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Nicht heilende Wunden

Allgemeine Informationen

Definition

  • Eine Wunde ist ein Defekt der normalen Struktur und Funktion der Haut und des darunter liegenden Gewebes.
  • Wunden werden in akut oder chronisch eingeteilt.
  • Akute Wunden heilen in der Regel in Form einer festen Abfolge physiologischer Prozesse:1
    1. exsudative Phase (Entzündungsphase): 1.–4.Tag
    2. proliferative Phase (Granulationsphase): 2.–16. Tag
    3. reparative Phase (Epithelialisierungsphase): 5.–25. Tag.
  • Wird diese Abfolge verändert oder gestoppt, können sich chronische Wunden entwickeln.
  • Merkmal der chronischen Wunde ist eine fehlende Abheilung innerhalb von 8 Wochen.2

Häufigkeit 

  • In Deutschland  leiden ca. 1 Mio. Patient*innen an einer chronischen Wunde. Hiervon sind überwiegend geriatrische Patient*innen betroffen.
  • Das diabetische Fußulkus ist mit einer Prävalenz von ca. 3 % eine wichtige Komplikation des Diabetes mellitus und führt immer noch zu häufig zu einer Amputation.2

ICPC-2

  • S29 Hautsymptomatik/-beschw., andere
  • S97 Chronische Ulzeration Haut

ICD-10

  • L98.4 Chronisches Ulkus der Haut, anderenorts nicht klassifiziert

Differenzialdiagnosen

Maligne Geschwüre

Ulcus cruris venosum

  • Siehe Artikel Ulcus cruris venosum
      .
    • Venöse Ulzera können auf eine venöse Insuffizienz mit Ödemen, mitunter auch auf Varizen oder Thrombophlebitiden zurückzuführen sein.
      Ulcus cruris venosum
      Ulcus cruris venosum
    • Die venösen Ulzera befinden sich in der Regel am Innenknöchel, können groß sein und sind unterschiedlich tief, scharf begrenzt und häufig schmerzfrei.
    • Arterielle Ulzera entstehen aufgrund einer Arteriosklerose, und die Patient*innen weisen häufig noch weitere Symptome einer Durchblutungsstörung (z. B. verminderte Gehstrecke) auf.
    • Arterielle Ulzera sind oft an den Zehen und im distalen Bereich des Fußes lokalisiert. Die Ulzera sind häufig trocken nekrotisch, tief und wie ausgestanzt.
      Arterielles Fußulkus
      Arterielles Fußulkus
    • Die Ulzera können sich infizieren.

    Druckgeschwür (Dekubitus)

    • Siehe Artikel Dekubitus.
    • Bei immobilisierten Patient*innen und bei Erkrankten mit eingeschränkter Sensibilität können sich Druckgeschwüre entwickeln.
    • Der Dekubitus kann sich in Form eines anhaltend hyperämischen, bullösen, rissigen oder nekrotischen Hautbereichs präsentieren.
      Dekubitus
      Dekubitus
    • Darunter liegende Strukturen wie Muskeln und Knochen können mitbeteiligt sein.
    • Druckgeschwüre treten in der Regel bei Patient*innen mit eingeschränkten oder fehlenden sensorischen Funktionen oder bei pflegebedürftigen, gelähmten oder bettlägerigen Erkrankten auf.

    Fußulkus bei DiabetikernDiabetes

    • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
      • Siehe Artikel Diabetische Fußgeschwüre.
      • Der Erkennung des diabetischen Fußsyndroms kommt große Bedeutung zu.4
      • Bakterielle Infektionen, Gewebeischämie, ständige Traumata, fehlende Entlastung und schlechte Behandlung bewirken, dass Fußgeschwüre bei Menschen mit Diabetes langsam heilen und sich schnell zu chronischen Wunden entwickeln.
        Diabetisches Fußulkus am großen Zeh
        Diabetisches Fußulkus am großen Zeh
      • Erschwerend kann eine Neuropathie hinzukommen.
      • Schlimmstenfalls droht eine Amputation.

      Chronische Grunderkrankung

      • Nicht heilende Ulzera können auch bei jüngeren Menschen auftreten. Meist liegt eine chronische Erkrankung (Autoimmunerkrankung) oft mit Vaskulitis vor. 

      Pyoderma gangraenosum

      • Siehe Artikel Pyoderma gangraenosum
          .
        • Selten
        • Mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatischen Erkrankungen, Leukämie und monoklonaler Gammopathie assoziiert
          Pyoderma gangraenosum (typischer unterminierter Wundrand)
          Pyoderma gangraenosum (typischer unterminierter Wundrand)
        • Ein schmerzhaftes Ulkus mit einem girlandenförmigen, violetten, unterminierten Rand

        Andere Ursachen

        • Wunden, die nicht heilen, können auf eine Infektion oder einen Fremdkörper zurückzuführen sein.
        • Mitunter kann es durch selbstverletzendes Verhalten zu chronischen, nicht heilenden Wunden kommen.

        Anamnese

        Anzeichen einer generalisierten Erkrankung

        • Im Rahmen der Anamnese abklären, ob es sich um eine isolierte Hautveränderung bei ansonsten gesunden Patient*innen handelt oder ob die Ulzeration Ausdruck einer systemischen Erkrankung oder eines reduzierten Allgemeinzustands ist.
        • Haben die Patient*innen Diabetes?

        Zeichen einer arteriellen oder venösen Erkrankung

        Kontaminierte Wunde

        Medikamente

        • Nehmen die Patient*innen Medikamente ein, die zu einer Gefäßkonstriktion, einer verzögerten Wundheilung oder einer Vaskulitis führen können?

        Rauchen

        • Das Rauchen wirkt sich nachteilig auf die Wundheilung aus.5-6

        Psychische Störung

        • Kann die Wunde auf autoaggressives Verhalten zurückzuführen sein?

        Klinische Untersuchung

        Ätiologie

        • Ist die Wunde in einem Bereich mit vorbestehenden Hautveränderungen aufgetreten?
        • Hat sich die Wunde in einem Bereich entwickelt, in dem die Haut gesund ist, die Sensibilität oder die Versorgung jedoch gestört sind?
        • Kann die Wunde infolge einer anomalen äußeren Einwirkung entstanden sein?
        • Ist die Wunde infiziert?

        Beschreibung der Wunde

        • Bei der Untersuchung der Wunde sollte Folgendes analysiert und beschrieben werden:
          • Größe und Tiefe
          • Erscheinungsbild des Wundbetts
          • Veränderungen der umliegenden Haut
          • Infiltrat mit Adhäsion am umliegenden Gewebe.
        • Wirkt die Wunde wie ausgestanzt, ist der Wundrand unterminiert oder wulstig erhaben?
        • Aussehen und Geruch etwaigen Sekrets?
        • Zeichen einer akuten Infektion?
        • Beteiligung der lokalen Lymphknoten?

        Durchblutung

        • Bei durchblutungsbedingten Ulcera cruris müssen die Durchblutungsbedingungen verbessert werden.

        Ergänzende Untersuchungen

        In der Hausarztpraxis

        • Es ist sinnvoll, die Wunde fotografisch zu dokumentieren und auszumessen.
        • Bei Wunden, die Infiltrate aufweisen, oder bei Wunden in pathologisch veränderter Haut kann eine Biopsie vorgenommen werden.
        • Auslösende Grunderkrankungen ausschließen.
        • Siehe auch TrainAMed Wund- und Hautabstrich (Uni Freiburg).

        Bei Spezialist*innen

        • Bei unklaren Geschwüren am Unterschenkel soll die Durchblutung geprüft werden.
        • Wenn über einen bestimmten Zeitraum (z. B. 4 Wochen) nachweislich keine Veränderungen objektiv nachweisbar sind, ggf. reevaluieren, ob die Grunderkrankung richtig erkannt und ausreichend therapiert wurde (z. B. regelmäßige Lagerungswechsel bei Drucknekrosen, konsequentes Tragen der Kompressionsstrümpfe, Kompressionsstrümpfe fachgerecht?).
        • Mögliche Pflegefehler mit in Betracht ziehen.
        • Regelmäßig mit den Pflegekräften und Angehörigen kommunizieren.

        Maßnahmen und Empfehlungen

        • Sowohl das Risiko der Übertragung von Infektionserregern aus einer chronischen Wunde als auch die Besiedelung der Wunde mit Bakterien aus dem Patientenumfeld, meistens durch die an der Pflege beteiligten Personen, ist insbesondere während des Verbandswechsels groß.
        • Daher spielen Hygienemaßnahmen bei der Wundbehandlung eine entscheidende Rolle.

        Indikationen zur Überweisung

        • Ggf. zum chirurgischen Debridement (wenn hausärztlich nicht durchführbar)
        • Bei Verdacht auf ein malignes Geschwür sollte eine Überweisung an eine dermatologische oder chirurgische Praxis erfolgen.

        Checkliste zur Überweisung

        Nicht heilende Wunden

        • Zweck der Überweisung
          • Diagnostik? Therapie? Operation? Sonstiges?
        • Anamnese
          • Beginn und Dauer? Progression?
          • Grunderkrankung: arterielles oder venöses Ulkus, Diabetes? Kontaminierte Wunde: Infektion, Fremdkörper in der Wunde? Einnahme eines Medikaments, das zu einer Gefäßkonstriktion führt? Verdacht auf maligne Erkrankung?
          • Sonstige relevante Krankheiten? Familiäre Prädisposition?
          • Evtl. durchgeführter Behandlungsversuch: Wirkung?
          • Regelmäßig eingenommene Medikamente?
        • Klinische Untersuchung
          • Lokalisation? Größe und Tiefe? Erscheinungsbild des Wundbetts? Umliegende Haut normal oder anomal? Infizierte Wunde? Sind die Wundränder unterminiert? Lokale Lymphknoten?
          • Allgemeinzustand?
        • Ergänzende Untersuchungen
          • ggf. Hb, Leukozyten, CRP, BSG
          • evtl. Hautbiopsie in Einzelfällen und bei begründetem Verdacht
          • evtl. Wundabstrich in Einzelfällen und bei begründetem Verdacht

        Patienteninformationen

        Patienteninformationen in Deximed

        Video

        Illustrationen

        Arterielle Ulzera sind auf eine unzureichende Durchblutung und eine damit einhergehende Ischämie des Gewebes zurückzuführen. Die häufigste Grundursache ist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit.
        Arterielle Ulzera sind auf eine unzureichende Durchblutung und eine damit einhergehende Ischämie des Gewebes zurückzuführen. Die häufigste Grundursache ist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit.
        Die venöse Hypertonie bei chronisch venöser Insuffizienz scheint bei der Entwicklung venöser Ulcera cruris eine zentrale Rolle zu spielen und stellt somit einen wichtigen Ansatzpunkt bei der Behandlung dar.
        Die venöse Hypertonie bei chronisch venöser Insuffizienz scheint bei der Entwicklung venöser Ulcera cruris eine zentrale Rolle zu spielen und stellt somit einen wichtigen Ansatzpunkt bei der Behandlung dar.
        Druckgeschwüre sind auf eine ischämische Nekrose und eine Ulzeration von Gewebe über Knochenvorsprüngen zurückzuführen, das über lange Zeit einem Druck von außen ausgesetzt war. Ein Druckgeschwür kann z. B. durch Wundliegen entstehen. Hier ist von einer mehrschichtigen Schädigung mit einer tiefen Wundhöhle auszugehen.
        Druckgeschwüre sind auf eine ischämische Nekrose und eine Ulzeration von Gewebe über Knochenvorsprüngen zurückzuführen, das über lange Zeit einem Druck von außen ausgesetzt war. Ein Druckgeschwür kann z. B. durch Wundliegen entstehen. Hier ist von einer mehrschichtigen Schädigung mit einer tiefen Wundhöhle auszugehen.
        Diabetisches Fußulkus: Infolge einer Neuropathie und einer eingeschränkten Beweglichkeit der Gelenke kann es zu anomalen Druckbelastungen kommen, die in Kombination mit einer peripheren Ischämie bei Diabetes-Patienten zu einem erhöhten Ulzerationsrisiko führen. Das Bild zeigt eine gründlich revidierte Wunde.
        Diabetisches Fußulkus: Infolge einer Neuropathie und einer eingeschränkten Beweglichkeit der Gelenke kann es zu anomalen Druckbelastungen kommen, die in Kombination mit einer peripheren Ischämie bei Diabetes-Patienten zu einem erhöhten Ulzerationsrisiko führen. Das Bild zeigt eine gründlich revidierte Wunde.
        Das Pyoderma gangraenosum ist eine seltene, aber schwere ulzerierende Hauterkrankung. In der Hälfte der Fälle geht die Erkrankung mit einer systemischen Grunderkrankung einher.
        Das Pyoderma gangraenosum ist eine seltene, aber schwere ulzerierende Hauterkrankung. In der Hälfte der Fälle geht die Erkrankung mit einer systemischen Grunderkrankung einher.
         

        Quellen

        Leitlinien

        • Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz. AWMF-Leitlinie Nr. 091-001. S3, Stand 2012 (abgelaufen, aktuell in Überarbeitung). www.awmf.org
        • NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL): Typ-2-Diabetes Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen. (abgelaufen) www.leitlinien.de

        Literatur

        1. Diegelmann RF, Evans MC. Wound healing: an overview of acute, fibrotic and delayed healing. Front Biosci 2004; 9:283. PubMed
        2. Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz. AWMF-Leitlinie Nr. 091-001 (abgelaufen, aktuell in Überarbeitung). www.awmf.org
        3. NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL): Typ-2-Diabetes Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen. (abgelaufen) www.leitlinien.de
        4. Morbach S, Furchert H, Gröblinghoff U, et al. Long-term prognosis of diabetic foot patients and their limbs: amputation and death over the course of a decade. Diabetes Care 2012; 35:2021. PubMed
        5. Turan A, Mascha EJ, Roberman D, et al. Smoking and perioperative outcomes. Anesthesiology 2011; 114:837. PubMed
        6. Sørensen LT. Wound healing and infection in surgery: the pathophysiological impact of smoking, smoking cessation, and nicotine replacement therapy: a systematic review. Ann Surg 2012; 255:1069. PubMed

        Autor*innen

        • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
        • SylviDie Torvundursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, spesialist i allmennmedisin, Nidarvol legesenter, Trondheim
        • Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim https://legehandboka.no/).
L984
s97S29; kronisk hudsårS97
chronische Wunden; Dekubitus; diabetisches Fußsyndrom; diabetisches Fußulkus; diabetisches Fußulcus; chronische Ulzera; chronische Ulcera; Pyoderma gangraenosum; akute Wunden
Nicht heilende Wunden
TrainAMed-Video eingefügt 25.6.19 UB
CCC MK 03.06.2020, revidiert, veraltete LL entfernt. chck go 17.3. DDD MK 11.12.2017, komplett überarbeitet DEGAM Fuchs 22.1.18
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Eine Wunde ist ein Defekt der normalen Struktur und Funktion der Haut und des darunter liegenden Gewebes. Wunden werden in akut oder chronisch eingeteilt. Akute Wunden heilen in der Regel in Form einer festen Abfolge physiologischer Prozesse:1 exsudative Phase (Entzündungsphase): 1.–4.Tag proliferative Phase (Granulationsphase): 2.–16. Tag reparative Phase (Epithelialisierungsphase): 5.–25. Tag.
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