Definition:Durch Einwirkung von optischer Strahlung, insbesondere UV-Licht, entstehende Hautveränderungen.
Häufigkeit:Häufigste Lichtdermatose, abgesehen von Sonnenbrand, ist die polymorphe Lichtdermatose (PLD) mitPrävalenz in Westeuropa von 10–20 %.
Symptome:Abhängig vom Krankheitsbild entwickelt sich innerhalb von Minuten (Urticaria solaris) bis mehreren Stunden nach UV-Exposition ein Ekzem.
Befunde:Klinisches Bild des Ekzems je nach Ursache unterschiedlich. Bei PLD-Veränderungen individuell sehr verschieden, jedoch laufen erneute Episoden bei Betroffenen stets gleich ab.
Diagnostik:Blickdiagnose bei typischer Anamnese.In den meisten Fällen keine zusätzlichen Untersuchungen notwendig.
Therapie:Bei allen Lichtdermatosen als Akutmaßnahme Lichtkarenz. Primärpräventiv Senkung der UV-Belastung durch adäquaten Sonnenschutz. Symptomatische Therapie mit Kühlung, topischen Glukokortikoiden und Antihistaminika. Weitere spezifische Maßnahmen abhängig von Krankheitsbild, z. B. präsaisonales Photohardening bei PLD oder Allergenkarenz bei phototoxischen Reaktionen.
Allgemeine Informationen
Definition
Durch Einwirkung von optischer Strahlung, insbesondere UV-Licht, entstehende Hautveränderungen1
Vielzahl an Differenzialdiagnosen; aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in diesem Artikel nur die häufigsten Lichtdermatosen für die Hausarztpraxis genannt.
Einteilung in primäre und sekundäre Lichtdermatosen2
Phototoxische Dermatitis und photoallergisches Ekzem
Phototoxische Hautreaktionen häufiger als photoallergische2
Photoallergische Reaktionen treten, im Gegensatz zur Phototoxizität, nur auf, wenn vorab eine spezifische Sensibilisierung erworben wurde.
Photokontaktallergien machen ca. 1–2 % aller Kontaktallergien aus.2
Ätiologie und Pathogenese
Grundlagen zur UV-Strahlung
Sonne gibt neben Wärme und Licht auch ultraviolette (UV) Strahlen ab.8
Machen etwa 9 % der Sonnenstrahlung aus.
für das menschliche Auge nicht sichtbar
Unterscheidung in UV-A-, UV-B- und UV-C-Strahlen hinsichtlich der physikalischen und biologischen Eigenschaften, die durch jeweilige Wellenlänge bedingt sind.8
UV-A-Strahlen
langwellig
Erreichen ungehindert Erdboden, durchdringen im Gegensatz zu UV-B und UV-C auch Fensterglas.
Existenz einer inaktiven Vorstufensubstanz (Chromophor)
Chromophor wird durch Licht-Aktivierung zu immunologisch aktivem Photoallergen.
Bindung von IgE an entstandenes Photoallergen und daraus resultierende Immunreaktion durch Mastzelldegranulation
Phototoxische Dermatitis
Phototoxische Hautreaktionen entstehen durch exogene Substanzen, die nach innerlicher Aufnahme (z. B. von Medikamenten) oder nach äußerlichem Kontakt (z. B. mit Pflanzen, die Furocumarine enthalten) unter UV-Einwirkung (meist UV-A) direkte Gewebs- oder Zellschädigung hervorrufen.1
Bei photoallergischen Reaktionen werden meist äußerlich mit Haut in Kontakt kommende Substanzen, seltener systemisch aufgenommene Agenzien, durch UV- und damit Energieeinwirkung chemisch modifiziert und dadurch zum Allergen.
Nach erfolgter Sensibilisierung kommt es bei erneutem Kontakt, ähnlich wie beim allergischen Kontaktekzem, zu ekzematösen Hautläsionen.
Wichtige Photoallergene:
Sonnenschutzmittel
Duftstoffe
Medikamente wie NSAR.
Prädisponierende Faktoren
Hauttypen
Helle Hauttypen, insbesondere Hauttypen 1 und 2, sind besonders empfänglich für PLD (polymorphe Lichtdermatose) und Sonnenbrand (Dermatitis solaris).
Phototoxische und photoallergische Lichtdermatosen zeigen weniger auffällige Assoziation mit heller Haut.
Einteilung der Hauttypen und jeweilige Sonnenbrandschwelle (SBS)11
Hauttyp 1 (keltisch): SBS 10 min
Hauttyp 2 (nordisch): SBS 10–20 min
Hauttyp 3 (Mischtyp): SBS 20–30 min
Hauttyp 4 (mediterran): SBS 30–45 min
Hauttyp 5 (dunkel): SBS 60 min
Hauttyp 6 (schwarz): SBS 90 min
Photosensibilisierende Medikamente
Medikamente mit photosensibilisierender Wirkung2,12
Weitere Substanzen mit photosensibilisierender Wirkung, u. a.:
Furocumarine (z. B. Psoralen): natürlicherweise in Feigen, Sellerie und Zitrusfrüchten sowie diversen Pflanzen und Gräsern
Teer(derivate).
ICPC-2
S06 Rötung/Ausschlag, lokalisiert
S80 Sonnenbrand
ICD-10
L55 Dermatitis solaris acuta
L56 Sonstige akute Hautveränderungen durch Ultraviolettstrahlen
L56.0 Phototoxische Reaktion auf Arzneimittel
L56.1 Photoallergische Reaktion auf Arzneimittel
L56.2 Phototoxische Kontaktdermatitis
L56.3 Urticaria solaris
L56.4 Polymorphe Lichtdermatose
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
In der Regel ist durch Anamnese und klinischen Befund die Diagnosestellung ohne weitere Untersuchungen möglich.
Polymorphe Lichtdermatose
Anamnese
erstmalige Sonnenexposition der ungebräunten Haut im Frühjahr1
Die Symptomatik läuft meistens jedes Jahr gleich ab mit ähnlichem klinischem Bild.13
Symptome
Wenige Stunden bis Tage nach der UV-Exposition treten stark juckenden Hautläsionen an UV-Licht-exponierten Arealen wie Gesicht, Hals, Dekolleté, Unterarmen und Handrücken auf.1
Das Gesicht bleibt oft verschont, da die Gesichtshaut aufgrund der ganzjährigen Exposition an Bestrahlung gewöhnt ist.
Polymorphe Lichtdermatose
Klinischer Befund
interindividuell stark unterschiedlich (daher der Name polymorph)2
makulöse, papulöse, papulovesikulöse, urtikarielle, multiforme- und plaqueartige Varianten
beim jeweiligen Individuum in der Regel gleichartige (monomorphe) Hautveränderungen an sonnenexponierten Bereichen1
Weitere Diagnostik
meist nicht notwendig
Bei unklarem Befund ggf. Photoprovokation (Provokation typischer Hautläsionen durch Bestrahlung mit definierten Dosen des UV-A- und UV-B-Spektrums)1
Meist innerhalb weniger Stunden nach UV-Exposition Ausbildung von scharf begrenzten, brennenden Erythemen mit Ödemen, auf denen sich Vesikel und Blasen ausbilden können.
Der klinische Befund ist abhängig von dem auslösenden Agens:1
Wiesengräser-Dermatitis: streifenartige, scharf begrenzte Erytheme, die den Abstreifspuren der Gräser entsprechen2, sowie bizarre postinflammatorische Hyperpigmentierungen.
Photoallergische Dermatitis
Anamnese
Auftragen von Substanzen auf Haut, z. B. Sonnenschutzmittel oder Duftstoffe?
Symptome
nach Sonnenexposition Ekzembildung in exponierten Arealen, oft juckend
Klinischer Befund
Zeichen der allergischen Kontaktdermatitis mit Erythemen sowie Papulovesikeln und selten Blasen2
im Gegensatz zur phototoxischen Dermatitis auch Streuherde in nichtexponierten Hautbereichen1
Nachweis Photosensibilisierung gegenüber epikutan einwirkenden Substanzen, die jeweils zweifach auf Rücken aufgetragen werden.
Jeweils eines der beiden Testfelder jeder Substanz wird UV-bestrahlt, das andere nicht.
Bei Photoallergie zeigt sich die Reaktion nur im UV-bestrahlten Areal, bei klassischer Spättypreaktion sowohl im UV-bestrahlten wie auch im nichtbestrahlten Areal.
Beim typischen Bild einer Lichtdermatose besteht kein Bedarf für weitere Untersuchungen.
Bei lang dauerndem oder atypischem Verlauf einer PLD die Möglichkeit einer anderen Diagnose in Erwägung ziehen, insbesondere systemischer Lupus erythematodes. In diesem Fall u. a. Punktionsbiopsie einer Läsion und serologische Tests auf ANA oder Anti-ds-DNA.
Bei Verdacht auf Porphyrie u. a. Urinprobe auf Delta-Aminolävulinsäure und Porphobilinogen
Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung
Bei unklarer Diagnose oder für spezielle Therapiemaßnahmen (z. B. präventive Phototherapie der PLD) Überweisung an dermatologische Praxis
Bei großflächigem Sonnenbrand mit Verbrennungen 2. Grades mit > 10–15 % betroffener Körperoberfläche Einweisung in ein Krankenhaus9
Therapie
Therapieziele
Symptomlinderung
Rezidivprophylaxe
Vermeidung von Komplikationen
Empfehlungen für Patient*innen
Primärpräventive Maßnahmen zur Senkung der UV-Belastung sind für alle Patient*innen von großer Bedeutung.9
Vermeidung von Sonnenexposition zur Mittagszeit
Auftragen von UV-Schutzmitteln bei längerem Aufenthalt im Freien
Bei Verdacht auf phototoxische oder photoallergische Reaktionen Karenz gegenüber mutmaßlichen toxischen oder allergenen Substanzen
Prophylaktische Bestrahlungen (Photohardening, s. u.) sollten nur unter fachärztlicher Aufsicht und nicht im Solarium erfolgen, um ein Minimum an UV-Belastung zu garantieren.2
Therapie abhängig von Krankheitsbild
Polymorphe Lichtdermatose
Akuttherapie
Weitere UV-Exposition meiden.
lokal antiinflammatorisch mit topischen Glukokortikoiden und/oder Antihistaminika (wirken nur symptomatisch gegen Juckreiz)2
Beispiel für Glukokortikoid: 0,25 % Hydrocortison-Creme (ab 7. Lebensjahr, 1–2 x/d dünn auftragen, maximal 10 % der Körperoberfläche)14
Beispiel für Antihistaminikum: Dimetinden 0,1 % Gel (bis zu 3 x/d dünn auftragen)15
Prävention
präsaisonales Hardening: repetitive Bestrahlung mit unterschwelligen Dosen des auslösenden UV-Spektrums1
Mittel der Wahl moderne, nichtsedierende H1-Antihistaminika in kleinstmöglich wirksamer Dosis7
Folge: Desensibilisierung, die dadurch erreicht wird, dass Patient*innen durch Symptomreduktion eine längere Sonnenexposition ermöglicht wird.
Beispiel nichtsedierendes Antihistaminikum: Loratadin (Kinder ab 30 kg und Erwachsene 10 mg 1 x/d, Kinder ab 2 Jahren unter 30 kg Körpergewicht 5 mg 1 x/d, für Kinder < 2 Jahre nicht geeignet)16
bei mangelndem Therapieerfolg Einsatz von Omalizumab (IgE-Antikörper)
Prävention
Toleranzentwicklung durch Photohardening (Phototherapie mit unterschwelliger UV-Bestrahlung)
Cave: Tragen von dunkler Kleidung aus dicht gewebtem Stoff empfohlen! Helle Kleidung kann aufgrund im Gewebe enthaltener Aufheller zu gegenteiligem Effekt und Verstärkung der Symptome führen.7
je nach Verlaufsform manchmal erhöhte Verletzbarkeit der Haut mit Blasenbildung nach banalen Traumata
Photoallergische Dermatitis
Krankheitsbild kann bei fortgesetzter Allergenexposition in eine chronische, sich verselbstständigende Form übergehen (chronisches photoallergisches Kontaktekzem).
Prognose
Polymorphe Lichtdermatose
ohne Therapie sehr hohe Neigung zum jährlichen Rezidiv10
Dermatitis solaris
Leichtgradige Sonnenbrände heilen meist vollständig aus.
Mit jedem Sonnenbrand steigt jedoch das Risiko für Hautkrebs.
Urticaria solaris
Therapie für Patient*innen und Behandelnde herausfordernd. Oftmals sind mehrere Therapieversuche notwendig, um ein adäquates Therapieansprechen zu erzielen.7
Phototoxische Dermatitis
nach Karenz der photosensibilisierenden Substanzen in der Regel keine Beschwerden mehr
Photoallergische Dermatitis
Durch stattgefundene spezifische Sensibilisierung bleibt die allergische Reaktion auf das Agens meist ein Leben lang bestehen.1
Ratiopharm. Fachinformation Loratadin. Stand 2018. Letzter Zugriff 12.10.2021. www.ratiopharm.de
Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Durch Einwirkung von optischer Strahlung, insbesondere UV-Licht, entstehende Hautveränderungen. Häufigkeit:Häufigste Lichtdermatose, abgesehen von Sonnenbrand, ist die polymorphe Lichtdermatose (PLD) mit Prävalenz in Westeuropa von 10–20 %.