Definition:Hepatitis B ist eine akut oder chronisch verlaufende Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wird.
Häufigkeit:Prävalenz von akuten oder chronischen Infektionen in Deutschland 0,3 %, Inzidenz 0,9/100.000 Einw. Im Kindesalter tritt mittlerweile fast nur eine vertikale Transmission (Mutter-Kind-Infektion) auf. Bei Jugendlichen sind die sexuelle Übertragung und die horizontale Transmission in Wohngemeinschaften am häufigsten.
Symptome:Die akute Infektion verläuft oft asymptomatisch. Bei klinisch auffälligen Patient*innen kommt es zu Müdigkeit, Übelkeit, Appetitlosigkeit, rechtsseitigen Oberbauchbeschwerden und erhöhter Temperatur. Es kann auch eine Arthritis oder eine Glomerulonephritis beobachtet werden.
Befunde:Als klinischer Befund kann Ikterus mit Erhöhung der Bilirubinwerte und der Transaminasen auftreten.
Diagnostik:Neben Anamnese und klinischem Befund umfasst die Diagnostik klinische Chemie (Transaminasen, Bilirubin, evtl. Lebersyntheseparameter) und Serologie.
Therapie:Bei akuter Hepatitis B im Kindesalter nicht notwendig. Bei chronischer Hepatitis B vom klinischen Verlauf abhängig; ggf. medikamentöse Therapie mit pegyliertem Interferon-alpha (PEG-IFNα) oder Tenofovir.
Allgemeine Informationen
Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Artikel auf diesen Referenzen.1-4
Hepatitis B ist eine durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) ausgelöste akute oder chronische Entzündung der Leber.
Die meisten Kinder mit Hepatitis B werden schon früh im Leben infiziert, entweder bei der Geburt oder im Laufe des Kleinkindalters.
Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Monate, im Durchschnitt 60–90 Tage.
Es besteht namentliche Meldepflicht, sowohl bei akuter Infektion als auch bei chronischem Trägerstatus.
Häufigkeit
Internationale Lage
Sterblichkeit
Ca. 1 Mio. Menschen sterben jedes Jahr an Erkrankungen, die in Zusammenhang mit Hepatitis B stehen.
3/4 dieser Todesfälle treten in Asien auf.
Epidemiologie
Es wird geschätzt, dass 2 Mrd. Menschen infiziert sind, und dass 350 Mio. davon chronische Träger*innen des Hepatitis-B-Virus sind.
China, Südostasien und Afrika sind hochendemische Gebiete, in denen mehr als 8 % der Bevölkerung chronische Träger*innen sind.
Die geschätzte weltweite Prävalenz der HBV-Infektion bei Kindern im Alter von 5 Jahren oder jünger beträgt 1,3 %.
Damit ist Hepatitis B eine der häufigsten Infektionskrankheiten der Welt.
Deutschland
Deutschland gehört zu den Ländern mit relativ niedriger Prävalenz von Hepatitis B.
Die Prävalenz (Anti-HBc und HBsAg positiv) beträgt 0,3 %.
Inzidenz der Hepatitis B 0,9/100.000 Einw. im Jahr 2014
Inzidenz bei Männern höher als bei Frauen (1,3 vs. 0,6/100.000 Einw.)
Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) von 2003–2006 war in Deutschland bei ca. 0,5 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3–17 Jahren Anti-HBc nachweisbar, davon waren 38,7 % HBsAg positiv.
HBV-Träger*innen
Ca. 5 % der HBV-Träger*innen in Deutschland sind Kinder oder Jugendliche.
Fast 1/3 aller erwachsenen HBV-Träger*innen (meist Menschen mit Migrationshintergrund) haben die Infektion im Kindesalter erworben.
Infektion intrauterin und sub partu
Prävalenz bei Schwangeren
Laut statistischem Bundesamt (2014) werden zwischen 682 und 2.728 Kinder pro Jahr von HBV-infizierten Müttern geboren. Dabei ist davon auszugehen, dass die Neugeborenen von Müttern aus Ländern mit hoher Prävalenz (s. o.) vermutlich besonders gefährdet sind.1
Infektionsrate sub partu ohne perinatale Immunprophylaxe: 70–95 %
bei HBeAg-negativer Mutter: 20–25 %
bei Anti-HBe-positiver Mutter: ca. 10 %
Infektionsrate intrauterin: ≤ 5 %
Ätiologie und Pathogenese
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist ein Hepadna-Virus.
Infizieren sich Kinder im frühen Lebensalter mit dem Hepatitis-B-Virus, treten sie in eine immuntolerante Phase ein. Diese Phase ist durch eine hohe Virusbelastung und geringe entzündliche Symptome der Leber gekennzeichnet.
Die meisten Kinder befinden sich in der Phase der Infektion mit hoher Replikation und niedriger Entzündung mit normalen oder nur geringfügig erhöhten Transaminasen. Zirrhose und hepatozelluläres Karzinom sind selten.
Serokonversion
Studien aus Südeuropa zeigen, dass 80 % der Kinder nach einer Phase der Immunaktivierung und hoher GPT-Werte vor dem Eintritt ins Erwachsenenalter eine spontane Serokonversion durchlaufen.
In Europa kommt es jährlich bei ca. 15 % der Patient*innen zu einer Serokonversion, während ähnliche Studien aus Asien mit 2–5 % von einer entsprechend geringeren Rate berichten.
Ein Anstieg der GPT-Werte kann ein gutes prognostisches Zeichen auf dem Weg zur Serokonversion sein.
Bei einer Serokonversion kann es bis zu 2–3 Jahre dauern, bis sich der GPT-Wert normalisiert und Anti-HBe positiv ist.
Serokonversion versus Prognose
Kinder, bei denen keine Serokonversion in Verbindung mit der Immunaktivierung stattfindet, zeigen ein erhöhtes Risiko für dauerhafte Leberschäden.
Kinder, bei denen eine Serokonversion stattfindet, haben eine bessere Prognose.
Eine chronische Infektion führt zu einem erhöhten Risiko für Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome im späteren Leben.
Infektion
Erhöhte Risiken für eine Infektion
Von Menschen mit akuter Hepatitis oder denjenigen, die sich in der Inkubationsphase befinden, geht eine hohe Infektionsgefahr aus, solange sich Hbs-Ag im Blut befindet.
Solange Marker für eine andauernde virale Infektion im Blut vorliegen, wie z. B. Hbe-Ag, HBV-DNA und DNA-Polymerase, besteht eine besonders hohe Infektionsgefahr.
Patient*innen sind am wenigsten ansteckend, wenn diese Marker nicht länger nachgewiesen werden können und gleichzeitig Anti-Hbe nachgewiesen werden kann.
Wenn die werdende Mutter chronische Trägerin von Hepatitis B (HBs-Ag + mit oder ohne HBe-Ag +) ist oder im letzten Trimenon erkrankt, ist das Kind vor und während der Geburt einer Infektionsgefahr ausgesetzt.
Inkubationszeit
Kann 45–180 Tage betragen (im Durchschnitt etwa 60–120 Tage).
Bei kleinen Kindern und Immundefizienten kann auch eine persistierende HBV-Infektion jahrzehntelang asymptomatisch verlaufen.
Häufigste Infektionswege
sexuelle Kontakte (hetero- und homosexuelle) – erhöhtes Risiko bei:
Kontakt mit Einreisenden aus Regionen mit hoher HBV-Prävalenz
Kontakt während Reisen in Ländern mit hoher HBV-Prävalenz.
horizontale Transmission
meist in Wohn-/Lebensgemeinschaften
gemeinsamer Gebrauch von kontaminierten Spritzen bei Drogenabhängigen; gleichzeitig gehäuftes Auftreten von anderen Infektionen wie Hepatitis C und HIV
Übertragung durch Nadelstichverletzungen im Gesundheitswesen
Bluttransfusionen: Im Gegensatz zu früher ist heute das Risiko der Übertragung (< 1:500.000) durch Testung von Blutprodukten nur noch gering.
Hygienemängel in Pflegeeinrichtungen, insbes. bei unsachgemäßer Anwendung von Blutzuckermessgeräten
vertikale Transmission
Übertragung von der Mutter auf das Kind, in der Regel im Zuge der Geburt (sub partu)
Übertragung durch HBsAg-positive Mütter
Das Infektionsrisiko für das Kind liegt bei 70–90 %, falls die Mutter HBsAg-positiv und HBeAg-positiv ist, ohne Prophylaxe.
Falls HBeAg negativ ist, beträgt das Risiko einer Übertragung auf das Kind 25–30 %.
Das Risiko für eine chronische Hepatitis liegt bei 90 % bei perinataler Infektion.
Akute Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus verlaufen bei Kindern häufig asymptomatisch.
Ab dem Schulalter und v. a. in der Pubertät kann die Infektion Symptome wie bei Erwachsenen auslösen (grippeähnlichen Symptomen, Gelenkschmerzen, Lethargie und Bauchschmerzen).
Im Prodromalstadium können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Anorexie und Subfebrilität auftreten.
Nach einer Inkubationszeit von 40–160 Tagen entwickelt sich Ikterus mit einem Anstieg der Aminotransferasen.
Die Symptome einer akuten Hepatitis-B-Infektion gleichen denen einer Hepatitis-A-Infektion, können jedoch noch stärker ausgeprägt sein und von Hautmanifestationen und Gelenkschmerzen begleitet sein.
Bei Kindern kann eine papulöse Akrodermatitis auftreten (Gianotti-Crosti-Syndrom).
Ergänzende Untersuchungen
Im Frühstadium der Erkrankung sind Kinder mit chronischer Hepatitis-B-Infektion üblicherweise HBe-Ag-positiv mit normalen oder nahezu normalen Aminotransferase-Werten.
Ein Anstieg des GPT-Wertes im Verlauf einer chronischen Hepatitis-B-Infektion deutet bei Kindern häufig auf eine spontane Serokonversion hin.6
Eine Minderheit entwickelt eine chronische Lebererkrankung mit erhöhten Aminotransferase-Werten und nachgewiesenen pathologischen Befunden bei der leberhistologischen Untersuchung.
Diagnostische Marker bei einer Hepatitis-B-Infektion
HBs-Ag
Hepatitis-B-Oberflächenantigen
Ein positiver Befund zeigt eine Infektion an.
Anti-HBs
Antikörper gegen das Hepatitis-B-Oberflächenantigen
Ein positiver Befund zeigt eine durchlaufene Infektion oder eine Impfung an.
Anti-HBc-IgM
Antikörper gegen das Hepatitis-B-Kernantigen
Ein positiver Befund zeigt eine akute oder chronische Infektion an.
Anti-HBc-IgG
Antikörper gegen das Hepatitis-B-Kernantigen
Ein positiver Befund zeigt eine chronische oder durchlaufene Infektion an (nach Impfung nicht vorhanden).
Quantifizierung: 1 pg Hepatitis B entspricht 330.000 Viruskopien.
Serologie
HBs-Ag
Anti-HBs
Anti-Hbc-IgM
Anti-Hbc
Empfänglich für Infektion
neg
neg
neg
neg
Akute Infektion
pos
neg
pos
pos
Chronische Infektion
pos
neg
neg
pos
Chronische, aktive Infektion
pos
neg
pos/neg
pos
Immunität nach Infektion
neg
pos
neg
pos
Immunität nach Impfung
neg
pos
neg
neg
Unsicherer Status
neg
neg
neg
pos
Interpretation der Labordiagnostik
Bei der Interpretation der Serologie gilt es, Folgendes zu beachten:
Eine Aktivierung des Immunsystems kann die Virusreplikation bereits beim Einsetzen der klinischen Symptome unterdrücken.
Der Test für das HBe-Antigen kann daher negativ ausfallen.
Wenn das HBe-Antigen im akuten Stadium nicht nachgewiesen wird, kann dies entweder ein Zeichen für eine zuvor durchlaufene oder eine akute Infektion sein oder aber für das Vorhandensein einer Vorläufermutation des Kernantigens, was oft zu einem schweren Krankheitsverlauf führt.
Nach durchlaufener Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus und nach der Impfung ist der Anti-HBs-Test positiv.
Bei der Interpretation des Hepatitis-B-Oberflächenantigen gilt es, Folgendes zu beachten:
Eine Hepatitis-B-Infektion ist durch das Vorhandensein des Hepatitis-B-Oberflächenantigens (HBs-Ag) gekennzeichnet.
Eine akute Hepatitis B erfordert den gleichzeitigen Nachweis von HBs-Ag und Antikörpern gegen das Kernantigen der IgM-Klasse (Anti-HBc-IgM).
In seltenen Fällen, wie z. B. bei akuter fulminanter Hepatitis, kann das Oberflächenantigen bereits beim Einsetzen der Symptome verschwunden sein.
Bei der Interpretation des Kernantigens gilt es, Folgendes zu beachten:
Das Kernantigen lässt sich nicht direkt nachweisen.
Wenn Antikörper gegen das Kernantigen (Anti-HBc) vorhanden sind, bedeutet dies eine Immunaktivierung der Leberzellen.
Sie werden nach allen Infektionen, aber nicht nach der Impfung gebildet.
Der Test wird daher als ausreichend sensitiver und spezifischer Marker für eine akute Hepatitis-B-Infektion betrachtet.
Es treten allerdings unspezifische Reaktionen auf, und ein positives Ergebnis muss durch zusätzliche Tests weiter abgeklärt werden.
Bei der Interpretation von Screeningtests auf Anti-HBc und HBs-Ag gilt es, Folgendes zu beachten:
In der Frühphase der Infektion kann der Anti-HBc-Test negativ ausfallen, während der HBs-Ag-Test positiv ist.
Sind beide Tests negativ, kann eine Hepatitis-B-Infektion ausgeschlossen werden.
Bei positiven Tests führt das Labor abhängig von der klinischen Problemstellung zusätzliche relevante Tests durch.
Indikationen zur Überweisung
Bei Verdachtsdiagnose
Therapie
Therapieziele
Eine chronische Hepatitis B im Kindes- und Jugendalter kann behandelt werden.
Therapieziel ist, eine „funktionelle Heilung“ zu erreichen. Dies bedeutet, dass zirkulierende Marker einer Virusinfektion (HBe-Ag) negativ sind, aber möglicherweise restliche ccc-HBV-DNA in der Leber vorhanden ist.
Eine akute Hepatitis B im Kindes- und Jugendalter sollte, mit Ausnahme der fulminanten Hepatitis, nicht behandelt werden.
Medikamentöse Therapie
Indikationsstellung und Durchführung in einer gastroenterologisch oder infektiologisch spezialisierten Einrichtung der Kinder- und Jugendmedizin
Häufig ist eine Kombinationstherapie notwendig, um Resistenzbildung zu vermeiden.
Zulassung bei Kindern und Jugendlichen
Tenofovir (Nucleotidanalogon) ab 12 Jahren
pegyliertes Interferon-alpha (PEG-IFNα) ab 3 Jahren
bivalente Kombinationsimpfstoffe gegen Hepatitis A und B
hexavalente Kombinationsimpfstoffe mit Hepatitis-B-Komponente
Impfschema
Grundimmunisierung
im Alter von 2, 4 und 11 Monaten
bei Frühgeborenen: im Alter von 0, 1, 2 und 12 Monaten
Mindestabstand zwischen der letzten und vorletzten Dosis: 6 Monate
Auffrischimpfung
nur bei Personen mit Immundefizienz und Anti-HBs < 100 IE/l
Indikationsimpfung bei erhöhtem Expositionsrisiko, z. B.:
Tätigkeit (inkl. Küche und Reinigung) in Kindertagesstätten, Kinderheimen, Behindertenwerkstätten
Reiseimpfung
bei Reise in hoch- und mittelendemische Regionen und erhöhtem Expositionsrisiko, z. B.:
Reisedauer > 4 Wochen, auch kumuliert über mehrere Reisen
Kontrolle des Impferfolgs (Anti-HBs-Test)
Wird nicht generell empfohlen.
jährlich bei Personen mit Immundefizienz (z. B. Dialyse)
alle 10 Jahre bei Personen mit besonders hohem Expositionsrisiko, z. B.:
Sexualpartner*innen von HBsAg-Träger*innen
Personal von Operationsräumen, in denen regelmäßig HBsAg-positive Patient*innen operiert werden.
Hygiene
Gefährdete Kinder
Frühzeitig zu Hygienemaßnahmen anhalten (Vermeidung perkutaner oder mukokutaner Übertragung).
Bei Kindern mit hohem aktivem oder passiven Infektionsrisiko ggf. Gesundheitsamt einschalten, z. B. bei Kindern mit:
aggressivem Verhalten (beißen, kratzen)
Immunsuppression
Blutungsneigung
entzündlichen Hauterkrankungen.
Keine Kontaktbeschränkungen notwendig
Der Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen, Schul- oder Berufsausbildung kann auch HBsAg-positiven Kindern und Jugendlichen in aller Regel gestattet werden.
Prävention der vertikalen Übertragung
Bestimmung von HBsAg im Blut bei allen Schwangeren (II/A)
In den S3-Leitlinien zur Hepatitis B wird die Testung so früh wie möglich empfohlen, möglichst in der 12. SSW oder noch früher. Falls eine Therapie notwendig sei, solle diese im Idealfall vor der 28. SSW begonnen werden.3
Davon abweichend schreiben die Mutterschaftsrichtlinien in ihrer Fassung von 2022 eine Testung auf HBsAg erst „nach der 32. SSW, möglichst nah am Geburtstermin“ vor8, denn bei positivem Testergebnis soll das Neugeborene innerhalb der ersten 12 Stunden nach der Geburt aktiv und passiv immunisiert werden, um eine Mutter-Kind-Übertragung des HBV zu verhindern.3,8
Bei der Testung zum früheren Zeitpunkt bleibt das Restrisiko, dass die Mutter sich spät infiziert und erst zwischen (negativem) Test und Geburt HBsAg-positiv wird, was dann unerkannt bliebe. Eine Mehrfachtestung ist insbesondere bei hohem Expositionsrisiko zu erwägen.
Möglichkeit der antiviralen Therapie in der Schwangerschaft als Maßnahme zur Transmissionsprophylaxe: signifikante Senkung des Risikos einer vertikalen HBV-Übertragung auf das Kind durch antivirale Therapie mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga im letzten Trimenon bei Schwangeren mit hoher Viruslast (HBV-DNA > 107 IU/ml)
Keine Untersuchung auf HBsAg, wenn Immunität (z. B. nach Schutzimpfung) nachgewiesenermaßen besteht.
Bei positivem Ergebnis aktive und passive Immunisierung des Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt, in jedem Fall innerhalb von 12 Stunden, gegen Hepatitis B
Empfohlene Maßnahmen nach unbeabsichtigten Stichverletzungen
Die postexpositionelle Immunprophylaxe sollte bei empfänglichen Personen immer sofort erfolgen, spätestens aber innerhalb von 48 Stunden nach einer Inokulation mit virushaltigem Material.
Verwendet wird ein spezifisches Hepatitis-B-Immunglobulin.
Gleichzeitig sollte aktiv geimpft werden.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Erkrankung verläuft oft asymptomatisch mit normalen Transaminasen.
Jüngere Kinder haben häufig eine ausgeprägtere Virämie als ältere Kinder und Erwachsene.
Es ist daher typisch, dass Kinder mit einer chronischen Hepatitis-B-Infektion zuerst HBe-Ag-positiv sind, mit Transaminasewerten im oder nahe am Normalbereich.
Ein Anstieg des GPT-Wertes im Verlauf einer chronischen Hepatitis-B-Infektion deutet bei Kindern häufig auf eine spontane Serokonversion hin.6
Eine Minderheit entwickelt eine chronische Lebererkrankung mit erhöhten Transaminasen und nachgewiesenen pathologischen Befunden.
Prognose
Das Risiko für die Entwicklung einer chronischen Hepatitis-B-Infektion ist umgekehrt proportional zum Alter beim Infektionszeitpunkt.
Bei perinataler Infektion werden 90 % der Kinder zu chronischen Träger*innen.
Erfolgt die Infektion während der ersten 5 Lebensjahre, werden 20–30 % zu chronischen Träger*innen, im Vergleich zu 5 % bei älteren Kindern und Erwachsenen.
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Hepatitis-B-Virusinfektion – Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virus-Infektion. AWMF-Leitlinie Nr. 021-011. S3, Stand 2021. www.awmf.org
Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien). Berlin 2022. www.g-ba.de
Literatur
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Indolfi G, Easterbrook P, Dusheiko G et al. Hepatitis B virus infection in children and adolescents. Lancet Gastroenterol Hepatol 2019; 4: 466-76. www.thelancet.com
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Karnsakul W, Schwarz KB. Hepatitis B and C. Pediatr Clin North Am 2017; 64: 641-58. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2022. Stand 17.09.2021; letzter Zugriff 12.04.2022. www.dimdi.de
Ladhani SN, Flood JS, Amirthalingam G, et al. Epidemiology and clinical features of childhood chronic hepatitis B infection diagnosed in England. Pediatr Infect Dis J 2014; 33: 130. kclpure.kcl.ac.uk
Robert Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Stand 27.01.2022 www.rki.de
Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ("Mutterschafts-Richtlinien"). Berlin 2022. www.g-ba.de
Autor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med. Wissenschaftsjournalist
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
B16; B160; B161; B162; B169; B17; B170
Hepatitt B
D72
Hepatitis B im Kindesalter; Hepatitis B im Kindes- und Jugendalter; vertikale Transmission; sub partum; peripartal; intrauterin; Auffrischimpfung; Hepatitis-B-Impfung; HBV-Impfung
Hepatitis B bei Kindern
BBB MK 13.04.2022 revidiert, aktualisiert, neue LL.
Definition:Hepatitis B ist eine akut oder chronisch verlaufende Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wird. Häufigkeit:Prävalenz von akuten oder chronischen Infektionen in Deutschland 0,3 %, Inzidenz 0,9/100.000 Einw. Im Kindesalter tritt mittlerweile fast nur eine vertikale Transmission (Mutter-Kind-Infektion) auf. Bei Jugendlichen sind die sexuelle Übertragung und die horizontale Transmission in Wohngemeinschaften am häufigsten.