Chronische Rückenschmerzen

Chronische Rückenschmerzen, die schon mehr als 12 Wochen andauern, können belasten und Ihren Alltag erheblich einschränken. Eine ernste Erkrankung steckt jedoch nur selten dahinter.

Was sind chronische Rückenschmerzen?

Definition

Rückenschmerzen sind Schmerzen im Rückenbereich unterhalb des Rippenbogens und oberhalb des Gesäßes. Oft lässt sich kein eindeutiger Grund für die Beschwerden finden. Fachleute sprechen in diesem Fall von nicht-spezifischen Kreuzschmerzen. Es gibt dann keine Hinweise auf eine gefährliche Ursache wie einen Schaden an den Bandscheiben oder einen Wirbelbruch. Als chronische Rückenschmerzen werden Schmerzen bezeichnet, die länger als 12 Wochen anhalten.

Symptome

Die Schmerzen treten unterhalb des Rippenbogens und oberhalb der Gesäßfalte auf und können z. B. in den Oberschenkel ausstrahlen. Zusätzlich können schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen und Fehlhaltungen sowie Verspannungen auftreten. Ebenso kann es zu Begleitsymptomen wie Kopfschmerzen kommen.

Ursachen

Nicht-spezifische Kreuzschmerzen sind meist harmlos und gehen von alleine wieder weg. Nur bei ca. 10–20 % lassen sich die Schmerzen auf eine spezifische Ursache zurückführen, z. B. Bandscheibenvorfall, Bruch etc. Häufig sind Blockierungen, eine unzureichend stützende Rumpfmuskulatur oder muskuläre Dysbalancen der Grund für Rückenschmerzen. Auch seelische oder berufliche Umstände können dazu beitragen, dass Beschwerden dauerhaft werden. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Niedergeschlagenheit, Stress oder Ängste
  • falsches Schon- und Angst-Vermeidungsverhalten
  • körperliche Schwerarbeit oder Vibrationsarbeiten (z. B. Presslufthammer)
  • Mobbing, berufliche Unzufriedenheit oder Arbeitslosigkeit
  • Rauchen, Übergewicht, Alkohol und geringe körperliche Fitness.

Wie jemand mit Schmerzen umgeht und ob sie als bedrohlich empfunden werden, beeinflusst den Krankheitsverlauf ebenfalls. Bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen ist es nicht notwendig, die Ursache unbedingt zu finden. Eine ständige Suche nach Erklärungen und immer neue diagnostische Maßnahmen können sich ebenfalls auf die Beschwerden auswirken.

Häufigkeit

Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in der Bevölkerung. Neben Atemwegs- und psychischen Erkrankungen führt Rückenschmerz seit Jahren die Statistiken der Gründe für Arbeitsunfähigkeit und medizinische Rehabilitation an.

Die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Lebensalter. Während nur 11 % der Personen < 30 Jahre chronische Rückenschmerzen im letzten Jahr angeben, sind es bei Personen > 65 Jahre 30 %. In allen Altersgruppen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Personen mit niedrigem Sozialstatus (gemessen an Bildung, beruflicher Stellung und Einkommen) geben häufiger Kreuzschmerzen an als Personen mit mittlerem oder hohem Sozialstatus.

Untersuchungen

  • Bei anhaltenden Kreuzschmerzen werden Sie im Untersuchungsgespräch nach Ihren Beschwerden und Ihrer Stimmung gefragt. Dazu gehört die familiäre und berufliche Situation. Es geht auch darum festzustellen, ob die bisherige Behandlung angepasst werden sollte.
  • Sie werden nach Art und Dauer der Beschwerden gefragt sowie nach bekannten Vorerkrankungen/Voroperationen besonders der Wirbelsäule oder anderen Begleitsymptomen.
  • In der körperlichen Untersuchung werden Sie gründlich untersucht, besonders die betroffene Muskulatur auf Schmerzen und Verspannungen.
  • Auch eine neurologische Untersuchung wird durchgeführt.
  • Ihre allgemeine Beweglichkeit sowie die Ihrer Gelenke wird untersucht.
  • Nur bei bestimmten Warnsignalen wird z. B. eine Blutuntersuchung durchgeführt.
  • Falls nötig, können bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT mögliche ernsthafte Ursachen feststellen.

Behandlung

  • Nichtmedikamentöse Maßnahmen
    • Bewegung ist das beste Mittel gegen andauernde Kreuzschmerzen. Bettruhe ist dagegen ungünstig. Wichtig ist, dass Sie Ihre alltäglichen Aktivitäten beibehalten.
    • Entspannungsverfahren (progressive Muskelrelaxation, „PMR") oder eine kognitive Verhaltenstherapie können die Beschwerden lindern. Außerdem können Ergotherapie, Massagen, Wärmetherapie oder eine Rückenschule, also eine Art der Physiotherapie, Teil der Behandlung sein. Auch eine Akupunktur kann angeboten werden.
    • Von anderen Verfahren raten Fachleute ab. Dazu gehören unter anderem Behandlungen mit Strom, Injektionen sowie Kinesio-Taping.
  • Solange akute Schmerzen noch mit Schmerzmedikamenten beeinflussbar sind, wird empfohlen, sie frühzeitig und intensiv zu behandeln. Bei bereits chronischen Schmerzen gilt der Leitsatz „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“, um eine Mobilisation zu ermöglichen.
    • Expert*innen empfehlen am ehesten sog. nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen.
    • Wenn NSAR nicht möglich sind, können COX-2-Hemmer oder Metamizol eingesetzt werden bzw. u. U. auch Opioide.
  • Bessern sich Ihre Beschwerden nicht, soll eine multimodale Therapie, also eine Kombination aus verschiedenen Verfahren zum Einsatz kommen, z. B. Entspannungstechniken, Bewegungs- und Psychotherapie. Das kann im Rahmen einer multimodalen Gruppenschulung, Schmerztherapie oder Rehabilitation stattfinden.
  • Massage, Akupunktur und andere passive Maßnahmen sollen nicht oder nur in Verbindung mit aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden.
  • Von Spritzen mit schmerzstillenden Wirkstoffen oder anderen Mitteln wird abgeraten. Auch Operationen an der Wirbelsäule sind nicht zu empfehlen, wenn die Ursache für Ihre Schmerzen unklar ist. Eine Operation ist nur bei spezifischen Kreuzschmerzen indiziert, z. B. bei einem Bandscheibenvorfall.

Was können Sie selbst tun?

  • Versuchen Sie, alltägliche Bewegungen so gut es geht fortzusetzen oder diese schrittweise wieder aufzunehmen, und verzichten Sie auf Bettruhe.
  • Kräftigen Sie Ihre Rumpfmuskulatur; sie stützt und entlastet die Wirbelsäule. Schwimmen oder Laufen sind z. B. geeignet. Am besten suchen Sie sich eine Aktivität aus, die Ihnen Freude macht.
    • Auch Pilates oder Yoga können Ihre Lebensqualität verbessern.
  • Schweres Heben und Verdrehbewegungen sollen gemieden werden.
  • Sprechen Sie über mögliche seelische Ursachen für Ihre Beschwerden. Es kann helfen, wenn Sie sich vorher überlegen, ob es etwas gab, was Sie bedrückt hat.
  • Auch rezeptfreie Medikamente können Nebenwirkungen haben. Fragen Sie nach der richtigen Anwendung.
  • Die Wärmebehandlung hat sich für die Schmerzlinderung und für eine leichte Funktionsverbesserung als günstig erwiesen.
  • Kreuzschmerzen haben nur selten ernsthafte Ursachen. Achten Sie trotzdem auf zusätzliche Zeichen: Kommen zu den Schmerzen Probleme wie Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder Stuhlgang hinzu, sollten Sie umgehend ärztliche Hilfe suchen. Diese können Zeichen für eine Erkrankung sein, die behandelt werden muss.

Prognose

  • In einer Studie zu chronischen Rückenschmerzen in der Frühphase (erstmaliges Auftreten mit Dauer > 3 Monate) waren 35 % der Betroffenen nach 9 Monaten und 42 % nach 12 Monaten schmerzfrei.
  • Einschränkungen der sozialen Aktivitäten und Krankschreibung können zu verstärktem Krankheitsverhalten und Depressionen sowie dauerhafter Arbeitsunfähigkeit führen.
  • Das Risiko einer Chronifizierung steigt mit der Dauer der Schmerztage.
  • Bei länger als 6 Wochen anhaltender Arbeitsunfähigkeit soll eine Wiedereingliederung geprüft werden.
  • Bei länger als 4–6 Wochen anhaltender Arbeitsunfähigkeit sollte die Indikation zur Rehabilitation geprüft werden. Nach einer Behandlung in einer Rehabilitationsklinik oder Schmerzklinik sind ca. 50 % der Patient*innen wieder arbeitsfähig.

Weitere Informationen

Autor

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

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