Compare with  
Legend:
inserted text deleted text

Mumps

Allgemeine Informationen

Definition

  • Mumps ist eine systemische Infektionskrankheit und wird auch als Parotitis epidemica bezeichnet.1
  • Mumps wird durch eine Infektion mit dem Mumpsvirus (Paramyxovirus) verursacht und ist durch eine akute Schwellung der Glandula parotis, evtl. auch der Glandula submandibularis und der Glandula sublingualis, manchmal auch der Hoden, der Hirnhaut und der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet.2
  • Mumps kann bleibende Folgeschäden verursachen.3

Häufigkeit

  • Mumps-Infektionen sind weltweit endemisch verbreitet.
  • Seit Einführung der Meldepflicht in Deutschland 2013 wurden durchschnittlich jährlich ca. 700 Mumps-Fälle gemeldet.1
    • Inzidenz 2018: 0,6/100.000
    • hohe Rate an Impfdurchbrüchen: knapp 20 % der übermittelten Fälle vollständig und zeitgerecht geimpft
  • Während früher überwiegend Kinder im Alter unter 10 Jahren erkrankten, sind seit Einführung der Impfung vor allem Jugendliche und junge Erwachsene betroffen, besonders bei Ausbrüchen.1
  • Kann in jedem Lebensalter auftreten.

Ätiologie und Pathogenese

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Die Krankheit wird durch eine Infektion mit einem RNA-Virus aus der Gruppe der Paramyxoviren ausgelöst.
  • Das Mumpsvirus ist sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen wie Hitze, Licht, UV-Strahlen, fettlösenden Substanzen und Desinfektionsmitteln.
  • Inkubationszeit
    • 16–18 Tage (12–25 Tage sind möglich)
  • Infektion
    • Tröpfcheninfektion und direkter Speichelkontakt
    • Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir.
    • Auf Oberflächen bleiben Mumpsviren nur wenige Stunden infektiös.
  • Immunität
    • in der Regel lebenslange Immunität
    • Reinfektionen möglich, aber selten
  • Ansteckungsfähigkeit: am größten 2 (bis max. 7) Tage vor bis 4 (bis max. 9) Tage nach Erkrankungsbeginn

Prädisponierende Faktoren

  • Keine vollständige Impfung

ICPC-2

  • D71 Mumps

ICD-10

  • B26 Mumps
    • B26.0 Mumps-Orchitis (N51.1*)
    • B26.1 Mumps-Meningitis (G02.0*)
    • B26.2 Mumps-Enzephalitis (G05.1*)
    • B26.3 Mumps-Pankreatitis (K87.1*)
    • B26.8 Mumps mit anderen Komplikationen
    • B26.9 Mumps ohne Komplikation

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose wird meistens auf der Grundlage einer klinischen Parotitis gestellt.
  • Sicherung der der Diagnose durch Laboruntersuchung, besonders bei Geimpften:1
    • Serologie und PCR.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Im Kleinkindesalter 30–40 % subklinische Verläufe oder in 40–50 % der Fälle Symptome einer akuten respiratorischen Erkrankung.
  • Mehrtägiges Prodromalstadium
    • Fieber, Kopfschmerz, Unwohlsein, Myalgien und Appetitverlust
  • Typischerweise einseitige (20–30 %) bzw. doppelseitige (70–80 %) Schwellung der Parotis
    • Dauer 3–8 Tage
  • Beteiligung der submandibulären bzw. der sublingualen Speicheldrüsen bei 10–15 %
  • Komplikationen
    • ZNS-Beteiligungen: Manifestieren sich meist 4–5 Tage nach Parotitis, Dauer 7–10 Tage (können auch einziges Symptom sein).
      • männliche Erkrankte häufiger betroffen
      • Pleozytose bei bis zu 50 %
      • Enzephalitis bei 1 % (Mortalität 1,5 %)
      • aseptische Meningitis bei 1–10% (ohne Spätfolgen)
      • transiente Hochfrequenztaubheit bei ca. 4 %
      • persistierende unilaterale Taubheit (1:20.000)
    • Orchitis bei jugendlichen oder erwachsenen Männern (selten präpubertär): Manifestiert sich normalerweise 4–8 Tage nach der Parotitis, Dauer 1–2 Wochen.
      • in 15–30 % der Fälle (davon 15–30 bilateral)
      • testikuläre Atrophie bei 40–70 %
      • abnormes Spermiogramm bei 25 %
      • Sterilität selten
    • Mastitis
      • bei erwachsenen Frauen in bis zu 30 %
    • Oophoritis
      • bei erwachsenen Frauen in bis zu 5 %
    • Pankreatitis
      • 4 % der Fälle
    • weitere Komplikationen: Nephritis, Arthritis, Anämie, Myokarditis

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Fieber und Unwohlsein sind bei jüngeren Kindern in der Regel variabel und eher schwach.
  • Entzündung der Glandula parotis 
    • Beide Drüsen können gleichzeitig betroffen sein, aber am häufigsten zeigen sich die Symptome auf der einen Seite 1–3 Tage, bevor sie auf der anderen Seite auftreten.
    • In seltenen Fällen kann sich die Schwellung der einen Parotisdrüse bereits zurückgebildet haben (7 Tage oder weniger), bevor die andere Seite anschwillt.

Andere Organmanifestationen

  • Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen und Lethargie sind Indikatoren für eine Meningitis oder eine Enzephalitis.
  • Hörverlust, meist einseitig, bei einigen Patient*innen auch Schwindel
  • Hodenschwellungen und Schmerzen in den Hoden (bis zu 70 % einseitig) sind Anzeichen für eine Orchitis.
  • Brustentzündungen (Mastitiden) kommen bei ca. 1/3 der erkrankten erwachsenen Frauen vor.
  • Schmerzen im Unterbauch können auf eine Eierstockentzündung (Oophoritis), die in ca 5 % der erkrankten Frauen vorkommt, hinweisen.
  • Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und Erbrechen können auf eine Pankreatitis hindeuten. Es wird auch von Pankreatitis-Fällen nach der Impfung berichtet.

Ergänzende Untersuchungen

  • Insbesondere bei geimpften Personen ist die Labordiagnostik (Serologie und PCR) für den Nachweis der Mumps-Erkrankung unerlässlich.

Serologie1

  • IgM-Antikörper (ELISA) nur bei ungeimpften Personen zur diagnostischen Sicherung einer akuten Mumps-Erkrankung
    • bereits in den ersten Tagen nachweisbar
    • falsch positive Ergebnisse möglich
    • bei Geimpften ist IgM häufig nicht nachweisbar.
    • evtl. erneute Serologie nach 10–14 Tagen zum Nachweis einer akuten Infektion durch Antikörperanstieg

RT-PCR1

  • Eindeutige Diagnostik
    • aus Rachenabstrich oder Urin
    • Probeentnahme innerhalb 7 Tage nach Symptombeginn

Weitere Laboruntersuchungen

  • Leukopenie mit relativer Lymphozytose oder manchmal neutrophiler Leukozytose
  • Es können erhöhte CRP- und BSG-Werte auftreten.
  • Die Serum-Amylase kann sowohl mit als auch ohne klinische Pankreatitis erhöht sein.

 Liquor

  • Eine Liquor-Pleozytose zeigt eine ZNS-Befall an, dies kommt bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen vor.

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei Verdacht auf Entwicklung einer Enzephalitis sollten die Patient*innen ins Krankenhaus eingewiesen werden.
  • Bei Orchitis Überweisung an Urologie

Therapie

Therapieziel

  • Symptome lindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Es gibt keine wirksame antivirale Therapie gegen das Mumpsvirus.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Eine Kühlung der Glandula parotis kann die Beschwerden lindern.

Medikamentöse Therapie

  • Nur symptomatische Therapie der Parotitis
  • Paracetamol oder Ibuprofen zur Fiebersenkung und Schmerzlinderung

Behandlung von Komplikationen

  • Aseptische Meningitis
    • symptomatische Therapie
  • Orchitis
    • Das Skrotum kann mit einem Tuch angehoben und mit Eisbeuteln gekühlt werden.
    • evtl. Steroide
    • Möglicherweise sind der Einsatz starker Schmerzmittel wie Kodein oder eine Injektion mit 10–20 ml Procainlösung (1 %) in den Samenleiter (beim Leistenring) notwendig.
    • In schweren Fällen kann ein Einschnitt in die Tunica notwendig sein.
  • Pankreatitis
    • symptomatische Therapie
    • bei Bedarf parenterale Flüssigkeitstherapie
  • Eierstockentzündung
    • symptomatische Therapie

Mumps in der Schwangerschaft

  • Bei Mumps während der Schwangerschaft besteht kein erhöhtes Risiko für angeborene Fehlbildungen und keine erhöhte Abortrate.1

Meldepflicht gemäß IfSG

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an Mumps sowie gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis des Mumpsvirus, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.
  • Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.

Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Keine Tätigkeit in oder Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen bei Verdacht auf Mumps und bei Mumps
    • Auch nicht für ungeimpfte Kontaktpersonen, bis eine Infektion ausgeschlossen ist (nach 18 Tagen).
  • Wiederzulassung nach Abklingen der klinischen Symptome, jedoch frühestens 5 Tage nach dem Beginn der Mumpserkrankung
  • Nach ärztlichem Urteil soll eine Weiterverbeitung der Erkrankung nicht mehr zu befürchten sein.
  • Eine mündliche Bestätigung ist ausreichend, das RKI empfiehlt eine schriftliche Bescheinigung zur Absicherung aller Beteiligten.

Impfung/Prävention

  • Der Mumps-Impfstoff ist ein Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Mumpsviren.
    • Die Effektivität der Mumps-Impfung beträgt nach einer einmaligen Impfung 78 % (95 % KI: 49–92 %) und nach einer zweimaligen Impfung 88 % (95 % KI: 66–95 %).1
    • In Deutschland liegt er als kombinierte Impfung mit Masern, Röteln und Varizellen vor (MMR- oder MMRV-Vakzine).
    • Die Erstimpfung erfolgt im Alter von 11 Monaten, die Zweitimpfung im Alter von 15 Monaten.4
    • Eine zweimalige MMR-Standardimpfung für Erwachsene sollte bei allen nach 1970 geborenen ungeimpften bzw. in der Kindheit nur einmal geimpften Personen älter als 18 Jahre oder nach 1970 geborenen Personen älter als 18 Jahre mit unklarem Impfstaus nachgeholt werden – vor allem, wenn sie beruflich in der Gesundheitsversorgung, in Gemeinschaftseinrichtungen oder Ausbildungseinrichtungen tätig sind.1
    • Bei Frauen ist für jede der 3 Impfstoffkomponenten (M-M-R) eine zweimalige Impfung erforderlich.4
      • Bei Männern ist für die Masern- und Mumps-Impfstoffkomponente eine zweimalige Impfung erforderlich, zum Schutz gegen Röteln reicht eine einmalige Impfung aus. 
  • Eine vollständige Grundimmunisierung mit 2 Impfungen schließt eine Mumps-Erkrankung nicht vollständig aus.1
  • Lebendimpfungen sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.
  • Siehe auch TrainAMed Impfen (Uni Freiburg).

Postexpositionsprophylaxe

  • Eine passive Immunisierung mit Immunglobulinen wird aufgrund fehlender Wirksamkeit nicht empfohlen.1
  • Postexpositionelle Impfung bisher ungeimpfter bzw. nur einmal geimpfte Personen möglichst sofort nach Kontakt1
    • Die Impfung kann eine Infektion nicht verhindern, sie dient nur zum Schutz bei zukünftigen Expositionen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Inkubationszeit1
    • 16–18 Tage (12–25 Tage sind möglich)
  • Ansteckungsfähigkeit: am größten 2 (bis max. 7) Tage vor bis 4 (bis max. 9) Tage nach Erkrankungsbeginn1
  • Der gesamte Verlauf dauert in der Regel 7–10 Tage.

Komplikationen

  • Die Komplikationen bei Mumps treten in der Regel nach der Parotitis auf, können aber schon vor der Schwellung beginnen und auch ohne manifeste Entzündung der Glandula parotis auftreten.3,5
  • Komplikationen sind im Abschnitt Anamnese dargestellt.

Prognose

  • Die Prognose ist in der Regel gut, und Folgeerkrankungen sind relativ selten.
  • Sterilität nach Orchitis ist sehr selten.
  • In sehr seltenen Fällen tödlicher Ausgang nach einer Enzephalitis
  • Die Krankheit führt in der Regel zu lebenslanger Immunität.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Video

Illustrationen

Mumps-2.0.jpg
Vergrößerte Halslymphknoten bei Mumps
Mumps-1.0.jpg
Mumps

Quellen

Literatur

  1. Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Mumps. Stand 23.07.21 (letzter Zugriff am 22.03.2022). www.rki.de
  2. Defendi GL. Mumps. Medscape, last updated Apr 2014. reference.medscape.com
  3. Gupta RK, Best J, MacMahon E. Mumps and the UK epidemic 2005. BMJ 2005; 330: 1132-5. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2022 Epid Bull 2022;4:3-66. www.rki.de
  5. Dejucq N, Jegou B. Viruses in the mammalian male genital tract and their effects on the reproductive system. Microbiol Mol Biol Rev 2001; 65: 208-31. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Marlies Karsch, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

Zusammenfassung

  • Definition:Mumps wird durch eine Infektion mit dem Mumpsvirus (Paramyxovirus) verursacht und ist durch eine akute Schwellung der Glandula parotis, evtl. auch der Glandula submandibularis und der Glandula sublingualis gekennzeichnet.
  • Häufigkeit:Die Erkrankung tritt seit der Einführung der MMR-Impfung selten auf.
  • Symptome:Unwohlsein, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit, die 1–2 Tage anhalten, bis die Entzündung der Glandula parotis sichtbar wird.
  • Befunde:Schwellung der Glandula parotis, die 75 % der Krankheitsbilder kennzeichnet.
  • Diagnostik:Weitere Untersuchungen sind in der Regel nicht erforderlich.
  • Therapie:Es gibt keine wirksame antivirale Therapie gegen das Mumpsvirus. Die MMR-Impfung wirkt präventiv.
B26; B260; B261; B262; B263; B268; B269
parotitt; kusma; paramyxovirus; fåresyge; d71 påssjuka; Påssjuka
D71
Mumpsvirus; Mumps-Infektionen; Paramyxovirus; Schwellung der Glandula parotis; Parotitis epidemica; MMR-Impfung; Meningitis; Enzephalitis; Orchitis
Mumps
DDD MK 20.10.2020 aktueller Impfkalender. TrainAMed-Video eingefügt 25.6.19 UB
BBB MK 22.03.2022 revidiert, umgeschrieben und aktualisiert. Aktuelle Impfempfehlungen. MK 10.01.17
document-disease document-nav document-tools document-theme
Definition:Mumps wird durch eine Infektion mit dem Mumpsvirus (Paramyxovirus) verursacht und ist durch eine akute Schwellung der Glandula parotis, evtl. auch der Glandula submandibularis und der Glandula sublingualis gekennzeichnet.
Pädiatrie
Mumps
/link/7d984d13f70b45ccab84b730b5324e3d.aspx
/link/7d984d13f70b45ccab84b730b5324e3d.aspx
mumps
SiteDisease
Mumps
anders.skjeggestad@nhi.no
uanders@nhi.boos@gesinform.deno
de
de
de