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Ichthyosis

Zusammenfassung

  • Definition:Ichthyosen sind eine Gruppe von primär hereditären Hauterkrankungen mit gestörter Keratinisierung der Epidermis.
  • Häufigkeit:Die häufigste Form, Ichthyosis vulgaris, hat eine Häufigkeit von 1:100–250, die schwereren Erkrankungsformen sind sehr selten.
  • Symptome:Ichthyosen äußern sich durch eine sehr trockene Haut mit verdickter Hornschicht und Schuppenbildung unterschiedlichen Ausprägungsgrades.
  • Befunde:Je nach Form der Ichthyosis zeigt sich die Erkrankung durch trockene, raue Haut bis hin zu dicken, verhornten Schuppen, Erythrodermie und Blasenbildung.
  • Diagnostik:Als Diagnostik kommen eine Hautbiopsie mit histologischer Untersuchung und ggf. molekulargenetische Analysen infrage.
  • Therapie:Balneotherapie, keratinolytische und rückfettende Externa.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Ichthyosen sind eine Gruppe von Hauterkrankungen, die zu einer Verhornungsstörung der Haut führen. Sie sind in der Regel genetisch bedingt, es gibt allerdings auch erworbene Formen.1
  • Der Name Ichthyosis ist vom griechischen Wort „Ichthys“ für Fisch abgeleitet und bezieht sich auf das Erscheinungsbild dieser schuppigen Hauterkrankung.1
  • Die Erkrankungen äußern sich primär durch ein Hautbild mit trockener Haut, verdickter Hornhaut und schuppigen Hyperkeratosen verschiedenen Schweregrades.1
  • Die häufigsten Formen sind Ichthyosis vulgaris und die X-chromosomal-rezessive Ichthyosis.2
  • Es werden zwei Hauptgruppen der Ichthyosis unterschieden:
    • Nicht-syndromale Ichthyosen, die nur die Haut betreffen, z. B. Ichthyosis vulgaris, nicht-syndromale X-chromosomal-rezessive Ichthyosis.
    • Syndromale Ichthyosen, bei denen auch Manifestationen in anderen Organsystemen auftreten, z. B. Sjögren-Larsson-Syndrom. Hier stehen die Hauterscheinungen oft nicht im Vordergrund.3
  • Die seltenen, schweren kongenitalen Ichthyosen sind klinisch meist schon bei Geburt zu erkennen, wohingegen die häufigen Formen, z. B. Ichthyosis vulgaris, meist erst etwas später im Säuglings- und Kindesalter auftreten.3
  • Die schweren, kongenitalen Formen können im Säuglingsalter lebensgefährlich sein durch schwere Hautentzündungen, Infektionen und Dehydratation durch transkutanen Flüssigkeitsverlust.1,3-4

Häufigkeit

  • Prävalenz
    • Die häufigste Erkrankungsform, die Ichthyosis vulgaris, hat eine Häufigkeit von etwa 1:100–250.
    • Die X-chromosomal-rezessive Ichthyosis hat eine Prävalenz von 1:4.000.
    • Die übrigen selteneren Formen betreffen etwa 1 von 100.000–500.000 Personen.
    • Erworbene Ichthyosen sind selten.1,3,5

Ätiologie und Pathogenese

  • Die meisten Erkrankungen dieser Gruppe sind genetisch bedingt und werden autosomal dominant oder rezessiv vererbt, selten gibt es erworbene Formen.1
  • In der Regel wird die Verhornungsstörung durch eine zellulären Dysfunktion in der Epidermis verursacht, die zu einer Störung der Hautbarriere führt mit konsekutivem vermehrten Flüssigkeitsverlust und einer kompensatorischen verstärkten Verhornung.1
  • Mehr als 50 verschiedene Gene sind bekannt, deren Mutation mit einer Ichthyosis in Verbindung gebracht wird. Zum Beispiel entsteht die häufigste Form, Ichthyosis vulgaris, durch eine autosomal-dominante Mutation im Filaggrin-Gen.1 
  • Phänotyp und Ausprägungsgrad der Ichthyosis sind unterschiedlich je nach verursachender Mutation.1 
  • Mögliche Ursachen für eine erworbene Ichthyosis sind exzessive Hautreinigung, Neoplasien, Infektionen (z. B. HIV), Medikamente, endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose), metabolische Erkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz) oder autoimmune Erkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes.6

Prädisponierende Faktoren

  • Positive Familienanamnese

ICPC-2

  • S83 Angeborene Hautanomalie, andere
  • S99 Hautkrankheit, andere

ICD-10

  • L85.- Sonstige Epidermisverdickung
    • L85.0 Erworbene Ichthyosis
    • L85.1 Erworbene Keratosis palmoplantaris [Erworbenes Keratoma palmoplantare]
    • L85.2 Keratosis punctata (palmoplantaris)
    • L85.3 Xerosis cutis
    • L85.8 Sonstige näher bezeichnete Epidermisverdickungen
    • L85.9 Epidermisverdickung, nicht näher bezeichnet
  • Q80.- Ichthyosis congenita
    • Q80.0 Ichthyosis vulgaris
    • Q80.1 X-chromosomal-rezessive Ichthyosis
    • Q80.2 Lamelläre Ichthyosis
    • Q80.3 Bullöse kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie
    • Q80.4 Ichthyosis congenita gravis [Harlekinfetus]
    • Q80.8 Sonstige Ichthyosis congenita
    • Q80.9 Ichthyosis congenita, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • In den meisten Fällen wird die Diagnose anhand der typischen Anamnese und der klinischen Untersuchung gestellt.
  • Bei Bedarf weiterer diagnostischer Maßnahmen erfolgt eine Hautbiopsie mit histologischer Untersuchung und ggf. genetische Untersuchungen.3

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Allgemeines

  • Die Hautveränderungen sind meist bereits bei der Geburt erkennbar oder entwickeln sich in den ersten Lebensmonaten oder -jahren.1
  • Eine verminderte Schwitzfähigkeit kann zu Hitzestau und Überhitzung führen.3
  • Wichtige anamnestische Fragestellungen
    • Familienanamnese
    • Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome
    • Besteht die Ichthyosis bereits seit der Geburt? Gab es Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen?
      • Die seltenen, schweren kongenitalen Formen liegen meist schon zur Geburt vor, wohingegen z. B. die Ichthyosis vulgaris erst später auftritt.
    • Klinischer Befund bei der Geburt und Verlauf?
      • Ausprägung, Art und Verteilung des Hautbefundes
      • Nicht-kutane Symptome, die für eine syndromale Form sprechen?
    • Verminderte Schwitzfähigkeit mit Hyperthermieneigung?
    • Bei Verdacht auf eine erworbene Ichthyosis, Hinweise auf eine zugrunde liegende Ursache?3

Ichthyosis vulgaris

  • Häufigste Art der Ichthyosis
  • Autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit unterschiedlichem Schweregrad je nach Anzahl der Mutationen.
  • Die Familienanamnese ist häufig positiv.
  • Normales Hautbild bei der Geburt, Auftreten im Alter von 2–6 Monaten
  • Klinisch zeigen sich typischerweise symmetrische kleine, feine, hellgraue Schuppungen führend an den Streckseiten der Extremitäten und vertiefte Furchen an Handflächen und Fußsohlen sowie eine Keratosis pilaris.
  • Typisch ist eine spontane Besserung im Sommer.
  • Erhöhtes Risiko für atopische Erkrankungen wie atopische Dermatitis, allergische Rhinitis oder Asthma.3,5

X-chromosomal-rezessive Ichthyosis 

  • Fast ausschließlich bei Jungen
  • Auftreten bei Geburt oder wenig später
  • Klinisch zeigen sich größere, fest anhaftende Schuppen am gesamten Körper. Handflächen und Fußsohlen sind meist nicht betroffen.
  • Verschlechterung im Winter
  • Häufig nicht-kutane Symptome
    • Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen
    • Kryptorchismus (ca. 20 %)
    • Auffälligkeiten des Sozialverhaltens, z. B. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) (40 %) oder Autismus (25 %)1,3,5

Autosomal-rezessive kongenitale Ichthyosen

  • Gruppe autosomal-rezessiver Ichthyosen ohne Neigung zur Blasenbildung und Exfoliation, u. a.:
    • lamelläre Ichthyosis
    • Harlekin-Ichthyosis
    • kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie.
  • Die Häufigkeit liegt bei 1:60.0000–100.000.
  • Manifestation bereits bei der Geburt
  • Klinisch zeigt sich bei der Geburt bei den meisten Formen eine Kollodium-Membran, eine Membran, die die Haut des Neugeborenen umgibt und sich in den ersten Lebenswochen ablöst.
    • Im Verlauf entwickelt sich dann das Bild einer schweren kongenitalen Ichthyosis mit Schuppenbildung, oft mit Erythrodermie.
    • Bei ca. 10 % der Patient*innen kommt es im Verlauf zu einer deutlichen spontanen Besserung.
  • Die schwerste Form ist die Harlekin-Ichthyosis.
    • Bereits bei Geburt dicke, plattenartige große Hautschuppen2,7 am ganzen Körper, die die Bewegung einschränken.
    • Neigung zu Hautinflammation und Infektionen
    • Häufig intrauteriner Fruchttod und Frühgeburtlichkeit. Die Mortalität im Säuglingsalter beträgt 50 %.
  • Unmittelbare Probleme nach der Geburt sind Hypothermie und Dehydratation aufgrund der gestörten Hautbarriere sowie Infektionen bis zur Sepsis.2,7

Keratinopathische Ichthyosen

  • Ichthyosen mit Mutationen des Keratin-Gens mit Neigung zur Blasenbildung, z. B. epidermolytische Hyperkeratose
  • Häufigkeit 1:200.000–500.000
  • Meist autosomal-dominant, aber auch autosomal-rezessive Formen
  • Bei Geburt Erythrodermie mit Blasenbildung, im Verlauf dann führende Hyperkeratosen mit Schuppenbildung1,3,5

Erworbene Ichthyosis

  • Selten
  • Tritt in der Regel später im Leben meist als Folge einer Systemerkrankung auf.
  • Anamnestisch sind Hinweise auf die zugrunde liegende Ursache von Interesse, z. B. exzessive Hautreinigung, Neoplasien, Infektionen (z. B. HIV), Medikamente, endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose), metabolische Erkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz) oder autoimmune Erkrankungen wie z. B. systemischer Lupus erythematodes.6

Klinische Untersuchung

  • Je nach Form der Ichthyosis können die Hautveränderungen unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
  • Die Hornveränderungen können diffus oder lokalisiert auftreten.2
  • Mögliche Hautveränderungen
    • trockene Haut (Xerosis)
      Ichthyosis. Symmetrische Schuppenbildung der Haut, die von kaum sichtbarer Rauheit und Trockenheit bis zu kräftigen, verhornten, großflächigen Schuppen reichen kann.
      Ichthyosis vulgaris
    • verdickte Hornschicht, Hyperkeratosen
    • starke Schuppenbildung
    • Keratosis pilaris (Bildung von kleinen follikelgebundenen Hornknötchen v. a. an den Extremitäten)
    • palmare und plantare Hyperlinearität (Hautverdickung mit verstärkter Furchenbildung)
    • Veränderungen von Haaren und Nägeln
    • Hypohydrosis
    • Infektionen
    • Erythrodermie (eher bei seltenen kongenitalen Ichthyosen, z. B. kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie)
    • Blasenbildung (z. B. bei epidermolytischer Hyperkeratose)
    • Exfoliation1,3
  • Die Ichthyosis vulgaris ist typischerweise gekennzeichnet durch:
    • symmetrische feine, hellgraue Schuppenbildung
    • führend an den Streckseiten der Extremitäten
      Ichthyosis. Die Schuppenbildung ist auf der Streckseite der Extremitäten am stärksten ausgeprägt.
      Ichthyosis: Die Schuppenbildung ist auf der Streckseite der Extremitäten am stärksten ausgeprägt.
    • Beugefalten und Gesicht sind kaum betroffen.
    • vertiefte Furchen an Handflächen und Fußsohlen
    • Keratosis pilaris.
    • Der Ausprägungsgrad kann sehr unterschiedlich sein.1,3,5
  • Bei den seltenen, schweren kongenitalen Formen kann bei der Geburt eine Kollodiummembran auffallen, eine Membran, die die Haut des Kindes bei der Geburt umgibt.3
  • Mögliche nicht-kutane Befunde (bei syndromalen Formen)
    • Ektropium, Eklabium, Ohrdeformationen
    • Gelenkkontrakturen, Skelettanomalien
    • Seh-/Augen-/Hörstörungen
    • viszerale, neurologische, motorische oder metabolische Störungen
    • geistige Retardierung
    • Kryptorchismus3

Apparative Diagnostik in der Hausarztpraxis

  • Keine Untersuchungen von diagnostischer Relevanz

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Zusätzliche zur Anamnese und klinischen Untersuchung werden Biopsien der Haut, Haaranalysen und Blutproben zur histopathologischen und genetischen Charakterisierung der verschiedenen Formen der Ichthyosis eingesetzt.1,8

Indikationen zur Überweisung

  • Patient*innen sollten dermatologisch mitbetreut werden, ggf. kann bei leichten Formen die weitere Betreuung durch Hausärzt*innen erfolgen.
  • Insbesondere bei schweren Krankheitsformen sollte eine durch ein spezialisiertes Zentrum koordinierte interdisziplinäre Betreuung (u. a. Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Orthopädie und Gastroenterologie) angestrebt werden.
  • Ggf. humangenetische Beratung

Therapie

Therapieziele

  • Aufrechterhaltung der Feuchtigkeit der Haut
  • Vermeidung und Therapie von Infektionen
  • Verbesserung der Lebensqualität

Allgemeines zur Therapie

  • Die Therapie erfolgt symptomatisch.
  • Wichtig ist je nach Form und Ausprägung der Erkrankung eine interdisziplinäre Betreuung durch:
    • Neonatologie/Kinderheilkunde und Dermatologie
    • ggf. auch Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Orthopädie und Gastroenterologie
    • Ergo- und/oder Physiotherapie zur Erhaltung der Gelenkfunktion
    • humangenetische Beratung
    • Sozialpädagog*innen, Psycholog*innen und Familienhebammen.3
  • Rehabilitationsmaßnahmen an spezialisierten Rehabilitationskliniken sind empfehlenswert.
  • Insgesamt gibt es wenige Studien zur Ichthyosis, sodass die Empfehlungen zur Therapie primär auf Expertenwissen beruhen.3

Empfehlungen für Patient*innen

  • Die Balneotherapie ist ein wichtiger Teil der Therapie.
  • Häufiges (sogar mehrmals tägliches) Baden dient der Reinigung, Hydratisierung, und Entfernung von Resten der angewandten Externa.
    • Die Hautschuppen werden aufgeweicht und können im Anschluss leichter abgelöst werden. 
    • Meist reicht Baden in reinem Wasser aus. 
    • Eine vorheriger Aufenthalt in einem Dampfbad kann zusätzlich hilfreich sein, wobei eine kühlere Sauna aufgrund der verminderten Schwitzfähigkeit sinnvoll ist.3
  • Badezusätze je nach Bedürfnis für Rückfettung oder Keratolyse
    • rückfettende Badezusätze
    • Salz
      • Unterstützt Keratolyse und Hydratisierung.
      • Insbesondere bei entzündlichen Hautveränderungen ist ein Brennen der Haut möglich.
    • keratolytische Badezusätze
      • Unterstützung der Schuppenablösung
      • Natriumhydrogencarbonat, Weizenstärke, Reisstärke, Maisstärke
  • Mechanische Keratolyse
    • nach Vorbehandlung im Wannen- oder Dampfbad
    • Genutzt werden können z. B. Bimssteine oder künstliche Steine, spezielle Waschhandschuhe oder Mikrofasertücher.
  • Nach jedem Wasserkontakt sollten rückfettende Externa aufgetragen werden.
  • Je nach Ausprägung der Erkrankung Ganzkörpertherapie 1 x täglich bis 1 x wöchentlich, wobei der Zeitaufwand bei schwer betroffenen Patient*innen bei 60–90 Minuten liegt.3

Medikamentöse Therapie

Externa

    • Anwendung nach jedem Wasserkontakt, bei ausgeprägtem Befund grundsätzlich 1–2 x tgl., ggf. öfter an besonders betroffenen Hautarealen
    • Bei Säuglingen sollte 6–8 x tgl. eingecremt werden, wobei Externa ohne Wirkstoffe verwendet werden sollten, da diese sonst zu stark resorbiert werden.
  • Harnstoff/Urea
    • Hemmt die Epidermisproliferation, regeneriert die Hautbarriere, wirkt antimikrobiell und entschuppend.
    • Konzentrationen von 5–10 %, wobei höhere Konzentrationen vor allem den keratolytischen Effekt erhöhen.
    • Kombination möglich z. B. mit Natriumchlorid, Milchsäure oder Vitamin-A-Säure
    • 5 % Harnstoff mit 5 % Glyzerin haben einen guten keratolytischen Effekt mit weniger Hautirritationen.
    • Bei Kindern sollte Harnstoff frühestens zu Beginn des 2. Lebensjahrs verwendet werden.
    • Bei entzündlichen Hautveränderungen oft Hautbrennen nach der Anwendung, hier sind ggf. Glyzerin oder Dexpanthenol vorzuziehen.3
  • Glyzerin
    • 5- bis 10-prozentige Zubereitungen, ggf. in Kombination mit Urea
    • insbesondere bei Ichthyosis vulgaris auch als alleiniger Wirkstoff hilfreich
    • weniger irritativ als Urea3
  • NaCl
    • in Konzentrationen von 5–10 % keratolytisch
    • hydrophile Grundlage
  • Milchsäure
    • Reduziert Keratosen.
    • gut verträglich in Konzentrationen von 5 %
    • Sollte nicht bei Neugeborenen eingesetzt werden wegen der Resorptionsgefahr.
  • Polyethylenglykol (PEG)
    • hydratisierend ohne irritatives Potenzial
    • geringe keratolytische Wirksamkeit
    • 20- bis 30-prozentige Konzentration
    • besser nicht im 1. und 2. Lebensjahr
  • Lokale Retinoide ggf. mit Urea
    • gut antikeratotisch aber schnell hautirritierend, daher primär für lokalisierte, hartnäckige Areale
    • teratogenes Potenzial, daher keine Anwendung bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter ohne sichere Kontrazeption
  • Salizylsäure
    • Kann wegen zu starker Resorption bei gestörter Hautbarriere toxisch wirken und sollte bei Ichthyosis nicht angewandt werden.
  • Besondere Hautareale
    • behaarter Kopf
      • Urea oder Milchsäure in wasserlöslichen Grundlagen und Shampoos mit Urea 
    • Gesicht
      • Hautreizungen sollten vermieden werden.
      • glyzerinhaltige und nur niedrig dosierte Keratolytika (z. B. Urea bis max. 3 %)
      • rein rückfettende Pflege ohne Keratolytika z. B. Panthenol 5 %
    • hartnäckige Areale, z. B. Gelenke
      • Okklusivverbände können den Therapieeffekt intensivieren.1,3,5,7

Systemische Therapie

  • Aciretin
    • Hemmt die Hornbildung.
    • Sorgfältige Nutzen- und Risiko-Abwägung, insbesondere zu beachten sind:
      • Teratogenität
      • Anstieg von Leberfunktionswerte, Blutfette
      • Knochenveränderungen bei Langzeitbehandlung
      • Bei manchen speziellen Formen der Ichthyosis kann es zu einer Exazerbation kommen.
    • Notwendigkeit von Labor- und Röntgenkontrollen (lange Röhrenknochen, Hand- und Fußgelenke) 
    • Meist ist trotzdem eine intensive, wenn auch einfachere Lokaltherapie erforderlich.
    • Acitretin kann vor allem sinnvoll sein, wenn die Schwitzfähigkeit erhöht werden soll.
    • Eine Langzeitanwendung bei Kindern wird nicht empfohlen.1,3,5

Empfehlungen für bestimmte Arten der Ichthyosis

  • Ichthyosis vulgaris
    • Meist ist das 2-mal tägliche Auftragen von Externa ausreichend, z. B. Urea und/oder Glyzerin, eine intensive Balneotherapie ist meist nicht erforderlich.
    • Häufig leiden die Patient*innen auch an atopischer Dermatitis.
      • Bei akutem Ekzem sollte die keratinolytische Therapie reduziert werden.
      • Statt Urea können als rückfettende Substanzen Polyethylenglykol, Glyzerin oder Panthenol verwendet werden.
      • Die Balneotherapie fortführen.
  • X-chromosomal rezessive Ichthyose
    • Schwerer zu behandeln.
    • Acitretin-Therapie kann sinnvoll sein. 
  • Erworbene Ichthyosis
    • Behandlung der Ursache
    • sonst Therapie wie bei Ichthyosis vulgaris6
  • Neugeborene mit Kollodiummembran
    • Intensivmedizinische Versorgung, um Flüssigkeitsverlust, Elektrolytverschiebungen, Infektionen und Sepsis vorzubeugen.
    • polihexanidhaltige Antiseptika bei Rhagaden und Entzündungen
    • Externa ohne keratolytische Zusätze, z. B. Panthenol oder Glycerin
    • tägliches Baden in reinem Wasser mit anschließendem Eincremen
    • Augen- und HNO-ärztliche Kontrollen
  • Weitere wichtige Aspekte bei kongenitalen Ichthyosen
    • Beachten von Hypohydrosis und Hyperthermierisiko
    • ggf. spezielle Gesichtsbehandlung erforderlich
    • augenärztliche Mitbehandlung eines möglichen Ektropiums
    • Neigung zu Vitamin-D-Mangel
    • Neigung zur Superinfektion mit Hautpilzen
  • Epidermolytische Ichthyosen
    • Nur zurückhaltende mechanische Keratolyse, wenn Blasenbildung im Vordergrund steht.
    • Sehr fetthaltige Salben können die Blasenbildung fördern.
    • Anleitung von Patient*innen und Eltern zur Wundversorgung bei Blasenbildung
    • dauerhafte antiseptische Maßnahmen, z. B. Badezusätze mit Chinolinol
    • Behandlung von Erosionen und Lokalinfektionen mit Octenidin oder Polihexanid, ggf. antibiotische Therapie1,3,5

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Hängt von der Form der Ichthyosis ab. 
  • Ichthyosis vulgaris
    • Typischerweise bei der Geburt noch nicht zu erkennen, dann Entwicklung innerhalb der ersten Lebensjahre mit Zunahme bis zur Pubertät und Besserung im Alter.
    • Nur selten schwerer Verlauf, gut zu behandeln.
  • Die X-chromosomal-rezessive Ichthyosis ist meist etwas schwerer zu behandeln.
  • Die schweren, kongenitalen Ichthyosen können je nach Form im Säuglingsalter tödlich sein (z. B. Harlekin-Ichthyosis), manche Ichthyosen können sich aber auch spontan bessern oder bei adäquater, interdisziplinärer Therapie mit einer guten Lebensqualität einhergehen.1,3,5

Komplikationen

  • Abhängig von der Form der Ichthyosis
  • Einschränkung der Lebensqualität
  • Infektionen bis zur Sepsis
  • Hautinflammation
  • Entwicklung einer atopischen Dermatitis (Ichthyosis vulgaris)
  • Hypohydrosis und Hyperthermie
  • Bei schweren Formen unmittelbar postpartal Dehydratation, Elektrolytverschiebungen und Hypothermie.1,3,5

Prognose

  • Es gibt keine Heilung der Erkrankung, die die Lebensqualität deutlich beeinflussen kann. Therapeutische Maßnahmen können aber zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden und Besserung der Lebensqualität führen.
  • Die Prognose bei der Ichthyosis vulgaris ist gut. Bei vielen Patient*innen bessert sich der Zustand über die Jahre.
  • Die X-chromosomal-rezessive Ichthyosis ist meist etwas schwerer zu behandeln.
  • Die Prognose bei den selteneren schweren hereditären Formen reicht vom häufigen frühen Tod wie bei der schweren Harlekin-Ichthyosis zu einer relativ guten Lebensqualität unter adäquater Therapie. 
  • Die Prognose bei der erworbenen Ichthyosis hängt von der Art der zugrunde liegenden systemischen Erkrankung ab.2,7

Patienteninformationen

Patienteninformation in Deximed

Patientenorganisationen

Illustrationen

Ichthyosis. Symmetrische Schuppenbildung der Haut, die von kaum sichtbarer Rauheit und Trockenheit bis zu kräftigen, verhornten, großflächigen Schuppen reichen kann.
Ichthyosis vulgaris: Symmetrische Schuppenbildung der Haut, die von kaum sichtbarer Rauheit und Trockenheit bis zu kräftigen, verhornten, großflächigen Schuppen reichen kann.
Ichthyosis. Die erworbene Form ist nicht vererbt, sondern das Symptom einer Systemerkrankung. Sie kann bereits vor oder erst nach Ausbruch der zugrunde liegenden Erkrankung auftreten.
Ichthyosis: Die erworbene Form ist nicht vererbt, sondern das Symptom einer Systemerkrankung. Sie kann bereits vor oder erst nach Ausbruch der zugrunde liegenden Erkrankung auftreten.
Ichthyosis. Bei der Geburt ist die Haut unauffällig und fühlt sich normal an. Im Säuglings- und Kleinkindalter wird sie zunehmend rauer und trockener.
Ichthyosis vulgaris: Bei der Geburt ist die Haut unauffällig und fühlt sich normal an. Im Säuglings- und Kleinkindalter wird sie zunehmend rauer und trockener.
Ichthyosis. Die Schuppenbildung ist auf der Streckseite der Extremitäten am stärksten ausgeprägt.
Ichthyosis vulgaris: Die Schuppenbildung ist auf der Streckseite der Extremitäten am stärksten ausgeprägt.
Ichthyosis vulgaris. Trockene und juckende Haut. Der Juckreiz/das Jucken kann wiederum zur Rötung der betroffenen Hautbereichen führen.
Ichthyosis vulgaris: Trockene und juckende Haut. Der Juckreiz/das Jucken kann wiederum zur Rötung der betroffenen Hautbereichen führen.
Falls Sie nach Krankheitszeichen auf dunkler Haut suchen, siehe Mind the Gap: hier im Besonderen das Bild Ichthiosis.

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG). Diagnostik und Therapie der Ichthyosen. AWMF-Leitlinie 013-043. S1, Stand 2016. www.awmf.org

Literatur

  1. Limmer AL, Nwannunu CE, Patel RR, Mui UN, Tyring SK. Management of Ichthyosis: A Brief Review. Skin Therapy Lett. 2020;25(1):5-7. PMID: 32023022 www.skintherapyletter.com
  2. Goins KM. Ichthyosis. Medscape, last updated Oct 02, 2014. emedicine.medscape.com
  3. Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG). Diagnostik und Therapie der Ichthyosen. AWMF-Leitlinie 013-043, Stand 19.06.2016. www.awmf.org
  4. DiGiovanna JJ. Ichthyosiform dermatoses: so many discoveries, so little progress. J Am Acad Dermatol 2004; 51(1 Suppl): 31-4. www.jaad.org
  5. Traupe H, Fischer J, Oji V. Nonsyndromic types of ichthyoses - an update. J Dtsch Dermatol Ges. 2014;12(2):109-121. PMID: 24119255 onlinelibrary.wiley.com
  6. DiGiovanna JJ, Robinson-Bostom L. Ichthyosis: etiology, diagnosis, and management. Am J Clin Dermatol. 2003;4(2):81-95. PMID: 12553849 link.springer.com
  7. Lacz NL, Schwartz RA, Kihiczak G. Epidermolytic hyperkeratosis: a keratin 1 or 10 mutational event. Int J Dermatol 2005; 44: 1-6. PubMed
  8. Richard G. Molecular genetics of the ichthyoses. Am J Med Genet C Semin Med Genet 2004;131C:32-44. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Anneke Damberg, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
iktyose; ichtyose; fiskehud; tørr hud; Iktyose
iktyose; ichtyose; fiskehud; tørr hud; Iktyose
iktyose; ichtyose; fiskehud; tørr hud; Iktyose
Ichthyosis; Fischhaut; Ichthyose; trockene Haut; Xerosis cutis
Ichthyosis
BBB MK 21.09.2020, grundlegend überarbeitet, Therapie war veraltet, aktuelle LL. chck go 16.3.
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Definition:Ichthyosen sind eine Gruppe von primär hereditären Hauterkrankungen mit gestörter Keratinisierung der Epidermis. Häufigkeit:Die häufigste Form, Ichthyosis vulgaris, hat eine Häufigkeit von 1:100–250, die schwereren Erkrankungsformen sind sehr selten.
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