Prostatitissyndrom/Chronisches Beckenschmerzensyndrom

Zusammenfassung

  • Definition:Die chronische Prostatitis (auch als chronisches Beckenschmerzensyndrom bezeichnet) ist eine multifaktorielle Erkrankung mit weitgehend unbekannter Ätiologie, das primär durch urologische Symptome und/oder Schmerzen oder Beschwerden in der Beckenregion gekennzeichnet ist. Die Einteilung der unterschiedlichen Formen erfolgt in akute bakterielle Prostatitis, chronische bakterielle Prostatitis, entzündliches und nicht-entzündliches chronisches Beckenschmerzsyndrom und asymptomatische Prostatitis.
  • Häufigkeit:Die Prävalenz variiert zwischen 2 und 10 %. 90 % der Patienten leiden an einer chronischen (abakteriellen) Prostatitis/einem chronischen Beckenschmerzsyndrom (CP/CPPS).
  • Symptome:Die typischen Symptome sind Schmerzen oder Druck im Perineum oder hinter der Symphyse. Die Schmerzen strahlen häufig in Skrotum, Penis, Leiste, Rücken oder Bauch aus.
  • Befunde:Der Befund der körperlichen Untersuchung ist in der Regel unauffällig.
  • Diagnostik:Indizierte Untersuchungen sind Urinkulturen und evtl. die Bestimmung des CRP-Werts. Eine sorgfältige Abgrenzung zu anderen urologischen Erkrankungen auf der einen und somatoformen Störungen auf der anderen Seite ist wichtig und nicht immer einfach.
  • Therapie:Eine medikamentöse Behandlung ist nicht in jedem Fall notwendig. Eine probatorische Antibiotikatherapie bei CP/CPPS ist umstritten. Die höchsten Effektstärken in Studien wurden mit der Injektion von Botulinumtoxin in die Prostata erzielt, eine begrenzte Symptomlinderung mit Alphablockern, Antibiotika, Finasterid, Antirheumatika/-phlogistika, Phytotherapie und Behandlungen aus der traditionellen chinesischen Medizin. Unter den nichtmedikamentösen Verfahren sind Akupunktur und extrakorporale Stoßwellentherapie am besten untersucht, und vermutlich kann damit eine Symptomlinderung erzielt werden. Hinweise auf die Wirksamkeit von Körperlicher Aktivität und Lebensstiländerung, Prostatamassage sowie transrektale Thermotherapie sind als vorläufig anzusehen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die chronische Prostatitis wird auch als Prostatodynie (schmerzhafte Prostata) oder abakterielle Prostatitis bezeichnet.
  • Die chronische Prostatitis (das chronische Beckenschmerzensyndrom) ist ein klinisches Syndrom, das primär durch urologische Symptome und/oder Schmerzen oder Beschwerden in der Beckenregion gekennzeichnet ist. Um die Diagnose zu stellen, ist es erforderlich, dass die Symptome innerhalb der letzten 6 Monate mindestens 3 Monate lang bestanden.1
  • Trotz der Bezeichnung als „Prostatitis“ ist unklar, in welchem Ausmaß die Prostata die Quelle der Symptome ist.2
  • Die Untergruppe des chronischen Beckenschmerzensyndroms (Chronic Pelvic Pain Syndrome) veranschaulicht die Unsicherheit, die in Bezug auf die Herkunft der Symptome besteht3; dabei macht diese Variante mehr als 90 % der Fälle in der Prostatitisgruppe aus.
  • Symptome, klinische Befunde und Behandlungsmöglichkeiten sind für die verschiedenen Arten von Prostatitissyndrom weitgehend gleich.4

Das Prostatitis-Syndrom wird nach der Klassifikation des NIH5 in 4 Kategorien eingeteilt1

  1. Akute bakterielle Prostatitis (ABP)
    • Die ABP ist durch schwere obstruktive und irritative Symptome des unteren Harntrakts, Schmerzen im Bereich der Prostata und eine akute bakterielle Harnwegsinfektion (HWI) mit systemischer Beteiligung gekennzeichnet.
  2. Chronische bakterielle Prostatitis (CBP)
    • Die CBP wird durch eine chronische bakterielle Infektion der Prostata mit oder ohne prostatitische Beschwerden verursacht. Häufig wird derselbe bakterielle Erreger bei einer rezidivierenden HWI nachgewiesen.
  3. Chronische Prostatitis/Chronisches Beckenschmerzsyndrom (CP/„Chronic Pelvic Pain Syndrome“, CPPS)
    • Das CP/CPPS unterteilt man in ein
      • entzündliches CP/CPPS (Kategorie IIIa) und ein
      • nicht-entzündliches CP/CPPS (IIIb).
    • Das CP/CPPS ist charakterisiert durch chronische Beckenschmerzen und häufig auch durch Miktionsbeschwerden ohne Nachweis einer Harnwegsinfektion.
  4. Asymptomatische entzündliche Prostatitis
    • Bei der asymptomatischen Prostatitis ist eine Entzündung der Prostata nachweisbar, ohne dass der Patient Symptome oder Beschwerden in diesem Bereich angibt.

Häufigkeit

  • Häufiger Zustand; die Abgrenzung zu Beschwerden ohne somatischen Krankheitswert und zu somatoformen Beschwerden ist oft schwierig.1
  • Prävalenz
    • Die Prävalenz schwankt zwischen 2 und 10 %.6
    • Nur ein Bruchteil der Betroffenen begibt sich in ärztliche Behandlung.
  • Verschiedene Formen
    • Die häufigste Variante ist die chronische nicht-bakterielle Prostatitis, also das chronische Beckenschmerzensyndrom.7
    • Die chronische bakterielle Prostatitis ist selten und macht nur etwa 10–15 % aller chronischen Prostatitisfälle aus.
  • Alter
    • Kommt überwiegend bei jüngeren Männern und Männern mittleren Alters vor.
    • Als Durchschnittsalter werden 42 Jahre angegeben.8

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Ursache der chronischen Prostatitis/des chronischen Beckenschmerzensyndroms ist unbekannt.
    • Eine bakterielle Infektion wurde vermutet, jedoch liegt nicht in jedem Fall eine bakterielle Ätiologie vor.
    • Viele Experten glauben, dass es sich sowohl bei der entzündlichen als auch bei der nicht-entzündlichen Form um eine nicht infektionsbedingte Erkrankung handelt.9
    • keine klare Korrelation zwischen histologisch nachweisbarer Entzündung der Prostata und Symptomausprägung10
    • Psychische Belastungen (wie Sorgen oder Angst vor einer schweren Krankheit) scheinen bei den Betroffenen häufig vorzukommen und die Symptomschwere zu beeinflussen.11
    • Wahrscheinlich hat die chronische nichtbakterielle Prostatitis nichts mit der Prostata zu tun, sondern gehört eher zur Gruppe der muskulotendinösen Schmerzsyndrome des Beckens.12
    • Autoimmunprozesse können zur Entstehung einer nichtbakteriellen Prostatitis beitragen.13
  • Chronische bakterielle Prostatitis
    • Man nimmt an, dass sich die Infektion von der distalen Harnröhre zur Prostata ausbreitet.
    • Prädisponierende Faktoren sind:
      • vorhandene Vorhaut
      • Urethrastriktur
      • benigne Prostatahyperplasie (BPH)
      • frühere sexuell übertragbare Erkrankung
      • Zustand nach Instrumentierung bzw. Katheterisierung
      • retrograde Ejakulation.14
    • Die chronische bakterielle Prostatitis kann durch verschiedene pathogene Mikroorganismen verursacht werden, z. B. durch Chlamydien, Mykoplasmen oder humane Papillomaviren (HPV).15
    • In einer Studie an Patienten mit Symptomen einer chronischen Prostatitis, die auf eine Infektion mit Chlamydia trachomatis zurückzuführen war, hatte die Koinfektion mit HPV einen entscheidenden Einfluss auf die männliche Fertilität, insbesondere auf die Motilität und Morphologie der Spermien.15

ICPC-2

  • Y73 Prostatitis/Samenbläschenentzünd.

ICD-10

  • N41 Entzündliche Krankheiten der Prostata16
    • N41.1 Chronische Prostatitis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Chronische Prostatitis/Beckenschmerzensyndrom1,7
    • Die Erkrankung wird als chronische Beckenschmerzen definiert, die innerhalb der vorangegangenen 6 Monate mindestens 3 Monate lang auftraten, ohne dass andere zugrunde liegende Erklärungen nachweisbar sind.
    • Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose; beinhaltet auch das Fehlen von Fieber und Bakteriurie.
    • Die Diagnose wird oft erst nach rezidivierenden Episoden mit Schmerzen und anderen Beschwerden gestellt.
  • Chronische bakterielle Prostatitis1
    • typische Symptome
      • Schmerzen
      • irritative Miktionsbeschwerden
      • sexuelle Dysfunktion (Erektionsstörungen, eingeschränkte Libido)
    • Diagnosesicherung durch Erregernachweis in Urin oder Prostatasekret.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Das klinische Bild der chronischen Prostatitis/des Beckenschmerzensyndroms ähnelt der chronischen bakteriellen Prostatitis.
  • Für die differenzialdiagnostische Abgrenzung der beiden Erkrankungen (chronische/akute Prostatitis) können folgenden Aspekte der Krankengeschichte von Bedeutung sein:
    • Schmerzen, Harnwegsbeschwerden, Sexualfunktion, psychische Symptome wie Angst oder Depressivität, Lebensqualität.

Allgemeines

  • Die Symptome variieren und sind unspezifisch.
  • Die Krankengeschichte von Patienten, die ärztliche Hilfe suchen, ist oft von einem langwierigen Krankheitsverlauf mit Schwankungen der Symptomschwere geprägt.
  • Bei älteren Patienten kann es schwierig sein, die Symptome von denen eines benignen Prostatasyndroms (BPS) zu unterscheiden.
  • Eine psychische Komponente ist oft vorhanden.
    • Es ist z. B. typisch, dass diese Patienten sich beim Urinieren im Beisein anderer Personen ausgesprochen unwohl fühlen.
  • Es gibt Ähnlichkeiten zu anderen Schmerzsyndromen wie dem Reizdarmsyndrom, dem chronischen Erschöpfungssyndrom und der Fibromyalgie.17

Symptome

  • Typisch sind Schmerzen oder Druck im Perineum oder hinter der Symphyse. Die Schmerzen strahlen häufig in Skrotum, Penis, Leiste, Rücken oder Bauch aus.
  • Schmerzen während oder nach der Ejakulation sind sehr häufig (> 90 %).
  • Zu den Miktionsstörungen zählen Schmerzen beim Wasserlassen, Schwierigkeiten bei der Entleerung, Nykturie, Harndrang und Dranginkontinenz.
  • Die chronische Prostatitis geht auch mit Problemen bei täglichen Aktivitäten, Depression und einer verminderten Lebensqualität einher.18
  • Die chronische Prostatitis/das Beckenschmerzensyndrom geht auch mit erektiler Dysfunktion und Schmerzen bei der Ejakulation einher.19-20
  • Ausfluss und Hämatospermie sind dagegen keine typischen Symptome einer CP/CPPS, sondern weisen eher auf eine andere Erkrankung von Urethra oder Prostata hin.21

Klinische Untersuchung

  • Die Durchführung einer digitalen rektalen Untersuchung und die Untersuchung von Hoden, Nebenhoden und Leistengegend ist wichtig, um eine Pathologie auszuschließen.
  • Siehe auch TrainAMed Digital-rektale Untersuchung (Uni Freiburg).
  • Chronische Prostatitis/Beckenschmerzensyndrom
    • Die klinische Untersuchung ergibt meist einen unauffälligen Befund.
  • Chronische bakterielle Prostatitis
    • Die Prostata ist evtl. empfindlich und diffus vergrößert.
    • Eine einseitige Schmerzempfindlichkeit kann auf eine Beteiligung der Vesicula seminalis hindeuten.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Urinkultur
    • Beim chronischen Beckenschmerzensyndrom liegt, im Gegensatz zur bakteriellen chronischen Prostatitis mit akutem Auftreten, keine Bakteriurie vor.22
  • CRP
    • Meist liegt ein normaler CRP-Wert vor.

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Sonografie
    • transrektaler Ultraschall der Prostata
    • ggf. Sonografie des Skrotums 
  • Urodynamische Untersuchung
    • Sollte bei Hinweisen auf obstruktive Miktionsbeschwerden erfolgen.1
    • Oft liegen eine obstruierte Flusskurve, reduzierte Blasenkapazität, Detrusorinstabilität und erhöhter Detrusordruck während der Miktion vor.
    • Die Obstruktion entsteht meist aufgrund einer Dysfunktion des Blasenhalses.

Indikationen zur Überweisung

Checkliste zur Überweisung

Chronische Prostatitis/Beckenschmerzensyndrom

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Entwicklung?
    • Symptome? Miktionsbeschwerden? Entleerungsbeschwerden? Imperativer Harndrang? Nächtliche Beschwerden? Harnverlust? Hämatospermie? Sonstiges?
    • Therapieversuch?
    • Andere relevante Krankheiten? Regelmäßige Medikamente?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand? Psychische Komponente?
    • Prostata: empfindlich? Knoten?
    • Weitere Befunde bezüglich des Organstatus?
  • Ergänzende Untersuchungen

Therapie

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1,23-24

Therapieziele

  • Beschwerden lindern durch symptomatische Therapie.
  • Ggf. begleitende psychische Störungen mitbehandeln.

Allgemeines zur Therapie

  • Chronische Prostatitis/Beckenschmerzensyndrom
    • Heterogene Erkrankung, die Behandlung sollte individualisiert werden.25 In den meisten Fällen ist keine aktive Behandlung notwendig.
    • Die Erkrankung ist gutartig, kann jedoch eine wesentliche Verringerung der Lebensqualität zur Folge haben.
    • Es gibt weder eine kurative Behandlung noch einen klaren Konsens zur Behandlung.
  • Chronische bakterielle Prostatitis

Empfehlungen für Patienten

  • Eine Unterkühlung des Unterleibs und der Füße, langes Sitzen und Radfahren sollten vermieden werden.
  • Lokale Wärme mildert die lokalen Symptome; diese kann z. B. ein heißes Bad oder Aufenthalte in warmen Ländern erreicht werden.
  • Ein aktives Sexualleben und Masturbation fördern die Abführung von Sekreten der Prostata; es wird angenommen, dass dies in diesem Fall günstig ist.
  • Körperliche Aktivität, Training, hat sich als günstig bei dieser Erkrankung erwiesen.27
  • Lebensgewohnheiten, welche die Symptome auslösen oder verschlimmern, sollten vermieden werden.

Medikamentöse Therapie

  • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patient*innen mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.28

Chronische Prostatitis/Beckenschmerzensyndrom

  • In systematischen Metaanalysen, basierend auf Studien mit niedriger bis sehr niedriger Qualität, wurden Hinweise darauf gefunden, dass Alphablocker, Antibiotika, Finasterid, Antirheumatika/-phlogistika, Phytotherapie, intraprostatische Botulinumtoxin-Injektionen und Behandlungen aus der traditionellen chinesischen Medizin die Symptome lindern können.23,29
    • Die höchste Effektstärke wurde in Studien mit intraprostatischen Botulinumtoxin-Injektionen erreicht.
    • Linderung der Symptome war bei den systemisch verabreichten Medikamenten gering.
    • Eine Kombination aus Alphablockern und Antibiotika (Chinolone) scheint wirksamer zu sein als die jeweilige Monotherapie.
      •  Dosierungsbeispiel: Tamsulosin 0,4 mg tgl. und Ciprofloxacin 2 x 500 mg.
  • Botulinumtoxin A
    • Injektionen in die Prostata, nicht aber in die Beckenbodenmuskulatur, erzielten in placebokontrollierten Studien eine ausgeprägte Schmerzreduktion.
  • Alphablocker
    • unsichere Wirksamkeitsbelege aus klinischen Studien
      • Die Wirkung scheint auf eine leichte Schmerzlinderung beschränkt zu sein.
      • keine nennenswerte Wirkung auf sexuelle Dysfunktion, Lebensqualität, Angst und Depression
      • Evtl. Wirkungsverstärkung durch Kombination mit Antibiotika; wenn die anfängliche Behandlung keine Wirkung zeigt, ist die Behandlung mit Antibiotika abzubrechen.
      • Vermutlich ist eine mindestens 6-monatige Therapie notwendig, um das volle Wirkpotenzial auszuschöpfen.1
    • Wirkstoffe und empfohlene Tagesdosierung
      • Alfuzosin nicht-retardiert 3 x 2,5 mg
      • Alfuzosin retard 2 x 5 mg oder 1 x 10 mg
      • Doxazosin nicht-retardiert 1 x 2–8 mg
      • Doxazosin retard 1 x 4–8 mg
      • Silodosin 1 x 4–8 mg
      • Tamsulosin 1 x 0,4 mg
      • Terazosin 1 x 5–10 mg
    • Häufige Nebenwirkungen sind Schwindel und orthostatische Hypotension.
    • Näheres zum Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial von Alphablockern siehe Artikel Benigne Prostatahyperplasie (BPH).
  • Antibiotika
    • Antibiotika scheinen nur eine bescheidene Wirkung zu haben; es gibt nur schwache Belege, die eine solche Behandlung unterstützen.23,29-31
    • Einige der am häufigsten verwendeten Antibiotika (Chinolone und Tetrazykline) haben auch eine entzündungshemmende Wirkung und können die Symptome unabhängig davon lindern, ob eine Infektion vorliegt oder nicht.32
  • Antirheumatika/-phlogistika
    • Paracetamol
      • Wurde nie systematisch bei CP/CPPS untersucht.
      • anekdotische Hinweise auf Überlegenheit gegenüber NSAR
    • Zu einigen entzündungshemmenden Wirkstoffklassen gibt es aus kontrollierten Studien vorläufige Hinweise auf einen begrenzten analgetischen Effekt, darunter:23
      • NSAR
      • Kortikosteroide
      • Leukotrienantagonisten.
  • 5-Alpha-Reduktasehemmer
    • In placebokontrollierten Studien trat unter Finasterid eine leichte Reduktion von Prostatitissymptomen ein.
    • Näheres zu dieser Substanzklasse siehe Artikel Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
  • Phytotherapie
    • Zu einigen Phytotherapeutika gibt es aus kontrollierten Studien vorläufige Hinweise auf einen begrenzten analgetischen Effekt, darunter:23
      • Pollenextrakt
      • Calendula-Kurkuma-Kombination
      • Flavonoide
      • Cranberries.
  • Arzneimittel aus der traditionellen chinesischen Medizin
    • Zu einigen Arzneimittelzubereitungen gibt es aus kontrollierten Studien vorläufige Hinweise auf einen begrenzten analgetischen Effekt.23

Chronische bakterielle Prostatitis

  • Antibiotika
    • Gemäß eines Cochrane-Reviews sind Fluorchinolone wirksam.
      • Es besteht kein Unterschied in der Wirksamkeit zwischen den Fluorchinolonen Ciprofloxacin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Ofloxacin und Prulifloxacin (Ia).33
      • Es werden Behandlungen über mindestens 6 Wochen empfohlen (Ia).

Weitere Behandlungsformen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1,24
  • Akupunktur
    • Reduziert nachweislich die Symptome (im Vergleich zur Scheinakupunktur und medikamentöser Therapie).
  • Extrakorporale Stoßwellentherapie
    • in kontrollierten Studien kurzfristige Schmerzlinderung und Verbesserung beeinträchtigter Sexualfunktion
  • Therapieansätze, bei denen es – aus Studien niedriger Qualität – nur vorläufige Hinweise auf eine Wirksamkeit gibt:
    • körperliche Aktivität und Lebensstiländerung
    • Prostatamassage
    • transrektale Thermotherapie.
  • Operation1
    • z. B. transurethrale Resektion der Prostata (TURP) oder radikale Prostatektomie (Näheres zu den Operationsverfahren siehe Artikel Benigne Prostatahyperplasie (BPH).
    • Kommt nur selten infrage, etwa als Ultima Ratio bei therapieresistenter chronisch rezidivierender bakterieller Prostatitis oder zur Therapie einer begleitenden Obstruktion.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Der Krankheitsverlauf kann schwankend sein.
  • Die Symptomdauer kann sich über mehrere Jahre erstrecken; durchschnittlich wurden 7 Jahre festgestellt.8
  • Die Erkrankung kann sich in seltenen Fällen aus einer akuten Prostatitis entwickeln.

Prognose

  • Die Erkrankung ist chronisch und kann psychisch belastend sein, obwohl die meisten Patienten normal am sozialen und Arbeitsleben teilnehmen können.
  • Eine Studie weist jedoch darauf hin, dass die chronische nicht-bakterielle Prostatitis die Lebensqualität ähnlich stark reduzieren kann wie Angina pectoris, Morbus Crohn oder ein früherer Herzinfarkt.34

Verlaufskontrolle

  • Es sind keine systematischen Verlaufsuntersuchungen erforderlich.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

  • Die Erkrankung ist gutartig; eine medikamentöse Behandlung ist oft unnötig und hat eine ungewisse Wirkung.

Patienteninformationen in Deximed

Video

Illustrationen

Beckenorgane, Mann
Beckenorgane, Mann
Prostatauntersuchung, digitale rektale Untersuchung
Prostatauntersuchung, digitale rektale Untersuchung
Prostata, vergrößert, hypertroph
Prostata, vergrößert, hypertroph

Quellen

Literatur

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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med. Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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