Definition:Intraperitoneale Adhäsionen (intraabdominale Verwachsungen) können nach Operationen im Bereich der Bauchhöhle entstehen und sind eine Folge von Gewebeschädigungen und deren Heilung.
Häufigkeit:Sie entstehen bei bis zu 95 % der Patient*innen, die sich einer Bauchoperation (Laparotomie) unterzogen haben.
Symptome:Verwachsungen können zu Schmerzen, Infertilität oder Darmverschlüssen führen.
Befunde:Klinische Befunde hängen vom Schweregrad des Zustands ab. Adhäsionen verursachen mehr als 65 % aller Fälle von Dünndarmileus.
Diagnostik:Bildgebende Verfahren, v. a. Sonografie und CT; Die endgültige Diagnose kann erst intraoperativ gestellt werden.
Therapie:Es gibt kaum erfolgsversprechende therapeutische Maßnahmen. Wichtigste Maßnahme ist die Prävention von Adhäsionen.
Allgemeine Informationen
Definition
Intraperitoneale Adhäsionen (intraabdominale Verwachsungen) können nach Operationen des Abdomens entstehen und sind eine Folge von Gewebeschädigungen und deren Heilung.1
Sie können sich unterschiedlich darstellen als:
als feine Bindegewebsnetze
als dicke fibröse Stränge, die Blutgefäße und Nerven enthalten können (Briden).
Eine Abgrenzung zu funktionellen bzw. nicht-adhäsionsbedingten Bauchschmerzen ist schwierig.3
Nicht selten entstehen die Komplikationen erst viele Jahre nach der Operation.1
Folgeeingriffe bei Patient*innen mit vielen Adhäsionen führen meist zu einer längeren Operationszeit und einem höheren Risiko für Darmschädigungen und damit einhergehenden schweren Komplikationen.2
Adhäsionen sind für 65–75 % der Dünndarmverschlüsse ursächlich.2
Ovariale Adhäsionen entstehen bei über 90 % der Patientinnen nach gynäkologischer Adnexchirurgie aufgrund der hohen Empfindlichkeit des Ovarepithels und seiner Nähe zu anderen peritonealen Oberflächen.2
Pathophysiologie
Eine Läsion im Peritoneum führt zu gesteigerter vaskulärer Permeabilität, Thrombozytenaktivierung und Zytokinfreisetzung.
Die Folge ist eine entzündliche Reaktion.
Bildung einer neuen Mesothelschicht über den geschädigten Bereich innerhalb von 5–8 Tagen
Entstehung einer Fibrinmatrix, die später Fibrinstränge bildet. Durch eine pathologische Reduktion der peritonealen Fibrinolysekapazität kommt es zum unvollständigen Abbau des Fibrins, infolgedessen Adhäsionen entstehen.
Ursachen für die pathologische Reduktion der peritonealen Fibrinolysekapazität
Zerstörung von Mesothelien
insuffiziente Blutversorgung der Mesothelien
vermehrter Synthese von Fibrinolysegegenspielern nach Trauma, bei Hypoxie, Radikalbildung sowie bakterieller Infektion2
Auch Fremdkörper wie Talk oder Nahtmaterial können zu einer lokalen, entzündlichen Reaktion führen, die Adhäsionen zur Folge haben kann.
Sono Abdomen zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen bzw. zur Diagnose eines Ileus
Diagnostik bei Spezialist*innen
Ggf. CT oder MRT Abdomen zur Differenzialdiagnostik
Die Verwachsungen selbst sind letztendlich nur durch eine Laparoskopie oder Laparotomie zu beweisen.
Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung
Bei Verdacht, dass bei voroperierten Patient*innen Adhäsionen ursächlich für Bauchschmerzen sein könnten, in die Chirurgie zur Mitbeurteilung.
Bei akuten Bauchschmerzen (Ileus) sofortige Einweisung in eine chirurgische Abteilung
Therapie
Therapieziele
Bei postoperativen peritonealen Adhäsionen gibt es kaum Therapiealternativen.
Das Hauptaugenmerk liegt auf der Vorbeugung von Adhäsionen, indem möglichst atraumatische Eingriffe durchgeführt werden.
Allgemeines zur Therapie
Eine erneute Operation mit Adhäsiolyse nur als Ultima Ratio bzw. bei manifestem Ileus, der auf konservative Maßnahmen keine Besserung zeigt.
Die Komplikationsrate ist erheblich erhöht, insbesondere bezüglich Dünndarmverletzungen.1
Eine erneute Bildung von Adhäsionen ist wahrscheinlich.
Präventiv sollte möglichst eine atraumatische Operationstechnik eingesetzt werden, und der AusstrocknungAustrocknung des Peritoneums während der Operation sollte vorgebeugt werden.1
Eine minimalinvasive Technik führt zu weniger Adhäsionen als ein offener Eingriff.4
Medikamentöse Therapie
Es gibt keine Medikamente mit einer prophylaktischen oder therapeutischen Wirkung.
Chirurgische Prophylaxe
Atraumatischer Eingriff
Verwendung atraumatischer Präparationstechniken und Instrumente
subtile Blutstillung
Schutz vor AustrocknugAustrocknung des Gewebes, Benutzung feuchter Kompressen
Ein laparoskopischer Eingriff führt zu weniger Adhäsionsbildung als eine offene Operation.4
Eine Laparaskopie ist mit einem geringeren Trauma verbunden, und dadurch ist die Immunantwort möglicherweise weniger ausgeprägt.
Die CO2-Insufflation bei Laparoskopie hat jedoch negative Effekte auf die Adhäsionsbildung. Je länger die Operaion und je höher der Druck des Pneumoperitoneums, desto höher das Risiko für postoperative Adhäsionen.1
Prävention
In den letzten Jahren wurden verschiedene Maßnahmen und Produkte zur Vorbeugung von Adhäsionen nach einer Laparotomie getestet.
mechanische Barrierearten in flüssiger oder fester Form
kolloide (Dextrane) und kristalloide Lösungen (Ringerlactat oder Kochsalz) u. a.2
Steroide und NSAR-Präparate, Fibrinolytika, Antikoagulanzien, Hormone, Lokalanästhetika
Für keines der Agenzien besteht bisher eine ausreichende Evidenz.1
Insgesamt ist die Studienlage zu adhäsionsreduzierenden Adjuvanzien sehr begrenzt und teilweise kontrovers.1-2
Komplikationen und Prognose
Komplikationen
Bei erneuten chirurgischen Eingriffen
Verlängerung der Operations- und Narkosezeit
erhöher Blutverlust
gesteigertes Verletzungsrisiko von Omentum, Blase, Ureter und Gefäßen2
Aus einer retrospektiven Untersuchung geht hervor, dass das Risiko einer Darmobstruktion mit anschließender Operation bei Kindern bei 2,1 % bei einer konventionellen Appendektomie und 1,6 % bei einer laparoskopischen Appendektomie lag.4
Prognose
Manifestierte Adhäsionen sind schwer zu entfernen. Ein erneuter Eingriff mit der Intention der Adhäsiolyse geht mit erhöhten Komplikationsrisiken einher und kann seinerseits wieder Adhäsionen induzieren.
Bei voroperierten Patient*innen sollte eine Aufklärung über Adhäsiolyse und deren mögliche Komplikationen erfolgen.2
Verlaufskontrolle
Es gibt keinen Grund für systematische Kontrollen.
Quellen
Literatur
Arung W, Meurisse M, Detry O; Pathophysiology and prevention of postoperative peritoneal adhesions. World J Gastroenterol. 2011 Nov 7;17(41):4545-53. www.ncbi.nlm.nih.gov
Brüggmann D, Tchartchian G, Wallwiener M, Münstedt K, Tinneberg HR, Hackethal A. Intraabdominale Adhäsionen - Definition, Entstehung, Bedeutung in der operativen Medizin und Möglichkeiten der Reduktion. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(44): 769-75; DOI: 10.3238/arztebl.2010.0769 www.aerzteblatt.de
ten Broek RPG, Issa Y, van Santbrink EJP, et al. Burden of adhesions in abdominal and pelvic surgery: systematic review and meta-analysis. BMJ 2013; 347: f5588. BMJ (DOI)
Gutt CN, Oniu T, Schemmer P et al. Fewer adhesions induced by laparoscopic surgery? Surg Endosc 2004; 18: 898-905. PubMed
Autor*innen
Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Intraperitoneale Adhäsionen (intraabdominale Verwachsungen) können nach Operationen im Bereich der Bauchhöhle entstehen und sind eine Folge von Gewebeschädigungen und deren Heilung.