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Schafpocken (Orfvirus-Infektion (Schafpocken)

Zusammenfassung

  • Definition: Hauterkrankung an den Händen nach Ansteckung mit dem Orfvirus durch Kontakt mit Schafen oder Ziegen.
  • Häufigkeit: Orf kommt weltweit vor. Für Deutschland liegen keine epidemiologischen Daten vor.
  • Symptome:Tritt in der Regel in Form von kleinen, aber schnell wachsenden Papeln oder Pusteln auf der Rückseite der Finger oder Hand meist innerhalb von einer Woche nach dem Kontakt mit einem infizierten Tier oder kontaminiertem Material auf.
  • Befunde:Solitäre oder einige wenige Läsionen an den Fingern, Händen oder Unterarmen.
  • DiagnoseDiagnostik:Virusnachweis mittels PCR.
  • BehandlungTherapie:OrfSchafpocken heilt heilen von selbst aus, eine symptomatische Behandlung mit Feuchtverbänden, lokalen Antiseptika und Immobilisierung der Finger ist jedoch sinnvoll.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Schafpocken durch eine Orfvirus-Infektion ist eine Zoonose, die von Schafen oder Ziegen auf den Menschen übertragen wird.
  • 1
    • Andere Namen sind Schafpocken, Lippengrind, Ecthyma contagiosum, Parapoxvirus-Infektion.
  • Das Virus verursacht einen Ausschlag in Form von Pusteln und Papeln auf exponierter Haut, der innerhalb von fünf bis sechs5–6 Wochen spontan ausheilt.

Häufigkeit

  • Weltweites Vorkommen
  • Kommt amAm häufigsten bei LandwirtenLandwirt*innen und Personen vor, die mit Schafen, Lämmern und Ziegen zu tun haben.12 
    • Die Krankheit ist in diesen Berufsgruppen recht bekannt, unddie vielemeisten suchen bei einer Infektion keinenkeine ArztArztpraxis auf.
  • Die Erkrankung kommt häufiger in Europa und Neuseeland vor, in Nordamerika seltener.23
  • Bisher wurde die Erkrankung nur bei Menschen weißer Hautfarbe beobachtet.23

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Krankheit wird durch eine Infektion mit dem Orf-VirusOrfvirus aus der Gattung der Parapoxviren verursacht.1
  • Die Inkubationszeit beträgt drei bis sechs3–6 Tage, kann aber auch bis zu 14 Tagen betragendauern.
  • Übertragung
    • Menschen stecken sich durch den Kontakt mit infizierten Tieren, Tierkadavern oder verunreinigtem, nicht lebendem Material an.
    • Orf wird durch direkten Kontakt übertragen, vor allem während der Schlachtung.
    • Es gibt keine Übertragung von Mensch zu Mensch.
    • Das Virus ist umweltresistent und überlebt in den Wintermonaten auf Zäunen, in Futtertrögen und in Scheunen.
  • Vesikulo-ulzerative Infektion der epidermalen Keratinozyten und der Mukosa1

Begünstigende Faktoren

  • amAm häufigsten bei HirtenHirt*innen, Tierärztenrzt*innen, LandwirtenLandwirt*innen und Metzgern Metzger*innen34
  • Hautwunden und Hautkrankheiten45-56

ICPC-2

  • S76 Hautinfektion, andere

ICD-10

  • L08 Sonstige lokale Infektionen der Haut und der Unterhaut
    • L08.8 Sonstige näher bezeichnete lokale Infektionen der Haut und der Unterhaut

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Typische Läsionen an den Fingern, Händen und/oder Unterarmen bei Personen, die Kontakt mit infizierten Tieren (Schafen, Ziegen) haben.
  • Bestätigung der Diagnose mittels PCR (aus dem Wundsekret).

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Orf trittTritt bei Personen auf, die Kontakt mit infizierten Tieren hatten (meist Schafe und Ziegen).
  • Die Inkubationszeit beträgt in der Regel drei bis sechs3–6 Tage, kann aber auchmaximal bis zu zwei2 Wochen dauern.
  • DieSchafpocken Orf-Krankheit tritttreten in der Regel imin Form von kleinen, aber schnell wachsenden Papeln oder Pusteln an der Rückseite der Finger/Hand nach Kontakt mit einem infizierten Tier oder kontaminiertem Material auf.
  • Leichtes Fieber kann auftreten, das in der Regel innach drei bis vier3–4 Tagen zurückgeht.

Klinische Untersuchung

  • OrfSchafpocken tritttreten als solitäre Läsion oder in Form von wenigen Läsionen an den Fingern, Händen oder Unterarmen auf, auch Fälle im Gesicht sind schon dokumentiert worden.
  • Die Läsion1
    • Beginnt als kleine, feste, rote bis blaue Papel, die wächst und eine hämorrhagische Pustel oder Bulla mit ebener Oberfläche bildet.
    • Die Bulla kann in ihrer vertieften Mitte eine Kruste habenaufweisen.
    • Eine voll entwickelte Läsion hat in der Regel einen Durchmesser von 2–3  cm, kann aber auch bis zu 5  cm groß werden.
    • Die Läsion ist oft empfindlichschmerzempfindlich und blutet leicht.
    • Große Läsionen sind bei immunsupprimierten Personen und PatientenPatient*innen mit atopischer Dermatitis beobachtet worden.
  • AndereWeitere Symptome
    • Es kann eine regionale Lymphadenitis und/oder leichte Lymphangitis vorliegen.
    • Leichtes Fieber und Abgeschlagenheit können die Krankheit begleiten.
  • Die Infektion durchläuft sechs klinische Stadien, wobei jedes Stadium etwa eine Woche dauert.1
    • Stadium 1, – makulopapulös: rote erhabene Läsion
    • Stadium 2, – targetoid: Bulla mit einem roten Zentrum, einem umgebenden weißen Ring und einer roten Peripherie
    • Stadium 3, – akut: wässriger Knoten
    • Stadium 4, – regenerativ: Festerfester Knoten mit einer dünnen Kruste.
    • Stufe 5, – papillomatös: Kleine Papillome kommen an der Oberfläche zum Vorschein.
    • Stadium 6, – regressiv: eine dicke Kruste, zusehende NormalisierungHeilung

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Die typische Anamnese und Klinik sind in der Regel ausreichend zur Diagnosestellung.1
  • Das Virus ist mittels PCR-Verfahren nachweisbar. 67-78
    • Der zurzeit sensitivste und schnellste Nachweis von Pockenviren ist der Nachweis der Nukleinsäure des Virus mittels der Real-Time PCR.23 
      • Probennahme mit Virusmedium: Gegen die Wunde reiben.
      • Die Transporthülse muss Feuchtigkeit enthalten.
  • Genomsequenzierung3
    • Mithilfe der DNA-Sequenzierung (Illumina, AmpliSeq) ist eine Genomsequenzierung und damit eine genaue Identifikation des Virus möglich.
  • Auch mittels Elektronenmikroskopie ist der Erreger nachweisbar.23
  • Die Kultur von Parapoxviren ist möglich, aberallerdings langsamsehr zeitintensiv.

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Histologie
    • Hyperplasie der Epidermis
    • Ulzerationen im Zentrum der Läsion
    • intranukleäre und intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen
    • Pyknose von Keratinozyten
    • Infiltration mit Entzündungszellen

Indikationen zur Überweisung

  • Eine Überweisung istkann nurin angezeigtseltenen Fällen zur Diagnosesicherung oder, wenn keinedie DiagnosestellungHautläsionen erfolgteine istdermatologische Mitbeurteilung erfordern, sinnvoll sein.

Therapie

Therapieziel

  • Symptome lindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Bei immunkompetenten Patient*innen ist in der Regel keine Therapie notwendig.
  • Es existieren keine randomisiert-kontrollierten Studien zu kausalen Therapien.1
  • Orf heilt von selbst aus, eine symptomatische Behandlung mit Feuchtverbänden, lokalen Antiseptika und Immobilisierung der Finger ist jedoch sinnvoll.
  • Sekundäre bakterielle Infektionen sind nicht selten und müssensollten mit lokalen oder systemischen Antibiotika behandelt werden.

Empfehlungen für PatientenPatient*innen

  • Pflege der Läsion(en) mittels vorsichtiger Desinfektion oder Wundbädern.

Medikamentöse Therapie

  • Ist in der Regel nicht indiziert.

Operative Therapie

  • Sollte vermieden werden, Gefahr der Virusausbreitung.
  • Die Läsionen werden leicht als Abszesse (evtl. Tumor) fehlinterpretiert.
  • Großflächige Exzisionen zeigen keine einheitlichen Ergebnisse.1

Prävention

  • Tragen von Schutzhandschuhen und gute Händehygiene bei Personen, die mit Risikotieren hantieren. 
  • Besondere Vorsicht bei Wunden oder Ausschlägen an den Händen.
  • Impfung von Tieren
    • BeiIn Tierenden kannEndemiegebieten einewird Schutzimpfungein mitattenuierter einemLebensimpfstoff Lebendimpfstoffgegen erfolgendas Virus eingesetzt. AuchDieser Lämmerist müssenallerdings geimpftnicht werden,in dader EU zugelassen und die Muttertierimpfung nicht ausreichendImpfung ist verboten.
    • In manchen Ländern werden Viehbestände alle sechs bis acht Monate geimpft.9
  • Isolation
    • Ein infiziertes Tier sollte isoliert werden.
    • Mit OrfOrfvirus infizierte Menschen müssen nicht isoliert werden, da die Krankheit normalerweise nicht von Mensch zu Mensch übertragen wird.
  • Immungeschwächte Personen oder Personen mit geschädigter Hautbarriere (Trauma oder chronische Hauterkrankung) sollten aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos den Kontakt mit kranken Tieren meiden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Selbstlimitierende Krankheit, die innerhalb von sechs6 Wochen ausheilt.

Komplikationen

  • Immunsupprimierte PatientenPatient*innen können progressive, destruktive Läsionen entwickeln, die eine medizinische Intervention, z.  B. eine antivirale Therapie oder ein chirurgisches Debridement, erfordern.
  • Sekundäre bakterielle Infektionen 
  • Erythema toxicum
  • Erythema multiforme
  • Großflächige papulovesikuläre Eruption der Haut und Schleimhäute
  • Ungewöhnliche Lokalisation der Infektion (okulär oder perianal)
  • Bullöses Pemphigoid

Prognose

  • Die Krankheit heilt in der Regel von selbst und ohne Narbenbildung innerhalb von sechs6 Wochen aus.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Schafpocken
Schafpocken
Orfvirus-Krankheit
Orfvirus-Krankheit

Quellen

Literatur

  1. Abbas O. Orf virus infection. Uptodate. Last updated Dec 2022. www.uptodate.com
  2. Paiba GA, Thomas DR, Morgan KL, et al: Orf (contagious pustular dermatitis) in farmworkers: prevalence and risk factors in three areas of England. Vet Rec 1999; 145: 7-11. PubMed
  3. Robert- Koch-Institut. Diagnostik von Pockenviruserkrankungen. Stand 20122023. www.rki.de
  4. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Human Orf virus infection from household exposures - United States, 2009-2011. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2012 Apr ; 61(14): 245-8. pmid: 22495228 PubMed
  5. Uzel M, Sasmaz S, Bakaris S, et al. A viral infection of the hand commonly seen after the feast of sacrifice: human orf (orf of the hand). Epidemiol Infect 2005; 133: 653-7. PubMed
  6. Buttner M, Rziha H-J. Parapoxviruses: from the lesion to the viral genome. J Vet Med 2002; 49: 7-16. PubMedpubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Gallina L, Dal Pozzo F, Mc Innes CJ, et al:. A real time PCR assay for the detection and quantification of orf virus. J Virol Methods 2006; 134: 140-5. PubMed
  8. Olson VA, Laue T, Laker MT, et al. Real-time PCR system for detection of orthopoxviruses and simultaneous identification of smallpox virus. J Clin Microbiol 2004; 42: 1940-6. PubMed
  9. GeernickNiedersächsisches K,Landesamt Lukitofür G,Verbraucherschutz Snoeckund R, et alLebensmittelsicherheit. APockenseuche caseder ofSchafe humanund orf in an immunocompromised patient treated successfully with cidofovir creamZiegen. JStand Med Virol 2001; 64: 543--9.2023 PubMed
  10. Mercer A, Fleming S, Robinson A, Nettleton P, Reid Htierseucheninfo. Molecular genetic analyses of parapoxviruses pathogenic for humansniedersachsen. Arch Virol Suppl 1997; 13: 25-34.  PubMedde

AutorenAutor*innen

  • BirgitMoritz WengenmayerPaar, Dr. med., FachärztinFacharzt für Allgemeinmedizin, FreiburgMünster
  • SaskiaDie vonursprüngliche SandenVersion dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, Dr https://legehandboka. medno/). M.A., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Baden-Baden
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim

L08; L088
s76 annan hudinfektion
S76
Infektion mit Orfviren; Schafpocken; Lippengrind; Echtyma contagiosum; Parapoxvirus-Infektion; Zoonose; Rötliche Noduli; Läsionen an den Fingern; Fingerläsionen; Läsionen an den Händen; Handläsionen
Schafpocken (Orfvirus-Infektion (Schafpocken)
U-NH 18.01.18
BBB MK 28.08.2023 revidiert, kleinere Änderungen. chck go 7.4. MK 17.05.2018 (Q)
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Definition: Hauterkrankung an den Händen nach Ansteckung mit dem Orfvirus durch Kontakt mit Schafen oder Ziegen. Häufigkeit: Orf kommt weltweit vor. Für Deutschland liegen keine epidemiologischen Daten vor.
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