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Dysurie bei Männern

Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2

Red Flags

Abwendbar gefährlicher Verlauf

Bewusstseinstrübung, Schock, erhöhte Atemfrequenz

Urosepsis

Flankenschmerzen

Pyelonephritis, Urolithiasis

Stark verminderte Diurese

Harnverhalt, NierenversagenObstruktion der ableitenden Harnwege

Fieber > 38,5 °C

Pyelonephritis, Prostatitis, Epididymitis, Urosepsis

Makrohämaturie

Gerinnungsstörung, Thrombopathie, Vaskulopathie, Urothelkarzinom, Urolithiasis

Z. n. Beckentrauma

Urethraverletzung

Prostatabeschwerden (LUTS)

Prostatakarzinom

Dauerkatheter

komplizierte Infektionverstopfter Katheter

Allgemeine Informationen

Definition

  • Dysurie bezeichnet das schmerzhafte und erschwerte Wasserlassen.3

Häufigkeit

  • Dysurie tritt zwar bei Männern seltener auf als bei Frauen, jedoch steigt die Inzidenz mit dem Alter infolge von Prostatavergrößerungen.
  • Eine niederländische Studie fand die Inzidenz einer Zystitis bei Männern mit 7,7/1.000 und die einer spezifischen Urethritis mit 0,6/1.000.4
  • Eine kanadische Studie registrierte bei 11,5 % der Männer unter 50 Jahren und bei 8,5 % der Männer über 50 Symptome einer chronischen Prostatitis.5
  • Die Prävalenz einer symptomatischen benignen Prostatahyperplasie (BPH) ist bei Männern im Alter von 45–49 Jahren 2,7 % und steigt bis zum Alter von 80 Jahren auf 24 %.6

Diagnostische Überlegungen

  • Die Symptome sind bei Männern mit Harnwegsinfekt ähnlich wie bei Frauen.3
  • Algurie, Fieber und ein Alter > 60 Jahre sind Prädiktoren für eine Harnwegsinfektion.3 
    • Bei Vorhandensein aller 3 Prädiktoren in über 90 % liegt eine (möglicherweise komplizierte) Harnwegsinfektion vor.
  • Laut DEGAM-Leitlinie sollten Harnwegsinfektionen bei Männern in der Regel als komplizierte Infektionen eingeschätzt werden, da die Prostata als parenchymatöses Organ mitbetroffen sein kann.3
  • Dysurie bei Männern kann ein Symptom von unterschiedlichen Erkrankungen sein. Deshalb ist eine ausführliche Anamnese wichtig.
    • Schmerzen bei Beginn der Miktion sprechen eher für eine Urethritis, Schmerzen am Ende der Miktion für eine Zystitis.
    • Dysurie und Fieber ist häufig Symptom einer Prostatitis (oder Pyelonephritis oder einer Epididymitis).
    • Eine bakterielle Prostatitis kann außerdem Schmerzen anal/perineal oder lumbal und ein deutliches Krankheitsgefühl verursachen.
    • Prostatitische Beschwerden können z. B. Beckenschmerzen, Harnträufeln oder Harnstottern sein.3
    • Ein peniler Ausfluss spricht für eine Urethritis.
    • Eine gutartige Vergrößerung der Prostata (BPH) und auch ein Prostatakarzinom sind Erkrankungen des höheren Lebensalters, während eine Urethritis eher bei jüngeren Männern auftritt.
    • Männer mit fieberhaftem Harnwegsinfekt haben meist eine Mitbeteiligung der Prostata.3

Abwendbar gefährliche Verläufe

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3

    ICD-10

    • R30.0 Dysurie
    • R30.9 schmerzhafte Miktion
    • R39.1 Miktionsstörungen, sonstige

    Differenzialdiagnosen

    Untere Harnwegsinfektion

    Urethritis

    • Diese ist geprägt von beißenden oder brennenden Schmerzen beim Wasserlassen, Ausfluss und einer Reizung der Harnröhre.
    • Sie tritt am häufigsten bei jüngeren Männern (< 35 Jahre) auf.
    • In der Regel wird sie durch Chlamydien, seltener durch Mykoplasmen oder Gonokokken verursacht.

    Epididymitis

    • Siehe Artikel Epididymitis
        .
      • Diese ist fast immer unilateral und hat eine akute Symptomatik (Schmerzen und Schwellung). Bei jüngeren Männern (< 35 Jahre) sind Chlamydien und Gonokokken häufige Erreger, bei älteren Männern die üblichen Erreger eines HWI.7 Eine Epididymitis ist nicht selten bei einer Dauertherapie mit einem transurethralen Urin-DK.

      Akute bakterielle Prostatitis

      • Siehe Artike Akute Prostatitis.
      • Diese ist geprägt von lokalen Symptomen (starke Schmerzen im Damm, die in Bauch oder Rücken ausstrahlen können), Miktionsstörungen (Dysurie und Pollakisurie, evtl. obstruktive Symptomatik) und unterschiedlich ausgeprägten Allgemeinsymptomen (Fieber, reduzierter AZ, in schweren Fällen Sepsis).

      Chronische Prostatitis

      • Siehe Artikel Prostatitissyndrom.
      • Diese zeigt eine variable Symptomatik. Die Beschwerden sind milder als bei der akuten bakteriellen Prostatitis.
      • Die Schmerzen sind meist im Damm lokalisiert und können in Hoden, Leiste, Rücken oder Bauch ausstrahlen.
      • Schmerzen während oder nach der Ejakulation sind möglich.
      • Miktionsstörungen können auftreten: Dysurie, Pollakisurie, obstruktive Symptomatik Harnröhrenausfluss.

      Vergrößerung der Prostata (BPH = benigne Prostatahyperplasie)

      Mechanische Irritation

      • Radfahren, Reiten

      Anamnese

      • Die Diagnose einzig auf die klinischen Symptome zu stützen, führt zu einer schlechten Prognose (Ia).8
      • Bei der Anamneseerhebung sollte gefragt werden nach:
        • Allgemeinsymptomen: Übelkeit, Fieber
        • Lokalisation, Zeitpunkt (in Bezug auf die Miktion) und Charakter von Schmerzen
        • Ausfluss
        • Exanthemen oder Genitalulzera
        • Miktionsstörungen
        • Geschlechtsverkehr in den letzten Wochen
        • Urinveränderungen (Geruch, Trübung, Blut).

      Symptome

      Fieber oder systemische Symptome

      Trüber oder übelriechender Urin

      • Übelriechender und trüber Urin sind schwache Prädiktoren für einen Harnwegsinfekt. 2 von 4 anamnestischen Angaben zusammen (übler Uringeruch, trüber Urin, Dysurie, Nykturie) haben eine Sensitivität von 65 % (Spezifität von 69 %, PPV 77 %; NPV 54 %).9

      Ausfluss

      Schmerzen

      Entleerungsprobleme, Nykturie, häufiger Harndrang

      Kürzliche Katheterisierung oder apparative Untersuchung

      • Infektion oder Verletzung der Harnröhre

      Sonstige Erkrankungen?

      • Diabetes erhöht das Risiko von sowohl unteren als auch oberen Harnwegsinfektionen.10

      Klinische Untersuchung

      Allgemeines

      • Je nach Anamnese:
        • Palpation der Nierenlager und des Abdomens
        • digital-rektale Untersuchung der Prostata
        • Anzeichen für Entzündungen an der Harnröhrenöffnung, Ausfluss
        • Palpation der Prostata (nicht bei akuter bakterieller Prostatitis!)
        • Palpation der Lymphknoten in der Leiste
        • Flankenschmerzen
        • vergrößerte Blase
        • Palpation der Hoden und Nebenhoden (schmerzhaft, vergrößert?).

      Ergänzende Untersuchungen

      In der Hausarztpraxis

      Leitlinie: Brennen beim Wasserlassen3 – Uringewinnung

      • Für eine orientierende Urinuntersuchung (z. B. mittels Teststreifen) kann bei entsprechender Fragestellung auf eine Gewinnung von Mittelstrahlurin (zugunsten von Spontanurin) sowie auf eine Reinigung der Glans penis verzichtet werden.
      • Weiterführende laborchemische und/oder mikrobiologische Untersuchungen erfordern jedoch eine exakte Gewinnung und Verarbeitung des Urins, in der Regel von Mittelstrahlurin. Kontaminationen durch Urethral- und/oder Umgebungsflora sind hierbei gering zu halten.

      Urinteststreifenuntersuchung

      • Nitrittest11
        • Ist hochspezifisch (ca. 90 %). Ein positives Ergebnis macht einen HWI sehr wahrscheinlich.
        • Die Sensitivität liegt nur bei ca 40 % (allgemeinmedizinisches Setting).11
        • Ein negatives Ergebnis sagt nicht viel aus (kein Nachweis und kein Ausschluss eines HWI).
        • Ein positives Ergebnis ist nur bei einer bestimmten Bakterienkonzentration möglich, die erst nach einer Verweilzeit des Urins in der Blase > 4 h erreicht werden kann.3
        • Proteus mirabilis, Enterokokken und Staphylokokken werden nicht erfasst.3
      • Leukozytenesterase
        • Hat eine Sensitivität von 80–90 % und eine Spezifität von ca. 40 % (hausärztliches Setting) für den Nachweis einer Harnwegsinfektion.11
        • Ein positives Ergebnis weist auf eine entzündliche Reaktion hin und ist somit wenig spezifisch.3
      • Blut/Protein3
        • Der Nachweis von Blut hat eine hohe Sensitivität bei der Diagnostik einer Harnwegsinfektion, ist aber wenig spezifisch.
        • Der Nachweis von Protein hat keine diagnostische Bedeutung.
      • Mikroskopische Untersuchung nach Gramfärbung, Kultur und Nukleinsäure-Amplifikationstests sind diagnostische Instrumente bei V. a. Gonorrhö.

      pfeil_7x12.png

    • Siehe Tabelle siehe Tabelle: Urinstreifentest, Störfaktoren

      .

    Leitlinie: Urinteststreifen, Urinmikroskopie und Urinkultur3

    • Testreifen
      • Der Ausschluss einer Harnwegsinfektion mittels Teststreifen ist aufgrund der unzureichenden Sensitivität und Spezifität nicht zu empfehlen.
      • Der Nachweis von Leukozyten und/oder Nitrit bei gleichzeitig bestehenden klinischen Beschwerden erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlich.
      • Wenn beide positiv sind, beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine Harnwegsinfektion 91 %, wenn beide negativ sind, liegt in 40 % dennoch eine positive Urinkultur vor.
    • Urinmikroskopie
      • Mit der Urinmikroskopie kann bei entsprechender Erfahrung eine Harnwegsinfektion weitgehend ausgeschlossen werden (Ia).
    • Urinkultur
      • Bei Verdacht auf einen HWI wird die Durchführung einer Urinkultur empfohlen, um eine resistenzgerechte antibiotische Behandlung zu gewährleisten.
      • Urinproben für die kulturelle mikrobiologische Diagnostik sind unverzüglich zu verarbeiten.
      • Bei einer Probengewinnung am Nachmittag oder in den Nachtstunden und bei fehlender Transport- bzw. sofortiger Verarbeitungsmöglichkeit der Probe, ist der Urin gekühlt bei 2–8 °C zu lagern.
      • Indikationen zur Durchführung einer Urinkultur sind z. B.:
      • Wenn bei Männern mit einer Harnwegsinfektion eine Indikation zur Antibiotikatherapie gestellt wird, sollte vor Therapiebeginn eine Urinkultur durchgeführt werden und entsprechend resistenzgerecht behandelt werden (B).

    Maßnahmen und Empfehlungen

    Indikationen zur Überweisung/KrankenhauseinweisungKlinikeinweisung

    • Die Indikation zur Ein- oder Überweisung ist abhängig von der klinischen Erfahrung des Arztes und dem Vorhandensein der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.

    Leitlinie: Brennen beim Wasserlassen3 – rezidivierende Harnwegsinfektionen

    • Bei Männern mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen sollten weitere urologische Untersuchungen erfolgen (B).

    Therapie

    Leitlinie: Brennen beim Wasserlassen3 – Therapie bei unkomplizierter Zystitis bei Männern

    • Für die empirische orale Therapie der akuten unkomplizierten Zystitis bei jüngeren Männern sollten Pivmecillinam und Nitrofurantoin* eingesetzt werden.

    *Voraussetzung: keine Beteiligung der Prostata (B)

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Illustrationen

    Männliche Genitalien und Harnblase
    Männliche Genitalien und Harnblase
    Beckenorgane, Mann
    Beckenorgane, Mann

    Quellen

    Leitlinien

    • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen – S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektion. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001, Stand 2018. www.awmf.org 

    Literatur

    1. Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al.. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D&F, 2018.
    2. Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
    3. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen – S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektion. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. Stand 2018 www.awmf.org
    4. van der Linden et al. Tweede Nationale Studie naar ziekten en bevolking en in de huisartspraktijk. Klachten en aandoeningen in de bevolking en in de huisartspraktijk. Utrecht/Bilthoven: NIVEL/RIVM (2004). www.nivel.nl
    5. Lipsky. Managing Prostatitis and Urinary Tract Infection in Men. Hosp Pract(Minneap). 2000 Jan 15;35(1):53-9.
    6. Verhamme et al. Incidence and prevalence of lower urinary tract symptoms suggestive of benign prostatic hyperplasia in primary care--the Triumph project. Eur Urol. 2002 Oct;42(4):323-8. PubMed PMID: 12361895. www.ncbi.nlm.nih.gov
    7. EAU (European Association of Urology) 2015. Guidelines on Urological Infections. uroweb.org
    8. Medina-Bombardó D, Jover-Palmer A. Does clinical examination aid in the diagnosis of urinary tract infections in women? A systematic review and meta-analysis. BMC Fam Pract. 2011; 12: 111. PubMed
    9. Little et al. Dipsticks and diagnostic algorithms in urinary tract infection: development and validation, randomised trial, economic analysis, observational cohort and qualitative study. Health Technology Assessment 2009; Vol. 13: No. 19. DOI: 10.3310/hta13190. www.ncbi.nlm.nih.gov
    10. Hakeem LM, Bhattacharyya DN, Lafong C, et al. Diversity and complexity of urinary tract infection in diabetes mellitus. Br J Diabetes Vasc Dis. 2009; 9: 119-125. PubMed
    11. Devillé WL, Yzermans JC, van Duijn NP, et al. The urine dipstick test useful to rule out infections: a meta-analysis of the accuracy. BMC Urol 2004; 4: 4. PubMed

    AutorenAutor*innen

R300; R309; R391
Dysurie; Algurie; Wasserlassen; Prostatavergrößerung; BPH; Prostatahyperplasie; Prostatitis; Urethritis; Untere Harnwegsinfektion; Zystitis; Blasenentzyndung; Harnwegsinfekt
Dysurie bei Männern
chck go 1.7.; DEGAM Gebhardt 12.12.2016 CCC MK 18.09.2018, überarbeitet, DEGAM-LL eingebaut
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Dysurie bezeichnet das schmerzhafte und erschwerte Wasserlassen.3 Dysurie tritt zwar bei Männern seltener auf als bei Frauen, jedoch steigt die Inzidenz mit dem Alter infolge von Prostatavergrößerungen.
Männergesundheit
Dysurie bei Männern
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