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Methanolvergiftung

Zusammenfassung

  • Definition:Methanol wird im Körper abgebaut zu Formaldehyd und weiter zu Ameisensäure, die eine metabolische Azidose hervorruft und zu einer dauerhaften Schädigung der Augen sowie Organversagen führen kann.
  • Häufigkeit:Die Vergiftung ist insgesamt sehr selten, häufig treten mehrere Fälle gleichzeitig auf, wenn mehrere Menschen methanolhaltige Spirituosen getrunken haben.
  • Symptome:Die Symptome treten spätje nach aufgenommener Menge verzögert in Erscheinung,. frühestensIm 15–20Durchschnitt 24 Stunden nach der Einnahme kommt es zu Hyperventilation und Sehstörungen. Weitere Symptome sind Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen.
  • Befunde:Klinische Befunde sind Bewusstseinstrübung und Hyperventilation von unterschiedlichem Ausmaß.
  • Diagnostik:Die diagnostisches Tests bestehen in der Messung des Serum-Methanols und des Säure-Basen-Haushalts, die eine metabolische Azidose anzeigen.
  • Therapie:In der Frühphase Aspiration des Mageninhaltes, Therapie der Azidose, evtl. Gabe des Antidots Fomepizol, ggf. auch Folinsäure, womöglich ist eine Hämodialyse durchzuführen.

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Allgemeine Informationen

Definition

  • Akzidentelle oder beabsichtigte Einnahme und Absorption von Methanol (Holzgeist) in Mengen, diekann zu einerschwerwiegenden VergiftungVergiftungserscheinungen führen.
  • Methanol ist eine farblose, flüchtige und leicht entzündliche Flüssigkeit mit einem schwachen, stechenden Geruch. Der Geruch ist schwer wiederzuerkennen und von Ethanol nicht zu differenzieren.
  • Für die Prognose ist eine frühzeitige Diagnose und Therapie von entscheidender Bedeutung.1

Häufigkeit

  • Sehr selten
  • Es gibt immer wieder Massenvergiftungen, wenn methanolhaltigen Spirituosen in Umlauf geraten oder von Gruppen konsumiert werden.2
  • Im Rahmen der Covid-19-Pandemie kam es weltweit zu einer großen Zahl an Methanolvergiftungen, u. a. durch die Einnahme von Desinfektionsmittel.3
  • 2011 wurden in Deutschland 21 Krankenhausbehandlungen wegen akuter Methanolvergiftung registriert.2

Ätiologie und Pathogenese

  • Methanol ist Bestandteil verschiedener Stoffe wie Frostschutzmittel oder in Treibstoff für Modellautos und -flugzeuge enthalten und.4
  • Zudem kann aucher selbstgebranntemalkoholhaltigen AlkoholGetränken beigemischtzugemischt sein, meist als Folge unsachgemäßer Herstellung.5
  • ErDie wirdAufnahme leichterfolgt durch Ingestion, Inhalation oder über die Haut absorbiert, durch Einatmen und über den Darm.5
  • Die Rauschwirkung von Methanol ist schwächer als die von Ethanol.3

Pathophysiologie

  • Abbau
    • 30–60  % des aufgenommenen Methanols wird unverändert wieder abgeatmet.3
    • Erfolgt mithilfe von Alkoholdehydrogenase in der Leber zu Formaldehyd (HWZ <  1  min) und weiter zu Ameisensäure – die Ameisensäure ist der schädliche Metabolit.1,3
    • Der Abbau läuft mit 25 mg/kg/h langsamer als bei Ethanol (175 mg/kg/h), verläuft aber schneller als die Elimination der Ameisensäure.3
    • Es dauert 15–2472 Stunden, bevor ausreichend Ameisensäure akkumuliert wurde, um erste Symptome wie Hyperventilation (als Kompensation der Azidose) und Sehstörungen zu verursachen.4
  • Bei Kombination von Ethanol und Methanol
    • Ethanol und Methanol konkurrieren um dasselbe Abbauenzym (Alkoholdehydrogenase), jedoch hat Ethanol eine höhere Affinität.
    • DieDaher bewirkt die gleichzeitige Ethanolgabe wird sich daher günstig auswirken, da hierdurch die BildungEinnahme von AmeisensEthanol eine abgeschwäurechte verzögertWirkung wirddes Methanols.4
  • Exponierte Bereiche
    • Am stärksten gefährdet sind die Sehnerven und das Putamen (Basalganglien).
    • Eine Schädigung führt zu Optikusatrophie und/oder parkinsonoiden Symptomen von Parkinson.4-5
  • Letale Dosis
    • Die letale Dosis liegt bei 30–200  ml (ca. 1  g/kg  KG), Erblindung bereits nach 4–15  ml.5
    • Die letale Methanolkonzentration wird mit 100–250  mg/100  ml Blut angegeben.3 
  • Wird Methanol nicht abgebaut, scheidet der Körper es unverändert über den Urin und die Atemluft mit einer Halbwertszeit von gut 48–54 Stunden aus.1

Prädisponierende Faktoren

  • Folsäuremangel führt zu gehemmtem Abbau von Ameisensäure.
  • Berufliche Exposition (siehe Berufskrankheiten)

ICPC-2

  • A86 Toxischer Effekt nichtmedizinischer Substanz
  • P16 Akuter Alkoholmissbrauch

ICD-10

  • X4-Vergiftung, Verätzung und weitere Effekte toxischer Substanzen als Folgen eines Unfalls.
  • T51.1 Toxische Wirkung von Methanol

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Der Kardinalbefund bei einer Methanolvergiftung ist eine metabolische Azidose mit hoher Osmolalitäts- und Anionenlücke.

Differenzialdiagnosen

  • Vergiftung durch ein anderes Agens
  • Beeinflussung des ZNS durch eine andere Ursache

Anamnese

  • Die Symptome treten je nach aufgenommener Menge oft erst spät in Erscheinung. Im Schnitt liegen 24 Stunden zwischen Aufnahme und Symptombeginn, ein deutlich frühestensherer 15–20oder Stundenspäterer nachSymptombeginn derist Einnahmeallerdings kommtebenfalls es zu Hyperventilation und Sehstmörungenglich.4
    • Liegt eine kombinierte Einnahme von Methanol und Ethanol vor, kann es bis zu mehrerenmehrere Tagen nach der EinnahmeTage dauern, bevor Symptome auftreten.
  • Zumeist werden Sehstörungen berichtet.
  • Weitere Symptome sind Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen; Hyperventilation und Bauchschmerzen.4-5
  • In den schwersten Fällen kommt es zu neurologischen Ausfällen (meist parkinsonoid), Blindheit, Koma, Krämpfen und Atemstillstand.
  • Die Rauschwirkung von Methanol ist viel schwächer als die von Ethanol.

Klären Sie mMögliches Risikoverhalten ababklären

  • Ein absichtlicher Konsum wird möglicherweise aus Schamgefühl verschwiegen, eine adäquate Anamneseerhebung ist daher essenziell.
  • Einnahme: Menge, zeitlicher Rahmen, ist die Person durch die Einnahme enthemmt?
  • Hat die Person zusätzlich Medikamente oder Drogen eingenommen? Was und wie viel?
  • Können weitere Personen betroffen sein?
  • Hat die entsprechende Person ein chronisches Alkoholproblem? Diese PatientenPatient*innen vertragen mehr Methanol, bevor Vergiftungserscheinungen auftreten.
  • Zu einer Vergiftung kann es auch bei Tätigkeiten in der Industrie kommen, und zwarggf. durch transdermale Aufnahme überoder die HautInhalation.

Klinische Untersuchung

  • UnterschiedlicheKurz nach der Aufnahme zeigen sich ggf. keinerlei Auffälligkeiten.
  • Im weitern Verlauf treten auf:
    • unterschiedliche Grade der Bewusstseinstrübung
    • Hyperventilation
      • Zählen. Sie die Atemfrequenz genau.
      • Die typische „Kussmaul-Atmung“ ist erst in späteren Stadien zu beobachten (Anzeichen für eine Azidose).
    • Evtl. Bradykardie, Hypotension
    • Evtl. Druckstellen/Hinweise auf langes Liegen
    • Evtl. Koma, Zyanose

    Ophthalmoskopie

    • Eingeschränkte direkte/indirekte Pupillenreaktion auf Licht
    • Hyperämie der Netzhaut begleitet von einer Entzündung
    • Unscharfe Papillengrenzen ohne Protrusion der Papille (Pseudopapillitis)

    Ergänzende Untersuchungen

    In der Hausarztpraxis

    • Keine indiziert

    Im Krankenhaus – Blutuntersuchungen

    • Säure-Basen-Haushalt (Blutgasanalyse)
    • Elektrolyte
    • CK (Kreatinkinase)
    • Glukose
    • Kreatinin/GFR
    • Harnstoff
    • Serumosmolalität (s. u.)
    • Blutwerte für Amylase und evtl. Lipase im Hinblick auf die Entwicklung einer Pankreatitis
    • Methanolbestimmung im Blut (und Urin)
      • Wird nur in größeren Krankenhäusern vorgenommen.
    • Serum-Ethanol

    Berechnung der Osmolalitäts- und Anionenlücke

    • Durch Berechnung der Osmolalitäts- und Anionenlücke kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Diagnose Methanol- oder Ethylenglykolvergiftung gestellt werden.
    • Sowohl Osmolalitäts- als auch Anionenlücke sind bei Methanolvergiftung erhöht.
    • Ausnahmen
      • Bereits lange bevor der Abbau des Methanols begonnen hat, weisen die Patienten eine große Osmolalitäts- (viel Methanol), normale Anionenlücke (wenig Ameisensäure) und eine geringe Azidose auf.
        • Solchen Patienten geht es in der Regel nicht besonders schlecht.
      • In späteren Stadien, wenn das gesamte Methanol abgebaut wurde, ist der Wert für die Osmolalitätslücke normal, während die Anionenlücke groß ist (viel Ameisensäure).
        • Diesen Patienten geht es meist sehr schlecht.

    Urinprobe

    • Methanol in Urin
    • CK und Myoglobin (Rhabdomyolyse)

    Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen

    • Bei schweren Vergiftungen kann im Verlauf ein CCT indiziert sein.
      • So können charakteristische Veränderungen der Basalganglien entdeckt werden, etwa eine Nekrose.
    • Evtl. MRT

    Indikationen zur Krankenhauseinweisung

    Therapie

    Therapieziel

    • Die Wirkung des Methanols weitestgehend begrenzen.

    Allgemeines zur Therapie

    • Eine Methanolvergiftung ist ein geflebensgefährlicher Zustandhrlich, der schnelle Diagnosesicherung und Behandlung erfordertsind erforderlich.1

    Strategie

    • Mit der Behandlung muss inmöglichst der Regel vor Stellung der Diagnosefrühzeitig begonnen werden.
    • Brechmittel
      • Die Verwendung von Emetika ist obsolet.2
    • Magenspülung
      • Ist angezeigt, wenn weniger als 2 Stunden seit der Einnahme einer großen Menge vergangen sind.
      • Aktivkohle bindet keine signifikanten Methanolmengen und wird deshalb nicht empfohlen.
    • Korrektur der Azidose
      • Mitggf. NatriumhydrogencarbonatGabe durchgeführtvon und eingangs die wichtigste Maßnahme neben der Unterstützung vitaler Funktionen wie Atmung und Kreislauf.
      • Hämodialyse trägt auch dazu bei, den pH-Wert zu normalisieren.Natriumhydrogenkarbonat4
    • Andere Behandlungsprinzipien2
      • HemmungMit dem Antidot Fomepizol steht ein wirksamer Ihibitor der AlkoholdehydrogenaseAlkoholdehydrogenause unterzur Verwendung von Fomepizol
        • Hat die frVerfüher praktizierte Gabe des ebenfalls toxischen Ethanols abgelöstgung.1,4
        • Die frühzeitige Gabe kann die Hämodialyse ersetzen.
      • Je nach klinischem Zustand kann die Hämodialyse auch parallel begonnen werden.

    Medikamentöse Therapie im Krankenhaus

    Korrektur von Azidose, Hypoglykämie, Krämpfen

    • Infusion mit Natriumhydrogencarbonat
      • Die Dosierung richtet sich nach Ausprägung der metabolischen Azidose.
      • Außerhalb eines Krankenhauses kann z. B. 1 mval/kg KG (1 ml/kg KG 8,4 %) intravenös bei ausgeprägter Kussmaulatmung verabreicht werden.
    • Eine Hypoglykämie sollte korrigiert werden.
      • Bolusdosis mit 10–25 ml Glukose 40 % je nach Blutzuckerwert
    • Krampfanfälle sollten mit Benzodiazepinen, z. B. Lorazepam behandelt werden 

    Antidota, Fomepizol

    • Immer Kontakt zum Giftinformationszentrum/Giftnotruf aufnehmen!
    • Fomepizol (4-Methylpyrazol, Antizol)
      • Ist ein wirksamer Inhibitor der Alkoholdehydrogenase ohne die Nebenwirkungen des Ethanols und die damit verbundenen Dosierungsprobleme.1
      • Hemmt die Bildung toxischer Metaboliten.
      • Der Wirkstoff wurde zur Behandlung von Vergiftungen mit sowohl Methanol als auch Ethylenglykol eingesetzt.1
      • Die Behandlung kann ohne Messung der Serumwerte und auch während der Dialyse durchgeführt werden.
      • In Deutschland ist Fomepizol allerdings nicht für diese Indikation zugelassen (Off-Label-Use) .
      • Wegen seiner kompetetiven Enzymhemmung wird ebenfalls Ethanol zur Behandlung eingesetzt, was aber eine weniger günstige Wirkung-Nebenwirkung-Relation aufweist.54
    • Einstellung der Ethanolgabe
      • Fomepizol hemmt auch den Abbau von Ethanol. Die evtl. Ethanolgabe muss daher beim Übergang zu Fomepizol eingestellt werden.
    • Wirkung
      • Bietet eine sichere Dosierung, ist effektiver als Alkohol, verursacht nur wenige Nebenwirkungen, ist aber relativ teuer.
      • In Verbindung mit Hämodialyse wird durch die Gabe von Fomepizol deutlich seltener intensivmedizinische Behandlung erforderlich, und die Verweildauer der Patienten verkürzt sich signifikant.
    • Dosierung
      • Jede Einzeldosis muss mit NaCl 0,9 % oder Glucose 5 % auf 100–200 ml Gesamtvolumen verdünnt und über 45 min infundiert werden.5
      • Startdosis 15 mg/kg gefolgt von einer Dosierung von 10 mg/kg alle 12 Stunden, 4-mal insgesamt
        • später falls erforderlich 5–15 mg/kg alle 12 Stunden
      • Kann auch oral bei gleicher Dosierung verabreicht werden.
      • andere Dosierung bei Dialyse je nach Plasmakonzentration

    Ethanol-Infusion oder p. o. (wenn Fomepizol nicht verfügbar ist)

    • Vorteile von Ethanol
      • niedrige Kosten, einfache Verfügbarkeit und gute Wirkung
    • Ethanolmenge
      • Die Wirkung des Ethanols auf den Abbau von Methanol hängt von den relativen molaren Konzentrationen ab. Viel Methanol erfordert viel Ethanol und umgekehrt.
      • Aus praktischen Gründen wird in der Regel eine therapeutische Ethanolkonzentration von 1 g/l (22 mmol/l; 1 ‰) empfohlen.
    • Nachteile
      • Als schwierig erwiesen bei den Patienten hat sich die konstante Aufrechterhaltung einer entsprechenden Ethanolkonzentration, insbesondere bei paralleler Dialyse.
      • Zur Berechnung der in den unterschiedlichen Situationen zu gebenden Ethanolmenge gibt es einfache Formeln, zudem kann Ethanol auch der Dialyseflüssigkeit zugesetzt werden.
      • Weitere Nachteile der Ethanolbehandlung sind, dass die Patienten unruhiger und die Behandlung schwieriger zu handhaben werden.
      • In Einzelfällen kann die Ethanolgabe verantwortlich dafür sein, dass die Patienten beatmet werden müssen.
    • Praktische Durchführung der Therapie5
      • bei Methanolaufnahme von > 100 mg/kgKG oder Azidose
      • Eine Ampulle à 20 ml Ehtanol 95 % enthält 15 g Ethanol. Verabreichung als 5%ige Lösung, z. B. in NaCl 0,9 % langsam i. v.
        • Bei höher konzentrierter Lösung besteht Nekrosegefahr.
      • Beginn mit 600 mg/kgKG langsam über 10–20 min
      • Anschließend 100 mg/kgKG/h als Erhaltungsdosis (Perfusor) 
      • Titriert werden sollte so, dass der Plasmaspiegel von etwa 1 ‰ für mindestens 48 Stunden gehalten wird oder bis kein Methanol mehr im Blut nachgewiesen werden kann.
      • bei Nichtverfügbarkeit peroral, z. B. bei 70 kg KG 100 ml Rum o. Ä. mit 50 Vol. % Ethanolgehalt

    Folsäure (Tetrahydrofolinat)6

    • Folsäure fördert den Abbau von Ameisensäure deutlich und kann somit die schädlichen Auswirkungen einer Methanolvergiftung verringern.
    • Es wird die intravenöse Gabe von 10 mg/d empfohlen.
    • Folsäure wird gegeben, bis Methanol und Ameisensäure nicht mehr vorhanden sind.

    Weitere Therapien

    • Überwachung und O2-Zufuhr
    • Mögliche Hypotonien werden durch Volumensubstitution (Infusionen) korrigiert.
    • Andere symptomatische Behandlung nach Bedarf

    Hämodialyse

    • Evtl. Rücksprache mit dem Giftinformationszentrum/Giftnotruf.
    • Die Hämodialyse entfernt sowohl Methanol und Ameisensäure effektiv und ist in den meisten Fällen einer Methanolvergiftung indiziert.
    • Eine Hämodialyse sollte in folgenden Fällen immer in Betracht gezogen werden:
      • Serum-Methanol > 0,5 g/l (0,5 ‰ oder 16 mmol/l)
      • bekannte Einnahme großer Mengen eines methanolhaltigen Produkts
      • schwere metabolische Azidose
      • frühzeitige Sehstörungen.
    • Die Dialyse sollte fortgeführt werden, bis die Azidose korrigiert ist und Methanol nicht mehr im Blut nachgewiesen werden kann oder Serum-Methanol < 0,2 g/l (0,2 ‰ oder 6,4 mmol/l).
    • Kann die Methanolkonzentration im Blut nicht kontinuierlich kontrolliert werden, sollte die Hämodialyse mindestens 8 Stunden laufen. Bei anhaltender Azidose  auch länger. Bei erneuter Azidose soll eine abermalige Dialyse erwogen werden.

    Prävention

    • Es sollte sichergestellt werden, dass sich methanolhaltige Flüssigkeiten außerhalb der Reichweite von Kindern befinden. Flaschen sollte gekennzeichnet sein, damit Methanol und Ethanol nicht verwechselt werden.

    Verlauf, Komplikationen und Prognose

    Verlauf

    • Am häufigsten mit einer Latenzzeit von 12–24 Stunden vor dem Ausbruch der Symptome.5
      • Die gleichzeitige Einnahme von Ethanol verlängert die Latenzzeit.3
      • Bei schweren Vergiftungen können schwere Symptome früher auftreten.
    • Symptomverlauf
      • anfänglich leichter Rausch
      • anschließend Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Übelkeit, sich allmählich einstellende Sehstörungen (Nebelsehen, Farbsehstörungen), variable neurologische Symptome, evtl. diffuse Bauchschmerzen und Atemnot, Lungen-/Hirnödem, weite, lichtstarre Pupillen
      • später dann Krämpfe und schließlich Atemlähmung

    Komplikationen

    Prognose

    • Der Grad der Azidose ist für den Ausgang entscheidend.
    • PatientenPatient*innen mit Krampfanfällen, Koma und schwerer metabolischer Azidose (pH < 7) haben eine schlechte Prognose.1
    • Unbehandelt führt Methanolvergiftung zu bleibenden Sehstörungen, zu KollapsKreislaufversagen und Koma bis hin zum Tod.
    • Schäden der Basalganglien können zu einem parkinsonähnlichen Krankheitsbild führen.
    • Die Letaldosis wird meist mit 1  g/kg  KG (30–200  ml) angegeben.
    • Erblindung kann bereits nach 4–15  ml auftreten.4-5
    • Eine frühe und adäquate Behandlung einer Methanolvergiftung kann Spätfolgen verhindern.

    Verlaufskontrolle

    • Vor der Klinikentlassung sollten die PatientenPatient*innen abhängig von den Komplikationen von einem Augenarztaugenärztlich und Neurologenneurologisch untersucht werden.

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Quellen

    Literatur

    1. Sivilotti MLA, Winchester JF:. Methanol and ethylene glycol poisoning. Wolters Kluwer 2017; UpToDate, last updated Dec 05, 2016. www.uptodate.com
    2. Müller D, Desel H. Common causes of poisoning— etiology, diagnosis and treatment.. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(41): 690-700. doi:10.3238/arztebl.2013.0690 DOI
    3. BeneckeWuchty B, Perneczky J, BeneckeSellner M, Eckert K-G, Erber B, Golly IC, Kreppel H, Liebl B, Mückter H, Reichl F-X, Szinicz L, Zilker TJ. TaschenatlasMethanolintoxikation: ein Kollateralschaden der ToxikologieCOVID-19-Pandemie: SubstanzenAkute und chronische neurologische Komplikationen der Methanolvergiftung, Wirkungenin: psychopraxis. neuropraxis. 2021;24(4):238–41 www.ncbi.nlm.nih.gov
    4. Rietjens SJ, Umwelde Lange DW, Meulenbelt J. GeorgEthylene Thiemeglycol Verlag, Stuttgart, New York: Franz-Xaver Reichl, 2002.
    5. Barceloux DG, Bond GR, Krenzelok EP, Cooper H, Vale JA. American Academy of Clinical Toxicology practice guidelines on the treatment ofor methanol poisoning.intoxication: which antidote should be used, fomepizole or ethanol? Neth J Toxicol Clin Toxicol 2002; 40: 415 - 46Med. 2014 Feb;72(2):73-9 PubMedpubmed.ncbi.nlm.nih.gov
    6. BöhmerAshurst SJV, BöhmerNappe R, Hess T, Jäger G, Schneider T, Szabanowski T, Wolcke BTM. TaschenatlasMethanol RettungsdienstToxicity. Naseweis2022 Verlag,Jun Ingelheim21. In: BennoStatPearls Wolcke, 2011www. 
    7. Lüllmann H, Mohr K, Wehling Mncbi. Pharmakologie und Toxikologie- Arzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzennlm. Thieme Verlag, Stuttgart, New York: Heinz Lüllmann, 2003nih. gov

    AutorenAutor*innen

    • LutzBonnie MittlerStahn, Dr. med., FacharztFachärztin für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Suchtmedizin, Freiburg i. Br.Hamburg
    • IngardDie Løgeursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, spesialist i allmennmedisin og universitetslektor, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
    • Dag Jacobsen, Chief, Surveillance Abteilung Medical Division, Ullevål Hospital, Oslo https://legehandboka.no/).
T511; X4-Vergiftung,
intoksikasjon; Metanolforgiftning
A86; P16
Formaldehyd; Methanol; Holzgeist; Ameisensäure; Ethanol; Methanolvergiftung; Ethylenglykolvergiftung; Antidota; Fomepizol; Folsäure; Tetrahydrofolinat; Metabolische Azidose; Sehstörungen; Hyperventilation; Fomepizol; Ethanol-Infusion
Methanolvergiftung
DDD MK 21.03.2019, Berufskrankheit eingefügt Giftnotrufzentralen eingefügt 8.1.19
BBB MK 17.07.2023 revidiert und auf hausärztlich relevante Informationen zusammengekürzt. MK 24.02.17
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Definition:Methanol wird im Körper abgebaut zu Formaldehyd und weiter zu Ameisensäure, die eine metabolische Azidose hervorruft und zu einer dauerhaften Schädigung der Augen sowie Organversagen führen kann.
Erste Hilfe/Notfallmedizin
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