Definition: Zustand erhöhten Drucks innerhalb einer Muskelloge, der die Durchblutung und Funktion des mit Faszien umschlossenen Gewebes kompromittiert.
Häufigkeit: Häufige Komplikation bei Frakturen des Unterschenkels.
Symptome: Initial Vernichtungsschmerz durch Ischämie, später Parästhesien und Paresen.
Untersuchung: Dehnungsschmerz der betroffenen Muskulatur, Sensibilitätsausfälle und motorische Ausfälle der betroffenen Nerven.
Diagnostik: Kombination aus Klinik sowie intrakompartimenteller Druckmessung.
Therapie: Schnellstmögliche Fasziotomie, bei chronischem Kompartment initial konservativer Therapieversuch durch Sportkarenz und Dehnen.
Allgemeine Informationen
Definition
Zustand erhöhten Drucks innerhalb einer Muskelloge, der die Durchblutung und Funktion des mit Faszien umschlossenen Gewebes kompromittiert.1
Auftreten überall möglich, wo Kompartiment (Muskelloge) vorhanden ist.
Kompartiment wird durch Knochen sowie Muskelfaszien begrenzt.
Unter- und Oberarm, Hand, Ober- und Unterschenkel, Fuß, Abdomen und Gesäß2
Die häufigsten betroffenen Lokalisationen sind die distalen oberen und unteren Extremitäten.3
Notfall, der unbehandelt zu Ischämie und Nekrose führt.2
Chronisches Logensyndrom als Überlastungsschaden bei Sportlern möglich
Häufigkeit
In deutschen Kliniken werden pro Klinik im Median jeweils 5–10 akute Kompartmentsyndrome pro Jahr behandelt.4
69 % aller Kompartmentsyndrome sind mit einer Fraktur assoziiert.1
Unterschenkelfrakturen sind für 2–12 % aller Kompartmentsyndrome verantwortlich.1
„Klassischer" Anfangspunkt der Dysästhesien am Unterschenkel ist der erste Interdigitalraum am Fuß durch erhöhten Gewebedruck in der Loge des M. tibialis anterior, in dem der N. peronaeus profundus verläuft.12
Pain with passive stretch (Dehnungsschmerz)
Dehnung der involvierten Muskulatur schmerzhaft
Paresis (Parese).
Bei 3 positiven Befunden liegt die Wahrscheinlichkeit für ein akutes Kompartmentsyndrom bei 93 %, bei 4 positiven Befunden 98 % Wahrscheinlichkeit.13
Periphere Pulse bleiben in aller Regel tastbar und sprechen somit nicht gegen das Vorhandensein eines Kompartmentsyndroms.12
Leitlinie: Notwendige Kontrollen bei Unterschenkelschaftfraktur14
Bei Unterschenkelschaftfraktur Ausschluss eines Kompartmentsyndroms und wiederholte Kontrollen
in den ersten 24 Stunden 3-stündliche Kontrollen:
auf zunehmenden starken Schmerz
Palpation der Muskulatur
Überprüfung der Großzehenfunktion und der Sensibilität an Fußrücken und Fußsohle, Raum zwischen 1. und 2. Zehe
Dehnungsschmerzen (Prüfung an Großzehen).
Chronisches Muskellogensyndrom
Druckschmerzhafte, verspannte Muskulatur, besonders nach Belastung
Laboruntersuchung
Entzündungsreaktion durch Trauma führt zu Anstieg der Leukozyten, BSG und CRP.15
CK (Kreatininkinase) > 2.000 U/l Warnzeichen für relevanten Muskelschaden und mögliche Kompartmententstehung16
Urinprobe: Myoglobinurie als Folge von Rhabdomyolyse
Kontrolle der Nierenretentionsparameter
Gefahr der Crush-Niere bei Rhabdomyolyse
Bildgebung
Bildgebende Maßnahmen können ein Kompartmentsyndrom nicht darstellen.1
nur zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen, z. B. Duplex-Sonografie bei V. a. TVT sinnvoll
Druckmessung
Kontinuierliche intrakompartimentelle Überwachung bei allen Risikopatienten empfohlen9
Bei Tibiafrakturen Sensitivität von 94 % und Spezifität von 98 % für frühzeitiges Erkennen eines akuten Kompartmentsyndroms5
Der am häufigsten genannte Grenzwert für ein akutes Kompartmentsyndrom beträgt 30 mmHg (Differenz aus diastolischem Blutdruck minus den intrakompartimentellen Druck).15
Bei V. a. ein chronisches Kompartmentsyndrom kontinuierliche Druckmessung vor, während und nach Belastung (z. B. auf Laufband)
erhöhte Druckwerte direkt nach Belastung im Vergleich zu gesunden Probanden17
Indikationen zur ÜberweisungKlinikeinweisung
Bei Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom sofortige stationäre Einweisung
Therapie
Therapieziele
Entlastung des Kompartiments und Reperfusion, bevor dauerhafte Schäden eintreten.
Allgemeines zur Therapie
Unbehandelt führt ein akutes Muskellogensyndrom zu Muskelischämie und nach 6–8 h zu irreversibler Muskelnekrose.9
Die Therapie ist abhängig von der Ursache der Druckerhöhung.
bei Zunahme des Muskellogenvolumens durch z. B. Ödem oder Blutung schnellstmögliche chirurgische Fasziotomie
bei externem Druck Entfernung des einengenden Materials, z. B. Gipsverband
Akutes Muskellogensyndrom
Initiale Maßnahmen bei Verdacht auf ein akutes Muskellogensyndrom18
Vermeidung einer Hypotension
Entfernung aller Verbände
Lagern der betroffenen Extremität auf Herzhöhe
Hochlagern kontraindiziert, weil dadurch auch der arterielle Fluss abnimmt.
Fasziotomie
Sobald die Diagnose eines akuten Kompartmentsyndroms gestellt und eine von extern einengende Ursache ausgeschlossen ist, sollte schnellstmöglich – innerhalb von maximal 2 Stunden – eine Fasziotomie erfolgen.19
Postoperative Behandlung
Sekundärer Wundverschluss nach Fasziotomie 1–5 Tage postoperativ empfohlen19
Amputation
Bei > 8 Stunden andauerndem Muskellogensyndrom und nicht vorhandener Muskelfunktion in neurologisch intakter Extremität Amputation in Betracht ziehen.3
Chronisches Muskellogensyndrom
Konservative Therapie
Muskeldehnung vor körperlicher Aktivität kann Beschwerden reduzieren.10
Sportkarenz
Beschwerden treten jedoch in der Regel nach Aufnahme der körperlichen Aktivität wieder auf.20
Sportkarenz wird von vielen Athleten zudem häufig nicht toleriert.
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Autoren
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, redaktør NEL
Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo
T796
kompartmentsyndrom; Muskellosjesyndrom; compartment; volkmann s kontraktur
L99
Kompartmentsyndrom; Erhöhrter Muskellogendruck; Erhöhter Druck innerhalb einer Muskelloge; Unterschenkelfraktur; Akutes Logensyndrom; Fasziotomie; Volkmann-Kontraktur
Muskellogensyndrom / Kompartmentsyndrom
U-MK 30.04.2019
BBB MK 02.04.2020, umfassend überarbeitet, akt. LL und Lit. berücksichtigt.
Revision at 16.07.2013 13:29:47:
Revidert i henhold til Medibas og BestPractice. Spredte tilføyelser vedr. definisjon, forekomst, etiologi, sykehistorie, terapi, observasjon, prognose.. Chck go 6.5.
Definition: Zustand erhöhten Drucks innerhalb einer Muskelloge, der die Durchblutung und Funktion des mit Faszien umschlossenen Gewebes kompromittiert. Häufigkeit: Häufige Komplikation bei Frakturen des Unterschenkels.
Orthopädie/Unfallchirurgie
Muskellogensyndrom
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muskellogensyndrom
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Muskellogensyndrom
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