Definition:Das Psoas-Syndrom bezeichnet eine in der Regel simultan auftretende Reizung bzw. Entzündung der Iliopsoas-Sehne und des unter dieser gelegenen Schleimbeutels.
Häufigkeit:Es handelt sich um eine relativ seltene Erkrankung.
Symptome:Die Schmerzen treten zentral in der Leistengegend auf und strahlen ggf. vorn über den Oberschenkel bis ins Knie aus.
Befunde:Isometrische Hüftflexion schmerzhaft, Verkürzung des M. iliopsoas, ggf. hörbares Schnappen der Sehne bei Hüftbewegung.
Diagnostik:Als Zusatzuntersuchungen kommen Ultraschall oder MRT infrage.
Therapie: In der Akutphase PECH-Schema und NSAR, anschließend vor allem Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen mit allmählich zunehmender Belastung. Bei Versagen der konservativen Therapie ggf. Arthroskopie.
Allgemeine Informationen
Definition
Tendopathie der Iliopsoas-Sehne mit Entzündung der Bursa iliopectinea
Durch eng benachbarte Lage führt die Entzündung der einen Struktur fast zwangsläufig zur Entzündung der anderen Struktur.1-2
Je nach Dauer der Symptome akut, subakut oder chronisch
Häufigkeit
Eher seltene Ursache von Schmerzen in der vorderen Hüfte oder in der Leistengegend
Keine gesicherten Daten zur Prävalenz
Gehäuft bei jungen Erwachsenen, insbesondere Frauen1
Klinische Anatomie
Funktion
Flexion des Hüftgelenks und Außenrotation des Oberschenkels1
Ursprung und Verlauf
Ursprung von Musculus iliacus, Musculus psoas major und ggf. Musculus psoas minor im unteren Bereich der Wirbelsäule bzw. an der Innenseite der Beckenschaufel
Vereinigung zum Lenden-Darmbeinmuskel (Musculus iliopsoas)
Drehung der Sehne vom M. psoas major im Verlauf
Die ventrale Fläche der Sehne geht in die mediale Fläche über.
Verlauf durch die Muskelpforte (Lacuna musculorum) unter dem Leistenband über die Hüftgelenkskapsel zum Femur
Ansatz
Trochanter minor am proximalen Femur
Innervation
Innervation durch die Nervenwurzeln L1–L4 und N. femoralis
Bursa iliopectinea
Lage zwischen M. iliopsoas und Oberfläche der Hüftgelenkskapsel
Aufgabe: vermindert Reibung, Druckverteilung.
Kommuniziert bei einigen Patienten mit dem Hüftgelenk.
Beweglichkeit der Hüfte
Normwerte: etwa 120-Grad-Flexion, 20-Grad-Extension, 40-Grad-Abduktion, 25-Grad-Adduktion und 45-Grad-Innen- und Außenrotation
Ätiologie und Pathogenese
Beim Psoas-Syndrom kommt es infolge einer Überlastung der Sehne zu einer Entzündung des umliegenden Bereichs.
Häufigste Ursachen für Tendopathie des M. iliopsoas1
akutes Trauma: exzentrische Kontraktion des Muskels
Überlastung infolge repetitiver Hüftbeugung oder -außenrotation (z. B. bei Sportarten wie Tanzen, Ballett, Gymnastik, Fußball, Laufen)
Verkürzung des Muskels: gehäuft bei jungen Sportlern im Wachstum
durch Verkürzung des Muskels vermehrte Spannung der Sehne, in der Folge mögliche Beckenkippung nach ventral mit Hyperlordose und weiteren muskuloskelettalen Beschwerden
Prädisponierende Faktoren
Risikosportarten mit repetitiven Außenrotations- und Flexionsbewegungen der Hüfte
Dysfunktion des Iliosakralgelenks: Schmerzausstrahlung in Leiste möglich
Bei Frauen gynäkologische Prozesse
Anamnese – typische Merkmale
Langsam progrediente Beschwerden in der vorderen Hüfte oder in der Leistengegend, oft über viele Monate
Ausstrahlung in den vorderen Oberschenkel bis zum Knie möglich
Zu Beginn nur Beschwerden bei sportlicher Belastung
Nach Beendigung der jeweiligen Aktivität haben die Patienten keine Schmerzen mehr.
Mit fortschreitender Erkrankung auch Ruheschmerzen
Assoziierte Beschwerden wegen Verkürzung/Verspannung der Iliopsoas-Sehne
untere Rückenschmerzen
anteriore Knieschmerzen, Tendinitis der Patellarsehne
Hörbares Schnappen in der Leiste
Springen der verdickten Iliopsoas-Sehne über Eminentia iliopubica
„Coxa saltans interna“
Klinische Untersuchung, ggf. beim Spezialisten
Untersuchung von Bauch, Hüfte und Leiste, bei weiblichen Patientinnen ggf. auch gynäkologische Untersuchung
Inspektion
Schonhaltung des Hüftgelenks im Liegen: Flexion, Außenrotation?
Beim Gehen ist die Schrittlänge auf der betroffenen Seite ggf. verkürzt.
Palpation
Die tiefe Palpation des Schenkeldreiecks, das vom Leistenband (Ligamentum inguinale) sowie medial vom Musculus adductor longus und lateral vom Musculus sartorius begrenzt wird, ermöglicht das direkte Ertasten des Muskel-Sehnen-Übergangs zum Musculus iliopsoas.
In Bauchlage liegt ggf. eine Schmerzempfindlichkeit am Trochanter minor unter der Gesäßfurche vor.
Funktionsprüfung
Die isometrische Flexion des Hüftgelenks gegen Widerstand bei 15-Grad-Beugung löst Schmerzen aus.
Testwiederholung nach lokaler Injektion von 10 ml Lidocain 1 % an der Iliopsoas-Sehne
Tritt nach Injektion des Lokalanästhetikums eine Linderung ein, bestätigt dies die Diagnose einer Iliopsoas-Tendinopathie.
Ludloff-Zeichen: Tendinitis M. iliopsoas
Im Sitzen auf einem Stuhl ist das Hüftgelenk in 90-Grad-Flexion.
Streckung des Kniegelenks, Anhebung des gestreckten Beins
In dieser Stellung ist der Musculus iliopsoas als einziger Hüftbeuger aktiv.
Auftreten von Leistenschmerzen bei dieser Bewegung deutet auf Iliopsoas-Tendinits hin (Ludloff-Zeichen positiv).
Snapping Hip Sign: Coxa saltans interna bei Tendinitis des M. iliopsoas
Patient in Rückenlage
betroffenes Hüftgelenk in Flexion, Außenrotation und Abduktion
anschließende passive Extension des Hüftgelenks
Bei hör- oder spürbarem Schnappen ist der Test positiv.
Thomas-Handgriff: Verkürzung des M. iliopsoas
Patient in Rückenlage
Aufhebung der Lumballordose durch maximale Flexion im Hüftgelenk der einen Seite
Anderes Bein ausgestreckt: Bei Verkürzung des M. iliopsoas erfolgt Abheben des Oberschenkels von der Unterlage.
Zeigt ggf. Sehnenverdickung oder erhöhte Flüssigkeitsmenge im Schleimbeutel.3
MRT
Da die Schmerzen von verschiedenen anatomischen Strukturen verursacht sein können, ist dies in der Regel die bevorzugte Untersuchungsmethode.4-5
In T2-Wichtung ist die akute Entzündung der Sehne als Signalaufhellung sichtbar.
Indikationen zur Überweisung
Bei Unsicherheit bezüglich der Diagnose oder unzureichender Wirkung der Therapie
Therapie
Therapieziele
In erster Linie die Linderung von Schmerzen und Unterbrechung der Entzündungssituation.
In zweiter Linie die Wiederherstellung der normalen Beweglichkeit der Patienten.
Allgemeines zur Therapie
Bei akuten Verletzungen sind Kühlung, Schonung, die Gabe von NSAR und milde Dehnübungen angezeigt.
Die Dehnübungen sollten schmerzfrei durchgeführt werden können.
In der subakuten und chronischen Phase gründet sich die Therapie vor allem auf Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen mit zunehmender Belastung.
Viele Patienten suchen erst in der subakuten oder chronischen Phase ärztliche Hilfe auf, wenn die Beschwerden schon seit Monaten bestehen.
Empfehlungen für Patienten
Bei akuten Verletzungen kann das Kühlen mit Eis in den ersten 3 Tagen (20 Minuten alle 2–3 Stunden) Schmerzen und Entzündung lindern.
Aktivitäten, die den Iliopsoas-Muskel belasten, sind zu vermeiden (relative Ruhe).
Zu Beginn vorsichtig durchgeführte Dehnübungen
nicht unmittelbar nach Kühlung, da Gefahr einer Zerrung
Beispielhafte Dehnübung
Ausfallschritt, nicht betroffene Seite vorne
Absenken der Hüfte Richtung Boden, bis leichte Dehnung in der betroffenen Leistenregion zu spüren ist.
Gerades Aufrichten des Oberkörpers, ggf. auch Arme nach oben strecken, bewusst tief ein- und ausatmen.
Wenn Patienten bereits hinken, können zur Entlastung ggf. Unterarmgehstützen erforderlich sein.
Medikamentöse Therapie
Während der ersten 1–2 Wochen der Behandlung kann die Gabe von NSAR sinnvoll sein.1
Bei persistieren Beschwerden ultraschallgesteuerte, peritendinöse Infiltration von Glukokortikoiden6
gute Kurzzeit-Ergebnisse, Langzeit-Ergebnisse noch ausstehend
Reha-Training
Das Ziel dieser Phase besteht darin, die normale Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer wiederherzustellen und die sportliche Betätigung wieder zu ermöglichen.
Beweglichkeit
Gehtraining bei vorliegendem Hinken, regelmäßige Dehnübungen, ausreichendes Aufwärmen vor und Auslaufen nach dem Sport
Dehnen
Dehnen des Musculus iliopsoas: Machen Sie mit dem gesunden Bein einen Schritt nach vorn und beugen Sie das Knie tief. Stellen Sie das betroffene Bein gestreckt nach hinten. Schieben Sie während des Dehnens die Hüfte nach vorn.
Dehnen des Musculus rectus femoris: Machen Sie mit dem gesunden Bein einen Schritt nach vorn und beugen Sie das Knie tief. Stellen Sie das betroffene Bein gestreckt nach hinten. Lassen Sie das Knie auf der Unterlage ruhen. Beugen Sie das Knie tief. Umfassen Sie den Fuß und drücken Sie ihn in Richtung Gesäß.
Die Übung fördert eine neutrale Beckenstellung und mindert die Spannung im Iliopsoas-Muskel.
Kräftigung
Iliopsoas-Muskel: ggf. Gewichte, ggf. Theraband
rückseitige Oberschenkelmuskulatur
Antagonisten der Hüftbeugung, verhindert Ausbildung einer muskulären Dysbalance.
Bauchmuskeln: Sit-ups
Wirken dem Abkippen des Beckens nach ventral entgegen.
Die zu Beginn gewählte Belastung sollte von den Patienten auszuhalten sein und ist dann langsam zu steigern.
Die Übungen dürfen keine Schmerzen verursachen und sollten 4-mal täglich je 10- bis 15-mal durchgeführt werden.
Operative Therapie
Ist in der Regel nicht indiziert, kann aber bei Patienten, die schlecht auf eine konservative Therapie reagieren, erwogen werden.7-8
Bei einem chirurgischen Eingriff wird die Sehne eingekerbt, durchtrennt bzw. verlängert.9-10
Es handelt sich um einen erheblichen Eingriff mit unsicherem Ergebnis.
Prävention
Ausreichendes Aufwärmen und Dehnen vor und nach dem Sport
Besonders wichtig: Beugung der Hüft- und Kniegelenke, Streckung der Kniegelenke sowie Kräftigung der Bauchmuskulatur
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Erstreckt sich in der Regel über einen langen Zeitraum.
Komplikationen
Risiko von wieder auftretenden Beschwerden
Prognose
Für die überwiegende Mehrheit der Patienten ist die Prognose gut.
Die Patienten können ihre sportliche Betätigung wieder aufnehmen, wenn sie schmerzfrei sind und ihre Hüftbeuger und deren Antagonisten eine ausreichende Beweglichkeit und Kräftigung erreicht haben.
Es ist wichtig, während der Rehabilitation sportspezifische Übungen durchzuführen, die keine Schmerzen verursachen.
Garry FP. Iliopsoas tendinitis. Medscape, last updated Jan 16, 2019. emedicine.medscape.com
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Autoren
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Paul Ackermann, docent och bitr överläkare, Ortopediska kliniken, Karolinska universitetssjukhuset
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
lyskestrekkM76; M761
lyskestrekk
lyskestrekkL81; L87
Entzündung der Iliopsoas-Sehne; Reizung der Iliopsoas-Sehne; Iliopsoas-Syndrom; M. psoas major; M. iliacus; Psoasreizung; Psoasentzündung; Iliopsoassehnenentzündung; Iliopsoassehnenreizung; Schleimbeutelentzündung; Bursa iliopectinea; Isometrische Flexion; Ludloff-Zeichen; Thomas-Handgriff
Definition:Das Psoas-Syndrom bezeichnet eine in der Regel simultan auftretende Reizung bzw. Entzündung der Iliopsoas-Sehne und des unter dieser gelegenen Schleimbeutels.
Physiotherapie/Sportmedizin
Psoas-Syndrom
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