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Nasenbeinfraktur

Zusammenfassung

  • Definition: Bruch des knöchernen Nasenskeletts.
  • Häufigkeit: Häufigste Gesichtsfraktur, gehäuft Männer betroffen.
  • Symptome: Schmerzen, Schwellung und ggfsggf. Blutung und Deformität der Nase nach Trauma.
  • Befunde: Schwellung, ggfsggf. Schiefstand der Nase.
  • Diagnostik: Klinische Diagnose bei Schiefstand der Nase, abnormer Beweglichkeit im knöchernen Abschnitt sowie Krepitation bei Palpation. Bei klinischer Unsicherheit und therapeutischer Konsequenz direkt Schnittbildgebung (Röntgen mit sehr geringer Aussagekraft). 
  • Therapie: Bei einfachen nicht-dislozierten Frakturen spontane Abheilung. Bei einfachen dislozierten Frakturen geschlossene Reposition. Bei komplexen Trümmerbrüchen operative, offene anatomische Rekonstruktion.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Bruch des knöchernen Nasenskeletts 1
  • KnDas knöchernescherne Nasengerüst besteht nicht nur aus Nasenbein, sondern auch aus Processus frontalis des Oberkieferknochens und Processus maxillaris des Stirnbeins. 2
    • Daher ist der anatomisch korrekterkorrekte Begriff Nasengerüstfraktur.

Häufigkeit

  • Etwa 40 % der Frakturen im Gesichtsbereich sind Nasengerüstfrakturen.3
  • Alter und Geschlecht
    • Männer sind im Erwachsenenalter 3 × häufiger betroffen als Frauen. 4
    • Während ältere Menschen häufiger Trümmerfrakturen erleiden, weisen Kinder selbst bei starker Schwellung nur selten dislozierte Frakturen auf. 1

Klinische Anatomie

  • Die Nase ist anfällig für Verletzungen, weil sie der am stärksten exponierte Teil des Gesichts ist.
  • Das knöcherne Nasengerüst aus Os nasale, Processus frontalis der Maxilla sowie Processus maxillaris des Os frontale bildet den kranialen Anteil der Nase.
    • Das Os nasale hat eine durchschnittliche Länge von 8–33 mm. 1-2
  • Nach kaudal und ventral schließen sich knorpelige Anteile an, welchedie die Form der Nase bedingen und die Nasenscheidewand bilden.

Ätiologie und Pathogenese

  • Ursächlich für Nasengerüstfrakturen ist in der Regel ein direktes Trauma der Nase.
  • Die meisten Frakturen bei Erwachsenen entstehen bei Schlägereien, Unfällen und durch Sportverletzungen. 5
  • Bei Kindern und Frauen mit Nasengerüstfrakturen sollte eine körperliche Misshandlung ausgeschlossen werden.

ICPC-2

  • L76 Fraktur, andere

ICD-10

  • S02.2 Nasenbeinfraktur

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Klinisch sichere Zeichen einer Nasengerüstfraktur sind Schiefstand der Nase, abnorme Beweglichkeit im knöchernen Abschnitt und fühlbares Knirschen bei der Palpation (Krepitation). 1
  • Konventionelle seitliche Röntgenaufnahme sind wenig aussagekräftig, sodass bei klinisch unsicherer Diagnose direkt CT oder digitale Volumentomografie erfolgen solltesollten. 1
    • Hierbei ist zudem eine Beurteilung einer möglicherweise begleitenden zentralen Mittelgesichtsfraktur möglich.

Anamnese

  • Genaue Beschreibung des Traumas
    • Zeitpunkt
    • Pathomechanismus
      • Welche Art von Trauma, z. B. Faust, Ball oder Sturz auf Kante?
      • Aus welcher Richtung kam das Trauma?
      • Mit welcher Kraft erfolgte der Aufprall auf die Nase?
      • Durch diese Anamnesefragen ist eine Klassifikation der Fraktur möglich.
  • Begleitumstände
    • Beibei Schlägereien oft Alkohol- oder Drogenkonsum
      • RelevantDies ist relevant für die Beurteilung von neurologischen Defiziten nach Kopftrauma sowie für die Wahl von Schmerzmitteln oder anderen Medikamenten.
  • Behinderte Nasenatmung?
  • Riecheinschränkungen?
    • Hinweis auf Fraktur im Bereich der vorderen Schädelbasis bzw. des
      Siebbeindaches 1
  • Vorherige Verletzungen oder Operationen der Nase?

Klassifikation der Frakturen nach Verletzungsmechanismus 1

  • Einteilung nach Mathog und Simmen
    • Typ I: Impressionsfraktur der seitlichen Nasenflanke des Nasengerüstes als Folge einer seitlichen Gewalteinwirkung (Typ „Billard-Queue-Verletzung")
    • Typ II: Mehrfachfraktur als Folge einer frontolateralen Gewalteinwirkung; die Nasenpyramide ist zur gewaltabgewendeten Seite abgekippt (Typ „Faustschlag").
    • Typ III: Frontale Gewalteinwirkung mit Septumfraktur und Nasenmuschelabriss (Typ „Lenkradaufprall")
    • Typ IV: von kaudal nach kranial oder dorsal gerichtete und auf die Nasenspitze einwirkende Gewalt mit Bruch der knöchern-knorpeligen Verbindung zur Lamina perpendicularis sowie begleitendem Septumhämatom (Typ "Sturz auf Kante")

Klinische Untersuchung

Allgemeine Überlegungen

  • Bei Verletzungen mit hoher Gewalteinwirkung, z. B. Verkehrsunfällen, sollte aktiv nach Begleitverletzungen gesucht werden.
    • u. a. Halswirbelsäule, Fraktur von anderen (Mittel-)Gesichtsknochen, Verletzung von Zähnen oder Augen
    • Überprüfung der Atemwege

Beurteilung der Nase

  • Inspektion
    • Sichtbare Deformität der Nase?
    • Nasenbluten?
    • Schwellung?
    • Hämatom des Nasenseptums?
    • Austreten von Liquor aus Nase oder Ohren?
  • Palpation
    • Knöchernes Nasengerüst fest?
    • Krepitationen?
  • Funktionsprüfung
    • Malokklusion der Zähne?
    • Augenbewegungen und LichreagibilitLichtreagibilität der Pupillen
    • Beurteilung des kognitiven Zustands und des Bewusstseins
    • Nasenatmung
      • Einfache – einfache Prüfung mithilfe des nasalen Atembeschlagtests: 1
        • Spiegel oder Blech wird unter Nasenlöcher von Patient*in gehalten.
        • Zeigt das Nasenblech („Nasenspiegel") nach Glatzel bei der Ausatmung einen seitengleichen Atembeschlag, kann keine erhebliche Behinderung vorliegen.
    • Dokumentation
      • Ausaus rechtlichen Gründen (Unfall, Misshandlung, Überfall) exakte Dokumentation der Verletzungen, ggfsggf. auch mit Foto

    Weitere UntersuchungenDiagnostik bei Spezialist*innen

    Innere Untersuchung der Nase

    • Beurteilung von u. a. Nasenseptum, Nasenmuscheln und unteren Nasengängen beidseits mit Nasenspekulum und Kopflampe, ggfsggf. auch Endoskop
    • Entfernung von Blutgerinnseln, welchedie die Atmung behindern, und ggfsggf. Blutstillung.

    Bildgebung

    • Schnittbildgebung
      • Bei klinischer Unsicherheit sollte gleich, ohne vorheriges Röntgen, eine CT oder digitale Volumentomografie erfolgen. 1-2
      • Gleiches gilt bei Verdacht auf eine Fraktur von Gesichtsknochen oder Unterkiefer, Liquorrhö, Malokklusion oder Störungen der extraokulären Beweglichkeit. 6
    • Röntgen
      • Liefert oft sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse, da die nicht-verknöcherten Suturen zwischen den Gesichtsknochen fehlgedeutet werden. 2
      • Daher wird heutzutage in der Regel auf Röntgen verzichtet und im Falle einer notwendigen Bildgebung direkt Schnittbildgebung veranlasst. 1-2

    Indikationen zur Überweisung/EinweisungKlinikeinweisung

    • Bei Verdacht auf Nasenbeinfraktur oder Septumhämatom Überweisung an HNO.
      • Vorabvorab kein Röntgen notwendig.
    • Bei schwerem Trauma, (z. B. Schlag mit hartem Gegenstand ins Gesicht,) oder Begleiterscheinungen wie Malokklusion, Liquorrhö oder Störungen der Augenbeweglichkeit Einweisung inins Krankenhaus zur Diagnostik und Therapie von möglichen Begleitverletzungen.
    • Bei Arbeits-, Schul- oder Wegeunfall Vorstellung bei D-Arzt/Ärztin.

    Therapie

    TherapiezielTherapieziele

    • Wiederherstellung derDie Nasenfunktion (Atmung und Riechvermögen) wiederherstellen.
    • Vermeidung von kosmetischenKosmetische Einschränkungen (Nasenschiefstand) vermeiden.
    • VerhinderungKomplikationen von Komplikationenverhindern, wie z. B. Sattelnase bei nicht behandeltem Septumhämatom.

    Allgemeines zur Therapie

    • Unverschobene, stabile Frakturen heilen in der Regel ohne spezifische Therapie aus.
    • Bei Schiefstand der Nase Reposition des Nasengerüsts, in der Regel nach wenigen Tagen und Phase der ersten Abschwellung. 1
    • Bei offenen Wunden Tetanus-Impfstatus überprüfen.

    Einfache Fraktur

    • Unverschobene, einfache Frakturen heilen in der Regel von alleineallein aus.
    • Bei verschobenen, einfachen Frakturen erfolgt in der Regel eine geschlossene Reposition nach dem ersten Abschwellen, mit Wartezeit von bis zu 7 Tagen. 1
      • Zurzur Seite verschobenes Nasengerüst: durch Druck von lateral manuelle Reposition in die ursprüngliche Position, oft ohne Narkose
      • Eingedrücktes Nasengerüst: Nasengerüstaufrichtung von innen heraus mit Elevatorium (chirurgisches Instrument) in Narkose, da die Prozedur durch Kontakt mit Schleimhäuten äußerst schmerzhaft ist.

    Komplexe Fraktur

    • Bei komplexen Frakturen ist in der Regel eine operative, offene Reposition notwendig.
      • Klassischklassisch: Trümmerfrakturen bei älteren Patient*innen
    • Bei offenen Frakturen ist zudem eine antibiotische Prophylaxe notwendig.

    Septumhämatom

    • Ein Septumhämatom ist unmittelbar durch Spezialist*in zu entlasten, da durch den Druck des Koagels auf den Septumknorpel eine Nekrose droht. 1
      • Mmögliche Folgekomplikation: Sattelnase

    Verlauf, Komplikationen und Prognose

    Verlauf

    • Nach wenigen Tagen lässt die Schwellung nach, und der Befund erscheint meist deutlich weniger dramatisch als der initiale Eindruck. 1

    Komplikationen

    • Sattelnase bei nicht adäquat behandeltem Septumhämatom
    • Kosmetische Entstellung mit psychischen Begleiterscheinungen (selten) 2
    • Behinderte Nasenatmung
    • Eingeschränktes Riechvermögen
      • Traumatischtraumatisch nicht durch Nasengerüstfraktur alleineallein möglich, sondern nur durch begleitende Fraktur im Bereich der vorderen Schädelbasis bzw. des
        Siebbeindaches 1

    Prognose

    • Bei adäquater Behandlung ist die Prognose gut.

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Illustrationen

    Nasengerüstfraktur mit Nasenschiefstand.png
    Frische disloszierte Nasengerüstfraktur mit Nasenschiefstand (Quelle: Wikipedia)

    Quellen

    Literatur

    1. Michel O. Nasengerüstfrakturen erkennen und zielführend versorgen. HNO Nachrichten 2021; 51: 34-41. link.springer.com
    2. Brusis T, Michel O. Aus der Gutachtenpraxis: Zur Begutachtung von Nasengerüstfrakturen. Laryngorhinootologie 2020; 99(10): 724-30. www.thieme-connect.com
    3. Kucik CJ, Clenney T, Phelan J. Management of acute nasal fractures. Am Fam Physician 2004; 70: 1315-20. PubMed
    4. Naujokat H, Sengebusch A, Wiltfang J. Traumatologie des Gesichtsschädels – eine aktuelle Orientierung. Notfallmedizin up2date 2019; 14(4): 397-409. www.thieme-connect.com
    5. Erdmann D, Follmar KE, Debruijn M, et al. A retrospective analysis of facial fracture etiologies. Ann Plast Surg 2008; 60: 398. pmid:18362568 PubMed
    6. Avery LL, Susarla SM, Novelline RA. Multidetector and three-dimensional CT evaluation of the patient with maxillofacial injury. Radiol Clin North Am 2011; 49: 183. pmid:21111135 PubMed

    Autor*innen

S022
Nesebrudd; nesefraktur; nesefractur; septalt hematom; fractura nasi
L76
Nasenbruch; Nasengerüstfraktur; Nasenfraktur; Gesichtsverletzung; Gebrochenes Nasenbein; Reposition der Nase; Locus Kiesselbachi; Nasendeformation; Septumhämatom
Nasenbeinfraktur
BBB MK 23.02.2022 revidiert und umgeschrieben. 01.03.16. Generell revisjon i forb. med Deximed oversettelse. Revision at 12.03.2013 12:59:57: Revidert i henhold til Medibas. Revision at 01.11.2011 20:39:58: Gjennomlesning. chck go 13.7.
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Definition: Bruch des knöchernen Nasenskeletts. Häufigkeit: Häufigste Gesichtsfraktur, gehäuft Männer betroffen. Symptome: Schmerzen, Schwellung und ggfsggf. Blutung und Deformität der Nase nach Trauma.
Hals/Nase/Ohren
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