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Zervixzytologie

Allgemeine Informationen

  • Seit den 50er Jahren wird die Zervixzytologie zur Abklärung von Vorstadien von Gebärmutterhalskrebs benutzt, damals entwickelt als konventioneller Abstrich (Papanicolaou-Test bzw. Pap-Test), der weiterhin als Standardtest Anwendung findet und in der Regel bei niedergelassenen Gynäkolog*innen erfolgt.

Organisiertes Screening1

  • Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im September 2016 im Rahmen der aktualisierten Krebs-Früherkennungsrichtlinie ein Konzept zur Zervixkarzinom-Vorsorge in Deutschland erarbeitet, das als „organisiertes Screeningprogramm“ seit 1. Januar 2020 zur Verfügung steht. Das Screening soll in einer mindestens 6-jährigen Testphase evaluiert werden.
  • Eckpunkte des Screeningprogramms
    • Frauen im Alter von 20–65 Jahren sollen alle 5 Jahre von ihren Krankenkassen angeschrieben und über das Screening informiert werden.
    • Frauen im Alter von 20–34 Jahren soll eine jährliche zytologische Untersuchung angeboten werden.
    • Zusätzlich soll bei Frauen ab 35 Jahren auch eine Testung auf eine HPV-Infektion erfolgen. In dieser Altersgruppe soll die Untersuchung außerdem bei unauffälligen Befunden nur alle 3 Jahre erfolgen.

Verfahren

  • Das zytologische Screening erfolgt nach Papanicolaou, kurz „Pap-Test“.
    • Der Pap-Test ist eine einfache zytologische Untersuchung vom Gebärmutterhals, die Aufschluss über das Vorliegen von Krebsvorstufen oder eines Zervixkarzinoms geben kann.
      • Daneben können Aussagen zu dem Vorliegen von Entzündungen (Granulozyten), Infektionen, z. B. mit Pilzen (z. B. Candida), Chlamydien (paranukleäre Vakuolen mit Einschlusskörperchen), Gardnerella vaginalis (Clue Cells), Herpes simplex (Milchglaskerne), einer stark ausgeprägten floriden HPV-Infektion (Koilozyten) und zum Hormonstatus getroffen werden.
      • Für die Beurteilung der Zervixzytologie gilt in Deutschland die Münchner Nomenklatur III. Diese ist in das internationale Bethesda-System übersetzbar.
    • Das Verfahren hat zu einem deutlichen Rückgang der Zervixkarzinom-Inzidenz geführt.
      • Im Jahr 1971 war das invasive Zervixkarzinom weltweit das häufigste Karzinom bei Frauen, 2008 das dritthäufigste und 2018 das vierthäufigste.2
      • Im Jahr 2018 erkrankten weltweit rund 570.000 Frauen2, in Deutschland im Jahr 2016 4.380 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom).3
      • Die Zahl der Todesfälle in Europa, die auf diesen malignen Tumor zurückzuführen sind, betrugen im Jahr 2018 25.829, weltweit 311.365.2
      • Die Altersverteilung des Zervixkarzinoms zeigt einen Gipfel zwischen 40 und 59 Jahren, das mittlere Alter bei Erstdiagnose hat sich in den letzten 30 Jahren um rund 15 Jahre verringert und liegt bei derzeit 55 Jahren. Das mittlere Erkrankungsalter für Vorstufen des Zervixkarzinoms liegt bei 35 Jahren.2
      • Die Prognose des Zervixkarzinoms hat sich deutlich verbessert, die Sterberaten sind in den letzten 40 Jahren deutlich zurückgegangen. Insgesamt sterben in Deutschland derzeit jährlich etwa 1.590 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, vor 30 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele (Stand 2020).3

Transformationszone

  • In der Zervix finden sich zwei Zellarten: Zylinderepithelzellen (endozervikal) und Plattenepithelzellen (ektozervikal).
  • Aufgrund des Einflusses von Östrogen befindet sich die Übergangszone (Transformationszone) vom Zylinder- zum Plattenepithel bei Patientinnen im fertilen Alter distaler in der Zervix als bei Frauen nach der Menopause.
  • Kommt das Zylinderepithel aus dem Zervixkanal mit dem eher sauren Scheidenmilieu in Kontakt, wird das Zylinderepithel durch Plattenepithel ersetzt (sog. Metaplasie).
  • Nach der Menopause verschiebt sich die Transformationszone mit sinkendem Östrogenspiegel weiter den Zervikalkanal hinauf.
  • Die Transformationszone ist anfällig für eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV).
  • Eine Infektion mit HPV scheint ein bedingender Faktor für die Entwicklung einer Dysplasie zu sein.
  • Beim Pap-Abstich wird angestrebt, Zellproben aus der Transformationszone zu gewinnen.

Indikationen

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.4
    • Zervixkarzinom-Screening (s. o.)
    • Kontrolle nach Behandlung von Gebärmutterhalskrebs-Vorstadien (Carcinoma in situ)
    • Eine Probenahme vom Scheidenstumpf wird Frauen nur dann nach einer Hysterektomie empfohlen, wenn der Grund für die Entfernung der Gebärmutter pathologische Zellveränderungen waren.
    • Bei Z. n. suprazervikaler Hysterektomie wird ein Pap-Abstrich von der Zervix empfohlen.

    Kontraindikationen

    • Bei deutlichen Anzeichen für eine genitale Entzündung ist diese zunächst zu behandeln, da die Entzündungszellen die mikroskopische Beurteilung der Probe erschweren.
    • Auch eine Probenahme während der Menstruation erschwert die mikroskopische Auslegung.
    • Nach einer Hysterektomie aufgrund einer benignen Erkrankung muss keine Probe vom Scheidenstumpf entnommen werden.5

    Schwangerschaft

    • Die Schwangerschaft ist eine außergewöhnliche zusätzliche Möglichkeit zur Erstdiagnose einer präinvasiven Läsion oder frühinvasiver Karzinome bei Frauen, die sonst nicht regelmäßig an der Krebsvorsorge teilnehmen6, da die Pap-Zytologie in der Schwangerenvorsorge vorgeschrieben ist.7
    • Vergleichbare Aussagekraft des Pap-Tests wie außerhalb der Schwangerschaft7
    • Zytolog*innen sollten über die Schwangerschaft informiert werden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.7
    • Auch in der Schwangerschaft soll jeder zytologische Verdacht auf eine höhergradige Dysplasie (Näheres siehe Artikel Zervix-Präkanzerosen) oder auf ein Karzinom kolposkopisch und bioptisch abgeklärt werden.8
      • CIN2/3 oder Adenocarcinoma in situ: Kontroll-Kolposkopien alle 3 Monate4
      • Histologische Abklärung durch Exzision: Nur wenn kein sicherer Ausschluss eines invasiven Karzinoms durch Zytologie, Kolposkopie und Biopsie möglich ist.4
      • Nach Ausschluss einer hochgradigen Dysplasie oder eines Karzinoms via Zytologie, Kolposkopie und ggf. Histologie: keine weiteren kolposkopischen und/oder zytologischen Untersuchungen in der Schwangerschaft nötig4
    • Die erste Postpartum-Kontrolle mit Zytologie, Kolposkopie evtl. Biopsie (bei Indikation) wird 6–8 Wochen nach der Geburt empfohlen.

    Testeigenschaften

    • Die Sensitivität des zytologischen Zervixabstriches bei der Erkennung zervikaler Dysplasien liegt bei 50–60 %. Die Wiederholung in kurzen Abständen – die Entwicklung eines Karzinoms dauert in der Regel Jahrzehnte  – soll diese relativ niedrige Sensitivität ausgleichen.4,9
      • Es gibt keinen Beleg, dass ein zytologisches Screening mit 1-jährigem Intervall dem 2-jährigen Intervall überlegen ist.4
    • Vergleich zum Test auf HPV-DNA
      • Vorteile der Zytologie10
        • niedrigere Rate unnötiger Überweisungen zur Kolposkopie wegen falsch positiver Ergebnisse
        • Von 1.000 gescreenten Frauen haben ca. 980 keine präkanzerösen Veränderungen. Mit der Zytologie werden 951 korrekt identifiziert und 29 Frauen wird fälschlicherweise mitgeteilt, dass sie eine zervikale Auffälligkeit haben. Mit dem HPV-Test werden 879 davon korrekt identifiziert und 101 Frauen wird fälschlicherweise mitgeteilt, dass sie eine zervikale Auffälligkeit haben.
      • Nachteile der Zytologie
        • niedrigere Sensitivität bei der Detektion hochgradiger Dysplasien11-12
        • Höhere Rate falsch negativer Befunde als die Zytologie. Ein negativer HPV-Test ist verlässlicher als ein negativer Pap-Befund. Das Risiko, dass es aufgrund falsch negativer Ergebnisse zu Verzögerungen bei der Erkennung und Behandlung von Zervixkarzinomen kommt, scheint daher bei der zytologiebasierten Früherkennung höher zu sein als bei der HPV-basierten.10
        • Das HPV-basierte Screening bewirkt laut einer 2014 im Lancet veröffentlichten Studie einen 60–70 % höheren Schutz vor dem invasiven Zervixkarzinom gegenüber der herkömmlichen Zytologie. Diese Daten unterstützen die Einführung eines HPV-basierten Screenings ab dem 30. Lebensjahr und die Erweiterung der Screeningintervalle auf 5 Jahre.12
        • Von 1.000 gescreenten Frauen haben ca. 20 präkanzeröse Veränderungen. Mit dem HPV-Test werden 16 davon korrekt identifiziert und 4 übersehen. Mit der Zytologie werden 12 korrekt identifiziert und 8 übersehen.10

    Fehlerquellen

    • Entzündung
    • Blutung, Schleim oder Gleitmittel
    • Unzureichendes Probenmaterial
    • Unzureichende Fixierung
    • Fehldeutung des mikroskopischen Abstrichs

    Verlaufskontrolle

    • Mit der Patientin vereinbaren, wie sie über die Testergebnisse und die Folgen eines ggf. anomalen Testergebnisses informiert wird.
    • Vorgehen je nach Befund entsprechend dem Leitfaden der Münchner Nomenklatur III
    • Der Primärbefund bestimmt die Länge der Kontrollintervalle.

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Quellen

    Leitlinien

    • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Prävention des Zervixkarzinoms. AWMF-Registernummer 015-027OL. S3, Stand 2017. www.awmf.org
    • Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien. AWMF-Leitlinie Nr. 082-002. S3, Stand 2020. www.awmf.org

    Literatur

    1. Bundesministerium für Gesundheit. Verbesserte Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs seit Januar 2020. Pressemitteilung 10.07.2020 www.bundesgesundheitsministerium.de
    2. World Health Organization. International Agency for Research on Cancer. Global Cancer Observatory (GLOBOCAN) 2018. Accessed August 06, 2020. gco.iarc.fr
    3. Robert Koch Institut. Zentrum für Krebsregisterdaten. Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) ICD-10 C53. Stand 12.06.2020. Zugriff 06.08.2020 www.krebsdaten.de
    4. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): S3-Leitlinie Prävention des Zervixkarzinoms. Registernummer 015-027OL, 31.12.2017. www.awmf.org
    5. The American Society for Colposcopy and Cervical Pathology. Cervical Cancer Screening Recommendations, 2012 www.asccp.org
    6. Yang KY. Abnormal pap smear and cervical cancer in pregnancy. . Clin Obstet Gynecol 2012; 55(3) : 838-48. doi:10.1097/GRF.0b013e31825c8be5 DOI
    7. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG).Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom. AWM-Leitlinie Nr. 032/033OL. Stand 2014 www.awmf.org
    8. Goncalves CV, Duarte G, Costa JS, Marcolin AC, Bianchi MS, Dias D, Lima LC. Diagnosis and treatment of cervical cancer during pregnancy.. Sao Paulo Med J 2009; 127 (6): 359 - 65. pmid:20512291 PubMed
    9. Sawaya GF, McConell KJ, Kulasingam SL, et al. Risk of cervical cancer associated with extending the interval between cervical-cancer screenings. N Engl J Med 2003; 349: 1501-9. PubMed
    10. Koliopoulos G, Nyaga V, Santesso N, Bryant A, Martin-Hirsch P, et al.. Cytology versus HPV testing for cervical cancer screening in the general population. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017; Issue 8: Art. No.: CD008587. doi:10.1002/14651858.CD008587.pub2 DOI
    11. Dillner J, Rebolj M, Birembaut P, et al. Long term predictive values of cytology and human papillomavirus testing in cervical cancer screening: joint European cohort study. BMJ 2008; 337: a1754. www.bmj.com
    12. Ronco G, Dillner J, Elfström KM, Tunesi S, Snijders PJ, Arbyn M, Kitchener H, Segnan N, Gilham C, Giorgi-Rossi P, Berkhof J, Peto J, Meijer CJ. Efficacy of HPV-based screening for prevention of invasive cervical cancer: follow-up of four European randomised controlled trials.. Lancet 2014; 383(9916): 524-32. doi:10.1016/S0140-6736(13)62218-7 DOI
    13. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Methodenbewertung: Eckpunkte für zukünftiges Screening auf Gebärmutterhalskrebs geändert. Pressemitteilung Nr. 38/ 2016 vom 16. September 2016 www.g-ba.de
    14. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Umsetzungsreifes Konzept für organisierte Früherkennung auf Gebärmutterhalskrebs liegt vor. Pressemitteilung Nr. 14/ 2018 vom 18. April 2018 www.g-ba.de
    15. Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien. AWMF-Leitlinie Nr. 082-002. S3, Stand 2020. www.awmf.org

    Autor*innen

    • Thomas M. Heim, Dr. med. Wissenschaftsjournalist, Freiburg
    • Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.

    Frühere Autor*innen

    • Trine Hessevik Paulsen, Allmennlege und Redaktionsmitarbeiterin bei NEL

Zervixabstrich; CIN; Zervikale intraepitheliale Neoplasie; Pap-Abstrich; Münchner Nomenklatur
Zervixzytologie
U-NH 12.04.18
CCC MK 10.08 Revision at 13.11.2015 16:47:04: German Versiom, Geplante Fertigstellung: 30.06.2016: neue Leitlinie zur Prävention des Zervixkarzinoms, dann Überarbeitung dieses Artikels, Check GO 28.1. CCC MK 14.06.2018, komplett überarbeitet, Datenlage Impfung, geplantes Screening
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Seit den 50er Jahren wird die Zervixzytologie zur Abklärung von Vorstadien von Gebärmutterhalskrebs benutzt, damals entwickelt als konventioneller Abstrich (Papanicolaou-Test bzw. Pap-Test), der weiterhin als Standardtest Anwendung findet und in der Regel bei niedergelassenen Gynäkolog*innen erfolgt.
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