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Juvenile idiopathische Arthritis – systemische Arthritis

Was ist die juvenile idiopathische Arthritis?

Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist ein Überbegriff für rheumatische Erkrankungen im Kindes-  und Jugendalter, die mit chronischen Entzündungen an einem oder mehreren Gelenken (Arthritis) einhergehen. Die Erkrankung beginnt definitionsgemäß vor dem 16. Lebensjahr und dauert mindestens 6 Wochen an. Die juvenile idiopathische Arthritis tritt häufiger in Europa und Nordamerika als in Asien auf. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 1.200 Kinder unter 16 Jahren. Insgesamt gibt es vermutlich 15.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland mit juveniler idiopathischer Arthritis. Mädchen sind zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Jungen.

Es gibt mehrere Unterarten der juvenilen idiopathischen Arthritis, die sich in Bezug auf die Symptome, die Behandlung und den Verlauf der Erkrankung unterschiedlich äußern. Ebenso sind das Alter beim Auftreten der Symptome und die Geschlechtsverteilung abhängig von der Unterart. Die wichtigsten Formen sind:

  1. Systemische Arthritis
    • Macht in Deutschland ca. 4 % der Fälle von juveniler idiopathischer Arthritis aus.
    • Diese Form greift nicht nur die Gelenke an, sondern auch andere Organe wie das Herz, die Leber, die Lunge und die Lymphknoten.
    • Mädchen und Jungen sind bei dieser Form gleich häufig betroffen.
  2. Rheumafaktor-negative oder seronegative Polyarthritis
    • Ist in Deutschland für ca. 19 % der Fälle von juveniler idiopathischer Arthritis verantwortlich.
    • Ist dadurch gekennzeichnet, dass 5 oder mehr Gelenke betroffen sind (poly = viele).
    • Es liegt kein spezieller Antikörper vor, der bei einigen anderen rheumatischen Erkrankungen klassischerweise auftritt. Dieser wird Rheumafaktor genannt und tritt in einigen Fällen bei der rheumatoiden Arthritis auf.
    • Neben der Rheumafaktor-negativen Polyarthritis gibt es auch die seltenere Rheumafaktor-positive bzw. seropositive Polyarthritis (2 %).
    • Mädchen sind deutlich häufiger als Jungen betroffen.
    • Die betroffenen Kinder sind meist im Kleinkindalter.
  3. Oligoarthritis
    • Ist die häufigste Form der juvenilen idiopathischen Arthritis in Deutschland mit 49 %.
    • Ist dadurch gekennzeichnet, dass zu Beginn der Erkrankung 4 oder weniger Gelenke betroffen sind (oligo = wenige).
    • Mädchen sind deutlich häufiger als Jungen betroffen.
    • Die betroffenen Kinder sind meist im Kleinkindalter.

Daneben gibt es noch die Enthesitis-assoziierte Arthritis, die Psoriasis-Arthritis sowie die undifferenzierte Arthritis. Allgemeine Informationen über alle Formen finden Sie im Artikel Juvenile idiopathische Arthritis. Im vorliegenden Artikel wird die systemische Arthritis behandelt.

Systemische Arthritis (Morbus Still)

Die systemische Arthritis, auch Morbus Still oder Still-Syndrom genannt, befällt nicht nur die Gelenke, sondern kann auch mit weiteren Symptomen im ganzen Körper einhergehen. Der Morbus Still kann auch bei Erwachsenen auftreten.

Ursachen

Die Ursache der systemischen Arthritis ist nicht bekannt, die Erkrankung wird jedoch, wie alle juvenilen idiopathischen Arthritiden, als Autoimmunerkrankung beschrieben. Genetische Faktoren spielen als Auslöser eine Rolle, auch Umweltfaktoren werden diskutiert.

Symptome

Neben der Entzündung von einem oder mehreren Gelenken ähnelt der Krankheitsverlauf der systemischen Arthritis am Anfang einer Infektionserkrankung, ohne, dass eine solche vorliegt. Die betroffenen Kinder können bereits vor dem Gelenkbefall hohes Fieber oder einen blass-rötlichen Hautausschlag bekommen. Die Kinder fühlen sich währenddessen meist sehr unwohl. Das Fieber lässt sich nicht durch die üblichen fiebersenkenden Mittel, jedoch durch Kortison senken. Der Hautausschlag ist meistens am Körperstamm und an den nahe dem Rumpf gelegenen Arm- und Beinanteilen zu finden und bildet sich im Verlauf zurück. Die Leber und die Milz sowie die Lymphknoten können im Rahmen der Erkrankung anschwellen und tastbar sein. Auch der Herzbeutel, das Lungen- oder Bauchfell können von der Erkrankung betroffen sein (Herzbeutelentzündung, Brustfellentzündung bzw. Peritonitis). Die Gelenke zeigen sich im Verlauf geschwollen, warm oder schmerzhaft.

Alle Formen der juvenilen idiopathischen Arthritis können Wachstumsstörungen an den entzündeten Gelenken verursachen. Dies kann zu Fehlstellungen führen. Bei hoher Krankheitsaktivität kann eine allgemeine Wachstumshemmung auftreten.

Diagnostik

In der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung fallen bei der systemischen Arthritis ein eingeschränktes Wohlbefinden des Kindes, oft schmerzhafte Bewegungseinschränkungen oder Gelenkschwellungen, -überwärmungen sowie -rötungen auf. Das Kind wirkt geschwächt und hat evtl. Fieber. Die Gelenkbeschwerden können zunächst ausbleiben oder sehr schwach ausgeprägt sein. Eventuell zeigen betroffene Kinder einen veränderten, hinkenden Gang oder eine Gelenksteife, besonders am Morgen, wenn das Kind aufwacht. Möglicherweise wird das Laufen auch vollständig verweigert.

Besteht der Verdacht auf eine juvenile idiopathische Arthritis, führen Kinderärzt*innen weitere Untersuchungen durch, meist im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts. Diverse andere Erkrankungen können ähnliche Symptome wie die systemische Arthritis verursachen. In Bluttests können häufig deutlich erhöhte Entzündungswerte wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), eine erhöhte Anzahl von Leukozyten, eine erhöhte Menge an Thrombozyten und eine Blutarmut (Anämie) nachgewiesen werden. Diese sind aber nicht beweisend für die Erkrankung. Die Entnahme von Knochenmarksproben oder Gelenkflüssigkeit wird ggf. zusätzlich durchgeführt. Um das Gelenk genauer zu untersuchen, können Röntgenaufnahmen oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) hilfreich sein. Diese Untersuchungen können anfangs aber auch unauffällig ausfallen.

Um eine Entzündung der Regenbogenhaut (Iritis und Iridozyklitis) auszuschließen, ist die Untersuchung durch augenärztliches Personal wichtig. Bei der systemischen Arthritis treten in der Regel keine Augenentzündungen auf. Sie treten allerdings bei anderen juvenilen idiopathischen Arthritiden in 10–30 % der Fälle auf und verlaufen häufig ohne Symptome. Mädchen sind häufiger betroffen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch Augenärzt*innen sind wichtig, um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und eine eventuelle Behandlung einzuleiten.

Therapie

Die wichtigsten Ziele bei der Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis bestehen darin, die Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu erhalten und dem Kind ein normales Wachstum und eine regelrechte Entwicklung zu ermöglichen. Die Behandlung verläuft langfristig und fachübergreifend, d. h., es sind mehrere Berufsgruppen an der Behandlung beteiligt, z. B. Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen oder andere Spezialist*innen.

Zur Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis stehen eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung. Zu den entsprechenden Medikamenten zählen sowohl entzündungshemmende als auch schmerzlindernde Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Kortison-Präparate, sogenannte Basismedikamente (z. B. Methotrexat) sowie Biologika, die die fehlgeleitete Immunantwort zielgerichtet hemmen können. Welche Medikamente angewandt werden, variiert von Fall zu Fall. Bei der systemischen Arthritis kommen beispielsweise entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen infrage, die auch mit Methotrexat oder Kortison kombiniert werden können. Die Medikamente werden von den behandelnden Kinderärzt*innen je nach Ausprägung des Krankheitsbildes ausgewählt. Über die Anwendungsweise, Wirkungen und Nebenwirkungen klären Sie die behandelnden Ärzt*innen ebenfalls auf.

Physio- und Ergotherapie sind wichtige Therapiebestandteile und können Bewegungseinschränkungen entgegenwirken. Ein geeignetes Trainingsprogramm für das Kind erweist sich häufig als nützlich.

Prognose

Der Verlauf einer juvenilen idiopathischen Arthritis ist individuell unterschiedlich und hängt von der Unterart und dem Therapieerfolg ab. Alle Formen können potenziell leicht oder schwerwiegend verlaufen. Je früher und je stärker die Krankheit auftritt, desto wahrscheinlicher sind dauerhafte Beeinträchtigungen, z. B. Bewegungseinschränkungen oder Fehlstellungen. Durch die Einführung der Biologika haben sich die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen deutlich verbessert.

In manchen Fällen bildet sich die Erkrankung im Kindes- oder Jugendalter zurück, in anderen bleibt sie bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Marleen Mayer, Ärztin, Mannheim
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Die systemische Arthritis gehört zu den rheumatischen Gelenkerkrankungen im Kindesalter und ist eine Unterform der juvenilen idiopathischen Arthritis. Sie wird auch Morbus Still genannt und beginnt meist mit Fieber und Allgemeinsymptomen, häufig bevor sich eine Beteiligung der Gelenke zeigt.
Juvenile idiopathische Arthritis – systemische Arthritis
https://deximed.de/home/klinische-themen/paediatrie/patienteninformationen/knochen-und-gelenke/juvenile-arthritis-systemische-arthritis/
MP 4.2.2021; MM 05.07.18
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Die systemische Arthritis gehört zu den rheumatischen Gelenkerkrankungen im Kindesalter und ist eine Unterform der juvenilen idiopathischen Arthritis. Sie wird auch Morbus Still genannt und beginnt meist mit Fieber und Allgemeinsymptomen, häufig bevor sich eine Beteiligung der Gelenke zeigt.
Pädiatrie
Juvenile Arthritis, systemische Arthritis
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