Psoas-Syndrom: Sehnenschmerzen im M. iliopsoas (Lenden-Darmbein-Muskel)

Eine Leistenzerrung ist eine alltägliche Sportverletzung. Sehnenschmerzen am Lenden-Darmbein-Muskel sind eine von mehreren Ursachen, aber nicht die häufigste.

Was sind Sehnenschmerzen am Lenden-Darmbein-Muskel?

Der Lenden-Darmbein-Muskel (Musculus iliopsoas) ist ein kräftiger Muskel in der Leiste und als solcher der wichtigste Muskel für die Hüftbeugung, d. h. er hilft beim Anheben des Oberschenkels im Verhältnis zum Rumpf. Außerdem ist er daran beteiligt, den Oberschenkel im Hüftgelenk nach außen zu drehen. Der Muskelursprung liegt in der unteren Lendenwirbelsäule und im Becken und verläuft weiter auf der Beckeninnenseite über den Beckenbodenrand und das Hüftgelenk. Der Ansatz des Lenden-Darmbein-Muskels befindet sich am Oberschenkelhals, genauer gesagt am kleinen Rollhügel (Trochanter minor). Der eigentliche Muskel bildet den mittleren Teil, während oben und unten Sehnen liegen, die am Knochen ansetzen. An der Muskelunterseite befindet sich ein großer Schleimbeutel (Bursa), der den oberen Sehnenteil vor Verschleiß und Reibung durch den darunterliegenden Knochen schützt.

Das Psoas-Syndrom bezeichnet eine in der Regel gleichzeitig auftretende Reizung bzw. Entzündung der Iliopsoas-Sehne und des unter dieser gelegenen Schleimbeutels. Sehnenschmerzen im Lenden-Darmbein-Muskel (Tendopathie) und eine Entzündung des Schleimbeutels (Bursitis) stehen in engem Zusammenhang, da die beiden Strukturen dicht beieinanderliegen. Eine Überlastung der Sehne führt zu einer Entzündung des Schleimbeutels. Das Psoas-Syndrom kann akut, subakut oder chronisch verlaufen, je nachdem, wie lange die Symptome andauern.

Das Psoas-Syndrom tritt relativ selten auf und ist in einigen Fällen eine übersehene Ursache für Leistenschmerzen. Die Erkrankung ist vor allem bei jüngeren Erwachsenen anzutreffen; bei Frauen tritt sie etwas häufiger auf. Vor allem Sportler sind betroffen, unter anderem Fußballspieler, Tänzer, Turner, Ruderer und Läufer.

Ursachen

Beim Psoas-Syndrom entsteht infolge einer Überlastung der Sehne eine Entzündung des umliegenden Bereichs. Die häufigste Ursache für eine Sehnenreizung des Lenden-Darmbein-Muskels ist eine akute Verletzung oder eine Überlastung aufgrund zu häufiger Hüftbeugungen. Bei jungen Sportlern im Wachstum kommt häufig eine Verkürzung des Muskels vor, wodurch die Sehne stärker gespannt und anfälliger für Verletzungen ist.

In einigen Fällen reißen die Muskel- bzw. Sehnenfasern. Normalerweise reißt nur ein Teil der Fasern, was als partielle Ruptur bezeichnet wird. In seltenen Fällen kann die gesamte Sehne reißen (Totalruptur). Muskelfaserrisse können zu einer Entzündung des Ansatzes am Oberschenkelknochen führen.

Symptome

Wenn die Ursache Überbelastung ist, hat in der Regel eine allmähliche Entwicklung über mehrere Wochen oder Monate stattgefunden, mit Schmerzen vorne an der Hüfte oder in der Leiste. Zu Beginn verspüren die Patienten den Schmerz nur in Verbindung mit schmerzerzeugenden Aktivitäten, und die Beschwerden verschwinden, sobald die Aktivitäten eingestellt werden. Die Erkrankung kann sich im Laufe der Zeit so verschlechtern, dass die Symptome auch im Ruhezustand auftreten. Dies entwickelt sich häufig über viele Monate.

Die Symptome stehen häufig mit bestimmten sportlichen Aktivitäten wie Laufen oder Gymnastik in Zusammenhang. Der Schmerz befindet sich in der Leistenmitte, möglicherweise strahlt er nach unten zur Oberschenkelvorderseite bis zum Knie aus. Mitunter ist ein Schnappen in der Hüfte oder Leiste zu vernehmen („schnappende Hüfte“). Manche Patienten verspüren Schmerzen im vorderen Knie oder im unteren Rücken als Folge eines harten Lenden-Darmbein-Muskels.

Diagnose

Die Krankengeschichte (Anamnese) lenkt den Verdacht auf die Diagnose. Bei der medizinischen Untersuchung wird unter Umständen festgestellt, dass die Schmerzen beim Dehnen oder Belasten des Lenden-Darmbein-Muskels auftreten. In bestimmten Fällen kann eine MRT- oder Ultraschalluntersuchung zu einer sichereren Diagnose beitragen.

Therapie

Erstes Ziel der Behandlung ist die Linderung von Schmerzen, Muskelverspannungen und Schwellungen. Anschließend sollen die Patienten wieder ihre normalen Aktivitäten aufnehmen können, z. B. Sport. Viele Patienten suchen erst nach monatelangen Beschwerden in der subakuten oder chronischen Phase ärztlichen Rat. In diesem Fall wird auch die Behandlung längere Zeit dauern.

Zu den Therapiemöglichkeiten bei akuten Beschwerden gehören Kühlung, Ruhe, entzündungshemmende Mittel (NSAR) und leichte Dehnübungen. Die Grundprinzipien der Behandlung bei chronischen Beschwerden sind Kraft- und Beweglichkeitstraining mit allmählich zunehmender Belastung.

Akute Schmerzen und Entzündungen können durch lokale Kühlung mit Kaltkompressen gelindert werden, jeweils 20 Minuten alle 2–3 Stunden. Aktivitäten, die den Lenden-Darmbein-Muskel belasten, sollten Sie vermeiden. Dehnübungen sollten Sie zunächst mit Vorsicht durchführen (siehe unten). Nach dem Abkühlen sollten Sie nicht sofort dehnen, da dies die Gefahr einer Zerrung der Sehne bzw. des Muskels erhöht. Falls Sie begonnen haben zu hinken, können in Ausnahmefällen Unterarmgehstützen eine angemessene Entlastung sicherstellen.

Bei andauernden Beschwerden kann ggf. eine Kortisoninjektion im Bereich der Sehne verabreicht werden, an den Ansatz am Oberschenkel. In seltenen Fällen, wenn eine konservative Behandlung nicht zum gewünschten Ergebnis führt, kann ein chirurgischer Eingriff durchgeführt werden. Bei diesem größeren Eingriff ist das Ergebnis allerdings ungewiss.

Trainingsbehandlung

Das Ziel dieser Übungen besteht darin, die normale Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer wiederherzustellen und die sportliche Betätigung wieder zu ermöglichen.

Um die Beweglichkeit zu trainieren, sollten Sie regelmäßig Dehnübungen und ggf. Gehübungen durchführen und sich vor dem Training ausreichend aufwärmen.

Dehnen des Lenden-Darmbein-Muskels: Setzen Sie das „gesunde“ Bein einen Schritt nach vorne und beugen Sie das Knie tief. Strecken Sie das Bein nach hinten, in welchem Sie Beschwerden haben. Schieben Sie während der Dehnung die Hüfte nach vorne.

Dehnen des geraden Oberschenkelmuskels: Setzen Sie das „gesunde“ Bein einen Schritt nach vorne und beugen Sie das Knie tief. Platzieren Sie das Bein, in dem Sie Beschwerden haben, etwas hinter sich. Lassen Sie das Knie auf der Unterlage ruhen. Beugen Sie das Kniegelenk. Umfassen Sie den Fuß und drücken Sie ihn zum Gesäß. Die Übung fördert eine neutrale Beckenstellung und verringert die Spannung im Lenden-Darmbein-Muskel.

Die Kräftigungsübungen zielen darauf ab, die Kraft in den Oberschenkelmuskeln zu erhöhen. Steigern Sie die Belastung allmählich. Beginnen Sie vorsichtig und benutzen Sie z. B. ein Elastikband. Nach einer Weile können Sie mit Gewichten arbeiten. Trainieren Sie den Lenden-Darmbein-Muskel (z. B. Knieheben), die Bauchmuskeln (z. B. Situps) sowie die vordere (Quadrizeps) und die rückseitige Oberschenkelmuskulatur („Hamstring“). Die Übungen sollten nicht schmerzhaft sein und 4-mal täglich mit jeweils 10–15 Wiederholungen durchgeführt werden.

Vorbeugende Maßnahmen

Wenn Sie Sehnenschmerzen im Lenden-Darmbein-Muskel haben oder hatten, ist es noch wichtiger als zuvor, dass Sie sich vor und nach sportlichen Aktivitäten gut aufwärmen und dehnen. Andernfalls besteht das Risiko eines Rückfalls. Konzentrieren Sie sich auf die Beugung und Dehnung von Hüfte und Knie sowie die Kräftigung der Bauchmuskeln.

Prognose

Die Prognose ist für die meisten Patienten gut. Sie können Ihre sportlichen Aktivitäten wieder aufnehmen, sobald Sie schmerzfrei sind und über ausreichende Beweglichkeit und Kraft beim Hüftbeugen und Oberschenkelstrecken verfügen. Führen Sie während der Rehabilitation auf Ihren Sport abgestimmte Übungen durch, die keine Schmerzen verursachen.

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Psoas-Syndrom. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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