Definition: Listeriose ist eine Infektionskrankheit, die durch Listeria monocytogenes verursacht und über Nahrungsmittel oder Kontakt mit infektiösem Material (z. B. Tierkot) übertragen wird. Sie ist eine seltene, aber schwere Bakterieninfektion, die hauptsächlich Personen mit reduzierter Immunabwehr sowie Schwangere und deren Feten betrifft.
Häufigkeit: Listerien kommen ubiquitär vor (bei Tieren, in Böden, Wasser etc.). In Deutschland erkranken jährlich ca. 400–600 Menschen an Listeriose.
Symptome: Die Erkrankung verläuft bei Immunkompetenten häufig asymptomatisch oder zeigt ein grippeähnliches Krankheitsbild, kann aber bei Risikogruppen zu einer schweren Erkrankung führen, insbesondere zu einer Sepsis oder Meningitis.
Befunde: Die klinischen Befunde sind sehr variabel und hängen von dem betroffenen Personenkreis ab (Schwangere, Feten, Kinder und Erwachsene). Es kann bei schweren Fällen zu Fieber, Sepsis, Meningitis etc. kommen.
Diagnostik: Der Erreger wird durch Kultivierung oder PCR aus Serum, Liquor, Fruchtwasser, Eiter oder Lochien nachgewiesen.
Therapie: Eine Krankenhausaufnahme und längere Antibiotika-Einnahme sind für die Behandlung erforderlich.
Allgemeine Informationen
Definition
Listeriose ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Listeria monocytogenes (L. monocytogenes) verursacht und über Nahrungsmittel oder Kontakt mit infektiösem Material (z. B. Tierkot) übertragen wird.
Von der Erkrankung sind hauptsächlich Menschen mit reduzierter Immunabwehr betroffen.1-4
Die meisten Menschen nehmen gelegentlich Nahrung zu sich, die Listerien enthalten, und erkranken nicht.
Die Erkrankung verläuft bei gesunden Menschen meistens symptomlos oder als milder gastrointestinaler Infekt.1
Es kommt immer wieder zu Ausbruchssituationen mit erhöhten Fallzahlen.
2019 kam es zu einem Ausbruch an Listeriose in Deutschland, bei dem mindestens 37 Menschen erkrankten und 3 Menschen starben.5-6
Retrospektiv konnten dem jetzigen Ausbruch bereits seit 2014 erste Fälle zugeordnet werden.7
Als Quelle des Ausbruchs konnte mit Listerien kontaminierte Wurst ausfindig gemacht werden.5
Die Listerien-Meningitis macht bei Erwachsenen < 5 % der Meningoenzephalitisfälle aus (nach Streptococcus pneumoniae und Neisseria meningitidis). In der Neugeborenenperiode ist L. monocytogenes zusammen mit S. agalactiae der häufigste Erreger der bakteriellen Meningoenzephalitis.8
Ätiologie und Pathogenese
L. monocytogenes
grampositives Stäbchen, peritrich begeißelt, fakultativ anaerob, nicht sporenbildend2-3
fakultativ pathogen
ubiquitäres Vorkommen, v. a. in Erde, Pflanzen, Abwasser, Tierfutter
Auch gesunde Menschen und Tiere (ca. 10 %) können L. monocytogenes mit ihrem Stuhl ausscheiden.4
L. monocytogenes ist unter den 7 Listeria-Spezies die bedeutendste humanpathoghene Spezies.2-3
Inkubationszeit
Die Inkubationszeigt ist sehr variabel und beträgt 3–70 Tage.4
Bei schwangerschaftsassoziierten Fällen liegt die Inkubationszeit bei 17–67 Tagen, während bei gastrointestinalen Symptomen eine Inkubationszeit von einigen Stunden bis wenigen Tagen vorliegen kann.2
Verlaufsformen mit Sepsis weisen eine Inkubationszeit von 1–12 Tagen auf, neuroinvasive Verlaufsformen 1–14 Tage.2
Übertragung
durch Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder Kontakt mit infiziertem Material, z. B. Tierkot1-2,4
Ebenfalls möglich ist eine Rekontamination von Lebensmitteln in einem mit Listerien befallenen Betrieb.2
Neugeborene erkranken durch transplazentare Infektion oder während der Geburt, auch eine postnatale Infektion durch Kontakt ist möglich.4
Eine Vermehrung ist für Listerien auch bei Kühlschranktemperaturen möglich.1
L. monocytogenes kann sich zwischen –0,4 °C bis +45 °C vermehren.2
Menschen mit geschwächter Immunabwehr (z. B. durch Tumorleiden, Patienten mit Diabetes, Kortison-Therapie), Schwangere, Säuglinge, Alkoholkranke, ältere Menschen
Das Bakterium kann während der Schwangerschaft von der Mutter auf den Fetus übertragen werden und eine lebensbedrohliche Erkrankung beim Fetus auslösen.
Pathogenese
L. monocytogenes dringt nach Aufnahme in die Darmschleimhaut ein und kann sich dort intrazellulär vermehren.1
Von dort aus ist eine hämatogene oder lymphogene Verbreitung in Organe möglich.1
Durch Eindringen und Vermehren in Epithelzellen kann L. monocytogenes wichtige anatomische Barrieren wie z. B. die Blut-Hirn-Schranke aktiv überwinden.2
Da Listerien fakultativ pathogen sind, bleiben viele Infektionen klinisch stumm.
Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Eine Erregerausscheidung über den Stuhl ist bei infizierten Personen noch mehrere Monate lang möglich.
In Lochialsekreten und Urin von Müttern infizierter Neugeborener ist L. monocytogenes ca. 7–10 Tage postnatal nachweisbar.2
Bei Neugeborenen sollte ebenfalls an andere bakterielle Infektionen gedacht werden.2
Anamnese
Die Listerien-Infektion verläuft bei Gesunden häufig asymptomatisch oder zeigt ein grippeähnliches Krankheitsbild, kann aber bei Risikogruppen zu einer schweren Erkrankung führen.
Allgemein zeigt die Listeriose ein vielgestaltiges Krankheitsbild, was die Diagnosestellung erschweren kann.
Es sollte nach dem Verzehr möglicher kontaminierter Lebensmittel, wie z. B. Rohmilchprodukten, Rohkostsalaten etc. gefragt werden.
Fragen nach allgemeinen Symptomen (allmähliche Entwicklung)
Listeriose in der Schwangerschaft und Erkrankung des Fetus
Die Listeriose in der Schwangerschaft präsentiert sich meist mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, gastrointestinale Beschwerden und Abgeschlagenheit.1-2
Intrauterine Infektionen können zu Schäden beim Neugeborenen oder zu Früh- oder Totgeburt führen.4
milde febrile Erkrankung ohne offensichtlichen Fokus
Neonatale Infektion
Die Frühinfektion (Neugeborenen-Listeriose, Auftreten in der 1. Lebenswoche, Infektion durch transplazentare Übertragung, evtl. Frühgeburt oder Totgeburt) ist durch Sepsis, Atemnotsyndrom und Hautläsionen gekennzeichnet (Granulomatosis infantiseptica).
Bei der Spätinfektion (Auftreten ab der 2. Lebenswoche, in den meisten Fällen regulärer Entbindungstermin, Infektion durch Erregeraufnahme während Passage des Geburtskanals) zeigt sich häufig eine Meningitis (als Symptome können Schwäche, Irritabilität, Ernährungsschwierigkeiten, evtl. Erbrechen, Photophobie, Bewusstseinsschwäche, Krämpfe auftreten) und Hautläsionen.2,4
Infektion bei Immunsupprimierten und/oder älteren Menschen
Da L. monocytogenes intrazellulär lebt, häufig immunsupprimierte Patienten von einer Infektion betroffen sind und die Diagnose teilweise spät gestellt wird, kommt es nicht selten zu mangelhaftem Ansprechen auf die Therapie.
Die manifeste Listeriose hat trotz adäquater Therapie eine hohe Letalität (zwischen 13 % bei Listerien-Meningitiden und 21 % bei Listerien-Septikämien).2
Bei der Lebensmittelgewinnung, -herstellung und -behandlung sollte auf ausreichende Hygienemaßnahmen geachtet werden.4
Lebensmittel, die potenziell Listerien enthalten könnten, sollten bei Risikogruppen vermieden werden.
z. B. Rohfleisch, Rohwurst, roher Fisch, geräucherter Fisch, Rohmilchkäse, vorgeschnittene Blattsalate
Es ist unklar, ob Weich- und Sauermilchkäse aus pasteurisierter Milch ein erhöhtes Infektionsrisiko aufweisen.
Bei Risikogruppen sollte daher auch vom Verzehr abgeraten werden.2
Lebensmittel wie Fleisch oder Fisch mindestens 2 Minuten lang mehr als 70 °C erwärmen.
Vor dem Zubereiten von Speisen Hände waschen.
Fleisch und rohes Gemüse auf getrennten Arbeitsflächen zubereiten.4
Vakuumverpackte Lebensmittel wie z. B. Räucherlachs sollten zügig verbraucht werden, da sich Listerien auch im Kühlschrank weitervermehren können.
Die lange Inkubationszeit erschwert es oftmals, die Ansteckungsquelle ausfindig zu machen.
Eine Impfung gegen Listerien existiert nicht.
Erkrankte müssen nicht isoliert werden, Standardhygienemaßnahmen sind ausreichend.2
Maßnahmen für Risikogruppen
Für Schwangere und Personen mit herabgesetzter Immunabwehr besteht ein erhöhtes Risiko, an Listeriose zu erkranken. Vermieden werden sollten daher:1-2,4
Rohmilchprodukte (Weichkäse)
Rohkostsalate (Möhren sind dagegen frei von Listeren)
Rohwürste
geräucherte Fische
vakuumverpackter Räucherlachs.
Erhitzen von Lebensmitteln: Die Erreger werden durch Kochen, Braten und Sterilisieren abgetötet.4
Weitergehende Informationen zum Schutz vor lebensmittelbedingten Infektionen allgemein und speziell mit Listerien finden sich auf den Internetseiten und in den Merkblättern des Bundesinstituts (BfR) für Risikobewertung.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Meningoenzephalitis, ambulant erworbene bakterielle (eitrige). AWMF-Leitlinie Nr. 030-089. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). AWMF-Leitlinie Nr. 024-008. Bakterielle Infektionen bei Neugeborenen. S2k, Stand 2018. www.awmf.org
Literatur
Karasteh K, Baenkler HW, Bieber C, et al. Duale Reihe. Innere Medizin. S. 1065. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG,, 2018.
Robert-Koch-Institut. Listeriose. RKI-Ratgeber für Ärzte. Letzte Aktualisierung 2019. Zuletzt aufgerufen am 22.11.2019. www.rki.de
Kayser FH, Böttger EC, Zinkernagel RM, et al. Taschenlehrbuch Medizinische Mikrobiologie. 12. Auflage. S. 268-269. Stuttgart: Georg Thieme Verlag , 2010.
Herold G, et al. Innere Medizin. S. 885-886. Köln: Dr. med. Gerd Herold, 2019.
Deutsches Ärzteblatt. Ministerin in Hessen geht von drei Todesfällen durch Listeriose aus. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.aerzteblatt.de
Deutsches Ärzteblatt. Listeriose: Sigma1-Ausbruch begann bereits 2014. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.aerzteblatt.de
Robert Koch Institut. Epidemiologisches Bulletin. Nr. 41. S. 431-432. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.rki.de
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Meningoenzephalitis, ambulant erworbene bakterielle (eitrige). AWMF-Leitlinie Nr. 030-089. Stand 2015. www.dgn.org
Mylonakis E, Hohmann EL, Calderwood SB. Central nervous system infection with Listeria moncytogenes. 33 years experience at a generel hospital and review of 776 episodes from the literature. Medicine, Baltimore, 1998; 77:313-36. www.ncbi.nlm.nih.gov
Braun J, Dormann AJ. Klinikleitfaden Innere Medizin. 14. Auflage. S. 641. Deutschland: Elsevier GmbH, 2019.
Braun J, Dormann AJ. Klinikleitfaden Innere Medizin. 14. Auflage. S. 694. Deutschland: Elsevier GmbH, 2019.
Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). AWMF-Leitlinie Nr. 024-008. Bakterielle Infektionen bei Neugeborenen. Stand 2018. www.awmf.org
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) § 8 Zur Meldung verpflichtete Personen. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.gesetze-im-internet.de
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) § 6 Meldepflichtige Krankheiten. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.gesetze-im-internet.de
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern. Zuletzt aufgerufen am 21.11.2019. www.gesetze-im-internet.de
Autoren
Laura Morshäuser, Ärztin, Freiburg im Breisgau
Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL
Definition: Listeriose ist eine Infektionskrankheit, die durch Listeria monocytogenes verursacht und über Nahrungsmittel oder Kontakt mit infektiösem Material (z. B. Tierkot) übertragen wird. Sie ist eine seltene, aber schwere Bakterieninfektion, die hauptsächlich Personen mit reduzierter Immunabwehr sowie Schwangere und deren Feten betrifft.