veränderte Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung von Medikamenten
Veränderte Wirksamkeit von Medikamenten kann ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkung seindarstellen.1
Veränderung der physiologischen Verteilungsräume96
Prozentual mehr Fett und weniger Muskelmasse und Wasser kann zu einem erhöhtem Verteilungsvolumen und verlängerter Wirkdauer bei fettlöslichen Medikamenten führen, z. B. bei:
Opioiden
Psychopharmaka
Amoxicillin
Furosemid.
Reduktion des Gesamtkörperwassers und der extrazellulären Flüssigkeit kann über ein niedriges Verteilungsvolumen u. U. zur Kumulation von wasserlöslichen Arzneimitteln führen, insbesondere bei gleichzeitiger Reduktion der Nierenfunktion, z. B. bei:
ACE-HemmerHemmern
Digoxin
Metronidazol
Lorazepam
L-Thyroxin.
Kernaussagen der 2016 publizierten Querschnittsstudie IMREN (Niereninsuffizienz und Medikation bei Pflegeheimbewohnern):32,108
Einschluss von 685 Patient*innen deutscher Pflegeeinrichtungen mit vorliegender geschätzter Kreatin-Clearance (eCCr)
Ca. 50 % der Bewohner*innen der Pflegeeinrichtung haben eine mittelgradige Niereninsuffizienz (eCCr 59–30 ml/min) und ca. 15 % eine hochgradigen Niereninsuffizienz (eCCr < 30 ml/min).
Ca. 25 % der Bewohner*innen erhielten ≥ 9 Dauermedikamente.
Ca. 50 % der Dauermedikamente muss bei Niereninsuffizienz dosisangepasst werden oder ist kontraindiziert.
Ca.Eine 20Dosisanpassung %an erhieltendie mindestensaktuelle einNierenfunktion Arzneimittel,kann dasleicht nichtübersehen adäquat dosiert oder kontraindiziert war (gemäß Fachinformation)werden.
erhöhtes Risiko einer nichtadäquaten Dosierung bei Einsatz von ≥ 5 Dauermedikamenten als bei weniger Medikamenten.
Medikamente können im Alter potenziell inadäquat sein.
Das Risiko für arzneimittelbezogene Probleme (ABP) sollte gegenüber dem zu erwartenden therapeutischen Nutzen abgewogen werden.43,119
Viele Studien zu PIM zeigen eine große Korrelation zwischen Anzahl der Medikamente und einem erhöhten Risiko für den Einsatz von potenziell inadäquater Medikation.12
Die Anzahl der Medikamente ist jedoch nicht zwangsläufig assoziiert mit einer potenziell inadäquaten Medikation (PIM).8
Demenz
Deutschlandweit sind ca. 1,68 Mio. Menschen von Demenz betroffen (20142022).1310
In Deutschland sind ca. 68,6 % der Bewohner*innen einer Pflegeeinrichtung an Demenz erkrankt, davon 56,6 % an einer schweren Demenz.1411
Die Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten kann zu einer erschwerten Kommunikation zwischen Patient*innen und Pflegepersonal führen. Folgen sind:
verminderte PatientencomplianceAdhärenz
z. B. erschwerte orale Gabe von Medikamenten
Symptome können nicht adäquat verbalisiert werden.
Verzögerung einer notwendigen Diagnostik
erschwertes Medikamentenmonitoring durch Ärzt*in.1512
Eine potenziell inadäquate Medikation (PIM) ist für Patient*innen mit Demenz ein erhöhter Risikofaktor für arzneimittelbezogene Probleme (ABP)87 (siehe Abschnitt Arzneimittelbezogene Probleme).
Eine individualisierte Therapie mit kontinuierlicher Adaptation wird im Verlauf der Demenzerkrankung empfohlen.16
In die Therapieentscheidung sollten Wirksamkeit, Nutzen-Risiko, Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcen miteinbezogen werden.1613
Acetylcholinesterase-Hemmer (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin) für leichte bis mittelschwere Alzheimer-Demenz1613
Höchste verträgliche Dosis soll angestrebt werden (Ia/A).1613
Die Auswahl des Acetylcholinesterase-Hemmers sollte sich primär am Neben- und Wechselwirkungsprofil orientieren.1613
Daten zur 2017 publizierten Untersuchung der Prävalenz von potenziell inadäquater Medikation (PIM) bei Patient*innen, die positiv gescreent wurden auf Demenz:87
am häufigsten eingesetzte PIM
trizyklische Antidepressiva (22,5 %)
Benzodiazepine (20,7 %)
nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika (15,3 %)
Amitryptilin (anticholinerg wirkendes Antidepressivum) wurde am häufigsten verordnet, aber in keinem der dokumentierten Fälle indikationsgerecht (neuropathischer Schmerz).
Anticholinergika und Sedativa sind in vergleichbaren Studien die am häufigsten verordneteten PIM.1714
mögliche Ursache: häufiger, nicht leitlinienkonformer Einsatz.8
Die Therapie mit lipidsenkenden Arzneimitteln sollte bei terminal an Demenz Erkrankten überdacht werden.1815
Prävalenz von potenziell inadäquater Medikation (PIM) ist in Pflegeeinrichtungen höher als bei dementen Patient*innen in häuslicher Pflege.1916
Bewohner*innen einer Pflegeeinrichtung erhalten oft bis zu 10 Medikamente gleichzeitig (SHELTER-Studie – Polypharmacy in nursing home residents with severe cognitive impairment: Results from the SHELTER Study).1512
exzessive Polypharmazie (≥ 10) und damit direkt assoziierte Symptome:
gastrointestinale Beschwerden
Schmerzen
Dyspnoe.
exzessive Polypharmazie und damit direkt assoziierte Erkrankungen, u. a.:
Exzessive Polypharmazie war direkt assoziiert mit einer Krankenhauseinweisung.1512
Die SHELTER-Studie (2013) zeigte, dass in europäischen Pflegeeinrichtungen am häufigsten Laxanzien, antiulzerogene Arzneimittel und psychotrope Medikamente verordnet wurden.15
Ein Schreiben an die Pflegeeinrichtung mit dem Hinweis, auf Probleme bei der Medikation oder Medikamenteneinnahme zu achten, kann hilfreich sein.7
Die Zahl der Arzneimittel erhöht sich mit dem Alter der Patient*innen und ist bei Frauen und Männern etwa gleich.1
Multimorbidität führt in der Regel zum Einsatz mehrerer Medikamente, da das therapeutische Ziel meist nicht mit einer Monotherapie erreicht werden kann.4
Es gibt keine einheitliche Definition für Polypharmazie.203
Polypharmazie wird u. a. definiert als:
Einnahmedie mehrerer Medikamente
exzessivegleichzeitige Einnahme von Medikamenten
unnötigeMedikamenteneinnahme
Medikamenteneinnahme5 ohneoder Indikationmehr rezeptpflichtigen oder nicht-rezeptpflichtigen Arzneimitteln.206
Polypharmazie führt zu einer Vielzahl von Konsequenzen, u. a.:
höhere Kosten
höhere Prävalenz an arzneimittelbezogenen Problemen (ABP)
Polypharmazie ist nicht per se schädlich. Auch eine medikamentöse Unterversorgung kann das Krankheitsrisiko erhöhen.20
Arzneimittelbezogene Probleme
Arzneimittelbezogene Probleme (ABP), Drug-related Problems (DRP)
Definition der Pharmaceutical Care Network Europe Foundation (PCNE) – The PCNE Classification V 79.01:
Arzneimittelbezogene Probleme (ABP) sind Ereignisse oder Umstände im Rahmen einer Arzneimittelanwendung, die den gewünschten Therapieerfolg tatsächlich oder potenziell beeinflussen.21-2218
Die Klassifikation dient vor allemDefinition der Unterscheidungpotentiell zwischeninadäquaten Medikation (PIM): den
Eine tatsMedikation ist potentiell inadächlichen Problemenquat, undwenn das Risiko schädlicher Effekte den möglichenerwarteten Ursachen, v. a.Benefit für wissenschaftlichePatient*innen Zweckeüberwiegt oder wenn eine sicherere, besser tolerierte und effektivere Alternative zur Verfügung steht.2219
Einteilung der Probleme u. a. nach:
Wirksamkeit einer Therapie
unerwünschtem Arzneimittelereignis.
Einteilung der Ursachen u. a. nach:
Auswahl des Arzneimittels (nach Leitlinien, nach Indikation, nach Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten etc.)
Das Risiko eines ABP steigt mit der Anzahl der Medikamente.
Das Risiko für potenziell inadäquate Medikation (PIM) steigt mit Anzahl der Medikamente.
Das Risiko für ABP steigt mit der Anzahl der PIM.12,2320
Bei pflegebedürftigen Menschen besteht ein hohes Risiko für Anwendungsfehler und unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE).76
Die Inzidenz von ABP in Pflegeeinrichtungen liegt bei ca. 1–8 % pro 100 BewohnertageBewohner*innentage.2421
Studien zeigen, dass etwa 20–5043 % aller Bewohner*innen in Pflegeeinrichtungen erhalten mindestens ein potentiell inadäquates Arzneimittel erhalten, das ungeeignet ist oder unsachgemäß angewendet werden.25-2819
ABP bei älteren Menschen sind in der Regel:
potenziell vermeidbar
assoziiert mit häufig verschriebenen Medikamenten.1220
Nichtadäquate medikamentöse Therapie führt zu einem erhöhten Risiko von:
Risiko sogenannter Verordnungskaskaden durch unerwünschte Arzneimittelwirkung.
Ein verordnetes Arzneimittel (das Auslöser-Arzneimittel) ruft eine UAW hervor, zu deren Behandlung ein Folge-Arzneimittel verordnet wird.
Das Folge-Arzneimittel kann zu weiteren UAW führen.
Beispiel: Diuretika zur Behandlung peripherer Ödeme, die durch Dihydropyridin-Ca-Antagonisten (wie etwa Amlodipin) ausgelöst wurden. Das Diuretikum löst eine Hypokaliämie aus, die dann mit einem kaliumsparenden Diuretikum therapiert wird.26
Nebenwirkungen und Interaktionen
Nebenwirkungen (NW) (Adverse Drug Reaction; ADR), sind Wirkungen, die neben der beabsichtigten Hauptwirkung eines Arzneimittels auftreten. Die unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) wird synonym verwendet.2127
Nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) in der letzten Neufassung von 1976 wird der Begriff Nebenwirkung umfassender definiert:
Nebenwirkungen sind bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind,: schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. (...)
Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die :
tödlichdliche Folge oder lebensbedrohend sind, eine
stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu
Folge bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität,kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. (...)
Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.3128
Nach der Richtlinie 2001/83/EG und dem deutschen AMG sind zu unterscheiden zwischen Nebenwirkungen:
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch
in Folge eines Medikationsfehlers und
in Folge von Missbrauch oder beruflicher Exposition.21
Die Studiendaten zur Prävalenz von Nebenwirkungen bei älteren Menschen divergieren stark je nach Studiendesign (ca. 5–24 %).1220
Die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen steigt mit der Zahl eingenommener Medikamente.43,37
Ca. 7 % aller Ursachen für Krankenhauseinweisungen auf internistische Stationen sind schwere Arzneimittelwirkungen.3733
Elektronische Verordnungssysteme sollten bei der Arzneimittelverschreibung zur besseren Vorhersage möglicher pharmakodynamischer Wechselwirkungen genutzt werden.3733
Strategien für eine adäquate medikamentöse Behandlung
Allgemeines
Der gesamte Abschnitt basiert, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.96
Leitfragen des MAI (Medication Appropriateness Index) als Hilfestellung zur Medikationsbewertung heranziehen.
Keine Therapie ohne Medikamentenanamnese durchführen (nach früheren Unverträglichkeiten, Selbst- und MitbehandlermedikationMitbehandler*innenmedikation fragen, Medikationsplan prüfen).
Patient*innen in die Entscheidung einer Verordnung mit einbeziehen (nicht primär von einem Verordnungswunsch ausgehen, jedoch auch nicht jeden Verordnungswunsch erfüllen).
Klären, ob eine Pharmakotherapie überhaupt erforderlich und erfolgversprechend ist.
Bei der Verordnungsentscheidung den Langzeitnutzen der Therapie berücksichtigen.
Absetzen der Pharmakotherapie, wenn sie nicht mehr nötig ist, keine gewohnheitsmäßigen Dauertherapien durchführen.
Bei neuen Patient*innen, nach Krankenhausaufenthalt oder bei zusätzlichen Arztkontaktenärztlichen Vorstellungen immer Medikamentenplan neu prüfen und besprechen.
Auf unerwünschte Wirkungen achten (Patient*innen Verhaltenshinweise für das Auftreten möglicher Nebenwirkungen geben, überprüfen, ob neue Symptome evtl. UAW darstellen).
die Priorisierung von Medikamenten auf Basis des individuellen Gesamtgesundheitszustandes der Patient*innen
regelmäßigen Medikamentencheck.
Strukturiertes Medikamentenmanagement unter Einbeziehen der Patient*innen zur Erhöhung der allgemeinen Arzneimitteltherapiesicherheit, einschließlich Polypharmazie3834
Planung der Verlaufskontrolle (klinische Untersuchung und Laboranalyse) mit regelmäßiger
Kontrolle des therapeutischen Ziels
Priorisierung von Medikamenten auf Basis des Gesamtgesundheitszustandes der Patient*innen
Überprüfung der Indikation für die Fortführung der Therapie, Wirksamkeit und des Nutzen-Risikos.
regelmäßiger Medikamentencheck
Die richtige Arzneimittelanwendung überprüfen.
mindestens einmal jährlich bei Personen über 75 Jahre
Mindestens alle 6 Monate bei Personen, die 4 oder mehr verschiedene Medikamente einnehmen.
nach jedem Krankenhausaufenthalt
Unnötige oder inadäquate Therapie beenden und ggf. gegen geeignetere Arzneimittel austauschen.
Dosierung anpassen, insbesondere bei Patient*innen > 65 und/oder eingeschränkter Nierenfunktion ggf. langsame Reduktion oder Absetzen erwägen.
Arzneimittelnebenwirkungen und Interaktionen erfassen.
Zwei systematische Reviews zum Effekt von Interventionen in Pflegeeinrichtungen zur Reduktion von potenziell inadäquater Medikation (2011/2016) zeigte nur geringe Effekte der einzelnen Interventionsmethoden aufgrund großer Studienheterogenität.39-40
Zukünftige kontrollierte fachübergreifende Interventionsstudien sollten klar festgelegte und relevante patientenorientierte Wirkungen (z. B. Lebensqualität etc.) untersuchen.40
Initiative „Klug entscheiden" der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)Medikamenteninteraktionen
Entscheidungen über diagnostische und therapeutische Maßnahmen sollen an ein Funktionsassessment und nicht an das kalendarische Alter gekoppelt werden.
Stürze und Sturzrisiko sollen diagnostisch und interventionell Beachtung finden.
Mangelernährung soll diagnostisch und interventionell Beachtung finden.
Depressionen sollen bei mittelschwerer Ausprägung primär psychotherapeutisch und bei schwerer Ausprägung kombiniert psychotherapeutisch und medikamentös behandelt werden.
Osteoporose soll diagnostiziert und behandelt werden.
5 Negativempfehlungen
Die Neuverordnung eines Medikamentes soll nicht ohne Überprüfung der bestehenden Medikation erfolgen.
Bei Patient*innen mit fortgeschrittenerauf DemenzDrugs.com soll die Ernährung nicht durch eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) erfolgen.
Neuroleptika für Verhaltens- und psychologische Symptome (BPSD) bei demenziell Erkrankten sollen nicht ohne ein Assessment für die Ursachen solcher Symptome verordnet werden.
Ein Screening für Brust-, kolorektales -, Prostata- oder Lungenkarzinom soll nicht erfolgen ohne Berücksichtigung der Lebenserwartung, der Risiken einer Testung, einer vermehrten Diagnostik und Therapie.
Benzodiazepine oder andere Sedativa bzw. Hypnotika sollen nicht als Mittel der 1. Wahl im Falle von Schlafstörungen, Agitation oder Delir eingesetzt werden.
Verschreibungsempfehlungen
Bewohner*innen einer Pflegeeinrichtung sind eine besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe mit einem hohen Risiko für Medikamentennebenwirkungen und -interaktionen.43
Besonders zu Beginn einer medikamentösen Therapie sollten die Arzneimittel sorgfältig bewertet und ausgewählt werden.
Es existieren verschieden nationale und internationale Klassifikationen, die das Ziel haben, potenziell inadäquate Arzneimittel zu identifizieren und deren Einsatz zu vermeiden, z. B.:
STOPP-/START-Kriterien für ungeeignete (STOPP) und geeignete (START) Arzneimittel4236-4337
FORTA-Liste (deutsche Liste) zur Überwachung und Optimierung einer Arzneimitteltherapie.4640-4741
Checklisten und andere Werkzeuge sind als Verschreibungshilfen nützlich, können und sollen jedoch nicht die ganzheitliche klinische Beurteilung ersetzen.
Strategie zum Absetzen von Medikamenten
Immer nur jeweils ein Medikament absetzen.
Sich genug Zeit nehmen.
Vor allem während und kurz nach dem Absetzen für ausreichend engmaschige Kontrolluntersuchungen sorgen.
Unterstützung bietet das kanadische Absetztool MedStopper sowie das ARRIBA-Modul MediQuit.
Die letzte Lebensphase
Bei Menschen in der letzten Lebensphase sollte der Medikationsprozess die Lebenserwartung, das therapeutischen Ziel und die potenziellen therapeutischen Vorteile berücksichtigen.4842
Die optimale medikamentöse Therapie während der letzten Lebensphase beinhaltet eine allmähliche Verlagerung des Schwerpunkts von einer kurativen zu einer palliativen Therapie (siehe Artikel Palliativversorgung in Pflegeeinrichtungen).
Die erwartete therapeutische Wirkung und der Zeitraum, in dem die Wirkung eintreten wird, sollten gegen das übergeordnete Behandlungsziel und die verbleibende Lebenserwartung abgewogen werden.242
Medikamente wie z. B. Lipidsenker und Bisphosphonate können in der Regel abgesetzt werden.
Medikamente gegen z. B. Schmerzen, Atemnot, Angst, Übelkeit und Unruhe können sterbenden Patient*innen auch subkutan verabreicht werden (siehe auch Artikel Palliativversorgung in Pflegeeinrichtungen).
Eine norwegische Studie ergab, dass bei 3 von 4 Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen die Palliativpflege meist erst am letzten Tag des Lebens eingeleitet wurde.
Am Todestag bestand die Medikationsliste aus ca. 28 % palliativmedizinischen und zu ca 51 % aus kurativen/präventiven Arzneimitteln.49
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Pflegenden sollten, soweit möglich, in den Medikationsprozess eingebunden werden, dabei sind z. B. auch Einnahmeprobleme, schlechtemangelnde ComplianceAdhärenz und Nebenwirkungen zu erfragen und zu besprechen.76
Pflegende sollten über die Therapie informiert werden und dadurch wichtige Parameter beobachten und Komplikationen erkennen können.7
Mehr als 50 % der Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen mit depressiven Symptomen erhalten Antidepressiva, unabhängig vom Vorliegen einer Demenz.506
Ressourcenknappheit erschwert die kontinuierliche Beobachtung von Patient*innen in Pflegeeinrichtungen insbesondere von Demenzkranken.
Standardisierte Verfahren wie z. B. die Cornell-Skala für Depression bei Demenz (CSDD) ermöglichen ein Routinescreening insbesondere in Pflegeinrichtungen.5143
Die Skala dient der Dokumentation von Indikation und therapeutischer Effektivität.
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Ärzt*innen und Pflegepersonal ist von entscheidender Bedeutung für die adäquate Verschreibung von Psychopharmaka.5244
Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)
Umfasst den gesamten Prozess von der Verordnung bis hin zur Applikation.5344
Optimierung und Verbesserung der AMTS z. B. durch:
das Zusammenwirken verschiedener Personen und Professionen
interprofessionelle Kommunikation und Kooperation
Unterstützung durch Pharmazeut*innen/Apotheker*innen
einen schriftlichen Medikationsplan für Patient*innen.5344
Seit 01.10.2016 hat jeder gesetzlich Versicherte mit ≥ 3 Medikamenten Anspruch auf einen Medikationsplan, seit 2018 in elektronischer Form.53-5444
Schlussfolgerungen
Die allgemeine Tendenz für Polypharmazie bei Menschen > 65 Jahre ist steigend.1
Einer der größten Risikofaktoren für arzneimittelbezogene Probleme (ABP) in dieser Altersgruppe und insbesondere in Pflegeeinrichtungen ist die Polypharmazie und damit verbunden eine erhöhte Verschreibung inadäquater Medikation.43,2819
Effektive Maßnahmen zur Verbesserung der Verschreibungsqualität umfassen z. B.:
die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzt*innen, Pflegepersonal und ggf. Pharmazeut*innen
die regelmäßige und systematische Arzneimittelprüfung
die gezielte Ausbildung des gesamten Behandlungsteams.
PatienteninformationenPatient*inneninformationen
PatienteninformationenPatient*inneninformationen in Deximed
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Autor*innen
ChristineFranziska WilsonJorda, Dr. med., ÄFachärztin für NaturheilverfahrenViszeralchirurgie, FreiburgÄrztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Adäquate medikamentöse Therapie in Pflegeeinrichtungen
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Revision at 15.12.2014 13:22:02:
Lagt inn tekst, MK 24.01.17