Zusätzliches oder unübliches Geräusch während eines Herzschlags1-2
EntstehungEntsteht im Bereich des Herzens oder der abgehenden großen Gefäße.
VonEs ist von außen über dem Brustkorb hörbar, üblicherweise mithilfe eines Stethoskops, in seltenen Fällen auch auf Distanz.
Hintergrund
Herzgeräusche sind bei Kindern sehr häufig.
Der Großteil dieser Geräusche sind harmlose, funktionelle Systolika.3-5
Meistensmeistens verursacht im Rahmen normaler Flussmuster ohne strukturelle oder anatomische Abnormalitäten des Herzens oder der großen Gefäße.64
AllerdingsHerzgeräusche sind allerdings auch ein möglicher Hinweis auf eine strukturelle Herzerkrankung.
Ein Herzgeräusch kann der einzige Hinweis auf einen angeborenen Herzfehler bei sonst unauffälligem Befund sein.75
Angeborene Herzfehler können mit oder ohne Herzgeräusch auftreten.75
Häufigkeit
Variable Angaben zur Inzidenz von Herzgeräuschen86
abhängig auch von Erfahrung desder UntersuchersUntersucher*innen und Untersuchungsbedingungen86
Bei Neugeborenen liegt die Prävalenz zwischen 0,4 und 48,2 6 %.1,7
1/3 der Neugeborenen mit Herzgeräusch haben eine strukturelle Herzerkrankung.1,86
2,5 % der Neugeborenen mit einem Herzgeräusch haben einen Herzfehler, der eine frühe Intervention erfordert.7
Mindestens 80 % der Herzfehler werden innerhalb des ersten Lebensjahres diagnostiziert, ein Herzgeräusch ist häufig der Ausgangspunkt für die weitere Abklärung.98
Bei bis zu 50–80 % herzgesunder Kinder und Jugendlicher Auftretentritt einesein Herzgeräuschesusch im Lauf der Entwicklung auf.103,7,9
Insgesamt wird wenigernur alsca. 1 % der Geräusche durch angeboreneeinen angeborenen Herzfehler verursacht.13
Konsultationsgrund
Herzgeräusche werden in der Regel im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen oder als Teil einer anderen Untersuchung festgestellt.
DerGrundversorgende grundversorgendeÄrzt*innen Arzt kannkönnen im Allgemeinen gut zwischen pathologischen und nicht-pathologischen Herzgeräuschen unterscheiden.109
ICPC-2
K81 Herz-Arterielles Geräusch NNB
ICD-10
P29.9 Kardiovaskuläre Krankheit mit Ursprung in der Perinatalperiode, nicht näher bezeichnet
Q20 Angeborene Fehlbildungen der Herzhöhlen und verbindender Strukturen
Q21 Angeborene Fehlbildungen der Herzsepten
Q22 Angeborene Fehlbildungen der Pulmonal- und der Trikuspidalklappe
Q23 Angeborene Fehlbildungen der Aorten- und der Mitralklappe
Q24 Sonstige angeborene Fehlbildungen des Herzens
Anamnese
Die Erhebung einer differenzierten Anamnese ist wichtig zur Erfassung von Risikofaktoren für das Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung.109
Eltern sollten befragt werden zu Symptomen und Vor-/Begleiterkrankungen des Kindes, aber auch zu Auffäligkeitenlligkeiten in der Familiengeschichte und in der Schwangerschaft.
Häufig kann bereits mit der Kombination aus Anamnese und klinischer Untersuchung eine Unterscheidung zwischen physiologischen Herzgeräuschen von solchen mit zugrunde liegender Herzerkrankung getroffen werden.12
Klinische Untersuchung besteht aus:
Inspektion
Palpation
Auskultation
Messung von Vitalparametern.
Die Reihenfolge kann im pädiatrischen Bereich variabel gehandhabt werden.1
Eine Auskultation vor Palpation ist manchmal sinnvoll, wenn das Kind zu Beginn der Untersuchung noch ruhiger ist.
Für eine gute Qualität bedarf die Auskultation kontinuierlicher Übung.86
Neue diagnostische Möglichkeiten ergeben sich künftig möglicherweise durch die Verwendung digitaler Stethoskope in Kombination mit künstlicher Intelligenz, z. B. für telemedizinische Anwendungen.12-13
Inwieweit diese in der Praxis Anwendung finden werden, bleibt allerdings abzuwarten.3
Differenzialdiagnose physiologischer und pathologischer Herzgeräusche
Herzgeräusche ohne Krankheitswert werden häufig als „akzidentelle"“ oder „funktionelle"“ Geräusche bezeichnet.
Die Bezeichnung als „unschuldiges"“ Geräusch ist vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet („Innocent Murmur"“), betont die Harmlosigkeit des Geräusches für die Eltern.64
variabel hörbar in unterschiedlichen Positionen1415
Verdächtig auf ein pathologisches Geräusch sind:1415
diastolische Geräusche
holosystolische Geräusche
spätsystolische Geräusche
Lautstärke ≥ 3/6
kontinuierliche Geräusche (außer NonnensausenNonnengeräusch, s. u.)
Im Allgemeinen bei pädiatrischen Patienten nicht indiziert wegen Strahlenbelastung und im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren niedriger diagnostischer Wertigkeit17
Vermutlichvermutlich akzidentelles/funktionelles Geräusch, aber gleichzeitig andere Symptome oder Befunde einer kardiovaskulären Erkrankung1415
MRT/CT
Nur bei Indikation zur Echokardiografie, aber unzureichenden Schallbedingungen zu erwägen.86
Pulsoxymetrie
Bei Zyanose, V. a. Shuntvitium mit Rechts-Linksshunt
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
Unterscheidung zwischen pathologischen und nicht-pathologischen Herzgeräuschen ist häufig bereits durch dendie grundversorgenden ArztÄrzt*innen möglich.109
Asymptomatische PatientenPatient*innen mit nach gründlicher klinischer Untersuchung geringer Wahrscheinlichkeit für eine strukturelle Herzerkrankung können durch den Hausarzthausärztlich nachkontrolliert werden.109
Liegt ein akzidentelles Herzgeräusch vor, ist keine weitere Kontrolle oder Therapie notwendig.18
Eine Überweisung zumzu KinderkardiologenKinderkardiolog*innen sollte erfolgen bei:86,109,1415,1819-1920
Neugeborenen mit Herzgeräusch
auskultatorisch Verdacht auf ein pathologisches Geräusch
Klinische Hinweise auf Erkrankungen, die gehäuft mit Herzfehlern assoziiert sind.
plötzlicher Herztod in der Familie
Gedeihstörung, verminderte Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Gleichaltrigen
starke Beunruhigung der Eltern trotz Aufklärung
Das Alter des Kindes ist ein wichtiger Aspekt bei der Entscheidung.
beiBei Neugeborenen mit Herzgeräusch ist ein Herzfehlerbeiin 1/3 der Fälle die Ursache, eine sofortige Abklärung sinvollist sinnvoll.86
imIm ersten Lebensjahr bei verdächtigem Geräusch, insbesondere in Kombination mit inzwischen sich entwickelnder Klinik (Zyanose, Gedeihstörung, Herzinsuffizienz), ist eine Abklärung notwendig.109
Bis zum Ende des 1.ersten LebensjahrLebensjahres werden strukturelle HerzerkarnkungenHerzerkrankungen ganz überwiegend erfasst.109
Im 2.zweiten und 3.dritten Lebensjahr sind Herzgeräusche selten ein Zuweisungsgrund (v. a. verursacht durch Aortenisthmusstenosen und Vorhofseptumdefekte).109
In einer kürzlichen, kleineren Studie wurde gezeigt, dass das Verschwinden eines isolierten Herzgeräuschs (gesunde Kinder von 2–18 Jahren ohne Familienanamnese) bei Auskultation im Stehen eine Pathologie weitgehend ausschließt und dadurch eine Überweisung vermieden werden kann.21
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
Zyanotische und/oder kardial dekompensierte Kinder
Kinder mit akzidentellen oder funktionellen Herzgeräuschen sind ohne Einschränkung leistungsfähig.
Bei organischen Herzgeräuschen ist die Leistungsfähigkeit abhängig von der Grunderkrankung.
Empfehlungen für PatientenPatient*innen und Eltern
Psychologische Aspekte
Begriffe wie Herzgeräusch oder Herzfehler können bei den Eltern Ängste auslösen.
Diese können zu einer unnötigetigen Einschränkung der kindlichen Aktivität führen.2022
Eine ausfüausführliche AufkläAufklärung der Eltern üüber die Harmlosigkeit eines akzidentellen Herzgeräuschs ist zur Vermeidung falscher Schonung daher besonders wichtig.86
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AutorenAutor*innen
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
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