Definition: Arthrose im Glenohumeralgelenk mit Verschleiß der Gelenkknorpel und des Labrums und begleitender Synovitis.
Häufigkeit: Prävalenz etwa 3 %, mit dem Alter zunehmend.
Symptome: Zunehmende Schmerzen, Steifigkeit und Funktionseinschränkungen in der Schulter, die sich über Monate und Jahre entwickeln.
Befunde: Eingeschränkte Beweglichkeit, insbesondere bei der Abduktion und Außenrotation.
Diagnostik: Anamnese, körperliche Untersuchung und Röntgen als Standarddiagnostik.
Therapie: Physiotherapie, ggf. Analgetika und Infiltrationen. Bei Versagen der konservativen Therapie bei jungen Patienten Arthroskopie, bei älteren Patienten Implantation einer Schulterprothese.
Allgemeine Informationen
Definition
Gelenkdestruierende Erkrankung des Glenohumeralgelenks mit begleitender Synovitis1
Verschleiß des Labrums sowie des Gelenkknorpels von Glenoid und Humeruskopf
Primäre, essenzielle Omarthrose oder sekundäre Omarthrose
Mögliche sekundäre Ursachen: Rotatorenmanschetten-Arthropathie, rheumatoide Arthritis, avaskuläre Nekrose des Caput humeri oder posttraumatisch
Kann leicht übersehen werden, was mit einer verzögerten Diagnostik und langwierigem Behandlungsverlauf verbunden ist.2
Ausstrahlende Schmerzen, z. B. von der Halswirbelsäule
Anamnese
Die Anamnese spielt bei der Diagnostik atraumatischer Schulterschmerzen eine wichtige Rolle, denn es besteht keine eindeutige Korrelation zwischen den mit bildgebenden Verfahren nachgewiesenen degenerativen Veränderungen und den Symptomen.2
Typisch
Zunehmende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, in der Regel ist die Außenrotation als Erstes eingeschränkt.
Schmerzen frontal und tief lokalisiert, häufig auch nachts
Knirschen im Gelenk, evtl. Schwellungen des Gelenks, intermittierende Blockaden und Schmerzen in Ruhe – Letztere im fortgeschrittenen Krankheitsstadium
Die Intensität der Schmerzen (visuelle Analogskala, VAS) ist wichtig, um Leidensdruck zu ermitteln.
Bisherige Therapie erfragen.
Klinische Untersuchung
Lokalisation der Schmerzen von der Patientin/dem Patienten zeigen lassen.
tief, eher diffus
Test der aktiven und passiven Beweglichkeit
Typisch sind Schmerzen und evtl. eine Krepitation im Gelenk sowohl bei passiver als auch bei aktiver Bewegung der Schulter2
Bewegungsausmaß sowohl aktiv als auch passiv dokumentieren (für Einschätzung im Verlauf sinnvoll).
Anteversion/Retroversion
Abduktion/Adduktion
Innenrotation/Außenrotation
Insbesondere die Abduktion und die Außenrotation sind eingeschränkt, doch mit der Zeit nimmt das Ausmaß aller Bewegungen ab.
im späteren Verlauf durch Schonung Abnahme der Muskelkraft
Sind die Schmerzen bewegungsunabhängig, spricht dies für ausstrahlende Schmerzen, z. B. vom Nacken.
Schmerzen nur bei aktiver Bewegung?
Können die Schmerzen nur durch aktive Bewegung ausgelöst werden, liegt die Ursache meist im angrenzenden Weichteilgewebe, z. B. durch Impingement-Syndrom oder adhäsive Kapsulitis.
Muskulatur
Besteht die Arthrose bereits seit Langem, wird eine Atrophie der RotatorenmanschettenmuskulaturRotatorenmanschetten-Muskulatur sichtbar.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Keine Tests, die differenzialdiagnostisch von Nutzen wären.
Diagnostik beim Spezialisten
Röntgen gehört zur Standarddiagnostik
konventionelle Röntgenaufnahmen der Schulter in 3 Ebenen1
anterior-posterior („True a.-p.“), lateral („Y-View“) und axial
Differenzierung zwischen Omarthrose und Defektarthropathie
bei Defektarthropathie kraniale Migration des Humeruskopfes durch Defekt der Rotatorenmanschette1
MRT
Erkennen von Begleitpathologien des Weichteilgewebes
CT
heutzutage häufig präoperativ zur exakten 3-D-Prothesenplanung1
Indikationen zur Überweisung
Bei Schulterschmerzen, die den Alltag einschränkenden Schulterschmerzennken und Befunden, die für eine Schulterarthrose sprechen, sollten die Patienten zur Orthopädie überwiesen werden, um zu klären, ob eine operative Therapie indiziert ist.
Checkliste zur Überweisung
Schulterarthrose
Zweck der Überweisung
Diagnostik? Implantation einer Schulterprothese? Arthroskopie?
Anamnese
Beginn und Dauer? Trauma? Verlauf und Entwicklung? Anhaltende Beschwerden? o Grad der Schmerzen? Schmerzen in Ruhe? Nächtliche Schmerzen? Grad der Funktionseinschränkung? o Erfahrung mit konservativer Behandlung und Analgetika? o Andere relevante Erkrankungen? Regelmäßig eingenommene Medikamente? o Funktionsverlust, der sich auf die Lebensqualität auswirkt?
Klinische Untersuchung
Schmerzen? Bewegungseinschränkungen?
Apparative Diagnostik
Röntgen: Arthosegrad?
MRT: Begleitpathologien?
Therapie
Therapieziele
Symptomlinderung und Verbesserung der Schulterfunktion
Allgemeines zur Therapie
Erste Wahl sind in der Regel nichtchirurgische Maßnahmen in Form von Entlastung, leichten Analgetika, Physiotherapie und Steroidinjektionen.2
Bei Versagen der konservativen Therapie ist ein operatives Vorgehen möglich.
Empfehlungen für Patienten
Bei akuter Entzündung sind eine Entlastung und Vorsicht bei Bewegungen indiziert.
Medikamentöse Therapie
Analgetika
keine spezifischen Daten für Omarthrose, jedoch aktuelle Metaanalyse zur Schmerztherapie bei Arthrose allgemein vorhanden8
Topische Anwendung von NSAR erzielt höhere Schmerzlinderung als orale Gabe.
Empfehlung zur topischen Gabe als Ersttherapie aufgrund besserer Wirkung und weniger Nebenwirkungen
Orale NSAR sind wegen gastrointestinaler Nebenwirkungen für eine Dauertherapie nicht geeignet.1
COX-2-Hemmer mit weniger gastrointestinalen Nebenwirkungen, aber dafür vermehrt kardiovaskulären Komplikationen
Paracetamol: oral etwas geringere Schmerzreduktion als NSAR oral8, jedoch wegen der niedrigen Nebenwirkungsrate als Therapieversuch zu empfehlen (Cave: hepatische Vorerkrankungen!).
Bei älteren Patienten zeigen Opiode bei muskuloskelettalen Schmerzen nur einen geringen analgetischen Effekt bei erhöhtem Risiko für Nebenwirkungen.9
Bei entzündlicher Arthritis
Können systemische Steroide, DMARD und biologische Antirheumatika indiziert sein.
Intraartikuläre Kortisoninjektion
Kann eine analgetische und entzündungshemmende Wirkung haben, doch solche Injektionen sollten nur höchstens 2-mal wiederholt werden.10
Wegen kataboler Wirkung auf den Knorpelstoffwechsel nicht öfter als alle 3 Monate verabreichen.11
Umfasst je nach intraoperativem Befund ein Débridement, Synovialektomie, Chondroplastik, subakromiale Dekompression, Entfernung freier Gelenkkörper, Kapselrelease, Resektion der Osteophyten, Neurolyse des N. axillaris oder eine Tenotomie bzw. Tenodese der langen Bizepssehne.
Erfolgsrate: Verhindert bei mehr als 3/4 der Patienten (durchschnittliches Alter 52 Jahre) in den nächsten 5 Jahren die Implantation einer Schulterprothese.17
Schulterprothese
Indikation zur Implantation einer Gelenkprothese
Eine Schultergelenkprothese sollte angeboten werden, wenn die Bildgebung eine degenerative Schultererkrankung bestätigt hat, täglich Schmerzen bestehen und die Funktion so weit eingeschränkt ist, dass die Patienten eine Operation wünschen.2
Anatomischer Ersatz von Humeruskopf und Glenoid ist aktuell die Standardversorgung.1
Moderne schaftlose Prothesen mit Verankerung der Prothese in der Metaphyse reduzieren das Risiko von schaftassoziierten Komplikationen und ermöglichen einen einfacheren Prothesenwechsel bei Revisionen.
in ersten Langzeitstudien auch keine erhöhte Lockerungsrate im Vergleich zu Humerusschaftprothesen19-20
Totalendoprothese – inverser Typ
bei Rotatorenmanschetten-Arthropathie
bessere Stabilisierung des Gelenks als bei anatomischer Prothese
Hemiprothese
Nur den Humeruskopf durch eine Prothese zu ersetzen, ist operationstechnisch weniger aufwändig und nicht mit dem Risiko einer Lockerung der Gelenkpfannenprothese verbunden.
Teilprothesen werden z. B verwendet, wenn das Glenoid sehr gut erhalten ist.
Teilprothesen kommen heute zunehmend seltener zum Einsatz, da die Revisionsrate deutlich höher als bei einer Totalendoprothese ist.21
Komplikationen
Mögliche Komplikationen sind u. a.:
Infektionen
Lockerungen
Glenoidverschleiß.
Bei jüngeren Patienten unter 55 Jahren treten häufiger Komplikationen und die Notwendigkeit von Revisionen auf als bei älteren Patienten.22
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Arthrose schreitet über Monate und Jahre hinweg fort.
Prognose
Die Arthrose führt im Laufe der Zeit zu zunehmenden Beschwerden und einer eingeschränkten Lebensqualität.
Je besser die Schulterfunktion zum Zeitpunkt der Prothesenimplantation ist, desto besser ist auch das Endergebnis.1
Sowohl anatomische als auch inverse Prothesen verbessern die Lebensqualität und die Aktivitäten des täglichen Lebens.23
Eine Rückkehr zum Sport nach Prothesenimplantation (gemeinsames Ergebnis für inverse und anatomische Prothesen) ist bei etwa 80 % aller Patienten möglich.24
bei Golf etwa 79 %, Schwimmen 75 % und Tennis 63 %
Überlebensraten der anatomischen Prothesen von 98 % nach 5 Jahren, 93 % nach 10 Jahren, 88 % nach 15 Jahren und 85 % nach 20 Jahren25
Bei Patienten < 55 Jahren liegt die Überlebensrate der anatomischen Prothese nur bei 63 % nach 10 Jahren.26
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Autoren
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, redaktør NEL
Omarthrose; Arthrose im Glenohumeralgelenk; Verschleiß Schultergelenk
Definition: Arthrose im Glenohumeralgelenk mit Verschleiß der Gelenkknorpel und des Labrums und begleitender Synovitis. Häufigkeit: Prävalenz etwa 3 %, mit dem Alter zunehmend.