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Enterale Ernährung

Allgemeine Informationen

  • Wenn PatientenPatient*innen selbst nicht ausreichend Nahrung zu sich nehmen können, ist in manchen Fällen eine ergänzende Zufuhr nötig.
  • Wird zu diesem Zweck eine Sonde eingesetzt, die bis in den Magen reicht, spricht man von enteraler Ernährung. Sie ist der parenteralen Ernährung in der Hinsicht überlegen, dass sie der normalen Nahrungszufuhr ähnlicher ist.1
    • Die Sekretion von Hormonen und die Produktion und Abgabe von Galle bleiben so aufrechterhalten.
    • Postprandiale Hormone haben eine anabole Wirkung auf Muskeln, Leber, Fettgewebe, Darmschleimhaut und wahrscheinlich noch eine Reihe anderer Organe.
  • Sondenernährung ist einer intravenöse Ernährung vorzuziehen, wenn die Patientin/der Patient*innen über einen funktionstüchtigen und zugänglichen Magen-Darm-Trakt verfügtgen.
  • Eine Sondenernährung sollte erwogen werden, wenn die orale Nahrungsaufnahme für länger als 3 Tage unmöglich oder länger als 10 Tage nicht ausreichend ist, bei insgesamt positiv zu erwartendem Krankheitsverlauf.2
  • Die Ernährungssonde kann an mehreren Stellen im Magen oder im Darmtrakt platziert werden: oro- bzw. nasogastrale Sonde, perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) bzw. Jejunostomie (PEJ) oder Feinnadel-Katheter-Jejunostomie (FKJ).
  • Heutzutage werden Fertiglösungen zur Sondenernährung verwendet.
  • Sondenernährung erhöht die Energie- und Nährstoffzufuhr und reduziert nachweislich das Komplikationsrisiko sowie die Sterblichkeit bei zahlreichen unterernährten Patientengruppen im Krankenhaus (u. a. ältere Menschen und ChirurgiepatientenChirurgie-Patient*innen).
  • Die Indikation zur Sondenernährung sollte regelmäßig überprüft werden.

Methode

  • Transnasale Magensonden sind zu bevorzugen.
  • Bei bewusstlosen PatientenPatient*innen und fehlendem Hustenreflex ist die korrekte Platzierung der Sonde stets anhand einer Röntgenaufnahme zu überprüfen.
  • Bei Aspirationsgefahr ist die Sonde in das Duodenum oder Jejunum zu legen.
  • Ist eine längerfristige Sondenernährung vorgesehen, ist die Anlage einer perkutanen endoskopischen Sonde in den Magen (PEG) oder das Jejunum (PEJ) sinnvoll.

Indikationen

  • Eine ausreichende Nahrungsaufnahme ist auf natürlichem Wege nicht möglich.
    • neurologische Erkrankungen mit Schluckstörungen
    • Erkrankungen des Mundes und Kiefers
    • Passagehindernis im Ösophagus oder Mageneingang durch Tumoren oder Narben
    • Stenosen oder Operation im Laryngopharynx
    • Bewusstlosigkeit
    • neurochirurgische Eingriffe
    • postoperativ
    • nach Eingriffen am Magen-Darm-Trakt
    • schwere Verbrennungen
    • Demenzerkrankungen
    • vorübergehend bei schweren pschiatrischen Erkrankungen (Essstörungen, Depression)

Kontraindikationen

  • Passagehindernisse oder Verletzungen im Magen-Darm-Trakt, Peritonitis oder akute Pankreatitis
  • Schwere Dysfunktion des Magen-Darm-Trakts aufgrund einer Entzündung, einer postoperativen Stase oder sonstigem Obstruktion
  • Bei einer Lebenserwartung von weniger als 2‒3 Monaten ist eine Sondenernährung oder intravenöse Ernährung normalerweise nicht indiziert.3

Erforderliches Material

  • Enterale Sonde mit Mandrin aus Silikonkautschuk oder Polyurethan (im Kühlschrank aufbewahrte Sonden lassen sich besser einführen)4
  • Gleitmittel, ggf. Eiswasser oder Gel
  • Hypoallergenes Pflaster
  • Behälter mit Fertigkost
  • Schlauchset für enterale Ernährung
  • Stativ
  • Wasser
  • Spritze (50 ml)
  • Stethoskop
  • Abfallbeutel

Anlage der Ernährungssonde

  • Die meisten Magensonden können ohne besondere Hilfsmittel  gelegt werden, Dünndarmsonden und PEG sollten durch Internisten mit gastroenterologischer Erfahrung eingeführt werden.
  • Einer Studie zufolge lassen sich Übelkeit und Schmerzen in Verbindung mit der Anlage der Sonde durch die intravenöse Gabe von Metoclopramid lindern.5
    • Gabe von 10 mg Metoclopramid in Kochsalzlösung 15 Minuten vor der Intervention

Konventionelle Anlage

  • Klären Sie die PatientenPatient*innen ausführlich über das Vorgehen auf.
  • Zahnprothesen müssen entfernt werden.
  • Benetzen Sie die Sonde mit lauwarmem Wasser. Ziehen Sie dazu den Mandrin heraus, und füllen Sie die Sonde mit Wasser. Setzen Sie den Mandrin danach wieder ein. Dadurch lässt er sich später leichter entfernen. Messen Sie an den PatientenPatient*innen ab, wie weit die Sonde ungefähr eingeführt werden muss (unter Berücksichtigung einer Schleife im Corpus ventriculi).
  • Ggf. Anästhesie des Nasenrachenraums mit Lidocainspray
  •  Die PatientenPatient*innen sitzen aufrecht im Bett, werden gestützt, und der Kopf ist nach vorn geneigt.
  • Schieben Sie die Sonde horizontal durch das (größere) Nasenloch bis hinunter in den Rachen. Wenden Sie dabei so wenig Kraft wie möglich auf.
  • Kooperative PatientenPatient*innen können vorher einen Schluck Wasser in den Mund nehmen und dann nach Aufforderung das Wasser herunterschlucken und damit das vorschieben der Sonde erleichtern.
  • Schieben Sie die Sonde bis in die gewünschte Lage, und beobachten Sie dabei die PatientenPatient*innen. Müssen sie vermehrt husten oder werden sie unruhig, liegt die Sonde u. U. falsch. Kontrollieren Sie auch den Mundraum, um auszuschließen, dass sich die Sonde dort einrollt.
  • Entfernen Sie den Mandrin, und befestigen Sie die Sonde sorgfältig mit Pflaster. Insufflieren Sie 10 cm³ Luft in die Sonde, und auskultieren Sie gleichzeitig das Epigastrium. Liegt die Sonde richtig, ist ein Blubbergeräusch zu hören.
  • Fordern Sie eine Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens an (einfache Frontalaufnahme, sollte innerhalb von 4 Stunden vorliegen), um die korrekte Lage der Sonde zu bestätigen, bevor etwas über die Sonde verabreicht wird.

Pflege der Sonden und PEG

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.4
    • Verbandswechsel aspetisch
    • Offenhalten der Sonde durch Gabe lauwarmer Flüssigkeit
    • Spülen der Sonde vor und nach Nahrungsaufnahme mit je 50 ml Wasser
    • Bei kontinuierlicher Nahrungszufuhr alle 2 Stunden spülen.
    • Nasenschleimhaufpflege z. B. mit Dexpanthenol

    Energie- und Flüssigkeitsbedarf

    • Der Energiebedarf wird u. a. vor dem Hintergrund des Ernährungszustands (Gewicht/Gewichtsverlust), des Verbrauchs (Fieber, katabole Phase) und des Verlusts (Fisteln, Diarrhö) beurteilt.
    • Ob die Energiezufuhr angemessen ist, wird anhand des Körpergewichts kontrolliert. Es muss darauf geachtet werden, ob evtl. eine Wassereinlagerung (Ödeme, Lungenödem) über eine Gewichtsabnahme hinwegtäuschen.

    Ungefährer Energiebedarf

    • Normale Bettruhe
      • 126 kJ/kg/Tagd (30 kcal/kg/Tagd)
    • Septikämie
      • 147 kJ/kg/Tagd (35 kcal/kg/Tagd)
    • Zum Aufbau/bei Unterernährung
      • 168 kJ/kg/Tagd (40 kcal/kg/Tagd)
    • Fieber 
      • +42 kJ/kg (10 kcal/kg) pro Grad
    • Bei chronisch kranken PatientenPatient*innen sollte die Energiezufuhr nicht über dem Energiebedarf, bei stabilen PatientenPatient*innen leicht über dem Bedarf und bei kranken, unterernährten PatientenMenschen bei 150 % des Bedarfs liegen.

    Flüssigkeitsbedarf

    • Normalerweise liegt der Flüssigkeitsbedarf von Erwachsenen zwischen 30 und 40 ml/kg Körpergewicht.
    • Darin ist die zugeführte Sondennahrung inbegriffen.
    • Bei Fieber, vermehrtem Schwitzen, Diarrhö und Erbrechen muss der Flüssigkeitsverlust ausgeglichen werden.
    • Es ist täglich zu prüfen, ob neben der Sondenernährung zusätzlich Flüssigkeit verabreicht werden muss.
    • Die Flüssigkeit wird entweder per Spritze über den für die Arzneimittelapplikation vorgesehenen Port der Sonde oder über das Ernährungssystem aus einem mit Wasser gefüllten Behälter verabreicht.

    Sondennahrungen

    • Sondennahrungen sind  industriell hergestellte Nahrungsmittel, die die erforderlichen Nährstoffe (Kohlehydrate, Eiweiß, Fette, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) in einem ausgewogenen Mischungsverhältnis enthalten. 
    • Es gibt für verschieden Krankheitsformen (Diabetes, Nierenerkrankungen) speziell zusammengesetzte Sondennahrungen.

    Intoleranz

    • Alle Sondennahrungen sind gluten- und klinisch laktosefrei, d. h. sie können Spuren von Laktose enthalten.
    • Standard-Sondennahrungen basieren entweder auf Milch oder auf Sojaprotein.
    • Bei einer Intoleranz gegenüber Milch sollte eine sojabasierte Sondennahrung, bei einer Sojaintoleranz eine milchbasierte Sondennahrung gewählt werden.
    • Werden weder Milch noch Soja vertragen, sind Sondennahrungen ohne vollständige Proteine, also Peptid- oder Aminosäurelösungen, eine Alternative.
    • Aminosäurelösungen sind hyperosmolar und verursachen dadurch eher osmotische Diarrhö als andere Sondennahrungen.

    Immunonutrition

    • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
      • Die Korrektur einer Unterernährung ist die wichtigste Maßnahme, um die Immunfunktion zu optimieren, doch dies allein gilt noch nicht als Immunonutrition.
      • Die Immunonutrition stimuliert die Immunabwehr und die Wundheilung zusätzlich, indem vermehrt bestimmte Nährstoffe zugeführt werden.
      • Die Nährstoffe, die am besten erforscht sind und die die vielversprechendsten Ergebnisse erbracht haben, sind Glutamin, Arginin, verzweigtkettige Aminosäuren, Nukleotide, Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffe/kurzkettige Fettsäuren und die Gesamtfettzufuhr.
      • Bei katabolen PatientenPatient*innen kann eine individuell angepasste Dosis dieser Nährstoffe die Immunreaktion verbessern.

      Verabreichung der Kost

      • Für die ausschließliche und langfristige Ernährung über gastrointestinale Sonden sollen vollständig bilanzierte Trink- bzw. Sondennahrungsprodukte verwendet werden, da diese in ihrer Zusammensetzung den D-A-CH-Empfehlungen entsprechen und den EU-Richtlinien genügen.7
      • Während einer Sondenernähurng muss besonderes Augenmerk auf die Mundpflege gelegt werden, da die natürliche Sekretion von Speichel reduziert ist.

      Kontinuierliche Applikation 

      • Die kontinuierliche Applikation ist mit weniger Komplikationen verbunden und führt seltener zu Reflux, abdominellen Schmerzen und Diarrhö als die Applikation in Form von Mahlzeiten (Bolus).
      • Bei schwer erkrankten PatientenPatient*innen und Personen, bei denen lange keine Nahrung den Darm passiert hat, wird deshalb stets die kontinuierliche Applikation gewählt.
        • Bei schwer erkrankten PatientenPatient*innen sind die Motilität des Magens und das Bewusstsein häufig eingeschränkt, wodurch sich das Aspirationsrisiko erhöht.
      • Bessert sich der Gesundheitszustand der PatientenBetroffenen, wird von kontinuierlicher Applikation auf Bolus-Gabe umgestellt.
      • Applikationspause
        • Bei kontinuierlicher Applikation steigt das Pneumonierisiko aufgrund einer Alkalisierung des Magenmilieus an.
        • Dies lässt sich vermeiden, indem die Applikation für einige Stunden unterbrochen wird, z. B. nachts für 4–6 Stunden, oder indem die Sonde am Magen vorbeigeführt wird.
      • Duodenal-/Jejunalsonde
        • Liegt die Sonde im Duodenum oder Jejunum, fungiert anstelle des Magens die Flasche als Reservoir, sodass die Applikation kontinuierlich erfolgen muss.
        • Bei zu schneller direkter Applikation von Sondenkost kann es zu einem Infarkt des Jejunums kommen.
      • Ernährungspumpen sind so konzipiert, dass sie eine sichere und gleichmäßige Zuführung der Sondenkost in der gewünschten Geschwindigkeit ermöglichen.
      • Kontinuierliche Applikation
        • Günstig kann es sein, mit 50 ml/Stunde zu beginnen und die Geschwindigkeit anschließend alle 8 Stunden um 15–20 ml/Stunde zu erhöhen.
        • Bei manchen PatientenPatient*innen ist eine noch langsamere Applikation von 20–30 ml/Stunde erforderlich.

      Bolus-Applikation

      • Die Kost wird im Abstand von 3–4 Stunden jeweils innerhalb von 10–30 Minuten in Form von 250–500 ml großen Mahlzeiten verabreicht.
      • Ähnelt am meisten dem normalen Mahlzeitenmuster und ist meist physiologisch am besten. Wird die Nahrung zu schnell oder in zu großen Mengen verabreicht, kann dies zu Diarrhö, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Blähungen und Bauchschmerzen führen.
      • Kinder, ältere Menschen und PatientenPatient*innen, die zuvor kaum Nahrung zu sich genommen haben, vertragen kleinere Mahlzeiten mit geringer Geschwindigkeit anfänglich besser.
      • Die Menge und die Geschwindigkeit werden so schnell, wie es die PatientenBetroffenen tolerieren, erhöht. Häufig ist es sinnvoll, sich 2–4 Tage Zeit zu nehmen, um die Zufuhr bis zum endgültigen Regime zu erhöhen.
      • Wird die Kost als Bolus verabreicht, wird der Magen-Darm-Trakt auf natürliche Weise rhythmisch stimuliert, was im Hinblick auf die Peristaltik und die Resorption von Nährstoffen von Bedeutung ist.
      • Bedeutet für dendie PatientenPatient*innen mehr Flexibilität.
      • Durch die Erhöhung des Kopfteils des Bettes auf 30‒45 Grad kann das Aspirationsrisiko während der Sondenernährung verringert werden.
      • Die Nahrung sollte zu Beginn nicht verdünnt werden. Dies könnte die Entwicklung einer positiven Stickstoffbilanz verzögern und erhöht wahrscheinlich die Häufigkeit von Diarrhö, Krämpfen und Unwohlsein.
      • Um zu verhindern, dass die Sonde verstopft, kann sie zu Beginn und dann alle 8 Stunden mit 30 ml Wasser gespült werden.

      Komplikationen

      • Falsch platzierte Sonde
        • Bei Unsicherheit, ob die Sonde richtig platziert ist, sollte dies durch eine Röntgenaufnahme kontrolliert werden.
      • Wunden
        • Es sollten dünne, weiche Sonden aus gewebefreundlichem Material verwendet werden, um mechanische Wunden zu vermeiden.
      • Okklusion der Sonde
        • Okklusionen treten meist auf, wenn andere Stoffe als die Sondennahrung durch die Sonde verabreicht werden, ohne diese mit Wasser vor- und nachzuspülen.
        • Arzneimittel sollten vorzugsweise in flüssiger Form verabreicht werden.
        • Spülen Sie die Sonde vor und nach der Applikation der Sondenkost stets mit Wasser durch.
      • Aspiration
        • Ein erhöhtes Risiko besteht bei PatientenPatient*innen mit einer Einschränkung des Hustenreflexes, der Schluckfunktion, der Magenentleerung oder des Bewusstseins.
        • Husten und Erbrechen können auf eine Aspiration hindeuten. Gleiches gilt für eine Pneumonie.
        • Weitere Informationen finden Sie im Abschnitt Aspirationsprophylaxe unten.
      • Erbrechen
        • Reduzieren oder stoppen Sie die Nahrungszufuhr, falls Erbrechen auftritt.
        • Die Sonde kann sich verschoben haben.
        • Möglicherweise wird die Nahrung aufgrund einer Motilitätsstörung, einer Obstruktion oder eines Ulkus nicht weitertransportiert.
        • Eine Unverträglichkeit gegenüber Milch oder Soja und eine Senkung der Applikationsgeschwindigkeit sollten in Betracht gezogen werden.
      • Diarrhö
        • Tritt zu Beginn der Sondenernährung eine Diarrhö auf, ist dies meist auf eine zu hohe Applikationsgeschwindigkeit und eine Bolus-Gabe der Nahrung zurückzuführen.
        • Eine schonende Weise, mit der Sondenernährung zu beginnen, ist die kontinuierliche Applikation mit geringer Geschwindigkeit mithilfe einer Ernährungspumpe.
        • Kalte Sondennahrung regt die Peristaltik an. Neigen die PatientenPatient*innen zu Diarrhö, sollte die Sondennahrung deshalb raumtemperiert verabreicht werden.
        • Antibiotika und andere Medikamente können ebenfalls Diarrhö hervorrufen.
        • Eine osmotische Diarrhö kann auf eine zu hohe Applikationsgeschwindigkeit, zu große Nahrungsmengen oder eine Sondennahrung mit zu hoher Osmolarität zurückzuführen sein.
      • Overfeeding-Syndrom mit CO2-Retention und Fieber
        • Kann durch eine zu hohe Energiezufuhr verursacht werden.
      • „Refeeding-Syndrom“
        • Das Refeeding-Syndrom kann bei PatientenPatient*innen auftreten, die eine minimale oder gar keine Nahrungsaufnahme über mehrere (>5) Tage hatten. Die Erkrankung kann auch auftreten bei adipösen PatientenPatient*innen, die über eine längere Zeit nichts gegessen haben.8
        • Das Risiko für ein Refeeding-Syndrom kann nach Beginn einer oralen, enteralen und/oder intravenösen Ernährung auftreten. Eine zu schnelle Wiederernährung kann in diesen Fällen lebensbedrohliche Notsituationen mit u. a. einem Mangel an Mikronährstoffen, einem Ungleichgewicht im Flüssigkeits- und Elektrolyt-Haushalt, Störungen der Organfunktionen und dem Stoffwechsel generell führen.
        • Bei Hunger passt der Körper sich mit einer reduzierten Zellaktivität und -funktion an. Es ist daher wichtig, den Ernährungszustand zu beurteilen, bevor mit einer Behandlung begonnen wird.
        • Die Symptome des „Refeeding-­Syndroms“ sind Herzversagen, Lungenödem und Arrhythmien, Hypophosphatämie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hyperglykämie und in einigen Fällen Hypokalzämie.
      • Kriterien für die Beurteilung von Personen mit hohem Risiko für die Entwicklung des Refeeding-Syndroms:
        • Alle PatientenPatient*innen, die eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen:
          • BMI < 16 kg/m2
          • unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 15 % in den letzten 3‒6 Monaten
          • geringe oder fehlende Nahrungsaufnahme über > 10 Tage
          • niedriger Serumspiegel von Kalium, Phosphor und Magnesium.
        • Alle PatientenPatient*innen, die zwei oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen:
          • BMI < 18,5 kg/m2
          • unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 10 % in den letzten 3‒6 Monaten
          • geringe oder fehlende Nahrungsaufnahme über > 5 Tage
          • übermäßiger Alkoholkonsum oder Einnahme von Medikamenten wie z. B. Insulin, Chemotherapie, Antazida oder Diuretika.
      • Das britische Institut NICE hat in Zusammenarbeit mit der British Association of Parenteral and Enteral Nutrition Richtlinien für den Beginn einer Ernährungstherapie bei Refeeding-Syndrom aufgestellt:8
        • Bei dem PatientenPatient*innen besteht ein hohes Risiko für Refeeding.
        • Die Vitalfunktionen, Flüssigkeitsbilanzen, Serumelektrolyte, Blutzuckerspiegel und Harnelektrolyte müssen vor Beginn und während der Ernährungszufuhr regelmäßig kontrolliert werden.
        • Vor Beginn der Ernährung kann Thiamin verabreicht werden, um einen Vitamin B1-Mangel auszugleichen, das als Kofaktor im Kohlehydratstofffwechsel dringend benötigt wird.
        • Beginnen Sie mit der Ernährung in einer Menge entsprechend 0,0418 MJ/kg/Tag (entspricht 10 kcal/kg/Tag), erhöhen Sie schrittweise über 4‒7 Tage.
        • Die Patientin/derPatient*innen Patient wirdwerden vorsichtig rehydriert.
        • In den ersten 14 Tagen der Behandlung müssen die Kalium-, Phosphat-, Kalzium- und Magnesium-Spiegel überwacht und angepasst werden.

      Aspirationsprophylaxe

      • Das Aspirationsrisiko lässt sich senken, indem die Sonde in den Dünndarm gelegt wird und indem die Nahrung kontinuierlich zugeführt wird.
      • Für den Zeitraum während der Applikation und der Stunde danach wird der Oberkörper der PatientenPatient*innen 30–45 Grad hochgelagert.
      • Die Lage der Sonde sollte regelmäßig kontrolliert werden. Nach Husten und Erbrechen ist die Kontrolle besonders wichtig.
      • PatientenPatient*innen mit fehlendem Hustenreflex sollte nur unter Aufsicht Sondennahrung zugeführt werden.
      • Überprüfen Sie die

      Die Menge des Magenaspirats. überprüfen

      • Zu Beginn der enteralen Ernährung sollte insbesondere bei PatientenPatient*innen mit einer Einschränkung des Bewusstseins, der Schluckfunktion oder des Hustenreflexes die Restmenge im Magen überprüft werden.
      • Aspiratmenge von mehr als 200 ml: Ziehen Sie eine Unterbrechung der Nahrungszufuhr in Erwägung.
      • Aspiratmenge von 100–200 ml: Die Geschwindigkeit kann beibehalten bleiben, doch nach zwei Stunden sollte eine erneute Messung vorgenommen werden.
      • Aspiratmenge von weniger als 100 ml: Die Applikationsgeschwindigkeit kann erhöht werden.
      • Bis zu einer Menge von 150–200 ml wird das Aspirat wieder zurückgeleitet. Spülen Sie die Sonde anschließend mit 25 ml Wasser.

      Ethische und rechtliche Aspekte

       

      • Ein Beschluss über eine Ernährungstherapie beinhaltet auch ethische Fragen.
      • Auch in Zeiten abnehmender finanzieller und damit auch personeller Ressourcen ist es nicht akzeptabel, Sondenernährung oder parenterale Ernährung zur Pflegeerleichterung oder Zeitersparnis einzusetzen. Pharmakologische Sedierung oder körperliche Fixierung desder PatientenPerson zur Durchführung einer Ernährungstherapie sind ebenfalls generell nicht gerechtfertigt.2
      • Zentrale ethische Prinzipien wie Autonomie, jemanden nicht verletzen, jemandem etwas Gutes tun zu wollen, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit müssen der Wahl eine Maßnahme immer zugrunde liegen.
      • Bedürfnisse, wie der Genuss der Nahrung und soziale Aspekte der Nahrungsaufnahme, dürfen nicht vernachlässigt werden.9
      • Das ärztliche Personal legt die Grenze fest, bis zu der es fachlich verantwortlich/unverantwortlich ist, zu intervenieren oder eine Intervention zu unterlassen. Uneinigkeit sollte diskutiert werden.
      • Die künstliche Ernährung bedarf als ärztlicher Eingriff der Einwilligung.
      • Der Wille des einwilligungsfähigen und urteilsfähigen PatientenPatient*innen ist stets zu berücksichtigen.
      • Das Vorliegen einer Patientenverfügung muss überprüft werden.9
      • Die Ermittlung des vorausverfügten oder mutmaßlichen Patientenwillens sollte in einem Dialog mit allen beteiligten Personen, auch den Angehörigen, stattfinden.
      • Unter Umständen ist eine Ethikberatung hilfreich.
      • Und im äußersten Konfliktfall ist ein zuständiges Gericht einzuschalten.9

       

      Quellen

      Leitlinie

      • Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Künstliche Ernährung im ambulanten Bereich. Terminologie in der Klinischen Ernährung. AWMF-Leitlinie Nr. 073-021. S3, Stand 2013. www.awmf.org

      Literatur

      1. Iversen PO. T23 Ernæring, væskesubstitusjon og elektrolyttforstyrrelser. I: Norsk Legemiddelhåndbok. Sist oppdatert 12.02.2014.
      2. Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Klinische Ernährung in der Geriatrie. AWMF-Leitlinie Nr. 073-019. Stand 2013 www.awmf.org
      3. Plonk WM, Jr., Arnold RM. Terminal care: the last weeks of life. J Palliat Med 2005; 8: 1042-54. www.ncbi.nlm.nih.gov
      4. Gesenhues S, Zeische R.H., Breetholt A.. Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. München: Urban&Fischer, 2014.
      5. Ozucelik DN, Karaca MA, Sivri B. Effectiveness of pre-emptive metoclopramide infusion in alleviating pain, discomfort and nausea associated with nasogastric tube insertion: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Int J Clin Pract 2005; 59: 1422-7. PubMed
      6. Grimble, Immunonutrition. Curr Opin Gastroenterol. 2005 Mar;21(2):216-22. www.ncbi.nlm.nih.gov
      7. Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Künstliche Ernährung im ambulanten Bereich. Terminologie in der Klinischen Ernährung. AWMF-Leitlinie Nr. 073-021, Stand 2013. www.awmf.org
      8. Hisham M Mehanna, Jamil Moledina, Jane Travis, Refeeding syndrome: what it is, and how to prevent and treat it. BMJ. 2008 Jun 28; 336(7659): 1495–1498 www.ncbi.nlm.nih.gov
      9. Oehmichen F et al. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Erhährungsmedizin. Ethische und rechtliche Gesichtspunkte der Künstlichen Ernährung Aktuel Ernahrungsmed 2013; 38: 112–117 www.dgem.de

      AutorenAutor*innen

       

      • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
      • TerjeDie Johannessenursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim https://legehandboka.no/).
kosttilskudd; Enteral ernæring; ernæringssonde; immunnutrisjon
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Magensonde; Sondenernährung; Ernährungssonde; Transnasale Magensonde; Perkutane endoskopische Sonde im Magen; PEG; Perkutane endoskopische Sonde im Jejunum; PEJ; Sondennahrung; Immunonutrition; Kontinuierliche Applikation; Bolus-Applikation
Enterale Ernährung
Revision at 01.03.2014 10:09:31: Revidert. Små endringer. MK 21.11.16
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Wenn PatientenPatient*innen selbst nicht ausreichend Nahrung zu sich nehmen können, ist in manchen Fällen eine ergänzende Zufuhr nötig. Wird zu diesem Zweck eine Sonde eingesetzt, die bis in den Magen reicht, spricht man von enteraler Ernährung. Sie ist der parenteralen Ernährung in der Hinsicht überlegen, dass sie der normalen Nahrungszufuhr ähnlicher ist.1 Die Sekretion von Hormonen und die Produktion und Abgabe von Galle bleiben so aufrechterhalten. Postprandiale Hormone haben eine anabole Wirkung auf Muskeln, Leber, Fettgewebe, Darmschleimhaut und wahrscheinlich noch eine Reihe anderer Organe.
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