Allgemeine Informationen
Definition
- Die Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) ist ein Verfahren, mit dem
einPatient*innen in einen schmerzfreien Zustand versetztwirdwerden zum Zweck einer Operation oder einer diagnostischen Maßnahme. - Ziel der Allgemeinanästhesie1
- Analgesie
- Anxiolyse
- Sedierung
- Amnesie
- Muskelentspannung
- Stressabschirmung
- Applikationsformen der Allgemeinanästhesie
- intravenös
- inhalativ
- Eine Allgemeinanästhesie stellt nicht immer die beste Lösung dar. Vor- und Nachteile gegenüber lokalen oder regionalen Anästhesieverfahren sollten
gegen einandergegeneinander abgewogen werden.1
Vorteile der Allgemeinanästhesie
- Stellt keine psychischen Anforderungen an
dendiePatientenPatient*innen. - Ermöglicht eine längere Muskelrelaxation.
- Ermöglicht Kontrolle von Atemwegen, Respiration und Kreislauf.
- Ermöglicht gleichzeitige Operationen unterschiedlicher Körperbereiche.
- Einsatz bei Hypersensitivität gegenüber Lokalanästhetika
- Einsatz in Rückenlage möglich
- Adaptierbar, falls sich Dauer oder Umfang unvorhersehbar ändern.
- Kann schnell verabreicht werden und ist
revesibelreversibel.1
Nachteile der Allgemeinanästhesie
- Verlangt qualifiziertes Fachpersonal.
- Aufwändige und kostenintensive Ausrüstung/Material
- Prä
operativeroperative Vorbereitung in der Regel nötig Führt in der Regel zu physiologischen Veränderungen.- Mögliche intra- und postoperative Komplikationen einer Vollnarkose (inkl. Intubationsnarkose):
- Übelkeit, Erbrechen, Aspiration
- Halsschmerzen, Heiserkeit
- Zahn- und Stimmbandschäden
- Kopfschmerzen, Zittern
ArrythmieArrhythmie, Herzstillstand- verzö
gertergerte Wiederherstellung normaler mentaler Funktion - allergische Reaktionen
- lagerungsbedingte Schädigung peripherer Nerven
- maligne Hyperthermie
- seltene erblich bedingte Muskelerkrankung mit akutem und potenziell tödlichem Temperaturanstieg, erhöhtem
pCO2pCO2, metabolischer Azidose und Hyperkaliämie nach Exposition gegenüber einem Anästhetikum.2
- seltene erblich bedingte Muskelerkrankung mit akutem und potenziell tödlichem Temperaturanstieg, erhöhtem
Komplikationsrisiko
- Das Risiko für Komplikationen hängt vom Krankheitszustand
desderPatientenPatient*in ab. NarkoseassoziierteDie narkoseassoziierte Mortalität bei Routineeingriffen ist gering und liegt bei ca. 0,4–1 pro 100.000 Fällen.1-,3- Häufigkeit
narkoseassoziiertenarkoseassoziierter Symptome innerhalb der ersten 24 Stunden nach ambulanter Operation:4- 10–20 %: Erbrechen
- 10–40 %: Übelkeit
- 25 %: Halsschmerzen
30 %: Schmerzen der Operationswunde.
Spinal- oder Allgemeinanästhesie?
- In einer Metaanalyse war die Spinalanästhesie der Allgemeinanästhesie bei Patient*innen mit Hüftendoprothese überlegen in Bezug auf das Auftreten von postoperativer Übelkeit und Länge des Krankenhausaufenthalts.5
- Neuere Studien zeigen keinen Unterschied zwischen Spinal- und Allgemeinanästhesie bezüglich des Auftretens eines postoperativen Delirs bei älteren Menschen nach hüftgelenksnaher Chirurgie.6-7
- Bezüglich der postoperativen Schmerzreduktion ist die Spinalanästhesie der Allgemeinanästhesie nicht überlegen.8
- Ebenso konnten keine signifikanten Unterschiede bezüglich postoperativer Immobilität sowie Tod innerhalb von 60 Tagen festgestellt werden.6
Patientenvorbereitung
Die Voraussetzungen für eine sichere und effiziente Anästhesie:gut ausgebildetes Fachpersonalgeeignete Arzneimittelgeeignete intensivmedizinische Ausrüstunggut vorbereiteter Patient.
Mindestanforderungen
Kontinuierliches Überwachen und Monitoring während der Anästhesie von Kreislauf und AtmungPulspalpationAuskultation von Herz- und RespirationsgeräuschenBeobachtung der AtembewegungenBeobachtung des ReservoirballonsBeobachtung der Gesichtsfarbe des PatientenMonitoring und Dokumentation von:Puls und Blutdruck, schriftlich mindestens alle 10 MinutenPulsoximeterElektrokardiogramm (EKG)Ausschaltalarm bei Verwendung eines BeatmungsgerätesSauerstoffanalyse bei Verwendung von AtemgasKörperkerntemperatur.
Empfohlenes Monitoringendtitales CO2
VorbereitungenAnamnese/Untersuchungen
- Präoperative Visite bzw. Prämedikationsvisite zur Prüfung der Anästhesie und Operationsfähigkeit der
PatientenPatient*innen - anästhesiologisches Anamnesegespräch
- Schwerpunkt: Beschwerden, Vor-, Grund- und Begleiterkrankungen
- körperliche anästhesiologische Untersuchung
- allgemeiner Gesundheitsstatus
- insbes. Erfassung des Herz-Kreislauf- und Atmungssystems
- Patientenaufklärung und -Einwilligung
- Festlegung des Anästhesieverfahrens
- Für
PatientenPatient*innen mit Komorbiditäten sind ggf. interdisziplinäre Konsile mit weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen erforderlich.
Komorbidität?
PatientenPatient*innen mit Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen, chronischer Bronchitis, Emphysem oder anderen chronischen Erkrankungen müssen ggf. präoperativ stabilisiert bzw.maximalmöglichst optimal therapiert sein.- Mögliche anatomische Veränderungen, z. B. der Atemwege, können während der Narkose Intubations- bzw. Respirationsprobleme verursachen.
Probleme mit den Atemwegen?
Kleiner oder „zurückgezogener“ Kiefer (mandibuläre Retrognathie)Prominente MaxillarzähneKurzer HalsBewegungseingeschränkte HalswirbelsäuleSchlechter ZahnstatusInhalationsschädenTumore oder Blutungen in Gesicht, Mund, Hals oder RachenGesichtstraumaInterdentale FixationenSteife Halskrause1
Wichtige Risikofaktoren
- Alle Komplikationen, die bei früheren Anästhesien auftraten und intensive Maßnahmen erforderten, z. B.:
- Intubationsprobleme
- allergische Reaktionen
- Fieber.
Alte Anästhesieberichte sollten angefordert werden, insbesondere bei anamnestischen Hinweisen auf frühere anästhesiologische Komplikationen.- Höheres Risiko für anästhesie- und krankheitsbedingte Komplikationen
- Notfalleingriff
- lange Operationsdauer
- Lebensalter > 70 oder Neugeborene/Säuglinge
- starkes Übergewicht
- schlechter Allgemeinzustand
- frischer Myokardinfarkt
- schwere Herzinsuffizienz, KHK
- Hypertonus, Arrhythmien
- Polytrauma, großflächige Verbrennungen, Schock
- schwere Ateminsuffizienz, COPD
- pathologische Laborwerte
- Siehe auch Artikel Präoperative Beurteilung vor der Anästhesie.
- Relative Kontraindikationen
- Infekte, insbes. Atemwegsinfekte
- Zytostatikatherapie wegen Gefahr der Infektion und Wundheilungsstörungen
- Mortalitätsrisiko innerhalb 1 Woche nach OP
- ca. 0,1 % bei gesunden
PatientenPatient*innen - ca. 50 % bei schweren Systemerkrankungen bzw. moribunden
PatientenPatient*innen
Weitere Maßnahmen
- Nüchternheitsgebot
- zur Prävention einer Aspiration von Nahrung oder Flüssigkeit
- keine feste Nahrung bis 6 Stunden vor der Anästhesie
- letzte klare Flüssigkeit (Wasser, Tee) bis 2 Stunden vor der Anästhesie
- zur Prävention einer Aspiration von Nahrung oder Flüssigkeit
- Bisherige Dauermedikationen können bis zum Operationstag unverändert eingenommen werden, ggf. ist eine Dosismodifikation nötig.
- Dauermedikationen, die präoperativ oder am OP-Tag in der Regel nach Rücksprache mit
demder Anästhesisitensthesieabgesetztpausiert werden, z. B.: - Siehe hierzu auch Artikel Präoperative Beurteilung vor der Anästhesie.
- Antikoagulanzien
- Je nach Substanz und Eingriff sind entsprechende Zeitintervalle einzuhalten, um das Blutungsrisiko nicht zu erhöhen.
59-10
- Je nach Substanz und Eingriff sind entsprechende Zeitintervalle einzuhalten, um das Blutungsrisiko nicht zu erhöhen.
- Acetysalicylsäure
KeinGrundsätzlichZeitintervall erforderlichwird beitsekundäglicherrprophylaktischer Einnahmevondie100Fortführungmg;derbeiEinnahme empfohlen.- Ausnahme: hohes Blutungsrisiko in geschlossene Kompartimente (intrakraniell, intramedullär oder hintere Augenkammer), dann Absetzen 7–10 Tage präoperativ11
- Bei > 500 mg/
Tagd sollte je nach operativem Blutungsrisiko ein Intervall von 72 Stunden präoperativ erwogen werden. DiesEntscheidungmussin Absprache mitdemden Operateurabgesprochen werden.*innen
- orale Antidiabetika
- Umstellung auf Insulin-Glukose, da der Blutzucker intraoperativ besser mit intravenöser Glukose und Insulin zu regulieren ist.
- Metformin ca. 2
WochenTage vor der Operation absetzen wegen der Gefahr einer schweren, z. T. irreversiblen, metabolischen Azidose während der Narkose.59-10
- Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) wegen Gefahr der Interaktion mit Anästhetika
- Antiarrhytmika
- Herzglykoside
- Diuretika
- ACE-Hemmer
- Neuroleptika
- trizyklische Antidepressiva
- Weitere Untersuchungen in Abhängigkeit der Anamnese
- EKG und Rö
ntgenthorax-Thorax - Laboranalysen
Prämedikation
- Verabreichung meist 1–2 Stunden vor der Operation
- Ziele und Medikation
- Anxiolyse, Sedierung, Amnesie (Benzodiazepine, z. B Midazolam, Oxazepam)2
- Analgesie (Opiate, z. B. Piritramid)
- Prophylaxe
- Aspiration (H2-Blocker, Antazida, Antiemetika)
- Hypersalivation (Parasympatholytika, z. B. Atropin, alpha-2-Agonisten)
- allergische Reaktionen (H1-/H2-Blocker, Kortikoide)
- Antikonvulsion (Antiepileptika, z. B. Benzodiazepine, Barbiturate)
- Messung und Dokumentation der Vitalzeichen
Narkose
Einleitung
- Präoxygenierung 3–5 min
- Methode
- induktiv (intravenös)
- intravenöse Injektion von Injektionsnarkotika, z. B. Thiopental, Propofol
- schnell schlafinduzierend und -unterhaltend
- kaum analgetische Wirkung
- ideal für schnelles Einleiten
- mit
inhaltiveninhalativen Anästhetika kombinierbar
- inhalativ
- Dämpfe oder Gase, die pulmonal resorbiert werden
- (z. B. Flurane, Lachgas).
- gute Steuerbarkeit durch schnelles An- und Abfluten
- geringe Verstoffwechselung
- Bei Kindern, die das Legen eines venösen Zugangs nicht tolerieren; anschließend induktives Vorgehen.
- narkotische Schmerzmittel
- zusätzlich zum Induktionspräparat
- in der Regel Opioide (z. B. Fentanyl, Sufentanil, Remifentanil)
Verhindern Anstieg von Blutdruck und Puls, vor allem assoziiert mit Intubation und Inzision der Haut.1- Sicherer Zugang der Atemwege ist bei allen Narkosen unerlässlich!
- Beatmung
- manuell mit Kiefergriff
- mithilfe eines Beatmungstubus (Güdel)
- Larynxmaske bei kurzen Eingriffen
- mit Intubation, indiziert bei z. B.:
- Aspirationsgefahr
- chirurgisch erforderlicher Muskelrelaxation
- notwendiger Überdruckbeatmung
- Risiko einer Übersedierung
- Risiko einer Hyperventilation
- Operationen in Seiten- oder Bauchlage mit schwer zugänglichen Atemwegen
- Gesichts- oder Mundoperationen
- bei zu erwartender langer OP-Dauer.1
- Bei zu erwartenden Problemen bei der Intubation können alternative Intubationsverfahren nötig sein.
- Wachintubation, evtl. mithilfe eines Bronchoskops
- Rapid Sequence Induction (RSI): z. B. bei nicht nüchternen
PatientenPatient*innen, fortgeschrittener Schwangerschaft, Verletzung oder Erkrankung des Magen-Darm-Traktes - Muskelrelaxation
- Lähmt reversibel die Skelettmuskulatur.
- Blockade der neuromuskulären Reizübertragung2
- in der Regel bei abdominellen Eingriffen notwendig
- Kann die endotracheale Intubation erleichtern.
z. B. Rocuronium, Succinylcholin
Aufrechterhaltung
- Meist stabilste Phase der Narkose
- In der Regel kontinuierliche Beimischung von Inhalationsanästhetika zur Atemluft
- in Kombination mit kontinuierlicher Gabe oder Einzeldosen von
AnalgestikaAnalgetika und Muskelrelaxanzien
- in Kombination mit kontinuierlicher Gabe oder Einzeldosen von
- Die erforderliche Anästhesietiefe ist abhängig von der Art des Eingriffs.
- Bei Operationen am Magen-Darm-Trakt ist eine tiefere Narkose als bei einer Inzision der Haut einer Extremität erforderlich.
Ziel: So wenig wie möglich, so viel wie nötig, um eine adäquate Anästhesietiefe zu gewährleisten.1Falls kein Muskelrelaxans verabreicht wurde, macht sich eine inadäquate Anästhesie in Form von Bewegungen und Husten bemerkbar.Bei Gabe eines Muskelrelaxans erfolgt die Beurteilung der Narkosetiefe und Steuerung der Medikamentengabe durch klinische Parameter, z. B.:BlutdruckHerzfrequenzTränenflussSchwitzenPupillengrößePupillenreflexBewegungsreaktionen.1- Hypotonie und Bradykardie können Zeichen einer zu tiefen Narkose sein.1
Risiko einer Minderdurchblutung vitaler Organe bis hin zum Todverzögertes Erwachen und erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen
Ausleitung
- Nach Abschluss der Operation
- Beendigung der Zufuhr von Anästhetika in Absprache mit den
ChirurgenChirurg*innen - Sobald die Wirkstoffe abgebaut bzw. abgeatmet wurden,
wachtwachenderdie Patient*innen auf. - Voraussetzung für die Ausleitung ist v. a. der Abbau des Muskelrelaxans, um eine ausreichende
neuro-muskulneuromuskuläre Funktion zu erreichen.- Ggf. müssen entsprechende antagonistisch wirkende Substanzen verabreicht werden.2
- Weitere wichtige Check-Punkte der Ausleitungsphase
- ausreichende Analgesie
- Normothermie
- vorhandene Abwehrreflexe (Schlucken, Husten)
- ausreichende Spontanatmung
- Entfernen des Tubus oder der Larynxmaske
Verlängertes oder agitiertes Erwachen ist möglich.- Postoperative Überwachung im Aufwachraum durch anästhesiologisches Fachpersonal
- Ziel: ausreichende postoperative Analgesie
- Ggf. muss die Beatmung und Sedierung fortgeführt werden.
- Voraussetzung: geeignete Ausstattung und genügend Personal
Checkliste zur Überprüfung von z. B.:Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Atmung)SchutzreflexeAusscheidungen (Urin, Stuhl)Drainagen.
- ggf. Behandlung von postoperativer Übelkeit
verursacht durch Allgemeinanästhesie und Analgesie
Anästhetika
- Die Allgemeinanästhesie kann eingeleitet und erhalten werden durch intravenöse Zufuhr von Sedativa/Hypnotika, Opioiden und neuromuskulären Blockern.
- Inhalationsanästhetika wirken hypnotisch, leicht analgesierend und muskelrelaxierend.
- Intravenöse und inhalative Anästhetika werden meist kombiniert appliziert.
Sedativa/Hypnotika
Eigenschaften
- Gebräuchliche Medikamente: Thiopental (Barbiturat), Etomidate, Propofol und Benzodiazepine (Diazepam und Midazolam)
- Wirkort: GABA-Rezeptoren mit Verstärkung der inhibitorischen Wirkung auf das ZNS
- Die Wirkung ist rein hypnotisch ohne Analgesie und Muskelrelaxation.2
Thiopentalkurz wirkendbei unkomplizierten Patientenatemdepressivkreislaufdepressiv
Etomidatev. a. bei kardiologischen RisikopatientenNebenwirkung: Hemmung der KortisolsyntheseBarbituratesedierendhypnotischnarkotischantikonvulsivschmerzförderndWirken am GABA-Rezeptor direkt agonistisch unabhängig von der Anwesenheit von GABA.
Benzodiazepineangstlösendzentral muskelrelaxierendhypnotischsedierendantikonvulsivamnestischhäufig verwendet für die PrämedikationBinden an GABA-Rezeptor, wirken aber nur in der Anwesenheit von GABA.Flumazenil: reversibler, kompetativer Benzodiazepin-Antagonist am GABA-Rezeptor
PropofolStandardeinleitung für Narkosenangenehmes Einschlafen und Erwachen1kurze Wirkdauerstarke kreislaufdepressive WirkungKetamin, als intravenöses Anästhetikum, wirkt hypnotisch, sympathomimetisch und ausgeprägt analgetisch.Wird bevorzugt in der Notfallmedizin eingesetzt.Schutzreflexe bleiben weitgehend erhalten.NebenwirkungenHypersalivationHalluzinationSkelettmuskeltonuserhöhung
oft in Kombination mit einem Hypnotikum (z. B. Benzodiazepine)oft in Kombination mit einem Muskelrelaxans
Pharmakokinetik
Intravenöse VerabreichungVerteilung ist abhängig von der Lipophilie/Hydrophilie der verwendeten Substanzen.Intravenöse Anästhetika sind in der Regel lipophile Arzneimittel und werden initial an stark vaskularisierte Organe (ZNS) verteilt.Redistributionkurz nach dem Anfluten im Wesentlichen zur MuskulaturBei Abnahme der Plasmakonzentration unter eine bestimmte Konzentration erfolgt das Erwachen.
EliminationMetabolisierung in der Leber und Ausscheidung über die Nieren
Subanästhetische WirkungAnästhetika und deren Metaboliten haben eine länger dauernde subanästhetische Wirkung, die die postanästhetische Wirkung von Analgetika und Sedativa potenzieren kann.vor allem bei Barbituraten und Benzodiazepinen, weniger bei Propofol
Indikationen
Intravenöse Sedierung und Schlaf (mit oder ohne erhaltene Respiration) bei für Patienten unangenehmen VerfahrenSedierung bei lokalanästhetischen VerfahrenEinleitung einer AllgemeinanästhesieSedierung/Hypnose in Kombination mit Opioid-Analgetika, Dinitrogenoxid (Lachgas) und neuromuskulären Blockern bei der AllgemeinanästhesieAntikonvulsivum (Benzodiazepine und Thiopental)Sedierung von Beatmungspatienten
Vorsichtsmaßnahmen
- Es gibt große individuelle Reaktionsunterschiede.
- Dosierungen müssen dem allgemeinen Zustand und dem Körpergewicht
desderPatientenbetroffenen Person angepasst und je nach Wirkung titriert werden. - Zu schnelle Injektion kann zu einer erheblichen Atem- und kardiovaskulären Depression führen.
Opioide bei der Anästhesie
- Analgesie durch Bindung von Opioiden an die Rezeptoren im Gehirn und Rückenmark.
- Aktivierung von Opioid-Rezeptoren verursacht zusätzlich eine dosisabhängige Atemdepression, Sedierung und zuweilen Übelkeit und Juckreiz.
Opioide können sublingual, oral, rektal, transdermal, intramuskulär, intravenös, epidural und spinal verabreicht werden.Die Opioide, die derzeit zur Anästhesie angewendet werden (Fentanyl, Alfentanil, Sufentanil, Remifentanil), unterscheiden sich in Bezug auf pharmakokinetische Eigenschaften, analgetische Potenz, Reaktionszeit, Elimination und Interaktion mit anderen Organsystemen.
Präparate
Fentanylstark lipophilrasche Anflutung im ZNS120-mal so potent wie Morphin (analgetische Potenz)Wirkt nach intravenöser Injektion nach ca. 2–5 Minuten.relativ geringe kardiovaskuläre Wirkungen, auch bei hoher Dosierunggut geeignet für Kinderzur Analgesie bei Schwangeren geeignet62relativ lange Wirkdauer (20–30 Minuten), insbes. bei hoher Dosierung und bei älteren PatientenGefahr der KumulationatemdepressivSufentanil700- bis 1000-mal so potent wie Morphinhöchste analgetische Potenz aller Opioidemaximale Wirkung nach ca. 6–8 Minuten nach i. v. Gabe
Alfentaniltrotz geringerer Lipophilie im Vergleich zu Fentanyl, schnelle Anflutunggute Steuerbarkeitbei i. v. Gabe schnelle Reaktionszeit (1–2 Minuten)kürzere Wirkungsdauer als Fentanyl/Sufentanil (< 10 Minuten)für kurze operative Verfahren gut geeignetRemifentanilbei i. v. Gabe gleiche Reaktionszeit wie Alfentanil (1–2 Minuten)wegen sehr kurzer Wirkdauer (3–4 Minuten) meist als Dauerinfusionzusätzliche Analgesie meist erforderlich nach Beendigung der Zufuhr
Einsatz vor allem in der ambulanten Anästhesiegute Steuerbarkeitkaum KumulationDosisanpassung bei Leber- oder Nierenfunktionseinschränkung nicht nötig
Anwendung
In geringer Dosierungz. B. mit Fentanyl i. v.Analgesie und Sedierunginsbes. bei kleineren oder unangenehmen Eingriffen bei Patienten mit Spontanatmungzur Ergänzung von Lokalanästhetika- Einleitung einer Allgemeinanästhesie
- initiale Bolus-Dosis (z. B. Fentanyl), danach Thiopental oder Propofol sowie bei Bedarf ein neuromuskulärer Blocker
- Erhalt der Narkose
- als intermittierender Bolus (Fentanyl, Sufentanyl, Alfentanil) oder Infusion (Remifentanil, Alfentanil) und neuromuskulären Blockern in Kombination mit einem Inhalationsanästhetikum oder Propofol
InhalatationsanInhalationsanästhesie
- Medikamente
- Desfluran, Isofluran, Sevofluran (Flurane) und Dinitrogenoxid (Lachgas)
Dinitrogenoxid (Lachgas) hat eine begrenzte analgetische und hypnotische Wirkung und wird nur ergänzend zu anderen Anästhetika verwendet.
- Flexibilität
- Die Inhalationsanästhesie erlaubt schnelle Änderungen des Anästhesieniveaus.
- Schlaf
- sehr gute hypnotische Wirkung
- Nebenwirkungen
- dosisabhängige Depression von Atmung und Blutdruck2
Ketaminanästhesie
Die Ketaminanästhesie unterscheidetUnterscheidet sich qualitativ von anderen Anästhesieformen.ZurSowohlEinleitunganästhetischeundalsDurchführungaucheineranalgetischeVollnarkoseAlsEigenschaften,ErgänzungSpontanatmungbeibleibtRegionalanästhesienAls Anästhetikum und Analgetikum in der Notfallmedizinerhalten.- Bei Vollnarkose oft in Kombination mit einem Schlafmittel (Hypnotikum), z. B. Benzodiazepin
Bei(außer bei Kindernnicht in Kombination mit einem HypnotikumErzeugt dissoziative Anästhesie mit Narkose und Analgesie, aber Erhalt der Reflextätigkeit.Analgesie und Amnesie sind auch mit geringen Dosen Ketamin zu erreichbar.Tiefe Analgesie und Amnesie mit höheren DosenSpontanatmung bleibt meist erhalten.)- Durch Sympathikusaktivierung geringerer Blutdruckabfall bei Hypovolämie als alternative Präparate
- Lange Aufwachphase mit unangenehmen Träumen und Halluzinationen
- bei jungen Erwachsenen mit hohen Dosierungen
- Die gleichzeitige Gabe von Benzodiazepinen oder Barbituraten kann diesem teilweise entgegenwirken.2
Ketamin hat bronchodilatierende Wirkung.
Neuromuskuläre Blocker
NeurophysiologieErregung der Nervenzelle an der motorischen Endplatte führt zur Freisetzung von Acetylcholin in den synaptischen Spalt.Acetylcholin bindet sich an die Rezeptoren der motorischen Endplatten und führt zum Einstrom von Natrium-Ionen in die Muskelzelle.Nachfolgende Depolarisation des Membranpotenzials führt zur Erregung der Muskelzelle und zur Muskelkontraktion.enzymatischer Abbau und Inaktivierung von Acetylcholin durch Acetylcholinesterase im synaptischen SpaltDie Muskelzellen repolarisiert, die Kontraktion endet.- Eine neuromuskuläre Blockade bzw. Muskelrelaxation kann erzeugt werden durch:
- depolarisierende Muskelrelaxanzien
- Suxamethonium/Succinylcholin, Rocuronium
agonistische (erregende) WirkungFühren zu lang anhaltender Depolarisation.- Anfänglich zeigt sich ein unkoordiniertes Muskelzittern (Faszikulationen).
- Die Wirkung ist nicht antagonisierbar.
- nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien
antagonistische kompetitive Rezeptorblockade der muskulären Endplatte ohne DepolarisationAcetylcholin kann keine Muskelkontraktion mehr auslösen.Antagonisierbarantagonisierbar durch Erhöhung der Acetylcholinkonzentration (Cholinesterasehemmer)2
- Operationen, bei denen eine Bewegung
desderPatientenPatient*innen vermieden werden sollte, z. B.: - HNO (Innenohr)
- Neurochirurgie
Laparoskopie- Orthopädie.
schneller Wirkeintritt, insbes. bei Aspirationsrisiko (Rapid Sequence Induction RSI)Rokuron (erhöhte Anfangsdosis), Suxamethonium/Succinylcholin
kardiovaskuläre StabilitätVecuronium, Cisatracurium, Rocuronium
Nieren- und LeberinsuffizienzCisatracurium, Atracurium
Eingriff < 20 MinutenMivacurium
länger dauernde OperationenCisatracuriumLaparoskopien
Reversierung von nichtdepolarisierenden neuromuskulären Blockern
Neurophysiologie und NeuropharmakologieAufhebung der Wirkung von nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien durch Erhöhung der Acetylcholin-KonzentrationCholinesterasenhemmer (Neostigmin, Physostigmin) verhindern den Abbau von Acetylcholin durch das Enzym Cholinesterase im synaptischen Spalt.Erhöhung der Acetylcholin-Konzentration führt zur Verdrängung der neuromuskulären Blocker von der postsynaptischen MembranEine neuromuskuläre Übertragung kann wieder erfolgen.Acetylcholin wirkt an den Nikotin- als auch an den Muskarinrezeptoren.Die Wirkung der Muscarinrezeptoren (parasympathische Aktivierung) wird durch die zusätzliche Gabe von Glycopyrron oder Atropin blockiert.Empfohlene Kombination: Neostigmin-GlycopyrroniumFührt zu geringerer Tachykardie.Passiert nicht die Blut-Hirn-Schranke.
Komplikationen
Aspiration
- Perioperative Aspiration kommt relativ selten vor.
- Verschiedene Studien zeigen eine Inzidenz von 3
–10pro 10.000RisikopatientenRisikopatient*innen.712 - Ca. 50 % der
PatientenPatient*innen entwickeln nach einer Aspiration eine Aspirationspneumonie (Mendelson-Syndrom). - Die Magensäure verursacht eine Alveolitis, u. U. mit nachfolgenden Komplikationen wie:
- Risiko für eine Aspiration ist erhöht bei, z. B. bei:
NotfallpatientenNotfallpatient*innen (nicht nüchtern, bewusstlos, fehlende Schutzreflexe etc.)- Atemwegsproblemen
- zu flacher Narkose
- gastrointestinalen Probleme
- eingeschränktem Bewusstsein
- schwerer Erkrankung/Komorbiditäten
- Adipositas.
713
- Präoperative Nüchternheit
- Reduziert das Aspirationsrisiko bei elektiven Operationen.
814 - Zufuhr von Flüssigkeit bis 2 Stunden und vor dem Eingriff
915 - Zufuhr von Nahrung bis 6–8 Stunden vor dem Eingriff
915 - Zufuhr von Muttermilch bis 4 Stunden vor dem Eingriff
.713 - Bei Aspirationsrisiko bzw.
beimbei nicht nüchternen Patient*innen sollten bei der Narkoseeinleitung bestimmte Maßnahmen getroffen werden: - Legen einer Magensonde
- RSI (Rapid Sequence Induction) mit schneller Narkoseeinleitung und Atemwegssicherung
1016 - ggf. bronchoskopische Wachintubation.
- Medikamentöse Prophylaxe?
- Ziel: Veränderung des Magen pH und des Magensaftvolumens
- Für die medikamentöse Reduktion des Aspirationsrisikos für gesunde
PatientenPatient*innen vor elektiven Eingriffen gibt es keine Evidenz.713,1117 - Beim Einsatz von sekretionshemmenden Medikamenten (H2-Antagonisten und Protonenpumpenhemmer PPI) sind H2-Blocker den PPI evtl. überlegen.
1117
Allergische Reaktion/anaphylaktischer Schock
- Siehe auch Artikel Anaphylaxie.
- Gefürchtete u. U. lebensbedrohende Komplikation
- Seltenes Ereignis mit einer Häufigkeit von ca. 1:3.500 bis 1:20.000
- Meist in Verbindung mit Muskelrelaxanzien, insbes. Suxamethonium/Succinylcholin
- Selten im Zusammenhang mit anderen Anästhetika, Antibiotika, Latex
- Latex-Allergie
- Kann Anaphylaxie auslösen.
- meist zum OP-Ende nach Aufhebung der Blutleere
- Kardinalsymptome: unerklärliche Tachykardie und/oder Hypotonie
- Therapie der Anaphylaxie, siehe Anaphylaxie, Erste Hilfe.
- Adrenalin i. v.
- Kortikosteroide i. v.
- H1- und H2-Antihistaminika i. v.
- Flüssigkeit i. v.
- Entfernung des auslösenden Agens (Latex)
- sonstige symptomatische Therapie18
Maligne Hyperthermie
- Ein sehr seltener, aber lebensbedrohlicher Zustand
wWährend einer Anästhesie und in den ersten 24 Stunden danach2- Trigger: Inhalationsanästhetika und Succinylcholin
MuskelrelaxanzMuskelrelaxans) - Voraussetzung: genetische Disposition (autosomal dominanter Erbgang)
- Häufigkeit: 1:20.000 bis 1:60.000 aller Narkosen
- Führt zu einer katabolen Stoffwechselentgleisung in der Skelettmuskulatur.
- Hypermetabolismus in der Skelettmuskulatur verursacht Hyperthermie und Laktatazidose.2
- Anamnese auch bei Familienangehörigen bedenken
.
Diagnose
Erhöhter endtitaler CO2-PartialdruckTachykardie, instabiler Blutdruck, HerzrhythmusstörungenMuskelstarreZyanoseTemperaturanstiegBlutgasanalysen zeigen einen erhöhten arterielle CO2-Druck und niedrigen pH-Wert.- Endet ohne Intervention zu 80 % tödlich.
Therapie
Anästhesie und Operation so schnell wie möglich abbrechen.Hyperventilation mit 100 % SauerstoffSofort Hilfe anfordern!Auslösende Anästhetika entfernen, Schläuche austauschen und CO2absorbieren.Spezifische Behandlung mit Dantrolen 2 mg/kg Körpergewicht intravenös. Die Dosis wird, falls notwendig, erneut alle 5–10 Minuten gegeben bis zur Gesamtdosis von 10 mg/kg. Bei einer stabilen Situation ist die Behandlung nach 12 Stunden zu wiederholen.Aktive Abkühlung auf 38–39 °C (kalte Flüssigkeiten intravenös, Eisbeutel, zentralvenöser Kühlkatheter, externe Kühlmatten etc.)Blutproben für Blutgasanalyse, Elektrolyte, Kreatinkinase (CK, zur späteren Untersuchung) entnehmen.Azidose und evtl. Hyperkaliämie behandeln.Diurese aufrechterhalten (Myoglobinurie).Eine Beobachtung über 48 Stunden ist wegen Rezidivgefahr erforderlich.
Neurologische Ausfälle nach der Anästhesie
- Ob Anästhetika in der klinischen Anwendung neurotoxisch sind, ist unklar.
1219-1320 - Postoperative neurologische oder psychische Symptome können u. U. durch Hypoxie, Hypotonie, Gehirnembolien und postoperativen Stress („Intensiv-Psychose“) verursacht sein.
- Neurokognitive Beeinträchtigungen können mit der Anästhesieführung, Operation, Vorerkrankungen sowie
epidemiologischeepidemiologischen undsozialesozialen Faktoren assoziiert sein.1320 - Periphere neurologische Ausfälle können durch falsche Lagerung (Zug oder Druck) verursacht sein.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
NarkoseAngst und Narkose- Untersuchung vor der Operation
PrämedikationNarkosemethoden, ÜbersichtÜberwachung während der OperationMaligne HyperthermieNarkose
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). Prähospitale Notfallnarkose beim Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 001-030, Stand 2015.www.awmf.orgDeutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin. AWMF-Leitlinie Nr. 001-012, Stand 2015.www.awmf.org- Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie (DGDC), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Umgang mit
AntikoagulationAntikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern bei Operationen an der Haut. AWMF-Leitlinie Nr. 013-085.– 085S3, Stand20142021. www.awmf.org - Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF-Leitlinie Nr. 061-025. S2k, Stand 2021. www.awmf.org
Literatur
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AutorenAutor*innen
ChristineFranziskaWilsonJorda, Dr. med.,ÄFachärztin fürNaturheilverfahrenViszeralchirurgie,FreiburgÄrztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, KaufbeurenLarsDieWiklund,ursprünglicheprofessorVersionemeritusdiesesochArtikelsöverlbasiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausäkare,rztlichenanestesiologiOnline-HandbuchochNorskintensivvElektronisk Legehård, Uppsala universitetndbok (MedibasNEL, https://legehandboka.no/)Johan-Arnt Hegvik, spesialist i anestesi, overlege, Anestesiavdelingen, St.Olavs Hospital, Trondheim