Befunde:Zeichen für infizierte Wunde: Rötung, Schwellung, Überwärmung, Schmerzen, Funktionseinschränkung.
Diagnostik:Beurteilung der Ausbreitung und Tiefe der Verletzung sowie der involvierten Strukturen. Ergänzend ggf. Bildgebung.
Therapie:Reinigung der Wunde, Wunddébridement, Entfernung von Fremdkörpern, bei sauberen Wunden innerhalb von 6–8 h primärer Wundverschluss. Ggf. Auffrischung Tetanusschutz. Bei infizierten Wunden ggf. Antibiose.
Allgemeine Informationen
Definition
Definition Wunde: Trennung des Gewebezusammenhanges an äußeren/inneren Körperoberflächen mit oder ohne Gewebeverlust1
Je nach Art und Ausmaß werden folgende Verletzungen unterschieden:2
Beispiel Schnittverletzung: Mit was geschnitten? Wurde mit dem Messer vorher anderes Material (insbesondere Fisch, Fleisch) geschnitten?
Zeitpunkt der Verletzung
Tetanus-Impfstatus intakt?
Klinische Untersuchung
Infektionszeichen
Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerzempfindlichkeit
Lymphangitis (roter Streifen in der umgebenden Haut)
Anzeichen von Sepsis: Fieber, Schüttelfrost, beeinträchtigter Allgemeinzustand
Stichverletzung, infiziert
Beurteilung der Schäden
Größe und Tiefe der Wunde
involvierte Strukturen, insbesondere Nerven, Blutgefäße und Sehnen
Testung von Motorik, Sensibilität und Durchblutung distal der Verletzung
Indikationen zur Überweisung
Kleinere Haut- und Weichteilverletzungen können konservativ in der Hausarztpraxis behandelt werden.
Bei Verdacht auf schwere oder infizierte Verletzungen Überweisung an Chirurg*in
Unverzügliche Einweisung ins Krankenhaus bei Verdacht auf Sepsis
Diagnostik bei Spezialist*innen
Röntgen zum Ausschluss von Frakturen oder Fremdkörpernachweis in Wunden
Sonografie zur Beurteilung des Ausmaßes des Weichteilschadens, bei Gefäß- oder Sehnenverletzungen
Angiografie bei klinischem Verdacht auf Gefäßverletzung
Gewebeprobe für mikrobiologische Erregerdiagnostik bei infizierten Wunden
Inflammationsparameter (BSG, Leukos, CRP) und Blutkulturen bei V. a. systemische Infektion
Therapie
Therapieziele
Blutstillung
Wundheilung
Vermeidung von Infektionen
Erhalt der Funktion von umgebenden Gelenken
Allgemeines zur Therapie
Saubere Wunden können innerhalb der ersten 6–8 Stunden nach der Verletzung mittels primärer Wundnaht verschlossen werden.4
Bei Wunden mit erhöhtem Risiko einer Sekundärinfektion ist von einer primären Wundnaht abzusehen (z. B. Bissverletzungen).
Gut durchblutetes Gewebe ist die wesentliche Voraussetzung zur Vermeidung von Infekten, deswegen sollte avitales Gewebe möglichst vollständig entfernt werden.
Je nach Verletzungsmechanismus sollte abgeklärt werden, ob sich in der Wunde noch Fremdkörper befinden können.
Unter Lokalanästhesie kann eine gründliche Exploration der Wunde sowie ggf. ein Débridement vorgenommen werden.
Wundreinigung
S1-Leitlinie: Wunden und Wundbehandlung im Kindesalter1
Primäre Wundversorgung von oberflächlichen Wunden
Wund- und Umgebungsreinigung, z. B. mit NaCl 0,9 % oder Octenidin (Cave: bei verletzter Haut Octenisept, um Brennen zu vermeiden! Anm. d. Red.)
Cave: bei Spülung unter Druck mit Octenidin Gefahr der aseptischen Nekrose!
Bei stark verschmutzten Wunden (z. B. mit Steinchen) vorsichtige Reinigung
nicht mit der Metallbürste o. Ä., da Gefahr der Keimeinschleppung
Gewebekleber bei Wunden,
deren Wundränder nicht unter Spannung stehen.
die nicht stark verschmutzt sind.
die nicht infiziert sind (+ keine Bisse).
die nicht gelenkübergreifend sind.
die gut adaptierbar und nicht stark blutend sind.
Cave: bei Gewebekleber in Augennähe Gefahr der Weichteilnekrose!
Medikamentöse Therapie
Personen mit unzureichendem Tetanusschutz benötigen eine Auffrischimpfung und ggf. eine passive Immunisierung mit Immunglobulinen.5
Adäquate Schmerzmedikation
z. B. Ibuprofen 600 mg 1–0–1
Cave: kein ASS wegen erhöhter Blutungsgefahr der Wunde!
Bei akuten Wunden, die bereits infiziert erscheinen oder ein hohes Risiko dafür bergen (u. a. Bissverletzungen, offene Frakturen), sollte die Vorstellung bei Chirurg*innen erfolgen und in Zusammenarbeit mit Spezialist*innen eine Entscheidung über die Antibiotikagabe gefällt werden.
In der Regel erfolgt der Einsatz von Antibiotika, die besonders gegen grampositive Erreger (Hautkeime wie S. aureus, z. B. Amoxicillin/Clavulansäure) wirksam sind oder über eine gute Gewebegängigkeit (z. B. Clindamycin) bei tiefen Verletzungen verfügen.
Chirurgische Behandlung
Primärer Wundverschluss
Bei sauberen Wunden, die nicht älter als 6–8 Stunden sind, mit Wundnaht.
bei oberflächlichen, kleinen Wunden ggf. Steristrips
Kein primärer Wundverschluss bei Wunden mit erhöhtem Risiko einer Sekundärinfektion
Stark kontaminierte Wunden sollten wie oben im Leitlinienkasten angegeben gereinigt werden.
Weichteilverletzungen ohne Hautverletzungen
Durch einen Schlag, Stoß oder durch ein Verdrehtrauma (Distorsion) können Weichteilschäden entstehen, ohne dass die Haut durchtrennt wird.
Es entsteht ein Hämatom, je nach Ausmaß spricht man von einer Prellung, Kontusion, Quetschung oder Zerrung.
Bei geringfügigeren Verletzungen reicht eine Behandlung nach dem PECH-Schema aus:
Pause, Eis, Kompression, Hochlagern.
Bei schwereren Verletzungen und Einblutungen kann es durch Zunahme des Gewebedrucks zu nachträglicher Nekrose der Haut kommen oder zu einem Kompartmentsyndrom. Hier sind eine rechtzeitige Hämatomausräumung, ein Débridement und/oder eine Dermatofasziotomie erforderlich.6
Narbenbehandlung
Um die Narbenentstehung günstig zu beeinflussen, können geschlossene Wunden massiert und Narbenpflegeprodukte verwendet werden.
z. B. tägliches Einreiben der Narbe mit Wund- und Heilsalbe (Dexpanthenol)
Entstellende Narben können exzidiert werden.
Hypertrophe Narben können darüber hinaus z. B. mit Kryotherapie, Druckbehandlung, Microneedling oder Laserbehandlung verbessert werden.7
Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Wunden und Wundbehandlung im Kindesalter. AWMF-Leitlinie Nr. 006–129. S1, Stand 2021. www.awmf.org
Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide). AWMF-Leitlinie Nr. 013-030. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Unterschenkelschaftfraktur. AWMF-Leitlinie Nr. 012-018. S1, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V.. Wunden und Wundbehandlung im Kindesalter. S1, AWMF-Leitlinie Nr. 006-120. Stand 2021. www.awmf.org
Mutschler, Kohn, Pohlemann. Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. 3., vollständig überarbeitete Auflage 2013. Thieme Verlag Stuttgart, S. 373ff.
Fuchs S, Abendroth J, Klement A. Prellungen, Zerrungen, Wunden ... Behandlung häufiger Verletzungen. Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (3) Seite 58-64. www.allgemeinarzt-online.de
Klement A, Wübbeler M. Akute Hautwunden versorgen. Eine hausärztliche Aufgabe. Der Allgemeinarzt, 2010; 32 (12) : 16-18. www.allgemeinarzt-online.de
Ständige Impfkommission. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epid Bull 2017; 34: 333-80. doi:10.17886/EpiBull-2017-044 edoc.rki.de
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Unterschenkelschaftfraktur. S1, AWMF-Leitlinie Nr. 012-018. Stand 2017. www.awmf.org
Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide). AWMF-Leitlinie Nr. 013-030. Stand 2020. www.awmf.org
Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Trennung des Gewebezusammenhanges an äußeren/inneren Körperoberflächen mit oder ohne Gewebeverlust. Häufigkeit:Häufiger Konsultationsgrund in Hausarztpraxis.