zu einer Spontanremission über Monate oder Jahre.1,4
  • Es ist ein Wechsel zwischen Phasen von Remission und Rezidiven möglich.3

Komplikationen

  • Gewichtsabnahme aufgrund der Meidung von Triggerreizen
  • Depression und Suizidalität durch die stark eingeschränkte Lebensqualität
  • Kardiovaskuläre Komplikationen
    • Andere potentiell lebensbedrohliche Komplikationen entstehen infolge kardiovaskulärer Störungen wie Bradykardie, Hypotonie und Asystolie.

Prognose

  • Die Krankheit kann sehr einschränkend sein und mit hohem Leidensdruck eingergehen.
  • Häufig vergeht viel Zeit bis zur Diagnosestellung und adäquaten Behandlung.
  • Der Verlauf ist schlecht prognostizierbar und individuell sehr unterschiedlich.4
  • Es kann zur Spontanremission nach Monaten oder Jahren ohne folgendes Rezidiv kommen.
  • Die medikamentöse Therapie schlägt nicht immer an, sodass ein chirurgischer Eingriff notwendig sein kann.
  • Nur ungefähr 25 % der Patient*innen benötigen eine Operation.4
  • Die Rezidivhäufigkeit nach der Therapie beträgt 3,6 % pro Jahr.4
  • Bilateraler und konstanter Schmerz und mehrere schwere Schmerzattacken sind ungünstige prognostische Marker.4

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • International Headache Society. The International Classification of Headache Disorders 3rd Edition. Stand 2018. https://ichd-3.org/
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 030-114. S2k, Stand 2019. www.awmf.org

Referenzen

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  2. International Headache Society. The International Classification of Headache Disorders 3rd Edition. Stand 2018. (Zugriff 06.03.2022) ichd-3.org
  3. Baldauf J, Rosenstengel C, Schroeder HWS: Nerve compression syndrome in the posterior cranial fossa—diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 54–60. www.aerzteblatt.de
  4. Shah RJ, Padalia D. Glossopharyngeal Neuralgia. 2022 Feb 17. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan–. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Ziegeler C, Beikler T, Gosau M, May A: Idiopathic facial pain syndromes—an overview and clinical implications. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 81–7. www.aerzteblatt.de
  6. Hiwatashi A, Matsushima T, Yoshiura T, et al. MRI of glossopharyngeal neuralgia caused by neurovascular compression. AJR Am J Roentgenol 2008; 191: 578. PubMed
  7. Kahle W, Frotscher M: Taschenatlas Anatomie-Nervensystem und Sinnesorgane. Stuttgart, New York: Thieme 2013; S. 118-119.
  8. Khan M, Nishi SE, Hassan SN et al. Trigeminal Neuralgia, Glossopharyngeal Neuralgia, and Myofascial Pain Dysfunction Syndrome: An Update. Pain Res Manag. 2017; 2017: 7438326. www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 030-114. S2k, Stand 2019. (Zugang 08.03.2022) www.awmf.org
  10. Franzini A, Messina G, Franzini A, Marchetti M et al. Treatments of glossopharyngeal neuralgia: towards standard procedures. Neurol Sci. 2017 May; 38(Suppl 1):51-55. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Garcia Callejo FJ, Marco Algarra J, Talamantes Escriba F, Martine Beneyto MP, Esparcia Navarro M, Morant Ventura A. Use of gabapentin in glossopharyngeal neuralgia. Acta Otorrinolaringol Esp 1999; 50: 175 - 7. PubMed
  12. Guay DR: Pregabalin in neuropathic pain: A more pharmaceutically elegant gabapentin? Am J Geriatr Pharmacother 2005; 3: 274-87. PubMed
  13. Wang X, Tang Y, Zeng Y, Ni J. Long-term outcomes of percutaneous radiofrequency thermocoagulation for glossopharyngeal neuralgia: A retrospective observational study. Medicine (Baltimore). 2016;95(48):e5530. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autoren

  • Katja Luther, Ärztin in Weiterbildung, Allgemeinmedizin, Berlin
  • Tor Ansved, docent och specialist, Neurology clinic, Sophiahemmet, Stockholm
  • Terje Johannessen, professor i allmänmedicin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
  • Espen Dietrichs, professor och avdelningsöverläkare, Universitetet i Oslo og Nevrologisk avdeling, Rikshospitalet, Oslo
G52; G521
N94
Paroxysmale Rachenschmerzen; Schmerzen unter dem Kieferwinkel; Zungenschmerzen; Mandelschmerzen; Ohrenschmerzen; Gesichtsschmerzen; Nervus glossopharyngeus; Nervus vagus; Sicard-Syndrom; Weisenburg-Sicard-Robineau-Syndrom; Sicard-Robineau-Syndrom; Neuralgie des N. Glossopharyngeus; Tic douloureux; Collet's-Syndrome; Kompression des Nervens; Nervenkompression; Vagale Neuropathie; Neurodestruktive Therapie; Synkope; Bradykardie; Hypotonie
Glossopharyngeusneuralgie
BBB MK 15.03.2022 umfassend revidiert, umgeschrieben und aktualisiert. chck go 22.3.
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Definition: Kurze, starke, einschießende Schmerzattacken im Versorgungsgebiet des Nervus glossopharyngeus und ggf. des Nervus vagus Epidemiologie: Inzidenz: 0,7 pro 100.000, zunehmend mit steigendem Alter, unabhängig vom Geschlecht
Neurologie
Glossopharyngeusneuralgie
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