Mädchen im Alter von 14 Jahren, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist und die sekundären Geschlechtsmerkmale fehlen: Brustwachstum, Schamhaare und Wachstumsschub.1-2
Mädchen im Alter von 16 Jahren, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist, während die sekundären Geschlechtsmerkmale ausgebildet sind.3
Mädchen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist.4
Pubertät
Während der Pubertät finden körperliche Veränderungen statt, die in Tanner-Stadien angegeben werden können.5
Der normale Menstruationszyklus ist ein komplexes Zusammenwirken von Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse und Uterus/Vagina.
Jede Störung dieses Zusammenwirkens kann eine Amenorrhö auslösen.
Verweigerung von kalorienreicher Nahrung, gestörte Körperwahrnehmung, Minderwertigkeitsgefühl, Hyperaktivität in Form von u. a. sehr hoher Trainingsintensität
Charakteristisch sind Antriebslosigkeit, Kälteintoleranz, Muskelschmerzen, erhöhter Schlafbedarf, Gewichtszunahme (gewöhnlich mäßig), Verstopfung, Schwindel, Parästhesie, Haarausfall und undeutliche Stimme.
Klinische Befunde können trockene und kalte Haut, trockenes Haar und Spliss, spröde und dünne Nägel, periorbitale Ödeme, Bradykardie, langsame Sehnenreflexe und psychomotorische Trägheit sein.
Laboruntersuchungen zeigen erhöhte TSH- und niedrige FT4-Werte.
Ein Anstieg von Prolaktin (PRL) führt zu Störungen in der GnRH-Ausschüttung, was wiederum zu niedrigen FSH- und LH-Werten führt. Durch niedrige Gonadotropine verringert sich die Ovarialfunktion und damit auch die Produktion von Östradiol.
Bei vielen Frauen ist Amenorrhö das einzige Symptom, aber es treten auch Galaktorrhö (30 %), verringerte Libido, Scheidentrockenheit und Osteoporose (im späten Stadium) auf.
Bei Makroadenomen (>1 cm) können Störungen der anderen Hypophysenachsen, Beeinträchtigung benachbarter Strukturen (z. B. N. opticus) und damit neurologischen Symptome, wie Kopfschmerzen/Visusstörungen auftreten.11
Eine Schwangerschaft sollte ausgeschlossen werden. Bei einer Schwangerschaft vergrößert sich die Hypophyse um 100 %, und es können Symptome eines vorher asymptomatischen Tumors auftreten.
Hormonuntersuchungen zeigen hohes PRL (> 4- bis 6-Fache der Norm)3, normales/niedriges FSH, LH und Östradiol.
DD (milde) Hyperprolaktinämie: Hypothyreose, Medikamente (z. B. Neuroleptika), Stimulation der Brustwarzen
Medikamentöse Therapie mit Dopaminagonisten, vorzugsweise wird Cabergolin, alternativ Bromocriptin oder Quinagolid eingesetzt. Spricht der Tumor nicht auf die medikamentöse Behandlung an, ist ein chirurgischer Eingriff indiziert.11
Gonadendysgenesie
Angeborene Fehlentwicklung oder fehlenden Anlage der Gonaden
Bei komplettem Funktionsausfall kommt es zu Stranggonaden und ein weiblicher Phänotyp mit Scheide und Uterus entwickelt sich. Allerdings bleibt die Brustentwicklung aus.
Dies geschieht auch bei männlichem Karyogramm, da Testosteron zur Ausbildung der männlichen Geschlechtsorgane fehlt und kein testikuläres Anti-Müller-Hormon die Uterusentwicklung verhindert.3
FSH ist hoch, PRL ist normal und der Östrogenspiegel ist niedrig.
Eine Müller-Gang-Anomalie mit fehlender Vagina und fehlendem Uterus bei der Geburt oder ein rudimentär ausgebildeter Uterus sind die Ursache von 15 % der Fälle einer primären Amenorrhö.12
Vermutlich liegt die Ursache in der embryonalen Aktivierung des Anti-Müller-Hormons, das eine Fehlbildung des weiblichen Genitaltrakts verursacht.8,13
Die Patientin kann unter zyklischen Bauchschmerzen leiden, wenn Endometriumgewebe in einem rudimentären Uterus vorhanden ist, und es kann zu Mittelschmerz und Brustempfindlichkeit kommen.
Die sekundären Geschlechtsmerkmale sind normal entwickelt.
Nierenfehlbildungen (40 %), skeletale Fehlbildungen (10–12 %) oder Störungen des Gehörs können mit dem MRKH-Syndrom assoziiert sein.6
Die Erkrankung kann bei einer gynäkologischen Untersuchung oder über Ultraschall/MRT entdeckt werden.
FSH und PRL sind normal.
Um eine komplette Androgenresistenz (Karyotyp: 46,XY) auszuschließen, muss eine Karyotypbestimmung durchgeführt werden.9
Hymenalatresie oder vertikales Vaginalseptum
Hymenalatresie: vollständiger Verschluss der Vaginalöffnung6
Ein vertikales Vaginalseptum kann auf verschiedenen Höhen in der Vagina liegen und kann im Rahmen eines Syndroms entdeckt werden.6
Beide Befunde führen zu monatlichen Bauchschmerzen, aber das Menstruationsblut kann nicht abfließen.14
Es kommt zu Hämatokolpos (Blut in der Vagina), Hämatometra (Blut im Uterus) und später Hämatosalpinx (Blut in den Eileitern) und Hämoperitoneum (Blut in der Bauchhöhle).
Die sekundären Geschlechtsmerkmale sind normal entwickelt.
Die chirurgische Resektion des Septums bzw. Exzision des Hymens sind Therapie der Wahl.6
Diese Gonadendysgenesie tritt bei 1 von 2.500 neugeborenen Mädchen auf.15
Das Syndrom kennzeichnet sich durch das Fehlen eines X-Chromosoms, der Karyotyp ist 45,X0; unvollständige Formen (Mosaik-Typus) können auftreten.
Typische klinische Erscheinungsformen sind Kleinwuchs, kurzer Hals, hoher Gaumen, weiter Mamillenabstand, Cubitus valgus (unvollständig streckbarer Ellenbogen) und kurze Mittelhand- und Mittelfußknochen.
Die Pubertät setzt spät ein, und sekundäre Geschlechtsmerkmale fehlen.
Die Intelligenz ist normal.
Die FSH- und LH-Werte sind hoch, der Östrogenspiegel ist niedrig.
Durch die Karyotypbestimmung wird die Diagnose bestätigt.
Komplette Androgenresistenz
Die Erkrankung tritt selten auf. Der Karyotyp ist 46,XY.
Der Zustand wird auch Morris-Syndrom genannt.
Es besteht eine komplette Androgenresistenz, da ein Androgenrezeptordefekt vorliegt.16
Die Brüste sind entwickelt, aber der Warzenhof ist blass.
Der Schambereich und die Achselhöhlen sind nicht behaart.
Die Vagina ist aufgrund einer Aplasie im oberen Bereich verkürzt. Der Uterus fehlt.
Die Hoden liegen intraabdominell oder in der Leiste.3
Kallmann-Syndrom
Ist kennzeichnet durch Anosmie, Hypogonadismus und Östrogenausfall.17
Es besteht ein hypogonadotroper Hypogonadismus aufgrund eines Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH)-Mangels durch Genmutation.
Häufigste gynäkologisch-endokrinologische Störung (Prävalenz ca. 5–10 %, bei Frauen mit Oligo-/Amenorrhö 40 %)
Patientinnen weisen einen Hirsutismus, Akne, biochemische Zeichen der Hyperandrogenämie (Testosteron erhöht, LH/FSH-Quotient > 2), eine Oligo-/Amenorrhö und sonografisch polyzystische Ovarien auf.
In ca. 50 % der Fälle besteht zudem eine Adipositas sowie eine Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie.
Die Therapie beinhaltet meist antiandrogene Ovulationshemmer, bei Insulinstoffwechselstörungen und/oder Adipositas ist eine Behandlung mit Metformin zu erwägen (Off Lable Use).
Gekennzeichnet durch primäre oder (meist) sekundäre Amenorrhö verbunden mit Hirsutismus und Akne
Ursächlich sind milde Enzymdefekte der adrenalen Steroidbiosynthese.
Testosteron ist erhöht.
Beim klassische AGS kommt es zur Ausbildung intersexueller Genitale, diese Variante macht sich bereits bei der Geburt durch eine Nebennierenrindeninsuffizienz bemerkbar.
Bei regelmäßigen, monatlichen Bauchschmerzen sollte gynäkologisch untersucht werden.
Hymenalatresie oder vaginale Aplasie sind seltene Erkrankungen und werden in einer gynäkologischen Untersuchung festgestellt.
Entwickelte Brust, aber keine Scham- und Achselbehaarung
Es könnte sich um eine Androgenresistenz handeln, d. h. die Patientin hat einen weiblichen Phänotyp, aber einen männlichen Karyotyp mit fehlendem Hodendeszensus.
Sind Hoden ausgebildet, sollen diese aufgrund des hohen Risikos einer malignen Transformation nach der Pubertät entfernt werden.14
Ergänzende UntersuchungenDiagnostik bei Spezialist*ininnen
Gynäkologische Untersuchung
Bei regelmäßigen, monatlichen Bauchschmerzen sollte gynäkologisch untersucht werden.
Hymenalatresie oder vaginale Aplasie sind seltene Erkrankungen und werden in einer gynäkologischen Untersuchung festgestellt.
Die Therapie einer primären Amenorrhö erfolgt in der gynäkologischen Praxis.
Wenn möglich kausale Therapie durchführen.
Ansonsten Therapie mittels hormoneller Therapie mit Östrogen und Gestagen wie bei der hormonellen Kontrazeption, nachdem andersweitig therapiebare Störungen und organische Ursachen ausgeschlossen wurden.10
Im Falle der Hymenalatresie oder bei vaginalen Septen erfolgt die chirurgische Sanierung.
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Autor*innen
Kristine Scheibel, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Norderney
Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
Erika Baum, Prof. Dr. med., Professorin für Allgemeinmedizin, Biebertal (Review)
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Es liegen unterschiedliche Definitionen vor:
Mädchen im Alter von 14 Jahren, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist und die sekundären Geschlechtsmerkmale fehlen: Brustwachstum, Schamhaare und Wachstumsschub.1-2
Mädchen im Alter von 16 Jahren, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist, während die sekundären Geschlechtsmerkmale ausgebildet sind.3
Mädchen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, bei denen noch keine Menstruation aufgetreten ist.4