Definition:Fokale oder diffuse Proliferation von Trophoblastzellen. Ursächlich ist zumeist eine Chromosomenanomalie in der Schwangerschaft. Die komplette und die partielle Blasenmole sind gutartige Varianten, während die destruierende (invasive) Blasenmole (Chorionepitheliom) und das Chorionkarzinom sowie Plazentabetttumoren maligne Varianten sind.
Häufigkeit:In Europa ca. 1 pro 2.000–31.000 GeburtenSchwangerschaften.
Symptome:HDie häufigsteufigsten Symptome sind vaginale Blutungen im 1. oder früh im 2. Trimenon und eine schnelle Vergrößerung des Uterus.
Befunde:Klinische Befunde sind Blutungen und ein für die Schwangerschaftsdauer zu großer Uterus.
Diagnostik:Zusatzuntersuchungen sind Beta-hCG-Messungen und Ultraschall.
Therapie:Die Behandlung ist zumeist operativ mit Ausräumung des gesamten Uterusinhalts mittels Saugkürretage, bei malignen Formen gefolgt von einer Chemotherapie.
Allgemeine Informationen
Definition
Trophoblast: In der frühesten Schwangerschaft entstehender Zellverband, der im Verlauf zum embryonalen Anteil der Plazenta differenziert.1
Trophoblasterkrankungen entstehen durch Fehldifferenzierung der Trophoblastzellen.
Können gestationsbedingt und nicht gestationsbedingt sein.
Gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen (GTD): zytogenetisch und klinisch heterogene Gruppe von Krankheitsbildern, durch eine Fehldifferenzierung und/oder Proliferation des Trophoblastepithels verursacht1
Aufgrund des Nachweises oder Fehlen von Chorionzotten werden villöse und nichtvillöse GDT unterschieden.
Fokale oder diffuse Proliferation von Trophoblastzellen
Ursächlich ist zumeist eine Chromosomenanomalie in der Schwangerschaft.
Entwickeln sich meist aus der Blasenmole, machen sich durch ein persistierend hohes Beta-hCG bemerkbar.
Einteilung
In Anlehnung an die WHO-Klassifikation Einteilung in gestationsbedingte und nicht-gestationbedingte Trophoblasterkrankungen12
Gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen (GTD): Aufgrund des Nachweises oder Fehlen von Chorionzotten werden villöse und nichtvillöse GDT unterschieden.
villlös
Partialmole: Enthält sowohl ein fetales Gewebe als auch Molengewebe, sehr selten maligne Entartung.
Blasenmole (komplette): gesamter Uterus mit traubenartigen Chorionzotten ausgefüllt, kein fetales Gewebe
invasive Mole: maligne Entartung der Blasenmole (persistierende villösen gestationsbedingten Trophoblasterkrankung) , in 8–15 % der Blasenmolen23
Nicht gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen (GTD): sehr selten
Chorionkarzinome des Ovars, des Endometriums oder im Rahmen von Urothelkarzinomen mit trophoblastärer Differenzierung31
Trophoblasterkrankungen metastasieren primär hämatogen, häufig in die Lunge.
Plazentabetttumoren verbreiten sich meist lymphogen.
Häufigkeit
Gutartige Trophoblasterkrankung
Trophobasterkrankungen entwickeln sich in ca. 1 von 500–1.000 Schwangerschaften in Nord- und Südamerika und Europa, in Ostasien häufiger, in bis zu 1 von 120 Schwangerschaften.4
Inzidenz der Blasenmole 1:500 in Asien, 1:1.000 im Mittleren Osten und Afrika, 1:1.500 in Europa und Nordamerika5
Partial- und Blasenmolen machen mit 80 % den Großteil der Trophoblasterkrankungen aus.6
Nach einer Schwangerschaft mit Mole beträgt das Risiko bei späteren Schwangerschaften 0,7–2,6 %, nach 2 Schwangerschaften mit Mole liegt das Risiko in einer 3. Schwangerschaft bei 10 %.7
Die Inzidenz der Blasenmole ist in den Fertilitätsgrenzen höher.
Frauen unter 20 Jahren: Risiko 7-mal höher
Frauen nach dem 40. Lebensjahr: Risiko 2-mal höher8
Maligne Throphoblasterkrankung
Inzidenz
Chorionkarzinom: 1 pro 20.000 bis 40.000 GeburtenSchwangerschaften9
Plazentabetttumor: äÄußerst selten.; Weltweitweltweit sind nur etwa 300 Fälle beschrieben.23
Ätiologie und Pathogenese
Ausgangspunkt ist eine Schwangerschaft: Der Trophoblast enthält für die Frau fremdes genetisches Material. Kann im Rahmen einer normalen Schwangerschaft, einer extrauterinen Schwangerschaft und einem Abort auftreten.
Bei der Befruchtung besiedeln Trophoblastzellen Endometrium, Blutgefäße und Myometrium, um eine fetomaternale Zirkulation zu etablieren. Bei einer normalen Schwangerschaft zirkulieren eine große Anzahl Trophoblastzellen in der Blutbahn der Mutter. Bei Trophoblasterkrankungen kommt es zu einer ungehemmten Invasion von Trophoblastzellen in das Myometrium und die Blutbahn der Mutter.
Eine komplette Mole hat den Karyotyp 46,XX oder 46,XY wobei beide Gonosome vom Vater stammen.31 Eine Spermienzelle (23,X) hat eine Eizelle befruchtet und danach die Chromosomenanzahl verdoppelt, die maternale DNA ist bei der Befruchtung verloren gegangen. In seltenen Fällen Befruchtung durch zwei Spermien und Verlust des mütterlichen Zellkerns.
Bei partieller Mole entsteht häufiger ein Fetus, meist Karyotyp 69,XXY oder 69,XXX. Eine Eizelle wurde mit zwei Spermienzellen befruchtet.
Für die Diagnose einer persistierenden villösen gestationsbedingten TrophoblasterkrankungTrophoblastererkrankung (GTD, postmolare Trophoblastpersistenz) gelten folgende Kriterien:
4 oder mehr konsekutive hCG-Werte mit einer Plateaubildung – oder –
Anstieg der hCG-Werte bei 2 konsekutiven Messungen (Tag 0 und 7) – oder –
Ausräumen des Cavum uteri sonografisch kontrolliert mittels Saugkürettage
Entfernung des gesamten Trophoblastenmaterials
Bei hoher Perforationsgefahr aufgrund des aufgelockerten Uterus äußerst vorsichtig durchzuführen.
Bei Rhesus-negativen Frauen ist die Anti-D-Gabe bei Partialmole obligat!
Hysterektomie
bei therapieresistenten lebensbedrohlichen Blutungen oder abgeschlossener Familienplanung
als alleinige Therapie bei malignen Trophoblasttumoren unzureichend23
in seltenen Fällen indiziert
Medikamentöse Therapie
Chemotherapie
Zur Indikationsstellung für eine Chemotherapie soll der FIGO-Risiko-Score verwendet werden.1
Indikation
persistierende Trophoblasterkrankung mit den folgenden (FIGO-)Kriterien:
4 oder mehr konsekutive hCG-Werte mit einer Plateaubildung (definiert als < 10 % Änderung zum Vorwert) über mindestens 3 Wochen – oder –
Anstieg der hCG-Werte um mindestens 10 % gegenüber dem Vorwert bei 2 konsekutiven Messungen (Tag 0 und 7) oder kontinuierlicher Anstieg um mindestens 20 % bei 3 konsekutiven Messungen über mindestens 2 Wochen (z. B. Tag 0, 7, 14) – oder –
persistierende hCG-Werte über 6 Monate nach Ausräumung einer Blasenmole.
histologisch nachgewiesene maligne Form
Fernmetastasen
Ausnahme: Möglichkeit einer Re-Kürettage zur Vermeidung der Chemotherapie
Leitlinie: Medikamentöse Therapie der persistierenden Trophoblasterkrankungen31
Mittel der Wahl füfür Low-Risk-FäFälle (FIGO-Score < 7)
Methotrexat 50 mg i. m. jeweils an den Tagen d 1, 3, 5, 7 und FolsäFolsäure 15 mg p. o. jeweils an den Tagen d 2, 4, 6, 8
Bei Entwicklung einer Methotrexat-Resistenz soll eine Actinomycin-D-Therapie (1,25 mg/m2 Körperoberfläche qalle 2 Wochen) oder eine Polychemotherapie nach dem EMA-CO-Schema durchgefüdurchgeführt werden.
Bei High-Risk-FäFällen (FIGO-Score ≥ 7)
Chemotherapie nach dem EMA-CO-Schema
Bei FIGO-Score > 12 ggf. Induktionstherapie mit Etoposid und Cisplatin
Daktinomycin (Actinomyzin D)
höhere primäre Remissionsraten, aber mehr schwere Nebenwirkungen11
Wird in der aktuellen deutschen AWMF-Leitlinie nur bei Methotrexat-Resistenz empfohlen.
Strahlentherapie
Indikationen zur Strahlentherapie nur in der metastasierten Situation23
Bei Gehirnmetastasen zeitnah nach Diagnosestellung, um intrakraniellen Blutungen vorzubeugen.
Bei Lebermetastasen im Falle von Chemoresistenz
Laut aktueller AWMF-Leitlinie erfolgt bei HirmmetastasenHirnmetastasen ein multimodaler Ansatz mit Chemotherapie, Ganzhirnbestrahlung und lokaler Resektion.31
nach Partialmole: wöchentliche Beta-hCG-Kontrolle bis zur Negativität (2 konsekutive Messungen negativ)
nach einer Blasenmole: wöchentliche Beta-hCG-Kontrolle im Serum, bei mindestens 2-malig negativem Befund monatliche Beta-hCG-Kontrolle für weitere 6 Monate31
nach Chemotherapie bei invasiven Formen: ebenfalls wöchentliche Beta-hCG-Kontrolle im Serum, bei 3-malig negativem Befund monatliche Beta-hCG-Kontrolle für 1 Jahr31
Sichere Kontrazeption in Form von oralen Kontrazeptiva wird bei Blasenmole über den Zeitraum von mindestens 12 Monaten empfohlen, danach erneute Schwangerschaft möglich.
Verzicht auf Einlage eines IUD aufgrund der Perforationsgefahr23
Risiko einer erneuten Blasenmole in späteren Schwangerschaften: ca. 0,7–2,6 %; insofern hohe Wahrscheinlichkeit einer normalen Folgeschwangerschaft
Bei einer späteren Schwangerschaft sollten zusätzlich folgende Untersuchungen durchgeführt werden:
vaginale Ultraschalluntersuchung zu einem frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft
Nach der Geburt sollte die Plazenta genau untersucht und zur histologischen Untersuchung geschickt werden.
Bei Eintritt einer Schwangerschaft innerhalb von 12 Monaten nach Diagnose einer Trophoblasterkrankung wird der Schwangerschaftsabbruch empfohlen.23
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Fortgesetzte Blutungen nach adäquater Ausräumung des Uterus: Anzeichen für maligne Veränderungen
Bei gutartiger Mole sinkt der Beta-hCG-Spiegel schnell auf den Normalwert.
Bei persistierender, bösartiger Erkrankung wird keine komplette Normalisierung des Beta-hCG-Werts erreicht, oder die Werte steigen sukzessiv wieder an.
> 80 % Heilung nach Entfernung der Molenschwangerschaft
in 8–15 % Auftreten einer persistierenden oder invasiven Mole
Risiko einer malignen Entartung bei partieller Blasenmole 1–3 %
in 5 % Ausbildung eines Chorionkarzinoms
Bei malignen Trophoblastveränderungen ist die Prognose selbst in der metastasieren Situation ebenfalls gut.
fast 100 % Überleben bei Low-Risk-Patientinnen (FIGO-Score < 7)
86 % Überleben bei High-Risk-Patientinnen (FIGO-Score > 7)
bis zu 75 % Überleben bei zerebraler Metastasierung11
Plazentabetttumor: 5-Jahres-Überlebensrate von 57 %23
Nach stattgehabter Trophoblasterkrankung und nachgewiesener hCG-Negativität besteht für eine erneute Schwangerschaft keine ungünstige Prognose für die Mutter oder das ungeborene Kind.31
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patientinnen informieren?
Blasenmolen entstehen durch Fehler der chromosomalen Verteilung bei der Befruchtung.
Erfordert Follow-up und Kontrolle über den Zeitraum von 1 Jahr nach dem Eingriff.
In den meisten Fällen ist später wieder eine normale Schwangerschaft möglich.
Bei invasiven Formen sollte eine psychosoziale und psychoonkologische Unterstützung angeboten werden.
Infos und Beratung zur Möglichkeit der medizinisch-onkologischen Rehabilitation
Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). GestationelleGestationsbedingte und nichtgestationellenicht-gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen - Living Guideline. AWMF-Leitlinie Nr. 032-049. S2k, Stand 20202022. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). Gestationsbedingte und nicht-gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen. AWMF-Leitlinie Nr. 032-049. S2k, Stand 2022. www.awmf.org
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Autor*innen
Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Proliferation von Trophoblastzellen; Trophoblastzellenproliferation; Chromosomenanomalie in der Schwangerschaft; Blasenmole; Chorionepitheliom; Chorionkarzinom; Chorionepithelioma malignum; Plazentabett-Tumor; Vaginale Blutung; Schnelle Uterusvergrößerung; Mola hydatidosa; Präeklampsie; Hyperthyreose; Molenschwangerschaft
Trophoblasterkrankungen
U-NH 04.04.18
CCC MK 05.10.2022 neue LL berücksichtigt.
BBB MK 26.08.2021 umgeschrieben, neue LL berücksichtigt.
chck go 26.4., mit deutscher Literatur ergänzt 6.5. JT
Definition:Fokale oder diffuse Proliferation von Trophoblastzellen. Ursächlich ist zumeist eine Chromosomenanomalie in der Schwangerschaft. Die komplette und die partielle Blasenmole sind gutartige Varianten, während die destruierende (invasive) Blasenmole (Chorionepitheliom) und das Chorionkarzinom sowie Plazentabetttumoren maligne Varianten sind.