Befunde:Druckempfindliche Triggerpunkte als Verhärtungen der Muskulatur/Faszien palpabel. Bei Druck Ausstrahlung der Schmerzen in Umgebung.
Diagnostik:Klinische Diagnose durch körperliche Untersuchung.
Therapie:Multimodale Therapie mit manueller Therapie, Selbstdehnungsübungen und Entspannungsübungen. Ergänzung durch medikamentöse Schmerztherapie und verschiedene Techniken wie „Dry Needling“ und Akupunktur möglich.
Allgemeine Informationen
Definition
Klinisch definiert durch den sog. Triggerpunkt, der folgende Charakteristika besitzt:1
lokale schmerzhafte Druckempfindlichkeit, hierbei die größte lokale schmerzhafte Druckempfindlichkeit in einem sog. „Taut Band“ (gestrafftes und damit verkürztes Muskelbündel)
„Twitch Response“ (sichtbare lokale Zuckungen des Muskels bei Palpation)
fortgeleiteter Schmerz bei Palpation des Triggerpunkts.
in der Regel durch akute Ereignisse (wie Trauma oder Überdehnung) und chronische Faktoren (wie monotone Bewegungsabläufe oder stressbedingt) bedingte Bildung von Triggerpunkten2
in den Faszien Äußerung als Verhärtung mit Fibrosierung, in den Muskeln als Sarkomerkontrakturen mit knotenförmigen Verhärtungen4
In den Triggerpunkten Reizung bzw. Sensibilisierung von Nozizeptoren, die lokale Schmerzempfindlichkeit bedingen.2
neurogene Entzündung mit Erniedrigung der Schmerzdruckschwelle4
Diese initial nur funktionelle Verkürzung der Muskeln/Faszien kann durch Bildung von sog. pathologischen „Crosslinks“ im Bindegewebe zu einer strukturellen Verkürzung mit Einbuße der elastischen Eigenschaften werden.2
Disponierende Faktoren
Monotone alltägliche Tätigkeiten mit einseitiger Belastung
ICPC-2
L18 Muskelschmerzen
ICD-10
M79.1 Myalgie
ICD-11 (ab 01.01.2022)
MG30.02 Chronic primary musculoskeletal pain
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Rein klinische Diagnose durch Nachweis von Triggerpunkten1
häufigste Ursache von generalisierten Muskelschmerzen1
Anamnese
Tief sitzender Schmerz in einem Muskel
Anhaltend (chronisch), Schmerzen nehmen oft mit der Zeit zu.
Muskulatur fühlt sich angespannt an.
Die Schmerzen sind häufig von Stress, Anspannung, Angst und gestörtem Schlaf begleitet.
Klinische Untersuchung
Druckempfindliche Verhärtung in Muskel oder Faszie palpabel
Durch Druck Schmerzprovokation, häufig mit Ausstrahlung in Umgebung
Oft entstehen bei Druckapplikation lokale Muskelzuckungen („Twitch Response“).
Aktives Bewegungsausmaß umliegender Gelenke häufig schmerzbedingt eingeschränkt
passive Beweglichkeit bei Entspannung der Patient*innen nicht eingeschränkt
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Nur zur Differenzialdiagnostik notwendig, z. B. Labor bei V. a. rheumatische Erkrankung
Diagnostik bei Spezialist*innen
Nachweis und Lokalisierung von Triggerpunkten durch Strain-Elastografie (spezielle Sonografie) möglich4
Erniedrigung der Schmerzdruckschwelle durch Algometer nachweisbar4
Diese Untersuchungen sind jedoch fakultativ und in der Regel nicht notwendig.
Indikationen zur Überweisung
Bei ausbleibender Wirkung der Therapie
Bei Unsicherheit bzgl. der Diagnose
Therapie
Therapieziele
Heilung, d. h. Durchbrechen der Schmerzentstehung und -aufrechterhaltung und Wiedererlangen der normalen Funktion
Allgemeines zur Therapie
Es gibt keine eindeutige Ursache und damit auch nicht die eine Therapie, die bei allen Betroffenen anschlägt.
Ausführliche Aufklärung über die Harmlosigkeit der Erkrankung ist wichtig und kann zur Linderung beitragen.
Zentrale Komponenten der Therapie in der Regel manualtherapeutische Behandlung der betroffenen Muskulatur/Faszien und Unterweisung der Patient*innen in Eigendehnungsübungen2
Die Begleittherapie umfasst zudem Muskelentspannungstechniken wie das autogene Training.
In der Literatur werden u. a. noch folgende Therapien genannt:
Physiotherapie: verschiedene Ansätze zur Dehnung und Entspannung der Muskulatur sowie zur Kräftigung
Übungen oder Training: aerobes Training in Kombination mit Krafttraining
Triggerpunkt-Injektionen
mit Nadeln („Dry Needling“) in die druckempfindlichen Punkte
Injektion von Lokalanästhetika oder Kochsalzlösung („Wet Needling“)
Injektion von Botulinumtoxin A (bisher ohne Wirkungsnachweis)5
transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
(Laser-)Akupunktur
Kognitive Verhaltenstherapie: Kann auch bei begleitender Angst oder Schlafstörungen helfen.
Empfehlungen für Patient*innen
Aerobes Training zur allgemeinen Verbesserung der Durchblutung
Hypothese zur Wirksamkeit: Lokales Trauma durch die Nadel führt zur Ausschüttung von Entzündungsmediatoren und endogenen Opioiden, die zur Unterdrückung des nozizeptiven Dauerreizes im Zentrum des Triggerpunkts führen.7
„Wet Needling“: Injektion von Lokalanästhetika
Beispielsweise 0,5 ml Lokalanästhetikum mit 22G-Kanüle in Triggerpunkt injizieren.7
Akupunkturähnliche Nadeln, die in Triggerpunkte gestochen werden.
Wird in Übersichtsarbeit als Teil einer multimodalen Therapie neben der manuellen Therapie empfohlen.10
Eine andere Übersichtsarbeit sieht keine signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo.9
bei Triggerpunkten am oberen Körperviertel (Nacken, Schultergürtel, oberer Rücken) signifikante Schmerzreduktion direkt und 4 Wochen nach Behandlung11
Akupunktur
in einer Metaanalyse Hinweis auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Funktionalität durch Akupunktur als Bestandteil der Therapie12
Die Laserakupunktur hat wahrscheinlich bei manchen Personen eine schmerzlindernde Wirkung, die Belege sind jedoch von geringer Qualität, und es gibt keine Vorgaben für die Dosierung.13
Prävention
Auf ergonomischen Arbeitsplatz achten.
Regelmäßige Dehnübungen und aerobes Training
Sich ständig wiederholende körperliche Belastungen meiden.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Triggerpunkte treten in der Regel nach und nach in Erscheinung.
Der Beginn kann auch mit einer akuten/kurzzeitigen Belastung in Zusammenhang stehen.
Als myofasziales Schmerzsyndrom werden die Symptome erst bezeichnet, wenn sie über längere Zeit anhalten. Als Grenze werden häufig 3 Monate genannt.
Typisch ist, dass die Schmerzen allmählich zunehmen, und dass mit der Zeit immer geringere Belastungen oder weniger Druck ausreichen, um den Schmerz auszulösen.
Komplikationen
Eingeschränkte Lebensqualität aufgrund der chronischen Schmerzen
Viele Betroffene werden schließlich krankgeschrieben oder sogar berufsunfähig.
Manche Autor*innen sind der Ansicht, dass die lokalisierten Beschwerden zu generalisierten Muskelverspannungen und zur Entwicklung eines Fibromyalgiesyndroms führen können.14
Prognose
Die Prognose ist gut, wenn es gelingt, die Schmerzentstehung und -aufrechterhaltung frühzeitig zu durchbrechen.
Verlaufskontrolle
Die Verlaufskontrolle findet in der Hausarztpraxis statt.
Es ist wichtig, eine Chronifizierung zu verhindern.
Anpassungen am Arbeitsplatz und evtl. ein Wechsel der Tätigkeit sollten in Betracht gezogen werden.
Krankschreibung/Arbeitsunfähigkeit
Eine vorübergehende Krankschreibung kann indiziert sein, um Anpassungen am Arbeitsplatz zu fördern.
In Phasen mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen kann eine kurzfristige Krankschreibung für bis zu 1–2 Wochen nötig sein.
Die Krankschreibung sollte am besten schrittweise erfolgen, und es kann von Vorteil sein, ein Ziel zu vereinbaren, wann die Krankschreibung beendet werden soll.
Wenn sich ein chronischer Verlauf abzeichnet, ist die Zusammenarbeit mit der Arbeitsstätte, Betriebsärzt*innen und Versicherungsträgern besonders wichtig.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V. Diagnostik und Differenzialdiagnose bei Myalgien. AMWF-Leitlinie Nr. 030-051. S1, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. Diagnostik und Differenzialdiagnose bei Myalgien. S1-Leitlinie AMWF-Nr. 030-051. Stand 2020. www.awmf.org
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Autor
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
Definition:Vorhandensein von schmerzhaften Triggerpunkten, die über längeren Zeitraum vorliegen (kein Konsens, meist Dauer von 3 Monaten genannt). Häufigkeit:Häufigste lokalisierte Form von Muskelschmerzen.