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SARS und MERS

Zusammenfassung

  • Definition:SARS und MERS sind schwere Infektionen der Atemwege, die durch verschiedene Arten des Coronavirus verursacht werden.
  • Häufigkeit:Bei früheren SARS- und MERS-Epidemien: 2002–2003 insgesamt 8.096 wahrscheinliche SARS-Fälle in 37 Ländern mit 774 Todesfällen dokumentiert. 2012–2015 mehr als 1.600 laborbestätigte MERS-Fälle gemeldet.
  • Symptome:Die Symptome sind grippeähnlich und umfassen Fieber, Krankheitsgefühl, Husten, evtl. Atemnot.
  • Befunde:Akutes respiratorisches Syndrom (mit oder ohne Fieber und Husten), radiologische oder klinische Hinweise auf Pneumonie oder akutes Atemnotsyndrom.
  • Diagnostik:Ein PCR-Test kann das Virus nachweisen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • SARS und MERS sind schwere Infektionen der Atemwege, die durch genetisch verschiedene Arten des Coronavirus aus der Familie der Coronaviridae verursacht werden.1
    • Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS) oder schweres akutes Atemwegssyndrom2
    • Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV)
    • Therapie: Es gibt keine spezifische antivirale Therapie gegen Coronaviren (SARS-CoV-2, SARS- oder MERS-Viren).

Häufigkeit

SARS-Epidemie 2002–2003

  • Die Erkrankung trat erstmalig im November 2002 in China auf, in der Provinz Guangdong; ein Nachweis erfolgte jedoch erstmalig im Februar 2003 in Hanoi, Vietnam.
  • Später breitete sich die Erkrankung nach Hongkong und in andere Länder Ostasiens sowie nach Kanada aus.
  • Global sind insgesamt 8.096 wahrscheinliche SARS-Fälle in 37 Ländern mit 774 Todesfällen dokumentiert worden.
  • Sporadische Fälle (durch Flugverkehr übertragen) wurden auf anderen Kontinenten gemeldet.
  • In Deutschland wurden während der SARS-Epidemie 2003 insgesamt 9 Erkrankte registriert; alle hatten sich in Asien angesteckt, alle überlebten.2
  • Die Mehrzahl der Patient*innen war im Alter von 25–70 Jahren, meist ohne Vorerkrankungen.
  • Im Juni 2003 erklärte die WHO die SARS-Epidemie des Jahres 2003 für beendet.1
  • Danach gab es nur noch 4 kleinere sporadische Ausbrüche, von denen 3 die Folge von Laborinfektionen waren.2
  • Man geht davon aus, dass es immer noch ein tierisches Erregerreservoir gibt. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass neue Epidemien daraus entstehen könnten.

MERS 2012–2015 3

  • Das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV1) wurde im April 2012 erstmals bei Patienten auf der arabischen Halbinsel nachgewiesen.
  • Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden mehr als 1.600 laborbestätigte Fälle gemeldet, vor allem auf der arabischen Halbinsel aus dem Königreich Saudi-Arabien, aber auch in den Nachbarländern Katar, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
  • Von den labordiagnostisch bestätigten Fällen starben in Saudi-Arabien etwa 40 %.
  • 2015 kam es zu einem neuen Ausbruch in Südkorea. Die Ansteckung erfolgte vermutlich durch einen Reisenden aus Saudi-Arabien. Bis Anfang Juli 2015 gab es unter medizinischem Personal, Familienangehörigen, Mit-Patient*innen und deren Angehörigen mehr als 180 weitere Erkrankungen, darunter 36 Todesfälle.
  • Ein (im Vergleich zu den Vorjahren) unerwarteter Anstieg von Fällen in Saudi-Arabien im August 2015 ist auf einen größeren Krankenhaus-assoziierten Ausbruch in Riyadh zurückzuführen.
  • In Europa wurden nur einzelne importierte Fälle bzw. Sekundärfälle von importierten Fällen gemeldet, darunter in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich und der Türkei.

Ätiologie und Pathogenese

Das SARS-Virus (2002–2003)

  • Ist ein Virus aus der Gattung der Coronaviren (SARS-CoV).
  • Das Virus ist hochgradig ansteckend, mehr als 50 % des ärztlichen Personals, das SARS-Patient*innen behandelt, erkrankt selbst.
  • Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt 5 Tage (2–10 Tage).
  • Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion und Aerosole von Mensch zu Mensch übertragen.
  • Das Virus kann außerhalb des Körpers für 9 Tage seine Infektiosität behalten. Ein Erhitzen auf 60 °C für 30 Minuten führt zur irreversiblen Inaktivierung des Erregers.4
  • Der natürliche Wirt des SARS-Corona-Virus sind wahrscheinlich insektenfressende Fledermäuse. Möglicherweise über wildlebende Tiere (u. a. Schleichkatzen), von denen einige in China als Delikatesse verzehrt werden, oder auch Hauskatzen als Zwischenwirte ist das Virus auf den Menschen übergesprungen.4

Das MERS-Virus (2012–2015)

  • Es gehört ebenfalls zur Gruppe der Coronaviren, unterscheidet sich jedoch von dem Virus, das SARS verursacht. Es ist eng mit einer Gruppe Coronaviren verwandt, die bei Fledermäusen vorkommen.
  • Das Virus gilt als nicht besonders ansteckend, doch bei ärztlichem Personal besteht ein besonderes Erkrankungsrisiko. Daher sollte diese Berufsgruppe bei Lungenentzündungen besonders beobachtet und auf MERS getestet werden.3
  • MERS kann von Mensch zu Mensch übertragen werden. Man geht davon aus, dass die Tröpfcheninfektion der wichtigste Übertragungsweg zwischen Menschen ist, aber andere Infektionswege können nicht ausgeschlossen werden.
  • Quelle und Reservoir für das Virus sind nicht bekannt, man geht aber davon aus, dass Tiere eine mögliche Infektionsquelle sind (möglicherweise Kamele und Dromedare). Es wurde bei Personen, die professionell mit Dromedaren zu tun haben, ein im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung höheres Risiko für eine MERS-Infektion festgestellt.3
  • Die Inkubationszeit beträgt 1–13 Tage; die meisten Patient*innen entwickeln nach 3–4 Tagen Symptome.

Disponierende Faktoren

SARS (2002–2003) und MERS

  • Aufenthalt in betroffenen Gebieten
  • Ärztliches Personal, das in engen Kontakt mit Erkrankten kommt.
  • Familienangehörige von Erkrankten

ICPC-2

  • A77 Virale Erkrankung NNB, andere

ICD-10

  • U04.9 Schweres akutes respiratorisches Syndrom [SARS], nicht näher bezeichnet
  • B34 Virusinfektion nicht näher bezeichneter Lokalisation
    • B34.2 Infektion durch Coronaviren nicht näher bezeichneter Lokalisation (außer SARS)

Diagnostik

Diagnostische Hinweise auf SARS (2002–2003)

  • Eine Person ist möglicherweise an SARS erkrankt, wenn eine Anamnese vorliegt4
    • mit Fieber, 38 °C oder höher und
    • einem Symptom oder mehreren Symptomen einer Erkrankung der unteren Atemwege (Husten, Kurzatmigkeit, Atembeschwerden) und
    • radiologischen Anhaltspunkten für Lungeninfiltrate, die zu einer Lungenentzündung oder einem RDS passen, oder Obduktionsbefunden, die zu einer Lungenentzündung oder einem RDS passen, ohne erkennbare Ursache und
    • keine alternative Diagnose eine zufriedenstellende Erklärung für die Erkrankung liefert.

Diagnostische Hinweise auf MERS (2012–2015)

  • Eine spezifische Untersuchung auf eine Erkrankung durch MERS-CoV soll durchgeführt werden bei:
    • Patient*innen mit respiratorischen Symptomen unabhängig von deren Schwere und Kontakt mit einem bestätigten oder wahrscheinlichen Fall.
    • Patient*innen mit erfülltem klinischem Bild und Aufenthalt in einem Risikogebiet.4

Differenzialdiagnosen

Anamnese

SARS (2002–2003)

  • Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt 5 Tage (2–10 Tage).
  • Die Krankheit unterscheidet sich zunächst nicht besonders von anderen infektiösen Erkrankungen der Atemwege.
  • Frühe Phase (die ersten 3–7 Tage)
    • Fieber (100 %), das die gesamte Phase über andauert.
    • Unwohlsein (100 %), Kopfschmerzen (84 %), Myalgien (81 %), Schwindel (61 %), Schüttelfrost (55 %), Husten (39 %), Halsschmerzen (23 %), Schnupfen (23 %)
    • Bis zu 70 % der Patient*innen entwickeln eine Diarrhö mit einem großen Volumen wässriger Stühle ohne Blut oder Schleim.4
    • Die meisten Patienten zeigen nach 6–7 Tagen allmählich Anzeichen einer Besserung.
  • Zweite Phase
    • Beschwerden der unteren Atemwege dominieren mit trockenem, nichtproduktivem Husten, begleitet durch Atembeschwerden und Schmerzen in der Brust.
    • Atemnot, die eine Sauerstoffzufuhr notwendig macht, kommt in einigen Fällen etwa ab dem 5. Krankheitstag vor. Bei 10‒20 % der Fälle ist eine mechanische Beatmung erforderlich.
      • Die Letalität in diesen schweren Fällen scheint bei Patient*innen über 40 Jahren mit Grunderkrankungen am höchsten zu sein.

MERS (2012–2015)

Diagnostik bei Spezialist*innen

SARS (2002–2003)

  • Die Diagnose wird durch den Nachweis virusspezifischer Antikörper in Serumpärchen, die im Abstand von 10–14 Tagen entnommen wurden, oder durch den Nachweis virusspezifischer Nukleinsäure (PCR) im Stuhl und Nasen-Rachen-Aspirat bzw. BAL durch Referenzlabore gestellt.4

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Patient*innen mit nachgewiesener SARS- oder MERS-Erkrankung sollten zur weiteren Abklärung und ggf. Therapie nach Meldung beim zuständigen Gesundheitsamt in ein Krankenhaus eingewiesen werden.

Therapie

Therapieziele

  • Symptome lindern.
  • Komplikationen und Ateminsuffizienz behandeln.
  • Ausbreitung der Infektion verhindern.

SARS und MERS

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.5-6
  • Es gibt keine spezifische antivirale Therapie gegen SARS- oder MERS-Viren.
    • Bei einigen kritisch kranken SARS-Patient*innen in Hongkong kam es nach einer Therapie mit Ribavirin i. v. in Kombination mit Kortikosteroiden zu einer klinischen Verbesserung.
    • Proteaseinhibitoren wie Lopinavir und Ritonavir zeigten keinen signifikanten Behandlungseffekt trotz einer geringen In-vitro-Wirksamkeit gegen Coronaviren. Vielversprechend ist möglicherweise eine Kombinationstherapie aus Interferon-alfa und Kortikosteroiden.
    • Einige Wissenschaftler*innen empfehlen für Patient*innen mit MERS eine Kombinationstherapie aus Interferon-alfa-2b plus Ribavirin.
  • Symptomatische Behandlung einschließlich ausreichender Flüssigkeitszufuhr, ggf. Beatmung, und Behandlung von Komplikationen

Prävention

Impfung

  • Momentan steht kein Impfstoff zur Verfügung.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Der Schweregrad von SARS 2002–2003 variierte stark von einer leichten Erkrankung bis hin zu einem tödlichen Verlauf.
    • Im Kindesalter trat SARS während der Epidemie 2003 seltener auf und zeigte einen leichteren Krankheitsverlauf.4

Komplikationen

  • Gleichzeitige bakterielle Sepsis/Pneumonie
  • Ateminsuffizienz
  • Tod
  • Daten von 2003: Schwangerschaft und SARS
    • Anstieg der fetalen Sterblichkeit in der Frühschwangerschaft und eine erhöhte maternale Mortalität im weiteren Verlauf der Schwangerschaft4

Prognose

  • 2002–2003 betrug die Letalität von SARS 5‒10 %.7
    • Auf Grundlage von Daten aus Kanada, China, Hongkong, Singapur, Vietnam und den Vereinigten Staaten variiert die geschätzte Letalitätsrate von SARS jedoch abhängig von der betroffenen Altersgruppe zwischen 0 % und 50 %.4
    • Ältere Menschen und Personen mit Komorbiditäten weisen die höchste Sterblichkeit auf.
  • Die Letalität von MERS in Saudi-Arabien betrug ca. 40 %.6

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

  • Arbeitskreis „Krankenhaus- & Praxishygiene“ der AWMF. Hygieneanforderung bei ausgewählten respiratorisch übertragbaren Infektionserkrankungen (aerogen und Tröpfchen). AWMF-Leitlinie Nr. 029-032. S1, Stand 2016. www.awmf.org

Literatur

  1. Drazen JM. SARS - looking back over the first 100 days. N Engl J Med 2003; 349: 319-20. New England Journal of Medicine
  2. Arbeitskreis „Krankenhaus- & Praxishygiene“ der AWMF. Hygieneanforderung bei ausgewählten respiratorisch übertragbaren Infektionserkrankungen (aerogen und Tröpfchen). AWMF-Leitlinie Nr. 029-032. Stand 2016. www.awmf.org
  3. Robert-Koch-Institut. Informationen des RKI zu Erkrankungsfällen durch das MERS-Coronavirus. RKI, Stand Dezember 2015. www.rki.de
  4. Robert-Koch-Institut. Krankheitsbeschreibung von SARS. RKI, Stand 2003. www.rki.de
  5. Trivedi M. Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS). Medscape, October 2015. emedicine.medscape.com
  6. Salazar D. Middle East Respiratory Syndrome (MERS). Medscape, June 2015. emedicine.medscape.com
  7. McIntosh K. Severe acute respiratory syndrome (SARS). UpToDate, last updated Oct 16, 2015. UpToDate

Autor*innen

  • Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
B34; B342; U049
A77
Infektion mit Corona-Viren; Corona-Viren-Infektion; Atemwegsinfektion; Infektion der Atemwege; Severe Acute Respiratory Syndrome; Middle East Respiratory Syndrome; MERS-CoV; SARS-CoV; Grippeähnliche Symptome; Fieber
SARS und MERS
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Definition:SARS und MERS sind schwere Infektionen der Atemwege, die durch verschiedene Arten des Coronavirus verursacht werden. Häufigkeit:Bei früheren SARS- und MERS-Epidemien: 2002–2003 insgesamt 8.096 wahrscheinliche SARS-Fälle in 37 Ländern mit 774 Todesfällen dokumentiert. 2012–2015 mehr als 1.600 laborbestätigte MERS-Fälle gemeldet.
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