Definition:Rezidivierende Beschwerden psychischer und/oder somatischer Natur, die in der postovulatorischen (lutealen) Phase des Menstruationszyklus auftreten.
Häufigkeit:Milde bis mäßige PMS-Symptome treten bei 20–32 % aller Frauen auf, eine prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) bei 1–5 %.
Symptome:Oft kommen sowohl physische als auch psychische Symptome vor, die Symptome können sehr unterschiedlich sein. Es kommt u. a. zu Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Völlegefühl, Brustschmerzen und Gewichtszunahme.
Befunde:Normalbefund bei der gynäkologischenkörperlichen Untersuchung.
Diagnostik:Zusatzuntersuchungen haben keinen spezifischen Nutzen.
Therapie:Es gibt unzählige Behandlungsmethoden, aber wenige mit gut dokumentiertem Effekt. SSRI oder die Einnahme oraler Kontrazeptiva mit verlängertem Zyklus können indiziert sein.
Allgemeine Informationen
Definition
Prämenstruelles Syndrom/PMS
Rezidivierende Beschwerden psychischer und/oder somatischer Natur, die in der postovulatorischen (lutealen) Phase des Menstruationszyklus auftreten und die Frauen im Alltag beeinträchtigen.1
Prämenstruelle dysphorische Störung/PMDS
Eine schwere Form des PMS, bei der Irritabilität und innere Anspannung im Vordergrund stehen (American Psychiatric Association).
Häufigkeit
80–95 % der Frauen erleben prämenstruell geringfügige physische und emotionale Beschwerden oder Veränderungen, die jedoch nicht für die Diagnose PMS ausreichend sind.2
Berichte zur Prävalenz divergieren, weil es keine definierten Kriterien für die Problematik gibt, aber schätzungsweise beeinträchtigt ein PMS bis zu 12 % der Frauen, während PMDS bei ca. 1–5 % der Frauen auftritt.3-5
Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie ist nicht geklärt. Sie kann komplex und multifaktoriell sein.
Die Symptome entstehen in der lutealen Phase nach dem Eisprung und verschwinden mit dem Beginn der Menstruation.
Bei Frauen, die an PMS oder PMDS leiden, scheint während der normalen zyklischen Veränderungen des Östrogen- und Progesteronspiegels eine höhere physiologische Sensitivität vorzuliegen; diese Frauen entwickeln auch mehr Symptome.6
Genetische Faktoren scheinen für die Überempfindlichkeit auf Sexualhormone eine Rolle zu spielen.7
Der Spiegel der Geschlechtshormone ist bei Frauen mit PMS nicht höher.6
Vielmehr ist es die Reaktion des Körpers auf die Hormonschwankungen, die bei betroffenen Frauen anders ist als bei nicht Betroffenen.6
Zentralnervöse Einflüsse
Geschlechtshormone und Hormonrezeptoren sind in mehreren Bereichen des Gehirns zu finden, die Gefühle und Verhalten regulieren, u. a. in der Amygdala.5
Stimmungsschwankungen können durch den Effekt bedingt sein, den Östrogen und Progesteron auf die Neurotransmitter wie Serotonin, Gamma-Amino-Buttersäure oder das Dopaminsystem haben.68-79
Serotoninrezeptoren reagieren auf Östrogen und Progesteron.79
Inwieweit genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist nicht geklärt.
ICPC-2
X09 Prämenstruelle Symptome/Beschwerden
X89 Prämenstruelles Spannungs-Syndrom
ICD-10
N94 Schmerzen und andere Zustände in Verbindung mit den weiblichen Geschlechtsorganen und dem Menstruationszyklus10
Die Symptome treten in der zweiten Zyklushälfte, bis zu 2 Wochen vor der Menstruation und in den meisten Menstruationszyklen auf.
Die Symptome klingen kurze Zeit nach Beginn der Menstruationsblutung ab und treten während der follikulären Phase nicht auf.
Die Zyklusabhängigkeit soll bei wiederholten Beobachtungen durch Ärzt*innen und/oder die Patientin (PMS-Kalender) dokumentiert werden.
Das Syndrom führt zu eingeschränkter Funktionsfähigkeit bei alltäglichen Aufgaben und/oder in sozialen Beziehungen und/oder verursacht Beschwerden, emotionale oder physische Belastung.
Zyklusabhängige Symptome in der Lutealphase und Beschwerdefreiheit in der follikulären Phase sollen bei wiederholten Beobachtungen durch eine Ärztin und/oder die Patientin (PMS-Kalender) dokumentiert werden.
Die Symptome werden nicht durch eine Verschlechterung anderer mentaler oder physischer chronischer Erkrankungen verursacht, können aber zeitgleich auftreten.
Prämenstruelle dysphorische Störung nach DSM-V1,76
A. Mindestens 5fünf vonSymptome 11(aus definiertenB und Symptomen,C) vontreten denenim eineso. g. diezyklusabhängigen StimmungslageZeitraum miteinbeziehtauf.
Sowohl physische als auch psychische Symptome sind gewöhnlich vorhanden, und die Symptome können sehr unterschiedlicher Natur sein.
Die Symptome treten typischerweise beim oder bald nach dem Eisprung auf und verschwinden während oder nach der Menstruation, gefolgt von einer symptomfreien Periode bis zum nächsten Eisprung.
Die Patientin sollte einen Symptomkalender über die Dauer von mindestens 2zwei Menstruationszyklen führen.5
Psychische Beschwerden
Am häufigsten sind Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Niedergeschlagenheit, Angstzustände, Spannungeninnere Anspannung, Aggressivität, Weinkrämpfe, Konzentrationsschwierigkeiten, Rastlosigkeit, Schlafprobleme und das Gefühl von Kontrollverlust.
Im Unterschied zu anderen affektiven Störungen werden bei schwerem PMS/PMDS eher Stimmungslabilität und Reizbarkeit statt Niedergeschlagenheit und vermindertes Interesse berichtet.911
Sekundär kann es zu Problemen im sozialen und beruflichen Bereich kommen.101
In besonders schweren Fällen entwickeln Frauen in dieser Phase des Zyklus Suizidgedanken.12
Klinische Untersuchung
Normalbefund bei der gynäkologischenkörperlichen Untersuchung
Indikationen zur Überweisung
EineBei schwerwiegenden bzw. therapieresistenten Beschwerden Überweisung istin nurdie seltengynäkologische erforderlich.
Bei sehr schwerwiegenden Beschwerden kann eine „medikamentöse Ovariektomie“ durch Gynäkolog*innen erwogen werden.Praxis
Bei PMDS kann eine Überweisung zu Psychotherapeut*innen oder Psychiater*innen indiziert sein.
Therapie
Therapieziele
Information und Akzeptanz des Syndroms
Symptomlinderung
Verbesserung der Lebensqualität
Allgemeines zur Therapie
Bei leichten Formen des PMS kann eine Lebensstilintervention, kognitive Verhaltenstherapie und/oder alternativmedizinische Methoden empfohlen werden, bei schwereren Formen wird die Pharmako- und/oder Psychotherapie empfohlen.6
Einige Behandlungsformen sind empirisch, nur eine kleine Anzahl ist wissenschaftlich belegt.1,79
Bei gleichzeitigem Bedarf für Verhütung kann eine kombinierte orale Kontrazeption mit Drospirenon und einem verlängerten Zyklus dieEthylöstradiol erste Wahl sein.
Orale Kontrazeptiva haben einen nachgewiesenen Effekt bei PMDS.76
Antidepressiva können bei PMS und PMDS indiziert sein.
Beispiel: Tägliche Einnahme von 10 mg Citalopram, in der Phase mit Beschwerden evtl. Dosis erhöhen.6
Einsatz bei Kontraindikationen kombinierter oraler Kontrazeptiva, oder wenn keine Kontrazeption gewünscht ist, oder in Kombination mit oralen Kontrazeptiva, wenn diese nicht ausreichen.6
OraleKombinierte orale Kontrazeptiva, die das Gestagen Drosperidon enthalten und mitEthylöstradiol verlängertem Zyklus gegeben werdenenthalten, können nachweislich einen günstigen Effekt bei PMDS haben. Es ist unklar, ob andere orale Kontrazeptiva effektiv sind.5,1214
Monophasenpräparate scheinen besser zu wirken als Sequenzpräparate.6
Eine kontinuierliche Einnahme kann bei nicht ausreichendem Effekt unter zyklischer Einnahme erwogen werden.6
Das erhöhte Thromboserisiko bei Einnahme kombinierter oraler Kontrazeptiva mit Drosperidon soll bei der TherapientscheidungTherapieentscheidung berücksichtigt werden.
Es ist unklar, ob die Wirkung auf dem verlängerten oder kontinuierlichen Zyklus oder der Art der Hormone im Kombinationspräparat beruht.5
Gestagene
Wird manchmal versuchsweise eingesetzt. Ein sicherer Wirkungsnachweis fehlt (Ia).5,1315
Für Progesteroncreme wurde kein Effekt nachgewiesen.8
In einer kleinen Studie zeigte sich ein Effekt von Hormonspiralen auf prämenstruelle Symptome.14
Aber Hormonspiralen können auch prämenstruelle Symptome als Nebenwirkung verursachen.79
Östrogen
Studien zu Östrogen zur oralen Einnahme oder als Pflaster sind von schlechter Qualität.5
Die Behandlung soll zum Schutz desvor EndometriumsEndometriumhyperplasie mit niedrig dosiertem Gestagen kombiniert werden.9
GnRh-Agonisten
HabenEinsatz, nachweislichwenn einenkombinierte gutenorale EffektKontrazeptiva beiund/oder schweremSSRI PMSnicht zu einer Symptomverbesserung führen.7-86
Erwirken eine Suppression der ovariellen Funktion
Bei Langzeittherapie ist eine gleichzeitige Gabe von Östrogen (ggf. in Kombination mit einem Progesteron) sowie die Gabe von Vitamin D und Kalzium wegen des erhöhten Risikos für Osteoporose-Risikos und kardiovaskuläre Erkrankungen nicht zur Langzeittherapie geeignetempfohlen.16,
Der Einsatz sollte Gynäkolog*innen vorbehalten sein.86
Diuretika
Spironolacton ist das einzige Diuretikum, das nachweislich PMS-Symptome lindern kann, besonders Mastodynie und Aufgeblähtsein, aber auch affektive Beschwerden.79
z. B. 100 mg täglich vom 1412. Zyklustag bis zur Menstruationsblutung (off label)86
Kalziumkarbonat
Es hat sich gezeigt, dass dieDie Einnahme von täglich 500–1.200 mg in der letzten Phase des Zyklus reduziert die prämenstruellen Beschwerden reduziert.1,5
Frauen, die täglich eine erhöhte Menge Vitamin D einnahmen, hatten in einer Studie seltener PMS-Symptome. Ob die zusätzliche Einnahme von Vitamin D die Symptome reduziert, ist jedoch unbekannt.1516
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Lindert möglicherweise prämenstruelle Beschwerden, aber die Evidenz ist schwach (Ia).16,79
EsBereits scheintab nichtDosen zuunter einem200 mg/d Dose-Response-kann ein toxischer Effekt zu kommen, und es gibt keinen Grund für Dosierungen von über 100 mgauftreten.6
empfohlene DosisTagesdosis von B6-Tabletten 40 25–100 mg: 1 Tbl. x 1‒2
Mönchspfeffer (Vitex agnus castus): KannlautÜberlegenheit einergegenüber Studie Symptome lindern.Placebo169
Nachtkerzenöl: DieGinkgo Wirkungbiloba auf Mastalgie istzeigt beschriebengemischte worden, aber Evidenz für eine Wirkung auf PMS fehltErgebnisse.176
Hypericum perforatum (Johanniskraut) hat einen gewissen Nutzen.6
Akupunktur
Kann laut einem Cochrane-Review einen Effekt auf physische und psychische Symptome haben, aber die Qualität der eingeschlossenen Studien ist schlecht bis sehr schlecht.1817
PsychologischePsychotherapeutische Behandlung
EsKognitive hatVerhaltenstherapie sich gezeigt, dass eine Behandlungsserie mit kognitiver Therapiescheint effektiv zu sein scheint und einen besseren Langzeiteffekt hatzu haben als SSRI-Präparate.1,79
Operative Behandlung
Die bilaterale Ovarektomie ist therapierefraktären schweren Fällen vorbehalten.6
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Es gibt große individuelle Variationen in der Dauer, der Schwere und der Intensität.
In der Schwangerschaft und in den Wechseljahren verschwinden die prämenstruellen Beschwerden.79
Man nimmt an, dass Frauen mit PMS ein erhöhtes Risiko für affektive Störungen in den Wechseljahren haben.
Komplikationen
Es gibt meist keine Komplikationen.
Veränderte Beziehungen zu den nächsten Angehörigen, wenn das Syndrom eine deutliche Reizbarkeit und Verhaltensänderung mit sich führt.
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Autor*innen
MarliesFranziska KarschJorda, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin,München (Revision auf der Basis von NEL)
Erika Baum, Prof. Dr. med., Professorinund für AllgemeinmedizinViszeralchirurgie, Universität Marburg (Review)
Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.Kaufbeuren
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
BBB MK 22.06.2023 umfassend revidiert und gekürzt, DSM V-Kriterien entfernt.
Revision at 17.11.2015 11:42:32:
German Version. DEGAM Baum 10.05.16: keine Änderungen
U-MK Revision auf der Basis einer grundlegenden Überarbeitung in NEL
Frau Baum 5.11.18
Definition:Rezidivierende Beschwerden psychischer und/oder somatischer Natur, die in der postovulatorischen (lutealen) Phase des Menstruationszyklus auftreten. Häufigkeit:Milde bis mäßige PMS-Symptome treten bei 20–32 % aller Frauen auf, eine prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) bei 1–5 %.