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Hypochondrie

Zusammenfassung

  • Definition: Übermäßige Gesundheitsangst, geprägt von beharrlicher Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden.
  • Häufigkeit: Die Prävalenz liegt in den westlichen Ländern zwischen 0,2 % und 1,3 %.
  • Symptome: Die häufigste Angst von Patienten mit Hypochondrie ist die, an einer Krebserkrankung zu leiden, des Weiteren auch an einer Herzerkrankung, einer schweren neurologischen Erkrankung (z. B. Multiple Sklerose) oder einer Infektionskrankheit (zumeist AIDS).
  • Befund: Die klinischen Befunde sind normal.
  • Diagnostik: Keine weiteren Untersuchungen haben diagnostischen Wert.
  • Therapie: Die Behandlung kann eine Gesprächstherapie, eine medikamentöse Therapie oder eine Kombination dieser beiden sein.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Übermäßige Gesundheitsangst / Krankheitsangst (hypochondrische Störung)1
  • Vorherrschendes Kennzeichen ist eine beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden (ICD-10).
  • Die Patienten manifestieren anhaltende körperliche Beschwerden. Normale oder allgemeine Körperwahrnehmungen und Symptome werden oft als anomal und belastend interpretiert.
  • Dysmorphophobie, die Vorstellung, dass mit Teilen des Körpers oder dem Aussehen etwas nicht in Ordnung ist, ist in die Diagnose mit einbezogen, sofern es sich dabei nicht um eine paranoide Wahnvorstellung handelt.

Häufigkeit

  • Prävalenz
    • In der allgemeinen Bevölkerung in den westlichen Ländern beträgt sie zwischen 0,2 und 1,3 %, je nachdem, nach wie strengen Kriterien beurteilt wird.2
    • Die Prävalenz in der Allgemeinpraxis liegt internationalen Studien zufolge bei 3–6 %.
  • Auch Kinder können unter Gesundheitsangst leiden.3

Ätiologie und Pathogenese

  • Hypochondrie kann eine primäre Erkrankung sein oder sekundär zu oder parallel neben einer anderen psychischen Erkrankung auftreten.

Ätiologie

  • Hypochondrie ist eine heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen Ursachen.
  • Ein Ursprung in einem hohen Bedürfnis an Zuneigung und Aufmerksamkeit ist nur von geringer Bedeutung.
  • Die Aufmerksamkeit, die man bekommt, ist oft negativ, und häufige Untersuchungen und Arztbesuche können sowohl unangenehm als auch teuer sein.
  • Die meisten Patienten mit Hypochondrie leiden ernsthaft und glauben tatsächlich, dass sie eine schwere Krankheit haben.
  • In der Literatur unterscheidet man zwischen Patienten mit hoher Krankheitsangst, welche allgemein ängstlicher oder phobischer sind, und solchen mit einer starken Krankheitsüberzeugung, die oft sogar mehrere körperliche Symptome aufweisen.4
  • Dabei muss es sich nicht um zwei unterschiedliche Patientengruppen handeln, sondern kann die gleichen Patienten in verschiedenen Stadien beschreiben.

Prädisponierende Faktoren

  • Elternverhalten
    • In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass übermäßige Aufmerksamkeit gegenüber körperlichen Symptomen und starke Gesundheitsangst bei den Eltern die Entwicklung einer Hypochondrie bei Kindern prädisponieren können.
  • Persönlichkeitsmerkmale
    • Auch können typische Persönlichkeitsmerkmale nachgewiesen werden, z. B. eine intensive Beschäftigung mit Gesundheit und Körper und ein Gefühl von erhöhter Krankheitsanfälligkeit.5
  • Sexueller Missbrauch und Misshandlung
    • Im Vergleich zu Kontrollpersonen wurde von Patienten mit Hypochondrie häufiger von sexuellen Übergriffen und körperlichem Missbrauch in der Kindheit berichtet.
  • Wichtige Lebensereignisse
    • Hypochondrische Vorstellungen können ausgelöst werden durch eine schwere Erkrankung im engen Familienkreis, einen Todesfall oder eine neue Lebenssituation mit neuer Verantwortung, z. B. das Mutterwerden.
    • Die erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dem Körper und dessen Kontrolle kann die Symptome und die Angst aufrechterhalten.

ICPC-2

  • P75 Somatisierungsstörung

ICD-10

  • F45.2 Hypochondrische Störung

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

ICD-10

  • Beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden.
  • Die Patienten manifestieren anhaltende körperliche Beschwerden.
  • Normale oder allgemeine Körperwahrnehmungen und Symptome werden von dem betreffenden Patienten oft als anomal und belastend interpretiert und die Aufmerksamkeit meist auf nur ein oder zwei Organsysteme des Körpers fokussiert.
  • Depressionen und Angst finden sich häufig und können dann zusätzliche Diagnosen rechtfertigen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die häufigste Angst von Patienten mit Hypochondrie ist die, an einer Krebserkrankung zu leiden, des Weiteren auch an einer Herzerkrankung, einer schweren neurologischen Erkrankung (z. B. Multiple Sklerose) oder einer Infektionskrankheit (zumeist AIDS).
  • Einige haben Angst, eine schwere psychische Erkrankung zu entwickeln.
  • Es kommt vor, dass die Patienten glauben, dass sie bald sterben, sich von ihrer Familie verabschieden und sich kaum trauen, sich schlafen zu legen, aus Angst vor dem, was in der Nacht geschehen könnte.
  • Das Leiden und die Einsamkeit können dann genau so stark erlebt werden, als ob sie tatsächlich an einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung leiden würden.
  • Eine zusätzliche Belastung ist es, nicht einmal zu wissen, woran man stirbt! Stellen Sie sich vor, man könnte es heilen, wenn es bloß gefunden würde?

Konsultationsgründe

  • Die meisten Patienten mit Hypochondrie gehen häufig zum Arzt, und sogar ungefährliche Symptome können Anlass für einen Arztbesuch sein.
  • Sie konsultieren auch mehrere Ärzte, weil sie z. B. mit einem Arzt über die Diagnose uneinig sind oder darüber, was mit den Symptomen zu tun ist, oder sich nicht von den wiederholten Versicherungen beruhigen lassen, dass nichts Ernsthaftes gefunden wurde.

Differenzialdiagnostische Bewertung einer Depression

  • Eine wichtige Differenzialdiagnose ist die Depression.
  • Häufig geben Patienten mit Depressionen beim Arztbesuch somatische Beschwerden an.
  • Insbesondere bei älteren Menschen kann dies die Diagnose der zugrundeliegenden Depression erschweren.
  • Nicht selten entwickeln Patienten mit primärer Hypochondrie eine sekundäre Depression, was laut klinischer Materialien die häufigste Begleiterkrankung ist.
    • Die Depression kommt im zeitlichen Verlauf nach der Gesundheitsangst, als Ausdruck von Erschöpfung oder Verzweiflung über die Situation.

Differenzialdiagnostische Bewertung von Angstzuständen

  • Die Korrelation zwischen Angst und hypochondrischen Vorstellungen ist gut dokumentiert.6
  • Treten diese Vorstellungen nur während eines Panikanfalls auf, wird dies als Panikstörung und nicht als Hypochondrie diagnostiziert und behandelt.7
  • Ist die Gesundheitsangst auch außerhalb von Panikanfällen erhöht, kann es sich um eine Begleiterkrankung handeln. Eine starke Korrelation zwischen einer Panikstörung und hypochondrischen Gedanken ist in klinischen Unterlagen belegt.8

Differenzialdiagnostische Bewertung von Zwangsstörungen

  • Bei einigen Patienten kann die Krankheitsüberzeugung Anzeichen von Zwangsgedanken haben und Teil einer Zwangsstörung sein.
  • Hypochondrische Patienten haben ein starkes Bedürfnis, sich anderen Menschen bezüglich ihres Leidens mitzuteilen, während Zwangskranke eher zu Verheimlichung neigen.9

Differenzialdiagnostische Bewertung einer paranoiden Psychose

  • Hat der Patient eine wahnhafte Störung, somatischer Typ, ist die Prognose oft schlecht.
  • Die Vorstellungen sind dann bizarreren Charakters, z. B. Parasiten auf oder unter der Haut zu haben oder einen unerträglichen Körpergeruch abzugeben.
  • Diese Gedanken sind unerschütterlich und auch durch Auseinandersetzung damit nicht zu beeinflussen.

Differenzialdiagnostische Bewertung einer Somatisierungsstörung

  • Die diagnostischen Kriterien für somatoforme Störungen werden laufend aktualisiert, und es besteht eine signifikante Überschneidung.
  • Sowohl bei einer Somatisierungsstörung als auch einer Hypochondrie haben die Patienten körperliche Symptome, die nicht durch eine somatische Erkrankung erklärt werden können. Dennoch sind die Patienten überzeugt davon, dass eine organische Ursache zugrunde liegt.
  • Bei einer Somatisierungsstörung erleben die Patienten häufig seit dem Jugendalter eine Vielzahl diffuser körperlicher Symptome, jedoch neigen sie weniger zum Katastrophendenken, wie bei einer Hypochondrie üblich.
  • Während sich Patienten mit einer Somatisierungsstörung Linderung für ihre Leiden wünschen, sehen Patienten mit primärer Hypochondrie in erster Linie ihre Symptome als Anzeichen für eine schwere Krankheit und wollen diese diagnostiziert haben.

Klinische Untersuchung

  • Per Definition ist der klinische Status normal.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei signifikanten Leiden, bei denen der Patient nicht auf den Behandlungsplan anspricht.

Therapie

Therapieziel

  • Primäre Hypochondrie
    • Dem Patienten Einblick in seinen Zustand geben
    • Die Fähigkeit des Patienten trainieren, den Zustand zu bewältigen
  • Sekundäre Hypochondrie
    • Therapie der Grunderkrankung

Allgemeines zur Therapie

  • Grundsätzlich kann man wählen zwischen
    • Gesprächstherapie
    • medikamentöser Therapie
    • oder einer Kombination dieser beiden.
  • Leitgedanken
    • Die wichtigsten Leitgedanken bei Hypochondrie sind oft mit dem Tod verbunden, mit der Fähigkeit, mit Unsicherheit zu leben und Entscheidungen trotz Zweifel treffen zu können, der Sicht auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, seinem Selbstbild, der Haltung zur Angst und Kriterien zur Auslegung von Symptomen.

Psychotherapie

  • Sowohl Verhaltenstherapie als auch kognitive Therapie können nützliche Ansätze bei der Erkrankung sein.10
  • In einer randomisierten kontrollierten Studie (Ib) wurde eine höhere Wirksamkeit der kognitiven Therapie nachgewiesen im Vergleich zu keiner Therapie.11
  • Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine effektive Behanlung bei krankhafter Gesundheitsangst mit einer bis zu fünf Jahre über das Therapieende hinaus anhaltenden Wirkung (Ib).12  
  • Kognitive Therapie im Vergleich zu Verhaltenstherapie mit Stressbewältigung
    • In einer Vergleichsstudie (Ib) mit Follow-up 12 Monate nach Abschluss waren beide Behandlungsformen wirksam.1213
    • Patienten hatten nach der kognitiven Therapie eine geringere Gesundheitsangst, jedoch gab es darüber hinaus keinen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen.
    • Spätere Studien und Übersichten haben bestätigt, dass sowohl kognitive Therapie als auch Verhaltenstherapie wirksame Behandlungen sind.
  • Internetbasierte kognitive Therapie ist ebenfalls als wirksam belegt. (Ib) 1314

Medikamentöse Therapie

  • Tritt Hypochondrie sekundär zu einer Depressionen auf, ist eine gute Wirkung für eine medikamentöse Therapie oder Elektrokrampftherapie dokumentiert.
  • Sowohl trizyklische Antidepressiva als auch Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer werden eingesetzt.1415
  • Entspricht das Krankheitsbild einer monosymptomatischen paranoiden Psychose, z. B. mit Vorstellungen von Parasiten, können Neuroleptika versucht werden.
  • Über die Wirkungen von Arzneimitteln bei primärer Hypochondrie gibt es nur wenige Studien, und auch die Wirkung von trizyklischen Antidepressiva ist nicht erwiesen.

Behandlung in der Praxis

Allianzbildung

  • Patienten-Agenda
    • Die Patienten haben grundsätzlich eine andere Agenda als der Arzt.
    • Sie wollen wissen, was ihnen fehlt. Daher ist es notwendig, langsam und verantwortungsvoll eine gemeinsame Plattform und Allianz zu schaffen.
    • Die Patienten haben oftmals das Bedürfnis nach der Bestätigung, dass ihre Symptome real sind und nicht nur in ihrem Kopf stattfinden.
  • Haltung des Arztes
    • Der Arzt muss alle subjektiven Symptombeschreibungen akzeptieren, aber nicht unbedingt alle Auslegungen.
    • Die Patienten mit Respekt, Wärme und Empathie zu behandeln ist wichtig für alle Arzt-Patienten-Beziehungen und bei Hypochondrie äußerst entscheidend.
    • Das kognitive Modell der Hypochondrie zu erklären, kann bereits allianzbildend wirken und die Zusammenarbeit stärken.
  • Welches Maß an Untersuchung?
    • Mehrere Faktoren können uns Ärzte dazu veranlassen, uns bei der Suche nach einer körperlichen, organischen Erkrankung zu lange mit Untersuchungen aufzuhalten.
    • Wenn wir unsicher sind und nicht wissen, was genau zu tun ist, tun wir das, was wir können, z. B. weitere Untersuchungen anordnen.
    • Des Weiteren liegen uns die Zukunft des Patienten und die eigene Reputation am Herzen.
    • Es ist äußerst bedauerlich, wenn eine schwere körperliche Erkrankung nicht erkannt wird.
    • Besonders schlimm ist es, wenn sich herausstellt, dass mit der Diagnose Hypochondrie Krebs oder ein andere schwere, potenziell heilbare Krankheit verborgen geblieben ist.
    • Andererseits ist es auch bedauerlich, eine psychische Erkrankung zu übersehen oder Angstsymptome fälschlicherweise als Anzeichen einer körperlichen Erkrankung zu interpretieren.
  • Wer kann Patienten mit Hypochondrie behandeln?
    • Erhöhte Gesundheitsangst ist ein so häufiges Phänomen, dass sich ihm alle patientenorientiert tätigen Ärzte in einer vernünftigen Weise annähern können.
    • In vielen Fällen können bereits relativ einfache Erörterungen von großer Bedeutung sein.
    • Manchmal ist ein Gespräch mit dem allgemeinmedizinischen Arzt ausreichend, in anderen Fällen sind die Probleme komplexer und komplizierter und können mehrere Konsultationen erfordern. Evtl. ist hier eine Überweisung an einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychotherapie nötig.
    • In der Facharztpraxis werden für hypochondrische Störungen durchschnittlich 5–20 Sitzungen von je 45–50 Minuten Dauer angesetzt.

Symptombewertung

  • Metakognitionen und kognitive Verarbeitung
    • Bei der Behandlung ist es entscheidend, diejenigen Metakognitionen zu identifizieren, welche der Motor der Angstentwicklung sind.
    • Ein häufiges Thema bei Hypochondrie ist die Auslegung der subjektiven körperlichen Symptome.
    • Viele Patienten mit Hypochondrie kennen nur zwei Kategorien von Symptomen, und zwar „erklärbare Kleinigkeit“ und „ernste Erkrankung“.
    • Verfügt man nur über einen solch minimalistischen Bewertungsschlüssel, entwickelt sich leicht eine erhöhte Gesundheitsangst. Daher ist es wichtig, dass die Patienten einen neue Einstellung annehmen, basierend auf der Tatsache, dass subjektive körperliche Symptome in der Bevölkerung sehr häufig vorkommen.1516
    • Oft findet man keine gute Erklärung; dann kann das Symptom in die Kategorie der „unerklärlichen Kleinigkeit“ eingeordnet werden.
    • Viele Symptome müssen „auf Eis gelegt“ werden, und man muss abwarten, wie sie sich entwickeln.
  • Verhaltensänderung trainieren
    • Parallel zu der kognitiven Behandlung müssen die Patienten trainieren, ihr Verhalten zu ändern, d. h. beginnen, entsprechend der neuen Einstellungen und Leitgedanken zu leben.
    • Eine gute Lebensregel ist es, Kleinigkeiten Kleinigkeiten sein zu lassen.
    • Es genügt nicht, die Patienten jedes Mal, wenn sie mit einem neuen Symptom kommen, zu untersuchen, zu beruhigen, sie zu bitten, sich zusammenzunehmen oder aufzuhören Angst zu haben.
    • Sie müssen konkrete Hilfe zur Veränderung bekommen.
    • Für den Fall, dass neue Symptome oder ein Rückfall auftreten, ist es wichtig, die Trainingsmöglichkeiten zu betonen, die sich daraus ergeben.
    • Das ist nichts, wovor man Angst haben sollte, sondern eine Chance, zu erkennen, an welcher Stelle man vielleicht noch festhängt, welche Haltungen man noch nicht geändert hat, oder einfach eine gute Übungssituation.
  • Vom Symptom zur Krankheit, nicht von der Krankheit zum Symptom
    • Ein weiterer Punkt bei der Symptombewertung ist der Unterschied zwischen dem Schließen von einer spezifischen Krankheit auf ein Symptom und der Interpretation eines unspezifischen Symptoms als Anzeichen für eine bestimmte Krankheit.
    • Betrachtet man einen Herzinfarkt in Hinblick auf Schmerzen in der Brust, so gibt es einen deutlichen Zusammenhang. Über 80 % der Infarktpatienten haben solche Schmerzen.
    • Betrachtet man den Zusammenhang umgekehrt, zeigt sich ein ganz anderes Verhältnis. Nur 20 % der Patienten mit Schmerzen in der Brust haben auch einen Herzinfarkt. Diese können ebenso gut auf Muskelschmerzen, Ösophagitis, Trauma, Angst usw. zurückzuführen sein.
    • Patienten sollen verstehen, warum man daher vorsichtig sein muss bei der Interpretation unspezifischer oder diffuser Symptome als sichere Anzeichen für eine bestimmte Krankheit.
    • Neigt man zum Katastrophendenken und wählt stets die gefährlichste Auslegung, liegt man fast immer falsch, da es auch die am wenigsten wahrscheinliche ist. Dies ruft viele unnötige Angstreaktionen hervor.

Mit der Unsicherheit leben

  • „Ich muss es jetzt wissen!“
    • Der Antrieb einer Hypochondrie können ein starker Wunsch sein, nicht sofort zu sterben, oder Schwierigkeiten, Unsicherheit zu ertragen.
    • Dies kann dazu führen, dass das Warten auf eine Klärung schwierig wird.
    • Der Patient muss sofort wissen, ob das Symptom gefährlich ist oder nicht, und fragt den Arzt: „Was kann das sein?“
    • Die ehrlichen Antworten, die sie bekommen, beruhigen die meisten Patienten nicht, weil unspezifische Symptome im schlimmsten Fall – wenn auch selten – der Beginn einer ernsten Erkrankung sein könnten.
    • Anstatt den Arzt nach der schlimmsten Möglichkeit zu fragen, kann es besser sein, nach der wahrscheinlichsten zu fragen.
    • Es ist nicht zweckmäßig, die Ausnahme zur Regel zu machen.
  • Unsicherheit wird nicht ertragen?
    • Wenn jemand über sich selbst sagt, er halte die Unsicherheit in den Bereichen nicht aus, die ihm besonders wichtig sind, wie z. B. Gesundheit, so sagt er damit im Grunde, dass er es hier auf dieser unsicheren Welt nicht aushält.
    • Dies ist ein Standpunkt, den man sehr gut mit den Patienten analysieren kann, und glücklicherweise ist es möglich, die Fähigkeit zu trainieren, Entscheidungen trotz Zweifel zu treffen.
    • Manche Menschen haben Probleme, sich mit Grundsätzen des menschlichen Lebens abzufinden, z. B. dem Tod, der Ungerechtigkeit des Lebens usw.
    • Je nach Problembereichen oder Themen, die aufkommen, wird dies Gegenstand der Erörterung ihrer Einstellungen, Haltungsänderungen und neuer Verhaltensweisen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

Kräftezehrend

  • Hypochondrie illustriert die Erfahrung vieler, dass es nicht immer die wirklichen, echten Probleme sind, auf die wir stoßen, die uns das Leben besonders schwer machen, sondern die erdachten.
  • Katastrophendenken führt dazu, dass uns eine Menge Energie und Schlaf verloren gehen, während wir uns auf erdachte Probleme vorbereiten, die vielleicht niemals aufkommen.
  • Erdachte Probleme können wir jedoch, im Gegensatz zu echten, einfacher loswerden.
  • Die Angst, die sie auslösen, ist sowohl kräftezehrend als auch nutzlos, weil sie nicht zur aktiven Problemlösung verwendet werden kann. Da die Probleme vorläufig nur auf einem potenziellen und erdachten Plan stehen, sind sie prinzipiell unangreifbar.
  • Hypochondrie wirft viele wichtige Grundsatzfragen auf – über Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit sowie auch die Bedeutung der Fähigkeit, Entscheidungen trotz Zweifel zu treffen.

Prognose

  • Von einer Diagnose mit wenigen Behandlungsmöglichkeiten und schlechter Prognose ist Hypochondrie zu einer Erkrankung geworden, der hohe Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und deren Prognose gut ist.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Referenzen

  1. Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie, Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin. Nicht-spezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden, Umgang mit Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 051-001, Stand 2012. www.awmf.org
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Autoren

  • Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Internist, Uniklinikum Köln
  • Ingvar Wilhelmsen, spesialist i psykiatri og fordøyelsessykdommer, professor ved Institutt for indremedisin, Universitetet i Bergen, Avd. Haraldsplass Diakonale Sykehus
  • Tore Eliasson, docent och överläkare, Smärtcentrum, Angereds Närsjukhus (Medibas)
kognitiv terapi; Hypokondri
kognitiv terapi; Hypokondri
kognitiv terapi; Hypokondri
Übermäßige Gesundheitsangst; Hypochonder; Krankheitsangst; Hypochondrische Störung; Dysmorphophobie; Krankheitsüberzeugung; Allianzbildung
Hypochondrie
U-NH 08.03.18
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Definition: Übermäßige Gesundheitsangst, geprägt von beharrlicher Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden.
Psychische Störungen
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