DefinitionPalliativmedizin und Atembeschwerden
Bei PatientenPatient*innen mit nicht heilbaren Erkrankungen und geringer Lebenserwartung (i. d. R. weniger als 9 bis –12 Monate) besteht das Behandlungsziel in einer Linderung der Beschwerden (Palliativtherapie1). Dies gilt vor allem für an Krebs erkrankte Patienten;Patient*innen, aber auch in anderen Fällen wie beispielsweise bei Vorliegen einer neurodegenerativen Erkrankung sowie schweren Herz- und Lungenkrankheiten.
Atemnot (Dyspnoe) ist eine subjektive Empfindung. Betroffene haben das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Andere Begriffe für „Atemnot" sind: Luftnot, erschwertes Atmen, Kurzatmigkeit (im Englischen: dyspn(o)ea, breathlessness, difficult breathing, shortness of breath). Atemnot kann in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: kontinuierliche Atemnot und Atemnotattacken.
Häufigkeit
EtwaMehr 40als bisdie 80 %Hälfte aller KrebspatientenKrebspatient*innen, leidendie in imPalliativ- Laufeund derHospizeinrichtungen Erkrankungstationär behandelt werden, leidet an Atembeschwerden. Am häufigsten kommt es bei Lungenkrebs oder bei Metastasen in der Lunge zu derartigen Symptomen, die sich unter Belastung oder psychischem Stress noch verschlimmern. Lungenkrebs-PatientenLungenkrebspatient*innen leiden überdies oftmals auch an einer chronisch-obstruktiven obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und sind somit besonders anfällig für Atemprobleme. Bei der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) sind Atembeschwerden ein zentrales Problem, hier ist in jedem Fall eine Behandlung durch spezielle Fachärzterzt*innen (z. B. Neurologenaus dem Bereich Neurologie und PneumologenPulmologie) vonnöten.
Ursachen
Atembeschwerden können verschiedene Ursachen haben. Sie können in direktem Zusammenhang mit der Krebserkrankung stehen und beispielsweise hervorgerufen werden durch :
- Tumorgewebe in den Atemwegen
, - ein Karzinom in der Brustwand
, - eine Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt (Pleuraerguss)
, - einen stark angeschwollenen Hals infolge einer oberen Einflussstauung (OES, Vena-cava-superior-Syndrom) sowie
- eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel (Perikarderguss) oder in der Bauchhöhle (Aszites)
hervorgerufen werden.
Darüber hinaus können diverse Therapiemaßnahmen zu Lungenschäden wie Strahlenpneumonitis, Lungenfibrose oder Pneumothorax führen. Auch z. B. Blutarmut (Anämie), Lungenentzündung (Pneumonie), Angst, Hyperventilation, Panikattacken, Herzversagen und chronisch obstruktive LungenerkrankungenLungenerkrankung (COPD) können Atembeschwerden hervorrufen.
Diagnostik
Welche diagnostischen Maßnahmen durchgeführt werden, sollte sich an den praktischen Konsequenzen und dem Nutzen für dendie PatientenPatient*innen orientieren. Der Arzt benBenötigt werden Informationen über die Intensität und den Charakter der Atembeschwerden, eventuelle Veränderungen im Laufe des Tages und bei Anstrengung sowie darüber, ob weitere Symptome wie Husten oder Schmerzen vorhanden sind. Neben einer Untersuchung von Lunge, Herz und AtemwegeAtemwegen werdenwird untersucht und der Arzt prgeprüft, ob der Bauch gespannt ist (Aszites), eine Vergrößerung der Leber vorliegt oder die Atembeschwerden andere Ursachen haben. Die Blutwerte und die Sauerstoffsättigung im Blut werden bestimmt, oftmals wird überdies ein Lungenröntgen oder eine Computertomografie des Thorax (CT-Thorax) angeordnet. Andere gegebenenfalls relevante Untersuchungen sind die Spirometrie, lungenmedizinische Untersuchung mit Bronchoskopie, arterielle Blutgasanalyse und Elektrokardiografie (EKG).
In der Sterbephase eines Menschen, der sich seine Atembeschwerden nicht mehr selbst einschätzen und sich nicht mehr dazu äußern kann, sollten professionelle Begleiter bzw. Angehörige und Personal auf körperliche Zeichen achten: Schwitzen, Blaufärbung der Lippen, schnelle und flache Atemzüge, mimische Ausdrucksformen von Unwohlsein und Anstrengung.
Therapie
Die Palliativtherapie zielt auf die Linderung, Beschränkung und Vorbeugung von Atembeschwerden ab. Wünschenswert ist die Behebung der zugrunde liegenden Ursachen; oftmals ist jedoch lediglich eine Linderung der Symptome möglich. Falls eine Hormon-, Chemo- oder Strahlentherapie grundsätzlich möglich ist, sollte eine entsprechende Behandlung frühzeitig erwogen werden.
Auch das Legen eines Stents bei VerlegungBlockade der Luftröhre oder Bronchien sowie Laserbehandlungen können für einige PatientenPatient*innen infrage kommen. Bei vorhandenem Pleuraerguss kann das Absaugen der Flüssigkeit aus der Pleurahöhle (Pleurapunktion) gewisse Erleichterung verschaffen. Im Folgenden soll speziell auf die Behandlung der Symptome eingegangen werden, nicht auf die Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen.
Medikamentöse Therapie
Beim Auftreten bestimmter Komplikationen oder Erkrankungen von Lunge und Atemwegen stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Morphin
Morphin oder andere starke Opioide gelten als Mittel der ersten Wahl, wenn es um die Behandlung schwerer Atemnot ohne zugrunde liegenden Verschluss der Atemwege geht. HatPatient*innen, ein Patientdie zuvor noch kein Morphin erhalten haben, wirdwerden oft mit dereiner VerabreichungAnfangsdosis invon Tablettenform kürzer wirkenden (6 x tgl. 2,5–105 mg) oderin langwirkendenTablettenform Morphinpräparaten (20–40 mg tgl.) begonnenbehandelt; ältere Menschen und PatientenPatient*innen mit mildem bis moderatem Nierenversagen sollten beispielsweise eine niedrigere Dosis erhalten. Findet bereits eine Morphintherapie statt, kann die tägliche Dosis häufig um 2025 bis 30 % erhöht werden.
Benzodiazepine
Benzodiazepine wirken angstlösend und beruhigend. Sie gelten als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Angstzuständen infolge von Atemnot;, die nicht auf Opioide anspricht. Die Verabreichung erfolgt bei Lorazepam z. B. in Tablettenform, z. B. Oxazepam (3 x tgl. 0,5–101,0 mg alle 6–8 Stunden).
Medikamentöse Behandlung mit Spritzen und Infusionen
Befindet sich ein Patient imIm Endstadium der Erkrankung, kann die Behandlung intravenös mit einer mittels Schmerzpumpe verabreichten Mischung aus Morphin und Midazolam erfolgen. Die Dosis wird an den jeweiligen Bedarf angepasst und soll denkeine Patiententiefe nichtBetäubung in Schlaf versetzenbewirken, sondern seinedie Symptome lindern. In der absoluten Endphase, am letzten Tag, können ggf. subkutan (Verabreichung in das Unterhautfettgewebe) oder intravenös (Verabreichung in ein venöses Gefäß) zusätzliche Dosen an Midazolam verabreicht werden.
Sauerstofftherapie
Eine Sauerstofftherapie ist nur bei geringer Sauerstoffsättigung des Blutes (Hypoxie) in Ruhe oder bei Belastung sowie bei Dokumentationvorübergehenden, dassakuten die Sauerstoffzufuhr die Hypoxie aufhebt,Episoden indiziert. Voraussetzung für die Behandlung mit Sauerstoff ist, dass die Messung der partiellenpartielle Sauerstoffsättigung (mittels Pulsoxymeter) möglich ist und der WertSauerstoffdruck unter 90 %55 mmHg liegt. Führt die Behandlung mit Sauerstoff zu einer erhöhten Sauerstoffsättigung, ist sie fortzusetzen. Bei ausbleibendem Effekt sollte die Behandlung abgebrochen werden. EsAuch kannfrische auchLuft helfenim Gesicht das Fenster zu öffnen oderund ein Ventilatoroffenes zu nutzen, der auf das Gesicht gerichtet wird.
Sekundärbehandlung
Bei vorhandenem Pleuraerguss kann das Absaugen der Flüssigkeit aus der Pleurahöhle (Pleurapunktion) gewisse Erleichterung verschaffen. Technische HilfsmittelFenster können ebenfalls nützlich sein. Darüber hinaus kann eine Wohnraumanpassung in Betracht gezogen werdenhelfen.
Palliativtherapie bei weit fortgeschrittener Krebserkrankung
SchmerztherapieÜbelkeit und ErbrechenVerstopfungMundtrockenheitAngstStarker Gewichtsverlust und SchwächeDepressionDeliriumPalliativmaßnahmen bei Atemnot – Informationen für ärztliches Personal
Weitere Informationen
- Atemnot
- Lungenkrebs
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
- Essen bei Appetitlosigkeit
- Dyspnoe, palliative Behandlung – Informationen für ärztliches Personal
Palliativtherapie bei fortgeschrittener Krebserkrankung
- Was ist Palliativmedizin?
- Schmerztherapie
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- Mundtrockenheit
- Angst
- Gewichtsverlust
- Depression
- Delir
Quellen
Literatur
- Leitlinienprogramm Onkologie. Patientenleitlinie Palliativmedizin für Patientinnen und Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. Berlin 2015. www.awmf.org
Autoren
Autor*innen
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
- Marie-Christine Fritzsche, Ärztin, Freiburg