Definition: Knochen- oder Gelenkinfektionen nach dem Einsetzen einer Prothese. Es werden 3 Kategorien von Infektionen unterschieden: Frühinfektion, verzögerte Infektion und Spätinfektion.
Häufigkeit: Ca. 1 % der Patienten, bei denen eine Prothese eingesetzt wurde, müssen aufgrund einer bakteriellen Infektion in der Prothesenumgebung erneut operiert werden.
Symptome: Die häufigsten Symptome sind Belastungs- und Ruheschmerzen sowie eingeschränkte Funktion bei spät einsetzenden Infektionen.
Befunde: Klinische Anzeichen einer Prothesenlockerung.
Diagnostik: Zur weiteren Diagnostik sind Gelenkpunktion (ggf. Blutkulturen) und Röntgen erforderlich.
Therapie: Eine prothesenerhaltende Behandlung wird bei postoperativer Frühinfektion oder hämatogener Spätinfektion angestrebt. Bei Spätinfektionen ggf. Entfernung und einzeitiger oder zweizeitiger Prothesenwechsel.
Allgemeine Informationen
Definition
Knochen- und Gelenkinfektionen nach dem Einsetzen einer Prothese1
Verursacht durch Bakterien, die während des chirurgischen Eingriffs an die Prothese gelangen, oder durch spätere hämatogene Streuung von Bakterien.
Eine schwere Erkrankung, denn die Prothese ist ein dauerhafter Ersatz eines zerstörten Gelenks. Wechseloperationen sind häufig problembehaftet.
Häufigkeit
Nach primärer Hüft- oder Knieprothesenimplantation beträgt das Infektionsrisiko 0,5–2 %.2
Ca. 1 % der Patienten, bei denen eine Prothese eingesetzt wurde, müssen aufgrund einer bakteriellen Infektion in der Prothesenumgebung erneut operiert werden.
Das Reinfektionsrisiko ist bei einer Revisionsprothese erhöht.2
Ätiologie und Pathogenese
Exogene Infektion, die perioperativ erworben wird (direkte Kontamination bei der Operation oder noch nicht verheilte Wunde postoperativ). Infektion erfolgt durch Übertragung von Krankheitserregern von außen.
Hämatogene (oder endogene) Streuung von Bakterien aus einem anderen Herd. Diese Gefährdung besteht über die gesamte Lebensdauer.
Die häufigsten Erreger sind Koagulase-negative Staphylokokken (30–40 %), gefolgt von Staphylococcus aureus (15–20 %).3
Weitere Bakterien bei Protheseninfektionen sind Streptokokken (9–10 %), gramnegative Stäbchen (3–6 %), Enterokokken (3–7 %) und Anaerobier (2–4 %).2
In etwa 10 % der Fälle werden mehrere Keime isoliert (polymikrobielle Infektion).2
Treten Schmerzen in einem Gelenk auf, an dem eine Arthroplastik erfolgt ist, besteht immer ein Verdacht auf Infektion.
Dasselbe gilt bei einer akuten hämatogenen Streuung auf eine vor längerer Zeit implantierten Prothese.
Es wird zwischen früh, verzögert und spät einsetzender Infektion unterschieden.
Frühinfektion
Tritt innerhalb von 3 Monate nach der Operation auf.
Ist in der Regel während des Eingriffs entstanden und häufig auf virulente Keime zurückzuführen.
Kann auch durch Streuung einer lokalen Wundinfektion entstehen.
Die Infektion zeigt sich häufig akut mit einem oder mehreren der folgenden Symptome: Wundsekretion, lokales Erythem, Induration oder Ödem, Gelenkschmerzen, Gelenkerguss oder Fieber.
Die Infektionen sind häufig mit Hämatombildung und oberflächlicher Nekrose an der Inzisionsstelle verbunden.
Wurde die Prothese erst kürzlich eingesetzt, d. h. 2–4 Wochen vor dem Auftreten der Symptome, und liegen Anzeichen einer schlechten Wundheilung oder einer Wundinfektion vor, kann die Prothese durch schnelle chirurgische Weichteilrevision kombiniert mit einer spezifischen sog. biofilmaktiven Antibiotikabehandlung gerettet werden.
Verzögerte Infektion
Entsteht 3–24 Monate nach dem Eingriff. Die Infektion entsteht in der Regel im Rahmen der Implantation und ist häufig auf weniger virulente Keime zurückzuführen, die sich langsam im Knochengewebe ausbreiten, das die Prothese umgibt.3
Die Erkrankung ist in der Regel durch einen langfristigen, milden Krankheitsverlauf mit dauerhaften Gelenkschmerzen ohne frühzeitige Lockerung des Implantats gekennzeichnet.
Belastungs- und Ruheschmerzen sowie eingeschränkte Funktion sind die häufigsten Symptome einer spät einsetzenden Infektion.
Die Unterscheidung vom Prothesenversagen ist schwierig. Dauerhafte Gelenkschmerzen weisen auf eine Infektion hin, Schmerzen bei Gelenkbewegungen und Gewichtsbelastung auf ein Prothesenversagen.1,5
Spätinfektion
Tritt mehr als 24 Monate nach dem Eingriff auf. Die Infektion entsteht in der Regel durch hämatogene Streuung aus einem anderen Infektionsherd (z. B. Venenkatheter, Harnwegs- oder Weichteilinfektion).
Die Infektion tritt häufig akut in einem bisher gut funktionierenden Gelenk auf.
Die Entstehung der Infektion durch hämatogene Streuung lässt sich nicht immer ganz leicht feststellen.
Die Lockerung von Prothesenkomponenten kann auf Infektion, mechanisches Versagen oder beides zurückzuführen sein.
Klinische Untersuchung
Leitlinie: Diagnostik – körperliche Untersuchung bei Gelenkinfektion4
Klinische Anzeichen einer Lockerung: Bewegungs- und Belastungsschmerzen, seltener Ruheschmerzen
Achten Sie besonders auf eine aseptische Probenahme.7
Eine frühzeitige Probenahme ist entscheidend für die Prognose.
Biopsie und Abstrich von der Prothese ergeben die zuverlässigsten Kulturen.
Gelenkpunktion: Aspirat der Flüssigkeitsansammlung um den Herd zur Mikroskopie und Kultur8
Untersuchung der Gelenkflüssigkeit
Zellen: > 2000 Leukozyten/ml, davon > 80 % Granulozyten: Spricht bei der Punktion des Prothesengelenks stark für eine chronische Gelenkprotheseninfektion.
Blutkulturen bei systemischen Infektzeichen
Röntgen
Ist eines der wichtigsten bilddiagnostischen Verfahren.
MRT?
Schwierig zu beurteilen aufgrund von Metallartefakten.
Szintigrafie?
Skelettszintigrafie weist geringe Spezifität auf.
Indikationen zur Überweisung
Bei jeglichem Verdacht auf eine Protheseninfektion unverzügliche Überweisung zum Operateur
Checkliste zur Überweisung
Orthopädische Infektionen, subakuter oder chronischer Zustand mit allmählicher Verschlechterung
Zweck der Überweisung
Diagnostik? Konservative Behandlung? Operation?
Anamnese
Beginn? Ursprüngliche Behandlung? Verlauf und Entwicklung?
Beschriebene Symptomatik? Grad der Funktionseinschränkung?
Röntgenbefund? Ergebnisse anderer Bilddiagnostik: CT oder MRT besonders relevant
Gelenkpunktion
Therapie
Therapieziel
Die Infektion sanieren.
Die Prothese nach Möglichkeit erhalten, Revisionsoperation vermeiden.
Wenn zur Infektsanierung kein Prothesenerhalt möglich ist, Entfernen und einzeitiger oder zweizeitiger Prothesenwechsel.
Allgemeines zur Therapie
Die Biopsie oder Gelenkpunktion zur Probenahme sollen vor der Gabe von Antibiotika erfolgen.
Die Behandlung hängt vom Zeitpunkt der Infektionsentstehung, von der Virulenz des bakteriellen Erregers und der mechanischen Stabilität der Prothese ab.
wenn der Keim niedrig virulent ist und die Behandlung mit peroralen Antibiotika möglich ist.
Weitere Behandlungen
Entfernung der Prothese
Bei postoperativer Frühinfektion oder hämatogener Spätinfektion und adäquater Behandlung kann die Prothese in 90–95 % der Fälle erhalten werden.
Hat sich die Prothese gelockert, muss sie zur Reinigung der Umgebung entfernt werden, um die Infektion sanieren zu können.
Sämtliches Fremdgewebe und infiziertes Granulationsgewebe müssen entfernt werden. Lebensfähiges Gewebe wird erhalten.
In einzelnen Fällen wird auch die Entfernung der Prothese nicht zu einer Ausheilung der Infektion führen.
Reimplantation?
Muss die Prothese gewechselt werden, kann eine Reimplantation entweder in einem einzeitigen oder zweizeitigen Eingriff mit zwischenzeitlicher Antibiotikabehandlung erfolgen. Häufig wird in der Interimsphase ein „Zementspacer“ eingesetzt, der mit einem entsprechenden Antibiotikum imprägniert ist.
Bei Infektion mit niedrig virulenten Erregern ist die Reimplantation von Prothesen ohne Interimsphase nicht empfehlenswert, wenn kein Einsatz von mit Antibiotika imprägniertem Zement möglich ist.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Wahrscheinlichkeit für die Sanierung einer Infektion durch einzeitigen oder zweizeitigen Prothesenwechsel liegt bei 80–90 %. Bei einer erneuten Infektion und einem weiteren Prothesenwechsel sinkt die Heilungswahrscheinlichkeit.
Zur Verlaufsbeobachtung der akuten Erkrankung ebenso wie der chronischen sollten die Leukozytenzahl und der CRP-Wert bestimmt werden!8
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e. V. (DGU). Bakterielle Gelenkinfektionen. AWMF-Leitlinie Nr. 012-010. S1, Stand 2014. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e. V. (DGU). Akute und chronische exogene Osteomyelitis langer Röhrenknochen des Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 012-033. S2k, Stand 2018. www.awmf.org
Literatur
Zimmerli W, Trampuz A, Ochsner PE. Prosthetic-joint infections. N Engl J Med 2004;351:1645-54. New England Journal of Medicine
Sendi P, Zumstein MA, Zimmerli W. Periprosthetic joint infections - a review for general practitioners. Praxis 2011; 100(13): 787-92. pmid:21698564 PubMed
Del Pozo JL, Patel R. Clinical practice. Infection associated with prosthetic joints. N Engl J Med 2009; 361:787. New England Journal of Medicine
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU). Bakterielle Gelenkinfektionen. AWMF-Leitlinie Nr. 012-010, Stand 2014. www.awmf.org
Trampuz A, Hanssen AD, Osmon DR, et al. Synovial fluid leukocyte count and differential for the diagnosis of prosthetic knee infection. Am J Med 2004; 117:556. PubMed
Bernard L, Lübbeke A, Stern R, et al. Value of preoperative investigations in diagnosing prosthetic joint infection: retrospective cohort study and literature review. Scand J Infect Dis 2004; 36:410. PubMed
Fitzgerald RH Jr. Total hip arthroplasty sepsis: Prevention and diagnosis. Orthop Clin North Am 1992; 23: 259. PubMed
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Douglas R. Osmon, Elie F. Berbari, Anthony R. Berendt, Daniel Lew, Werner Zimmerli, James M. Steckelberg, Nalini Rao, Arlen Hanssen,Walter R. Wilson. iagnosis and Management of Prosthetic Joint Infection: Clinical Practice Guidelines by the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis. (2012). cid.oxfordjournals.org
Autoren
Sandra Krüger, Dr. med., Fachärztin für Orthopädie, Berlin
Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Professor für Innere Medizin, Uniklinikum Köln
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Bertil Christensson, professor och överläkare, Infektionskliniken, Skånes universitetssjukhus (Medibas)
l99 annan muskuloskeletal sjukdomM00; m00 varig artritM01 Direkte; protheseninfektion an knochen und gelenkenT84; ProtheseninfektionT845; T846; T847
l99 annan muskuloskeletal sjukdom; m00 varig artrit; protheseninfektion an knochen und gelenken; Protheseninfektion
l99 annan muskuloskeletal sjukdom; m00 varig artrit; protheseninfektion an knochen und gelenken; ProtheseninfektionA89
Infektion von Prothesen; Infektion einer Prothese; Knocheninfektion; Gelenkinfektion; Arthroplastik; Postoperative Frühinfektion; Hämatogene Spätinfektion
Protheseninfektion an Knochen und Gelenken
Revision at 20.11.2015 18:40:08:
German Version
CCC MK 17.09.2018, komplett überarbeitet (Orthopädin)
Definition: Knochen- oder Gelenkinfektionen nach dem Einsetzen einer Prothese. Es werden 3 Kategorien von Infektionen unterschieden: Frühinfektion, verzögerte Infektion und Spätinfektion.
Orthopädie/Unfallchirurgie
Protheseninfektion
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protheseninfektion
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Protheseninfektion
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