Definition:Bei der Filariose handelt es sich um eine Wurmerkrankung, die von Nematoden (Fadenwürmern) der Familie der Filarien verursacht wird, und die das Lymphsystem von Menschen und Tieren befällt.
Häufigkeit:In 83 tropischen und subtropischen Ländern sind üÜber 12051 Mio. Menschen sind weltweit mit lymphatischer Filariose infiziert.
Symptome:Je nach beteiligter Art und Ort des Auftretens im KörperManifestationsort unterschiedlich; möglich ist ein akuter oder chronischer Verlauf, häufig begleitet von fieberhaften Episoden und Entzündungen der Lymphbahnen. Auch asymptomatische Verläufe sind möglich.
Befunde:Kann Lymphangitis, Lymphadenopathie und pseudoallergische Reaktionen umfassen. Bei der chronischen Form treten Hydrozele, Lymphödem oder Elephantiasis auf.
Diagnostik:Als diagnostische Methoden kommen der Nachweis von Mikrofilarien im Blut, ein Antigentest und ggf. Ultraschall infrage.
Therapie:Die derzeit empfohlenen Medikamente sind Diethylcarbamazin, Ivermectin und Albendazol.
Allgemeine Informationen
Definition
Als Filariosen werden verschiedene Wurmerkrankungen bezeichnet, die bei Menschen und Tieren auftreten können. Ausgelöst werden Filariosen durch Nematoden (Fadenwürmer) der Familie der Filarien. Die Erkrankung befällt u. a. das Lymphsystem.1-2
Wird auch als lymphatische Filariose bezeichnet.
Die Übertragung erfolgt durch die Stiche mehrerer Mückenarten.
Terminologie
Nematoden = Fadenwürmer
Mikrofilarien = Larven
Häufigkeit
Prävalenz
InIm 83Jahr tropischen2018 undwaren subtropischen Ländern sindweltweit über 12051 Mio. Menschen mit lymphatischer Filariose infiziert.31
Ca. 40863 Mio. Menschen weltweit sind aufgrund von lymphatischerdieser FilarioseErkrankung erwerbsunfähigbedroht.4
Die WHO sieht in der lymphatischen Filariose die weltweit zweitwichtigste Ursache für Invalidität nach der Lepra.
Verbreitung in gesamten Tropen- und Subtropengürtel, 2/3 der Fälle treten in Asien auf.52
Inzidenz
Schätzungen zufolge infizieren sich pro Jahr rund 1 Mio. Menschen, wobei in erster Linie Kinder betroffen sind.
Bei Kindern liegt häufig über mehrere Jahre eine subklinische Infektion vor, die sich ab einem Alter von 10 Jahren zunehmend in klinischen Zeichen manifestiert.2
Da eine Ansteckung in der Regel nur bei längeren Aufenthalten in endemischen Regionen erfolgt, sind Infektionen bei TouristenTourist*innen sehr selten.
Ätiologie und Pathogenese
Nematoden der Familie der Filarien
Die Erkrankung wird von 3 verschiedenen Arten von Filarien (Nematoden) verursacht:1
Wuchereria bancrofti (in 90 % der Fälle)
Brugia malayi
Brugia timori.
Wuchereria bancrofti
Ist in den nördlich und südlich des Äquators gelegenen Tropen und Subtropen weit verbreitet.
Wirdüberwiegende Verbreitung in Südindien, Sri Lanka, Südostasien, Südkorea sowie im Süden und in den nördlichen Küstenregionen Chinas von Stechmücken der Gattungen Mansonia und Anopheles übertragen.
Als Reservoirwirte können Katzen, Affen und andere Tiere fungieren.4
Brugia timori
Kommt auf den Inseln im Südosten Indonesiens vor.
kein tierischer Reservoirwirt
Mücken, Würmer, LarvenInfektionszyklus
Mehrere Mückenckenarten fungieren als Vektoren.
Sie infizieren sich, indem sie beim Blutsaugen Larven (Mikrofilarien) aufnehmen.
Im Blutkreislauf der Mücken reifen die Larven heran.
Wenn dann ein geeigneter Wirt gestochen wird, kann dieser sich ebenfalls infizieren.
Im Wirt entwickeln sich die reifen Larven im Laufe mehrerer Monate zu adulten Würmern (Nematoden der Überfamilie Filarien), die 6–8 (in manchen Quellen auch bis zu zwei10) JahrzehnteJahre in oder in der Nähe oberflächlich oder tief gelegener Lymphgefäße oder Lymphknoten persistieren können.1,5
Die Würmer können sich 5–8 Jahre lang fortpflanzen.
Die adulten Filarien liegen paarweise verknäult in Lymphknoten und Lymphgefäßen, vorwiegend in den unteren Extremitäten und intraabdominal.65
Mit 8–10 cm x 0,2–0,3 mm sind die Weibchen doppelt so groß wie die Männchen.
Die Würmer bilden TausendeMillionen von lebenden Larven (Mikrofilarien), die im Blut zirkulieren.1
Im Blut sind Mikrofilarien 6–12 Monate nach einer Infektion nachweisbar.2
Befall des Lymphsystems
Die pathologischen Veränderungen der Lymphgefäße stellen eine immunologische Reaktion des Wirts dar, der von adulten oder noch in der Entwicklung befindlichen Würmern befallen ist.4
Klinische Zeichen der Erkrankung stellen häufig die Folge einerDurch Entzündungsreaktionndungsreaktionen dar,und die beim Absterben adulter Nematoden eintritt:
HäufigGranulombildung kommt es im Lymphsystem zur VerkapselungOkklusion absterbenderlymphatischer oderGefäße, abgestorbeneraber auch die adulten Würmer inselbst Formstellen entzündlicherein Granulome,Flusshindernis die den Rückfluss der Lymphe verhindern und dadurch Schwellungen verursachendar.
Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 8–16 Monate, bei weiterhin in der endemischen Region lebenden PatientenPatient*innen kann sie aber auch länger sein.
Viele Infektionen verlaufen unabhängig vom Vorhandensein von Mikrofilarien asymptomatisch.
Je nach Art der Nematoden und der Stelle des Mückenstichs verursacht eine Filariose unterschiedliche Symptome. Die Symptome können akut oder chronisch auftreten.7
Akuter Verlauf (Akute Adenolymphangitis)
Fieberhafte Episoden (Filarienfieber) mit oder ohne Entzündung der Lymphgefäße und Lymphknoten, die in unregelmäßigen Intervallen auftreten und sich über mehrere Tage erstrecken.1-2
Eine Adenolymphangitis breitet sich in der Regel vom betroffenen Lymphknoten aus nach unten aus, eine bakterielle Lymphangitis dagegen nach oben.1
Die Lymphgefäße sind als schmerzhafte Stränge tastbar.
WennBei sichReisenden dieund ErkrankungPersonen ausbreitet,mit kannkurzer es zu EntzündungsschübenAufenthaltsdauer in den Hoden und Nebenhoden sowie zu einem Befall von Lymphknoten bzw. -gefäßen im Becken, Bauch oder Retroperitonealraum kommen.7
Es können vergrößerte Lymphknoten zurückbleiben.
Bei TouristenEndemiegebieten treten ggf. pseudoallergische Reaktionen wie Nesselsucht, Hautausschlag oder Eosinophilie sowie Lymphangitis und Lymphadenitis auf.2-3
Diese Veränderungen führen nicht selten zu einer Deformierung betroffener Körperareale mit entsprechender Stigmatisierung, hohen Behandlungskosten, Einschränkung der Arbeitsfähigkeit und deutlich reduzierter Lebensqualität.1
Zu einer Chylurie (Lymphe im Urin) kommt es, wenn Lymphe durch die Wände erweiterter Lymphgefäße in die Harnwege austritt.3
Oft begleitet von Episoden akuter Entzündung, oft durch opportunistische Erreger4
Subklinischer Verlauf
BeiLaut einigender wenigenWHO Infizierten verläuftverlaufen die Erkrankungmeisten subklinischInfektionen asymptomatisch.1
Hierbei fehlen die typischen klinischen Zeichen; außerdem sind Mikrofilarien im Gewebe, aber nicht im Blut feststellbar.
Tropische pulmonale Eosinophilie
Bei dieser Erkrankung sind Mikrofilarien von Wuchereria bancrofti oder Brugia malayi in der Lunge, aber nicht im Blut vorhanden.
Meist sind Personen betroffen, die sich nur kurze Zeit in Endemiegebieten aufgehalten haben.2
Typisch sind episodisch auftretende nächtliche Hustenanfälle oder Keuchen, Dyspnoe, leichtes Fieber, wenig Sputum, Hypereosinophilie, hoher Antikörper-Titer gegen Filarien und hohe IgE-Konzentration sowie im Röntgen diffuse Läsionen oder vermehrte bronchovaskuläre Zeichnung.3
PatientenPatient*innen sprechen auf Diethylcarbamazin an (1 x 4–6 mg/kg p. o. 1–0–0 über 21 Tage, nicht in Deutschland zugelassen).
Rezidive erfordern die erneute Gabe von bis zu 1 x 12 mg/kg Diethylcarbamazin über bis zu 30 Tage.
Unbehandelt schreitet die Erkrankung zu einer chronischen Lungenfibrose fort.
Ergänzende Untersuchungen
Der Nachweis einer aktiven Infektion erfolgt durch:
Nachweis von Mikrofilarien im Blut (oder im Sekret der Hydrozele)3
Mikrofilarien werden bei Patienten in endemischen Regionen in den ersten 2–3 Jahren selten, mit Fortschreiten der Erkrankung in hoher Anzahl und im obstruktiven Stadium wieder selten festgestellt.
PatientenPatient*innen aus nicht endemischen Regionen können ausgeprägte Entzündungsreaktionen zeigen, ohne dass Mikrofilarien nachweisbar sind.
Nachweis von Larven
Mikrofilarien können frühestens nach 2–3 Monaten nachweisbar sein, meist aber erst nach wesentlich längerer Zeit.65
MikrofilarienDem vonnocturalen WuchereriaZyklus bancroftifolgend, sindfinden vorsich allemoft zwischen 22:00 und 022:00 Uhr die höchte Anzahl an Mikrofilarien im Blut feststellbar. HiervonDies ausgenommenentspricht sindder dieHauptaktivitätszeit nichtperiodischender VariantenVektoren.2, die im südlichen Pazifik vorkommen.4
MikrofilarienNur von Brugiaeinige malayiUnterarten tretenzeigen vermehrtdiese nachtsPeriodizität aufnicht. In Südostasien spielt die Tageszeit für das Auftreten eine untergeordnete Rolle, und das Aufkommen ist nachts allenfalls leicht erhöht.2
Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden antikoagulierte Blutproben entnommen (am besten aus dem Ohrläppchen65), bei Zimmertemperatur gelagert und am darauffolgenden Morgen im Flüssigpräparat mit Giemsa-Färbung auf lebende Larven untersucht.
Durch die Mirkoskopie können auch die verschiedenen Filarien-Arten differenziert werden (Vorhandensein von Kernen im Schwanzbereich?5).
Quantitativer Antigennachweis mittels ELISA
Schnelltests stehen zur Verfügung (nur für Wuchereria bancrofti).82
Serologie
Nach Möglichkeit kann ein serologischer Test auf Wuchereria bancrofti durchgeführt werden.
Sensitivität 96–100 %, Spezifität 100 %
Bei einem negativen Testergebnis kann eine vorliegende oder ausgeheilte Infektion praktisch ausgeschlossen werden; falsch positive Ergebnisse kommen dagegen vor.
Evtl. liegt eine Eosinophile vor. Diese ist im Frühstadium typisch, später verschwindet sie.63,5
Ggf. Nierenbeteiligung mit (Mikro-)Hämaturie und Proteinurie bis hin zur Entwicklung eines nephrotischen Syndroms7
Im hochfrequenten Ultraschall sind adulte lebende Würmer in Skrotum, Lymphgefäßen und Mamma erkennbar.8
Zur differenzialdiagnostischen Abklärung kommen Lymphangiografie und Szintigrafie infrage.3,9
Histologie
Lymphknoten: Fibrose, Obstruktion und Kollateralkanäle
Haut bei Elephantiasis: Hyperkeratose, Akanthose, Fibrose, Fett- und Lymphgewebe56
Therapie
TherapiezielTherapieziele
Eliminierung der Larven und Würmer eliminieren.
DieInvalidität WHO hat dich zum Ziel gesetzt, die Erkrankung bis 2020 auszurottenverhindern.1
Allgemeines zur Therapie
Die gängigen Medikamente sind Diethylcarbamazin, Ivermectin, Doxycyclin und Albendazol.
Ggf. kann eine chirurgische Therapie notwendig werden.9-10
WeltweitAuch asymptomatischen Personen wird Diethylcarbamazineine oderBehandlung Ivermectinempfohlen, inda Kombinationsich mitmeist Albendazolbereits verabreichtsubklinische Veränderungen zeigen.113
Tetracycline töten Bakterien der Gattung Wolbachia ab, die mit den Nematoden eine Symbiose bilden und für deren Fruchtbarkeit vermutlich eine wichtige Rolle spielen.
Medikamentöse Therapie
Diethylcarbamazin (DEC)
in Deutschland nicht zugelassen
6 mg/kg KG p. o. für 12 Tage, auch eine Einmalgabe ist möglich, aber weniger effektiv.4
Führt zur raschen Abtötung der Mikrofilarien im Blut, wirkt gegen adulte Würmer aber nur langsam oder unzureichend.12
Zur Heilung sind ggf. mehrere Behandlungszyklen über je 12 Tage erforderlich (3 x 2 mg/kg nach den Mahlzeiten).
Stufenweisestufenweise Erhöhung einer zunächst niedrigen Dosierung über 3–4 Tage4
Das Absterben von Mikrofilarien oder adulten Würmern kann immunologische Reaktionen hervorrufen.
Diese können lokal (Lymphadenitis, Abszesse, Ulzeration) und/oder systemisch (Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Schwindel, Müdigkeit und andere allergische Reaktionen) auftreten.3
Evtl. ist die Gabe von Antipyretika und Analgetika erforderlich.
Ivermectin
Wirkt nur mikrofilarizid.
Wird zunächst als einmalige Gabe von 150–200 µg/kg verabreicht, die nach 6 Monaten wiederholt wird.10
Zum Abtöten der adulten Würmer ist außerdem die Gabe von Diethylcarbamazin erforderlich.
Ivermectin wirkt auch gegen Onchozerkose, die in bestimmten Regionen zusammen mit Filariose auftritt.4
Durch das langsamere Absterben der Würmer können Therapienebenwirkungen vermindert werden.
Zum Abtöten der verbliebenden Makrofilarien am Ende des Therapiezyklus wird oft noch eine Einmalgabe Albendazol (400 mg) und DEC (6 mg/kg) angeschlossen.3
In einer Studie führte eine Einmalgabe von einer Kombination aus drei Präparaten (DiethylkarbamazinDiethylcarbamazin, Ivermectin und Albendazol) zu einer Ausheilung in 96 % der Fälle nach ein1, zwei2 und drei3 Jahren (Ib).1411
Weitere Therapien
Ob bei akuten Entzündungsschüben eine medikamentöse Behandlung erfolgen sollte und ob sie deren Dauer verkürzen kann, ist umstritten.
Als allgemeine Maßnahmen empfehlen sich Ruhe, Antibiotika gegen Sekundärinfektionen, Hochlagerung, elastische Strümpfe und Druckverbände bei Ödemen der Beine sowie das Tragen eines Suspensoriums bei Orchitis und Epididymitis.12
LeichtPhysiotherapie ausgeprzum Erhalt der motorischen Fägte higkeiten
Kannmeist durchchirurgische lokale Injektion sklerosierender Medikamente oder chirurgisch behandelt werden.Therapie3
Elephantiasis
Kann durch Anlage lymphovenöser Shunts und operative Entfernung von überschüssigem Unterhautfett- und Bindegewebe sowie Lagerungs- und Lymphdrainage behandelt werden.12
Prävention
Unter Leitung der WHO wurden weltweit Programme zur Eliminierung der lymphatischen Filariose eingeführt.10-111
VonSeit Beginn der Programme 2000–2007 wurden knappbereits 2weltweit 8,6 Mrd. TherapiedosenKumulativdosen Chemoprophylaxe verteilt, woraufhin die Prävalenz der Erkrankung rasch zu sinken begann.
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AutorenAutor*innen
BirgitBonnie WengenmayerStahn, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
SvenDie Brittonursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, professor emeritus och överläkare, Utlandsmottagningen vid Cityakuten, Stockholm
Terje Johannessen, professor i allmänmedicin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheimhttps://legehandboka.no/).
Definition:Bei der Filariose handelt es sich um eine Wurmerkrankung, die von Nematoden (Fadenwürmern) der Familie der Filarien verursacht wird, und die das Lymphsystem von Menschen und Tieren befällt.