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Läsion des N. ischiadicus

Zusammenfassung

  • Definition:Eine Schädigung des N. ischiadicus, meist aufgrund eines Traumas.
  • Häufigkeit:Selten. Mögliche Komplikation einer Hüftprothesenimplantation.
  • Symptome:Paresen und Schmerzen unterhalb des Knies.
  • Befunde:Muskelschwäche unterhalb des Knies, Verlust des Achillessehnenreflexes und sensorische Ausfälle.
  • Diagnostik:Ergänzende Untersuchungen sind meist nicht erforderlich, jedoch abhängig von der Schädigungsursache.
  • Therapie:Nach Möglichkeit Ursachenbehebung. Falls nicht möglich oder irreversible Nervenschäden, symptomatische Therapie.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Schädigung des Nervus ischiadicus, umgangssprachlich Ischiasnerv
  • Die Kompression durch einen Bandscheibenvorfall wird im Artikel Lumbale Bandscheibenschäden mit Radikulopathie behandelt.
  • Unterbrechung/Sistieren der Funktionsfähigkeit des Nerven durch oder in Folge äußerer Noxen, nämlich Schnitt, Stich, Dehnung, Prellung/Druck inklusive der iatrogenen, physikalischen (Elektrotrauma, Kälte, Strahlung usw.) und chemischen Läsionen (Injektion usw.).1
  • Eine Schädigung des N. ischiadicus kann im Bereich des Beckens, in der Glutealregion oder im Oberschenkel entstehen.

Häufigkeit

  • Selten, am häufigsten durch Traumata
  • In großen Studien zeigten sich bis zu 25 % der Ischiadicus-Läsionen als iatrogen bedingt.2
  • Kann bei Implantation einer Totalendoprothese des Hüftgelenks auftreten, was bei Zunahme dieses Operationsverfahrens aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung zu einer steigenden Zahl an Nervenläsionen führt.3

Klinische Anatomie

  • Der Nerv innerviert das Bein sensibel und motorisch.
  • Der Ischiasnerv entspringt dem Plexus lumbosacralis aus den Nervenwurzeln L4–S3, passiert das Foramen ischiadicum majus (großes Sitzbeinloch) und verläuft auf der Innenseite (in der Tiefe) des M. piriformis nach distal.
  • Der Nerv verläuft oberflächlich im Verhältnis zu den Außenrotatoren in der Hüfte (M. gemellus superior, M. gemellus inferior und M. obturatorius internus).
  • Im weiteren Verlauf zieht er auf der Rückseite des Oberschenkels in Richtung Kniekehle. In der unteren Mitte des Oberschenkels teilt er sich in 2 Hauptendäste:
    1. N. peroneus communis
    2. N. tibialis.
  • Der Nervus ischiadicus innerviert
    • die ischiokrurale Muskulatur des Oberschenkels.
    • den Musculus adductor magnus.
    • die gesamte Muskulatur des Unterschenkels und des Fußes (durch seine o.g. Äste).

Ätiologie und Pathogenese

  • Die häufigste Schädigungsursache ist ein Trauma. Die Nervenverletzung kann z. B. durch eine Beckenfraktur, einen Oberschenkelbruch und eine Hüftgelenksluxation verursacht werden.
  • Andere mögliche Ursachen sind falsch platzierte i. m. Injektionen in der Glutealregion, Kompression durch äußere Einflüsse wie lang andauernde Bettruhe und ungünstige Sitzposition („Toilet Seat Sciatic Neuropathy") sowie Tumoren oder Blutungen im Becken.
  • Iatrogene Läsionen werden vor allem bei Implantation einer Hüftendoprothese beobachtet.
  • Das Piriformis-Syndrom kann in Einzelfällen eine Schädigung des Ischiasnervs verursachen.4

ICPC-2

  • N81 Verletzung Nervensystem, andere

ICD-10

  • S74 Verletzung von Nerven in Höhe der Hüfte und des Oberschenkels
    • S74.0 Verletzung des N. ischiadicus in Höhe der Hüfte und des Oberschenkels
  • G57 Mononeuropathien der unteren Extremität
    • G57.0 Läsion des N. ischiadicus

Diagnostik

Anamnese

  • Eine Schädigung des Ischiasnervs kann zu Schmerzen und Lähmungen der Muskeln unterhalb des Knies führen.

Klinische Untersuchung

  • Eine komplette Läsion führt zur Lähmung aller Muskeln unterhalb des Knies und zu sensorischen Ausfällen auf der Lateralseite des Beins.
  • Der Patellarsehnenreflex (Innervation aus L2–L4) ist meist normal, während der Achillessehnenreflex (L5–S1) fehlt.

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Als bildgebende Verfahren stehen Sonografie, MRT und Röntgen zur Verfügung, um den Nerv bzw. seine umgebenden Strukturen darzustellen.1
  • Elektrophysiologische Untersuchungen

Therapie

  • Das Wichtigste bei der Behandlung: Nach Möglichkeit die zugrunde liegende Ursache beheben.
  • Eine primäre medikamentöse Therapie ist nicht möglich.1
  • Zur Behandlung von im Verlauf auftretenden neuropathischen Schmerzen werden verschiedene systemisch verabreichte Substanzgruppen mit unterschiedlichen pharmakologischen Wirkprinzipien eingesetzt, wie Antidepressiva, Antikonvulsiva und Opioide.2
  • Eine mögliche operative Therapie richtet sich nach der Ursache der Schädigung. Ein durchtrennter, d. h. in seiner Kontinuität unterbrochener Nerv bedarf einer operativen Rekonstruktion, da eine funktionell wirksame Regeneration nur bei direktem Kontakt der durchtrennten Enden zueinander möglich ist.1
  • Physiotherapie und Muskeltraining kann einem Muskelabbau entgegenwirken.

Verlauf, Komplikationen, Prognose

Prognose

  • Substanzielle Nervenverletzungen heilen in der Regel mit einem funktionellen Defekt (Ausnahme: kindliches Alter). Die Qualität und der Zeitpunkt der Primärversorgung haben (neben patientenbezogenen Faktoren) Einfluss auf das Behandlungsergebnis.1
  • Die wichtigsten prognostischen Faktoren sind: Alter der Patient*innen, Höhe der Läsion, Ursache und Art der Verletzung und Begleitverletzungen sowie der Zeitraum zwischen Verletzung und Rekonstruktion des Nerven.1
  • Die Prognose einer Läsion des N. ischiadicus ist meist gut, jedoch abhängig von der Schädigungsursache.
  • Erhaltene Möglichkeit der Dorsalextension oder Plantarflexion des Fußes bei der Erstuntersuchung gilt als günstiges prognostisches Zeichen.3

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinie

  • Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie (DGH), Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Versorgung peripherer Nervenverletzungen. AWMF-Leitlinie Nr. 005-010. S3, Stand 2013. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie (DGH), Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Versorgung peripherer Nervenverletzungen. AWMF Leitlinie 005-010. S3. Stand 2013. www.awmf.org
  2. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen C, Richter HP. Iatrogene Nervenläsionen. Deutsches Ärzteblatt 2014; 111(16): 273-9. www.aerzteblatt.de
  3. Elkwood AI. Sciatic nerve decompression. Medscape, last updated Nov 27, 2018. emedicine.medscape.com
  4. Kirschner JS, Foye PM, Cole JL. Piriformis syndrome, diagnosis and treatment. Muscle Nerve 2009; 40:10. PubMed

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses ArtikelArtikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
G57; G570; S74; S740
N81
Nervus ischiadicus; Ischias; Schädigung des Ischiasnervs; Ischiasnervläsion; Hüftprotesenoperation; Schmerzen unterhalb des Knies; Paresen unterhalb des Knies; Verlust des Achillessehnenreflexes; Beckenfraktur; Oberschenkelbruch; Hüftgelenksluxation; Toilet Seat Sciatic Neuropathy; Piriformis-Syndrom
Läsion des N. ischiadicus
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Definition:Eine Schädigung des N. ischiadicus, meist aufgrund eines Traumas. Häufigkeit:Selten. Mögliche Komplikation einer Hüftprothesenimplantation. Symptome:Paresen und Schmerzen unterhalb des Knies.
Neurologie
N. ischiadicus, Läsion
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