Definition:Infektion mit dem Bakterium Actinomyces, am häufigsten in Form einer Weichteilinfektion im Hals- und Gesichtsbereich.
Häufigkeit:Sehr seltene Erkrankung, Vorkommen des Erregers in der normalen Mund- und gastrointestinalen Flora.
Symptome:Unspezifisch und treten üblicherweise als eine langsam wachsende Schwellung im Bereich des Gesichts/Halses auf.
Befunde:Uncharakteristische Befunde, oft Schwellungen, Indurationen, Abszesse mit Fistelbildung, Entleerung typischer gelber Drusen.
Diagnostik:Nachweis des anaeroben Bakteriums durch Mikroskopie und Kultur.
Therapie:Langwierige Antibiotikatherapie, häufig ist auch Operation erforderlich.
Allgemeine Informationen
Definition
Bakterielle Infektion mit Actinomyces, beim Menschen am häufigsten verursacht durch das Bakterium Actinomyces israelii
anaerobe, grampositive, fadenbildende Bakterien (in der Normalflora der Mundhöhle)1
häufig in Koinfektion mit Staphylococcus aureus und Anaerobiern2
Die Bedeutung der obligat aneoroben Begleitflora ist umstritten.3
Die häufigsten klinischen Formen der Aktinomykose sind Ulzera, Granulome sowie multiple Abszesse und Fistelgänge, die gelbliche Körnchen absondern.1
häufig Ausbreitung in benachbarte Gewebe
am häufigsten zervikofazial und im kleinen Becken bei Frauen1
Die Diagnose wird oft verspätet gestellt, da sie selten ist.
Häufigkeit
Aktinomykose kommt weltweit vor, allerdings ist sie in den Industrienationen eine seltene Erkrankung.1
Die Inzidenz lag bei etwa 1/300.000 in den 70er-Jahren, aber durch bessere Zahnhygiene und weit verbreitete Antibiotikaverwendung ist sie nun geringer.
höhere Prävalenzraten in Ländern mit niedrigem sozioökonomioschen Status oder schlechter Zahnhygiene
Auftreten unabhängig von Alter, Jahreszeit oder Berufstätigkeit
Verhältnis Männer zu Frauen 1,5–3:1
Ätiologie und Pathogenese
Actinomyces dringen oft über Mikrofissuren in den Körper ein.1
Actinomyces sind strikte oder fakultative Anaerobier mit einem hohen Guanin-Zytosin-Gehalt.1
Sie sind Teil der normalen Mund- und intestinalen Flora und kommen besonders in Zahnfleischtaschen, Zahnplaque und Kariesherden vor.
Die beim Menschen am häufigsten vorkommende Subspezies ist Actinomyces israelii.
Weitere Subspezies sind A. gerensceriae, A. meyeri, A. odontolyticus.
Actinomyces werden durch Invasion in verletztes oder nekrotisches Gewebe pathogen.1
Dies führt zu einer ausgeprägten entzündlichen Immunreaktion mit Suppuration und Granulombildung, die zu Fibrose führen kann.
Die Infektion breitet sich in angrenzendes Gewebe aus und führt letztendlich zu den für die Krankheit typischen Fistelungen.
Es kommt zur Ausscheidung purulenter schwefelfarbiger Körnchen (Drusen).
50–70 % der Infektionen treten zervikofazial auf, 10–20 % abdominell.1
Andere Manifestationen, wie thorakal und im ZNS, treten nur in Einzelfällen auf.
Invasion von Blutbahn und Schädel tritt sehr selten bei fehlender Behandlung auf.1
häufig parenterale Verabreichung von Penicillin, im Verlauf Umstellung auf orale Therapie (Amoxicillin 3 x 3 g)
alternativ: Doxycyclin oral (1–2 x 0,1 g) oder Clindamycin (3 x 0,6 g) i. v. oder Cephalosporin i. v.
bei leichten Verläufen oder ausreichender chirurgischer Sanierung empfohlene Therapiedauer ca. 6 Wochen, bei komplizierten Formen bis zu 6 Monaten
Operative Sanierung
Indikation: ausgedehnte Läsionen, ausgedehnte Nekrosen, große Abszesse, persistierende Fisteln, bestehender Verdacht auf maligne Erkrankung1
Prävention
Keine generellen Empfehlungen außer guter Pflege und Hygiene1
In der Sekundärprävention: gute Hygiene und Zahnpflege1
Meldepflicht
Keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht nach dem IfSG
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Erkrankung präsentiert sich als chronische, langsam fortschreitende, indurierte Raumforderung.
Rezidive sind selten und werden genauso behandelt wie eine primäre Infektion.1
CT oder MRT sollten zur Überwachung des Therapieerfolges eingesetzt werden.1
Prognose
Gute Prognose für mehr als 90 % der Betroffenen bei Kombination aus Antibiotikabehandlung und Operation1
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Antibiotikatherapie bei HNO-Infektionen. AWMF-Leitlinie Nr. 017-066. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen - Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. S2k, Stand 2018. www.awmf.org
Literatur
BMJ Best Practice. Actinomycosis. Last reviewed 17 Feb 2021 (letzter Zugriff am 17.03.2021). bestpractice.bmj.com
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Antibiotikatherapie der Infektionen an Kopf und Hals. AWMF-Leitlinie Nr. 017-066. Stand 2019. www.awmf.org
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen - Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. Stand 2018. www.awmf.org
Autor*inneeninnen
Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
Heidrun Bahle, Dr.med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
A420; A421; A422; A427; A428; A429
a78 annan infektiös sjukdom
A78
Actinomyces-Infektion; Infektion mit Actinomyces; Actinomyces israelii; Bisswunden durch Menschen; Mangelnde Mundhygiene; Schlechte Zahnhygiene; The great masquerader; Fistelbildung am Hals; Fistelbildung in der Bauchhöhle; Abszess
Definition:Infektion mit dem Bakterium Actinomyces, am häufigsten in Form einer Weichteilinfektion im Hals- und Gesichtsbereich. Häufigkeit:Sehr seltene Erkrankung, Vorkommen des Erregers in der normalen Mund- und gastrointestinalen Flora.