Definition:Verletzung oder Ruptur des Zwerchfells (Diaphragma).
Häufigkeit:Tritt bei weniger als 102 % der stumpfen Traumata auf.
Symptome:Atemnot, Schmerzen in der Brust und Bauchschmerzen; ggf. verzögertes Auftreten.
Befunde:OftmalsJe nach Ursache sehr variabel, ggf. reduzierte Atemgeräusche auf der betroffenen Seite (tracheale Deviation), evtl. Darmgeräusche im Thorax.
meist bei Verkehrsunfällen mit seitlichem Aufprall oder Stürzen aus großer Höhe
Die Zwerchfellverletzungen sind oft umfangreich und posterolateral lokalisiert.
Die meisten Verletzungen sind linksseitig aufgrund der rechtsseitigen protektiven Wirkung der Leber (Verhältnis 2–3:1).4-5
Rechtsseitige Verletzungen stehen im Zusammenhang mit gravierenderen Komplikationen und führen häufiger zum Tod.
Bei penetrierenden Verletzungen
Die initialen Verletzungen sind oft geringerkleiner, neigen jedoch dazu, sich zu vergrößern.
Seltener bei spontanen Brustwandrupturen
Beispielsweise bei Rippenserienbrüchen bei starkem Husten und ausgeprägter Osteoporose. Liegen diese Verletzungen im Bereich des Zwerchfellansatzes, kann es hier zu Läsionen kommen.4
Zwerchfellverletzungen können zur Herniation der abdominalen Organe führen.
Inkarzeration, Strangulation und eine Ruptur des Darms sind möglich.
60–80 % der Verletzungen stehen mit anderen intraabdominalen oder intrathorakalen Verletzungen in Verbindung (s.siehe die Artikel Abdominaltraumata und Thoraxtrauma).1
Prädisponierende Faktoren
Stumpfe und penetrierende Traumata im Bereich des Thorax oder Abdomens
Die meisten Verletzungen sind auf Autounfälle zurückzuführen.
ICPC-2
A80 Verletzung/Trauma, andere
ICD-10
S27.881 Verletzung in weiteren spezifizierten intrathorakalen Organen (Diaphragma)
DieStumpfes oder penetrierende Trauma in der Anamnese
Unspezifische Symptome hängenwie vom Umfang der Verletzung ab und werden häufig von den Symptomen assoziierterDyspnoe, Abdominal- oder Thoraxtraumata überdeckt.Thoraxschmerz6
Bei undverzögerter BauchschmerzenDiagnosestellung aufweisenggf. deutlich subtilere Symptome
Klinische Untersuchung
Die Diagnose ist schwierig und wird oft übersehen.
DerReduzierte Fokus der Untersuchung sollte auf den Atemwegen sowie auf Ventilation und Zirkulation liegen.
Oftmals lassen sichAtemgeräusche auf der betroffenen Seite reduzierte Atemgeräusche feststellen (tracheale Deviation), auch
Darmgeräusche imin der thorakalen Auskultation
Abdominelle Abwehrspannung
Tracheale Deviation
Instabilität des Thorax könnensowie vorkommen.Krepitationen bei Rippenfrakturen
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
UntersuchenBei Sieeinem entsprechenden akuten Traumamechanismus und instabilen Patient*innen steht die PatientenDurchführung aufeiner strukturierten körperlichen Untersuchung (Bodycheck) und Erhaltung der Vitalfunktionen im Vordergrund.
Bei stabilen Patient*innen kann eine Sonografie von Abdomen und Rippen weitere Erkenntnisse liefern, ein sicherer Ausschluss einer Zwerchfellverletzung ist allerdings nicht mögliche assoziierte Verletzungen, insbesondere Beckenfrakturen, Leber- oder Milzrupturen sowie Rupturen der großen Gefäße in Thorax und Abdomenglich.
Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen
EinGroße Verletzungen (z. B. bei Herniation von Abdominalorganen) können meist durch ein Röntgenthoraxntgen-Thorax sollteerkannt beiwerden, allenkleinere Patienten mit evtl. Zwerchfellverletzungen durchgeführtLäsionen werden (50–75 % der Fälle werden dabei allerdingsoft übersehen).
EinEine Ultraschall kann indiziert sein.
Abdomen-CT und diagnostische Peritoneallavage weisenweist eine geringedeutlich höhere Sensitivität auf.37
BeiDie stabilenendgültige PatientenDiagnosesicherung kann in einigen Fällen erst durch eine MRT indiziert sein.4
Der Goldstandard zur Diagnose von Zwerchfellverletzungen sind Laparotomie, Laparoskopie oder Thorakoskopie-tomie erfolgen.6,8
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
Bei Verdachtsdiagnose sollte eine Akuteinweisung in die Intensivstation erfolgen.
Ein Arzt sollte im Krankenwagen mitfahren.
Therapie
TherapiezielTherapieziele
Akute und sekundäre Komplikationen verhindern.
Assoziierte Verletzungen behandeln.
Allgemeines zur Therapie
Behandlungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung von Ventilation und Zirkulation können erforderlich sein.
Sehr kleine Zwerchfellverletzungen heilen fast niekönnen spontan abheilen, normalerweise ist aber eine Operation erforderlich.3
Medikamentöse Therapie
Eine spezifische medikamentöse Therapie ist nicht indiziert.
Eine traumatische Zwerchfellruptur sollte bei Erkennung im Rahmen der Erstdiagnostik und/oder intraoperativen Feststellung zügig verschlossen werden.
Der Defekt wird chirurgisch verschlossen. Normalerweise wird er im Rahmen einer Laparotomie mit nicht resorbierbarem Faden vernäht, er kann aber auch vom Thorax aus verschlossen werden.3-4
Bei intrathorakalen Komplikationen, z. B. bei einer chronischen Herniation der Viszeraabdominellen Organe, ist eine Thorakotomie erforderlich.4
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Durch kontinuierliche Thoraxexkursionen können kleinere Läsionen sukzessive einreißen und sich vergrößern.5
Der unbehandelte Verlauf wird in 3drei Phasen unterteilt:
Phase: akute Verletzung
Phase: allmähliche Herniation der abdominalen ViszeraOrgane durch den Zwerchfelldefekt
Phase: Inkarzeration, Strangulation und evtl. Ruptur des Darms, mechanische Kompression der intrathorakalen Organe mit Spannungspneumothorax und evtl. HerztamponadeHerzbeuteltamponade
Komplikationen
Zwerchfellverletzungen können zur Herniation der abdominalen Organe führen. Inkarzeration, Strangulation und eine Ruptur des Darms sind möglich.6
Zu den weiteren potenziellen Komplikationen zählen eine mechanische Kompression der intrathorakalen Brustorgane, Spannungspneumothorax und Herzbeuteltamponade.
60–80 % der Zwerchfellverletzungen sind mit oftmals gravierenderen intraabdominalen oder intrathorakalen Verletzungen assoziiert.
Die häufigste Komplikation bei behandelten Zwerchfellverletzungen ist die Zwerchfellparalyse.
Prognose
Die Letalität bei PatientenPatient*innen mit Zwerchfellverletzungen liegt Angaben zufolge bei 5–30 20 %, meist erliegen die PatientenBetroffenen allerdings den assoziierten Verletzungen.9
Bei isolierten Zwerchfellverletzungen, die schnell behandelt werden, ist die Prognose gut.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die PatientenPatient*innen informieren?
Die Prognose ist bei einer frühen operativen Therapie in der Regel gut, sofern keine weiteren gravierenden Verletzungen vorliegen.
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie,. S3-Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 0120187-019023, Stand 20112022. wwwregister.awmf.org
Literatur
Welsford M. Diaphragmatic injuries. Medscape, last updated Oct 08, 2015. emedicine.medscape.com
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie,. S3-Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 0120187-019023, Stand 20112022. register.awmf.org
Sliwinski S, Bechstein WO, Schnitzbauer AA et al. Das penetrierende Abdominaltrauma. Chirurg 91, 979–988 (2020). link.springer.com
Sklenar S, Eggeling S. Chirurgie des Zwerchfells. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2021; 15(04): 347 - 364. doi:10.1055/a-1559-7479 eref.thieme.de
Schreiner W. Castellanos I, Dudek W. et al. Organverletzungen im Rahmen des Thoraxtraumas. Unfallchirurg 121, 596–604 (2018). link.springer.com
Lee K, Kashyap S, Atherton NS. Diaphragm Injury. [Updated 2022 Jul 26]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing www.ncbi.nlm.nih.gov
Cremonini C, Lewis MR, Jakob D, Benjamin ER, et al. Diagnosing penetrating diaphragmatic injuries: CT scan is valuable but not reliable. Injury. 2022 Jan;53(1):116-121. www.sciencedirect.com
Leung VA, Patlas MN, Reid S, Coates A, Nicolaou S. Imaging of Traumatic Diaphragmatic Rupture: Evaluation of Diagnostic Accuracy at a Level 1 Trauma Centre. Can Assoc Radiol J. 2015; 66(4):310-7. PubMed
ErenFair SKA, KantarciGordon MNT, OkurBarbosa ARR, et al. ImagingTraumatic diaphragmatic injury in the American College of diaphragmaticSurgeons ruptureNational afterTrauma traumaData Bank: a new examination of a rare diagnosis. ClinAm RadiolJ 2006Surg. 2015; 61209(5): 467-77864–869. PubMedwww.americanjournalofsurgery.com
AutorenAutor*innen
GünterBonnie OllenschlägerStahn, Prof. Dr. Dr. med., ProfessorFachärztin für Innere MedizinAllgemeinmedizin, Uniklinikum Köln (Deximed)Hamburg
Definition:Verletzung oder Ruptur des Zwerchfells (Diaphragma). Häufigkeit:Tritt bei weniger als 102 % der stumpfen Traumata auf. Symptome:Atemnot, Schmerzen in der Brust und Bauchschmerzen; ggf. verzögertes Auftreten.