Zusammenfassung
- Definition:Herpangina ist eine akute Halsentzündung verursacht durch verschiedene Coxsackie-Viren.
- Häufigkeit:Am häufigsten in der Altersgruppe unter 4 Jahren.
- Symptome:Häufige Symptome sind Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und hohes Fieber sowie Beschwerden beim Schlucken.
- Befunde:Orales Enanthem mit Papeln/Vesikeln und Ulzera. 1‒2 mm große Papeln, die sich allmählich zu Bläschen entwickeln, lokalisiert am weichen Gaumen, an der Uvula, den Gaumenbögen und evtl. den Tonsillen.
- Diagnostik:Zusatzuntersuchungen sind nicht nötig.
- Therapie:Es handelt sich um eine selbstlimitierende Krankheit, eine spezifische Behandlung ist nicht indiziert.
Allgemeine Informationen
Definition
- Eine Herpangina ist eine akute Halsentzündung mit Fieber sowie Papeln und Bläschen im weichen Gaumen, Uvula und vorderen Gaumenbögen, ggf. auch der Tonsillen.
- Es handelt sich um eine Virusinfektion, die vor allem bei Kindern auftritt und ungefährlich und selbstlimitierend ist.
Häufigkeit
- Herpangina kommt meist in der Altersgruppe unter 4 Jahren vor, doch die Erkrankung kann auch bei Neugeborenen, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftreten.
- Im Sommer ist sie am häufigsten.
Ätiologie und Pathogenese
- Häufige Ursache sind Gruppe-A-Coxsackieviren (A1 bis 6, 8, 10 und 22), aber die Krankheit kann auch durch die Coxsackie-Viren B, EV 71 oder andere Enteroviren verursacht werden.1
- Ansteckung
- hohe Kontagiosität, meist unter Kindern
- Die auslösenden Viren verbreiten sich fäkal-oral oder direkt (oral-oral) bei einer akuten Erkrankung.
- Die Inkubationszeit beträgt 2–9 Tage.
- Fieber besteht in der Regel für 1–4 Tage.
ICPC-2
- R74 Infektion obere Atemwege, akute
- S71 Herpes simplex
ICD-10
- B08.5 Vesikuläre Pharyngitis durch Enteroviren
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Fieberhafte Erkrankung mit charakteristischen 1‒2 mm großen Bläschen, die ulzerieren können, am weichen Gaumen, an der Uvula, den Gaumenbögen oder den Tonsillen.
- Die Vesikel platzen nach ca. 24 Stunden auf und hinterlassen gelblich-weiße Ulzera, die von einem Erythem umgeben sind.
Differenzialdiagnosen
- Hand-, Fuß- und Mundexanthem (Hand-Fuß-Mund-Krankheit)
- orales Enanthem auf der Zunge und im vorderen Teil der Mundhöhle + Exanthem
- Gingivostomatitis herpetica
- Aphthöse Stomatitis
- Streptokokken-Tonsillitis
- Mononukleose
- Herpes simplex
- Andere virale Pharyngitis
Anamnese
- Typischerweise beginnt eine Herpangina mit einem schnellen Fieberanstieg auf ca. 40 °C.
- Andere häufige Symptome sind Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.
- Papeln und Bläschen am weichen Gaumen, an der Uvula, den Gaumenbögen und ggf. den Tonsillen unterscheiden diese von anderen Virusinfektionen.
- Ältere Kinder können über Kopfschmerzen und Rückenschmerzen klagen. Einige erleben Appetitlosigkeit, Übelkeit und Bauchschmerzen.
Klinische Untersuchung
- Schleimhautveränderungen, Hyperämie und 1‒2 mm große Papeln, die sich über 24 Stunden zu Blasen entwickeln, lokalisiert am weichen Gaumen, an der Uvula, den Gaumenbögen und evtl. den Tonsillen.
- Die Bläschen platzen und bilden gelblich-weiße, von rotem Saum umgebene Ulzera.
- In der Regel bildet sich das Enanthem nach 3‒5 Tagen zurück. Bei einer Sekundärinfektion kann es jedoch auch länger dauern.
- Die Lymphknoten im vorderen Teil des Halses können vergrößert sein.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Herpangina ist eine klinische Diagnose, und es ist nur selten zusätzliche Diagnostik erforderlich.
- Das Virus kann durch eine Kultur eines Halsabstrichs festgestellt werden (zeitaufwendig).
- Es gibt auch Verfahren zum direkten Nachweis durch PCR in Proben aus Hals/Rachen oder Stuhl oder bei schwereren Erkrankungen aus Blut, Urin oder Zerebrospinalflüssigkeit.
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Keine indiziert
Indikationen zur Überweisung
- Normalerweise nicht nötig
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Herpangina ist eine selbstlimitierende Erkrankung, bei der eine spezifische Behandlung nicht indiziert ist.
- Symptomlindernde Behandlung2
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- körperliche Schonung
- Rauchen und Rauchexposition vermeiden.
- Fiebersenkung mit Wadenwickeln
- nicht-medizinische Lutschtabletten
- Medikamentöse Lutschtabletten, die Lokalanästhetika und/oder nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) enthalten.
- Die Anwendung von Lutschtabletten, Gurgellösungen und Rachensprays, die Antiseptika oder lokale Antibiotika enthalten, wird wegen konzentrationsabhängiger Zytotoxizität nicht empfohlen.
- Zur Schmerzlinderung können kurzzeitig Ibuprofen oder Naproxen angeboten werden.
Empfehlungen für Patient*innen
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Sich ausruhen.
- Befeuchtung der Umgebungsluft
- Rauchen und Rauchexposition vermeiden.
- Gurgeln mit Salzwasser
- Gurgeln mit Tee (Salbei, Kamille etc.)
- Heiße Zitrone
- Nichtmedizinische Bonbons lutschen.
- Halswickel
- Ggf. fiebersenkende Mittel
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Herpangina ist eine mild verlaufende und selbstlimitierende Krankheit.
- Die Läsionen verheilen in der Regel innerhalb von 3‒5 Tagen.
Komplikationen
- Komplikationen sind sehr selten.
- Sehr selten können Infektionen mit Enteroviren (EV) 71 zu Enzephalomyelitis führen.3
Prognose
- Gut
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Halsschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-010. S3, Stand 2020. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln/Tonsillitis, Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-024. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln / Tonsillitis, Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-024, Stand 2015 www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Halsschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-010, Stand 2020. www.awmf.org
- Tsai JD, Kuo HT, Chen SM, et al. Neurological images and the predictors for neurological sequelae of epidemic herpangina/hand-foot-mouth disease with encephalomyelitis. Neuropediatrics. 2014; 45: 102-8. PMID: 24258524 PubMed
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).