Rückenmarksverletzung und Querschnittlähmung Summary Zusammenfassung
Definition: Eine traumatische oder nichttraumatische Schädigung des Rückenmarks führt zu einem Querschnittsyndrom mit neurologischen Funktionsausfällen unterhalb der Läsion.
Häufigkeit: Die Inzidenz von traumatischen Querschnittlähmungen liegt bei etwa 10–50 Fällen pro Mio. Einwoh. Hinzu kommen etwa ebenso viele nichttraumatische Rückenmarksschädigungen.
Symptome: Verletzungen des Rückenmarks können zu motorischen, sensorischen und autonomen Ausfallerscheinungen und neuropathischen Schmerzen führen. Häufig kommt es zu einer Lähmung der Beine (Paraplegie) oder aller Extremitäten (Tetraplegie), Taubheit sowie Blasen- und Mastdarmfunktionsstörungen.
Befunde: Komplette Querschnittlähmung: kompletter sensomotorischer Ausfall unterhalb der Verletzungshöhe. Inkomplette Querschnittslähmung: Erhalt partieller Restfunktionen. Spastische Paresen, Hyperreflexie, Pyramidenbahnzeichen, Hypästhesie und Hypalgesie, autonome Dysfunktion.
Diagnostik: Bildgebung der Wirbelsäule und des Rückenmarks: Röntgen, CT, MRT; Neurophysiologische Untersuchungen; weitere Untersuchungen abhängig von der Verdachtsdiagnose.
Therapie: In der Akutphase intensivmedizinische Überwachung und Behandlung; Therapie reversibler Ursachen; Prävention und Behandlung von Komplikationen (u. a. kardiovaskulär, gastrointestinal, urogenital, respiratorisch); Rehabilitation; lebenslange Nachsorge.
Content Allgemeine Informationen
Definition
Eine Rückenmarksverletzung führt zu neurologischen Funktionsausfällen und kann verschiedene Ursachen haben.1-2
traumatische Schädigung (direkte Einwirkung, z. B. bei Verkehrsunfall, Sturz, Gewalttaten)
nichttraumatische Schädigung (z. B. vaskulär, entzündlich, metabolisch oder neoplastisch)
Ein Querschnittsyndrom bzw. eine Querschnittlähmung entsteht durch eine Schädigung der auf- und absteigenden Nervenbahnen auf einer bestimmten Höhe des Rückenmarks.
Bezeichnung der Höhe einer Querschnittlähmung nach dem letzten intakten Rückenmarkssegment
vollständiger Funktionsverlust unterhalb der Läsion bei komplettem Querschnittsyndrom
erhaltene Restfunktionen bei inkomplettem Querschnittsyndrom
Auch eine Schädigung von Conus medullaris und Cauda equina (Konus-Kauda-Läsion) ist möglich.1
Typische Symptome sind Rückenschmerzen, Reithosenanästhesie, motorischen Defizite der unteren Extremität, Impotenz sowie Blasen- und Mastdarmfunktionsstörungen.
Die Unterscheidung von akutem und chronisch-progredientem Querschnittsyndrom ist abhängig vom zeitlichen Verlauf.
Akutes Querschnittsyndrom (spinaler Schock) als kritische Situation, die einer raschen Diagnose und intensivmedizinischen Behandlung bedarf.3-4
Verletzung oberhalb von C4 kann durch eine Zwerchfellparese lebensbedrohlich verlaufen.1
Bei einem chronischen Querschnittsyndrom sind die Prävention und Behandlung von Komplikationen (z. B. Thromboembolie) von großer Bedeutung.5
Die Schädigung führt abhängig von der Schwere und dem Ort der Läsion zu neurologischen Ausfällen unterhalb der Läsionshöhe.
motorische Funktionsstörungen: initial schlaffe, im Verlauf spastische Para- bzw. Tetraplegie
sensible Funktionsstörungen: sensibles spinales Niveau mit Störung des Berührungs- und Schmerzempfindens
autonome Funktionsstörungen: kardiovaskuläre Dysregulation, neurogene Blasen-, Darm- und Sexualfunktionsstörung
Eine Querschnittlähmung hat umfassende, auch psychosoziale Folgen für die Betroffenen.
Einschränkung von Unabhängigkeit und Lebensqualität sowie erhöhte Mortalität2
Häufigkeit
Traumatische Rückenmarksverletzungen1 ,6
Inzidenz von 10–50 Fällen pro Mio. Einw.
Daten zur Prävalenz sind regional unterschiedlich.
In Kanada im Jahr 2010 wurde eine Prävalenz von 1.298 pro Mio. Einw. geschätzt.6
Männer sind häufiger betroffen (ca. 80 %).2
Das durchschnittliche Lebensalter bei dem traumatischen Ereignis liegt bei 40 Jahren.
Eine traumatische Rückenmarksverletzung führt bei etwa 45 % zur Tetraplegie .
häufigste Ursachen für traumatische Rückenmarksverletzungen in den USA:7
Verkehrsunfälle (36 %)
Schussverletzungen (26 %)
Stürze (22 %)
Sportunfälle (7 %).
Nichttraumatische Rückenmarksverletzungen1 ,6
nur begrenzte statistische Daten verfügbar
etwa vergleichbare Häufigkeit wie bei traumatischen Querschnittlähmungen
Schätzungen in Kanada
Inzidenz von 68 pro Mio. Einw.
Prävalenz von 1.227 pro Mio. Einw.
Ältere Menschen sind eher von nichttraumatischen als von traumatischen Rückenmarksverletzungen betroffen.
Inzidenz bei Männern höher als bei Frauen
häufigste nichttraumatische, nicht-kompressionsbedingte Ursachen:1 ,8
multiple Sklerose (43 %)
Autoimmunerkrankungen (17 %)
spinale Ischämie (14 %)
infektiöse Myelitis (6 %)
Strahlenmyelopathie (4 %).
Ätiologie und Pathogenese
Anatomie der Wirbelsäule2 ,4 ,7
Aufbau der Wirbelsäule
Einteilung in 4 Abschnitte
Halswirbelsäule (HWS): 7 zervikale Wirbel (C1–C7)
Brustwirbelsäule (BWS): 12 thorakale Wirbel (T1–T12)
Lendenwirbelsäule (LWS): 5 lumbale Wirbel (L1–L5)
Sakralwirbelsäule (SWS): Os sacrum und Os coccygi
Aufbau der Wirbelsäule in Längsrichtung
Drei-Säulen-Modell (nach Denis)
vordere Säule (ventraler Wirbelkörper, ventraler Anteil des Anulus fibrosus und dem vorderen Längsband)
Mittlere Säule, die für die Stabilität maßgeblich ist (Wirbelkörperhinterwand, hinterer Anteil des Anulus fibrosus und hinteres Längsband).
hintere Säule (Wirbelbogen mit Dornfortsätzen, kleine Wirbelgelenke, Bogenwurzeln und Ligamenta supraspinale, interspinale und flavum)
Diese Strukturen sind von zahlreichen Bändern und Muskeln umgeben.
Rückenmark und Nervenwurzeln liegen geschützt innerhalb dieser Strukturen.
Bandscheiben
Bandscheiben bestehen aus zwei Elementen:
äußerer Faserring (Anulus fibrosus)
innerer Kern (Nucleus pulposus).
Die Bandscheiben dämpfen axiale Stöße ab, halten Kompression stand und stellen die Flexibilität der Wirbelsäule sicher.
bei Beschädigung erhöhtes Risiko für Herniation des Nucleus pulposus (Gefahr einer Radikulopathie )
Anatomie des Rückenmarks2 ,9
Das Rückenmark beginnt kaudal der Medulla oblongata und ist die Fortsetzung des zentralen Nervensystems im Wirbelkanal.
Rückenmarkssegmente und Spinalnerven
Halswirbelsäule (HWS)
8 Nervenwurzeln (C1–C8)
Spinalnerven treten über dem gleichnamigen Wirbelkörper aus.
Nervenwurzel C8 tritt zwischen Wirbelkörper C7 und T1 aus.
Brustwirbelsäule (BWS)
12 Nervenwurzeln (T1-T12)
Spinalnerven treten unter dem gleichnamigen Wirbelkörper aus.
Lendenwirbelsäule (LWS)
5 Nervenwurzeln (L1-L5)
Spinalnerven treten unter dem gleichnamigen Wirbelkörper aus.
Sakralwirbelsäule (SWS)
5 Nervenwurzeln (S1–S5)
Austritt durch das Os sacrum
ggf. 0–2 kokzygeale Nerven
Rückenmark mit Wirbelkörper, Meningen und Nervenwurzeln
Die weiße Substanz umgibt die graue Substanz und enthält die Nervenfasern (Axone) der auf- und absteigenden Bahnen.
sensible (aufsteigende) Bahnen
Hinterstrang: Berührungsempfinden, Tiefensensibilität
Vorderseitenstrang: Schmerz, Druck, Temperatur
Kleinhirnseitenstrang: Tiefensensibilität
motorische (absteigende) Bahnen
Pyramidenbahn: V. a. distale Muskulatur
extrapyramidale Bahn: V. a. proximale und Rumpfmuskulatur
Die graue Substanz ist schmetterlingsförmig angeordnet und enthält die Neurone, an denen die Verschaltung erfolgt.
Vorderhorn (Cornu anterius): Motorik
Seitenhorn (Cornu lateralis): autonome Funktionen
Hinterhorn (Cornu posterius): Sensibilität
Das Rückenmark verliert nach kaudal an Durchmesser und endet als Conus medullaris.
Ende des Rückenmarks bei Erwachsenen auf Höhe L1–L2
Fortsetzung der Spinalnerven im Wirbelkanal als Cauda equina
Rückenmarkshäute (Meningen)
Das Rückenmark ist von 3 Rückenmarkshäuten umgeben.
Epiduralraum zwischen Dura mater und Periost
Dadurch führen Blutungen, Neoplasien und Infektionen oft erst im Spätstadium zu neurologischen Ausfällen.
Ursachen
Traumatische Rückenmarksverletzungen
Wirbelsäulenverletzung im Rahmen von:
Stürzen
Verkehrsunfällen
Verletzungen beim Sport (z. B. beim Skifahren oder Klettern).
ggf. ursächliche oder begleitende Verletzungen wie Wirbelkörperfrakturen
Höhe von Wirbelkörper und Rückenmarkssegment entsprechen sich nicht immer (Fraktur von T8 kann z. B. zu Querschnittsyndrom mit Höhe T12 führen).2
Nichttraumatische Rückenmarksverletzungen
Schädigung des Rückenmarks
Rückenmarksverletzungen durch:
direkte Schädigung
sekundäre Schädigung
z. B. Ischämie, Entzündung.
Manifestationsformen1
traumatisch oder nichttraumatisch
akut oder chronisch progredient
komplett (vollständiger Funktionsverlust) oder inkomplett (Restfunktion)
Die neurologischen Ausfälle (motorisch, sensibel oder autonom) können isoliert oder kombiniert auftreten.
Motorische Störungen bei Querschnittlähmung
Muskulatur mit spinaler Innervation unterhalb der Läsion
Myotom: Alle Muskelfasern, die von einer segmentalen Nervenwurzel innerviert werden.9
anfangs schlaffe, später spastische Parese oder Plegie
Parese : unvollständige Lähmung
Plegie: vollständige Lähmung
Paraparese bzw. -plegie
beidseitige Lähmung der unteren Extremität
Tetraparese bzw. -plegie (auch: Quadriplegie)
Lähmung aller 4 Extremitäten
bei Läsion von C4 oder höher: Zwerchfellparese mit Gefahr der Ateminsuffizienz
Sensible Störungen bei Querschnittlähmung
dermatombezogener Ausfall der Sensibilität unterhalb der Läsion
Dermatom: Hautareal, das von einer segmentalen Nervenwurzel innerviert wird.9
spinales sensibles Niveau
Bezeichnung nach Segmenthöhe des letzten intakten Dermatoms
reduziertes Berührungsempfinden (Hypästhesie und Anästhesie)
reduziertes Schmerzempfinden (Hypalgesie und Analgesie)
Autonome Störungen bei Querschnittlähmung
Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung
Störung der Sudomotorik
Schweißproduktion vermindert oder erhöht, Hauttrockenheit, Hypo- oder Hyperthermie
kardiovaskuläre Dysregulation
Sexualfunktionsstörung
Rückenmarkssyndrome
Einteilung der klinischen Syndrome mit typischem Schädigungsmuster und prognostischer Bedeutung1
Anterior-Cord-Syndrom
traumatische Verletzung der vorderen 2/3 des Rückenmarks
v. a. Ausfälle der Motorik sowie der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung
schlechte Prognose
Spinalis-anterior-Syndrom
vaskuläre Schädigung der vorderen 2/3 des Rückenmarks
v. a. Ausfälle der Motorik und der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung
eher ungünstige Prognose
Brown-Séquard-Syndrom
spinale Halbseitenlähmung
ipsilaterale Parese
Verlust der Hinterstrangfunktion (Berührungsempfinden, Tiefensensibilität)
kontralateraler Verlust der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung
meist gute Regeneration der Steh- und Gehfunktion
Central-Cord-Syndrom
Verletzungen der zentralen Rückenmarkanteile (meist HWS)
Ausfälle vorwiegend im Bereich der Arme
ebenfalls meist günstige Prognose
Posterior-Cord-Syndrom
eher selten
v. a. Störung der Hinterstrangfunktion (spinale Ataxie, Hypästhesie)
meist anhaltende Beeinträchtigung der Steh-/Gehfunktion
Prädisponierende Faktoren
Verkehrsunfälle
Stürze aus größerer Höhe
Risikobehaftete sportliche Aktivitäten
Grunderkrankungen (z. B. vaskulär, entzündlich oder maligne)
ICPC-2
N81 Verletzung Nervensystem, andere
ICD-10
S14 Verletzung der Nerven und des Rückenmarkes in Halshöhe
S14.0 Kontusion und Ödem des zervikalen Rückenmarkes
S14.1 Sonstige und nicht näher bezeichnete Verletzungen des zervikalen Rückenmarkes
S14.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Halswirbelsäule
S24 Verletzung der Nerven und des Rückenmarkes in Thoraxhöhe
S24.0 Kontusion und Ödem des thorakalen Rückenmarkes
S24.1 Sonstige und nicht näher bezeichnete Verletzungen des thorakalen Rückenmarkes
S24.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Brustwirbelsäule
S34 Verletzung der Nerven und des lumbalen Rückenmarkes in Höhe des Abdomens, der Lumbosakralgegend und des Beckens
S34.0 Kontusion und Ödem des lumbalen Rückenmarkes [Conus medullaris]
S34.1 Sonstige Verletzung des lumbalen Rückenmarkes
S34.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins
G82 Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und Tetraplegie
G82.0 Schlaffe Paraparese und Paraplegie
G82.1 Spastische Paraparese und Paraplegie
G82.2 Paraparese und Paraplegie, nicht näher bezeichnet
G82.3 Schlaffe Tetraparese und Tetraplegie
G82.4 Spastische Tetraparese und Tetraplegie
G82.5 Tetraparese und Tetraplegie, nicht näher bezeichnet
T91 Folgen von Verletzungen des Halses und des Rumpfes
T91.1 Folgen einer Fraktur der Wirbelsäule
T91.3 Folgen einer Verletzung des Rückenmarkes
T09 Sonstige Verletzungen der Wirbelsäule und des Rumpfes, Höhe nicht näher bezeichnet
T09.3 Sonstige Verletzungen der Wirbelsäule und des Rumpfes, Höhe nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Die Diagnose beruht auf der Anamnese, den neurologischen Befunden und dem Nachweis der Schädigung in der Bildgebung.
exakte Bestimmung der spinalen Lähmungshöhe (letztes intaktes Rückenmarkssegment)
Bei akutem oder rasch progredientem Rückenmarkssyndrom umgehende Diagnostik1
inkl. Bildgebung (MRT oder Trauma-CT) und Liquoruntersuchung
ggf. Verlegung in ein Zentrum
bei einigen Differenzialdiagnosen verbesserte Heilungschancen durch frühzeitige Intervention
Bei einer akuten, traumatischen Rückenmarksverletzung Vorgehen nach dem Advanced Trauma Life Support
Diagnostik
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt in ihrer (mittlerweile abgelaufenen) S1-Leitlinie von 2012 u. g. Vorgehen.
Anamnese
Eigen-, Fremd- und Familienanamnese
Zeitlicher Verlauf (akut oder chronisch)
Ursache (traumatisch oder nichttraumatisch)
Hereditäre oder angeborene Störungen
Psychische Symptome (Konversionssymptome)
Schmerzanamnese
neurogene, pseudoradikuläre, kausalgiforme, Phantomschmerzen
Bei traumatischer Verletzung
Unfallhergang
Zeitintervall seit Trauma
neurologische Defizite im Verlauf
Bei nichttraumatischen Läsionen
differenzialdiagnostische Abklärung
Klinisch-neurologische Untersuchung
Anhand einer standardisierten Untersuchung und Dokumentation
z. B. International Standards for the Neurological Classification of Spinal Cord Injury (ISNCSCI)
Siehe interaktive Version unter www.emsci.org .
Motorische Funktionen und Reflexe
Berücksichtigung des spinalen Schocks (Areflexie und schlaffer Muskeltonus)
Sensible Funktionen
Autonome Funktionen
Atemfunktion
Atemfrequenz, Atemstoß und -tiefe (paradoxe Atmung, Schaukelatmung, v. a. bei akuter Tetraplegie )
Kardiovaskuläre Funktionen
Kontrolle von Blutdruck und Herzfrequenz
Blasen- und Mastdarmfunktion
sakrale Reflexe, Analsphinktertonus
Sudomotorik
übermäßiges oder vermindertes Schwitzen, trockene Haut, Dermografismus
Körpertemperatur
Hypothermie bzw. Hyperthermie bei gestörter Kontrolle des thermoregulatorischen Schwitzens
Sexualfunktion
z. B. posttraumatischer Priapismus bei akuter kompletter Tetraplegie
Durchblutung der Extremitäten
Ergänzende Untersuchungen
Bildgebung
Nativ-Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule (a. p., seitlich, Schrägaufnahmen; gehaltene Funktionsaufnahmen bei Verdacht auf Instabilität)
MRT (nativ plus Kontrastmittel) zur Darstellung des Rückenmarks
bei V. a. Kontusion, Infarkt, Entzündung, Blutung oder Abszess/Empyem
CT der Wirbelsäule
bei V. a. Fraktur, Wirbelkanaleinengung durch Knochenfragmente, Degeneration
Laboruntersuchungen
Blut und Liquor cerebrospinalis
bei V. a. Entzündungen, Infektionen, Stoffwechselstörungen, Tumorzellen
Neurophysiologische Untersuchungen
somatosensibel und magnetisch evozierte Potenziale (SSEP, MEP)
ggf. differenzialdiagnostisch EMG und Neurografien
Neurourologische Untersuchungen
Restharn, Uroflowmetrie, im Verlauf Video-Urodynamik, Nierensonografie, bei Bedarf Urethro-Zystoskopie
Kardiovaskuläre Untersuchungen
EKG , 24-h-EKG, Blutdruck-Monitoring
Weitere spezifische Untersuchungen
Traumatische Rückenmarkläsion
Farbduplexsonografie oder MR-Angiografie der Aa. vertebrales bei HWS-Fraktur (A.-vertebralis-Dissektion)
Sonografie/transösophageales Echo/CT von Thorax und Abdomen bei Trauma-Patient*innen (unklares Abdomen )
Rückenmarkkompression
Myelografie bei Kontraindikation von MRT
Tumorsuche (Sonografie des Abdomens , CT des Thorax, Szintigrafie, FDG-PET)
Vaskulär bedingte Myelopathien
diffusionsgewichtete MRT
eisensensitive MRT/Myelografie und selektive spinale Arteriografie bei Blutung oder Gefäßmalformation
Sonografie und CT des Abdomens bei spinalem Infarkt (Aortenaneurysma /Aortendissektion )
Infektiöse Myelitis
Erregerdiagnostik (v. a. viral oder bakteriell)
HSV , VZV , EBV , CMV , Coxsackie , Masern , Mumps , Röteln , Echo , HIV , FSME , Polio
Mykoplasmen , Listerien , Borrelien , Chlamydien (bei Frauen , bei Männern )
Parasiten, Pilze (selten)
Nicht erregerbedingte Myelitis
differenzialdiagnostische Abklärung
Metabolisch bedingte Myelopathien
Cobalamin, Methylmalonsäure, Homocystein (V. a. funikuläre Myelose )
Kupfer, Coeruloplasmin, mikrozytäre, hypochrome Anämie, Leukopenie (Kupfermangel)
Differenzialdiagnosen
Sekundäre Rückenmarksschädigung
Periphere neurologische Erkrankungen
Neuromuskuläre Transmitterstörungen
Erkrankungen des Gehirns
Mantelkantensyndrom (Paraparese der Beine)
beidseitiger Infarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebri anterior
Hirntumor im Bereich des Balkens
vertebrobasiläre Verschlusskrankheit (Basilaristhrombose)
Psychogene Querschnittlähmung (Ausschlussdiagnose!)
Indikationen zur Einweisung
Bei jedem Verdacht auf Verletzung des Rückenmarks
Intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei jeder akuten Querschnittsymptomatik1 ,11
Gefahr von lebensbedrohlichen Komplikationen (kardiovaskulär, pulmonal und gastrointestinal)
Vorsicht beim Umgang mit den Patient*innen (Lagerung, Anheben, Transport)!
Therapie
Therapieziele
Vitalfunktionen im spinalen Schock sichern.
Progredienz der Rückenmarkschädigung verhindern.
Reversible Ursachen beheben.
Wirbelsäule nach traumatischen Verletzungen stabilisieren.
Komplikationen verhindern.
Rehabilitation
Teilhabe am alltäglichen Leben
Allgemeines zur Therapie
Frühzeitige, intensive Behandlung, um eine weitere Schädigung des Rückenmarks zu verhindern („Time is spine“).2
Therapie und Rehabilitation direkt nach der Verletzung
Behandlung durch interdisziplinäres Team
Ärzt*innen, Pflegekräfte, Psycholog*innen, Physio- und Ergotherapeut*innen, Ernährungsberater*innen und Sozialarbeiter*innen
Akuttherapie
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt in ihrer (mittlerweile abgelaufenen) S1-Leitlinie von 2012 u. g. Vorgehen.
Akuttherapie eines Querschnittsyndroms
Jede akut aufgetretene Para- bzw. Tetraparese oder -plegie sollte intensivmedizinisch überwacht und behandelt werden.
bei akuter Tetraplegie Anlage eines zentralen Venenkatheters (ZVK)
Engmaschige Kontrolle der neurologischen Ausfälle
Dokumentation anhand ISNCSCI-Protokoll
frühzeitiges Erkennen steigender Läsionshöhe oder zunehmender Schwere (z. B. bei Blutung)
Aufrechterhaltung eines mittleren arteriellen Blutdrucks > 80 mmHg und ausreichende Oxygenierung verbessert die Prognose.
über 1 Woche nach akutem (traumatischem) Querschnitt
Beatmungspflichtigkeit
v. a. bei Läsionen oberhalb C4 oder weiteren Thoraxverletzungen, aber auch vorübergehend bei tieferen Verletzungen
regelmäßige Blutgasanalysen, kontinuierliches SaO2-Monitoring, Kontrolle der Vitalkapazität
Neurogener Schock
engmaschige Überwachung und Behandlung (Volumen und Katecholamine)
Regelmäßige Umlagerung und funktionell angepasste Lagerung
En-bloc-Drehung alle 2–3 Stunden (auch in der Nacht)
Vermeidung von Kontrakturen der Gelenke und Druckulzera der Haut
Thromboembolie-Prophylaxe
in der Akutphase mit niedermolekularen Heparinen
Nadroparin: gewichtsadaptiert entsprechend den Standards in Orthopädie
Enoxaparin: nicht gewichtsadaptiert, 1 × tgl. 40 mg über 6 Monate nach Läsion
im subakuten Stadium ggf. Umstellung auf orale Antikoagulation (Ziel-INR von 2,0–3,0)
Schmerzmedikation
frühzeitig und ausreichend (Vermeidung von Chronifizierung)
im Frühstadium Verzicht auf Opiate (gestörte Darmmotorik)
z. B. Kurzinfusionen mit Metamizol, im Verlauf Paracetamol
Frühe und gezielte Behandlung von Infektionen
Prävention von Duodenal- und Magenulzera mit Protonenpumpenhemmern
Gefahr eines unbemerkten Magenulkus bei Verlust der viszeralen Schmerzempfindung
Gestörte sympathische Innervation
bei Läsionen oberhalb Th6
überwiegender Vagotonus mit Bradykardie
höchste Prävalenz nach 4 Tagen
Dysautonome Krisen
hypertensive Krisen, Bradykardie, T-Negativierungen im EKG, Schwitzen etc.
verschiedene Trigger im gelähmten Bereich, häufig Blasenüberdehnung
Behandlung durch Beintieflagerung und Blasenentleerung
Harnabflussstörungen
sofortige Blasendrainage (Vermeidung einer Detrusorüberdehnung und Pyelonephritiden)
Regelmäßige Stuhlentleerung
mindestens jeden 2. Tag, falls erforderlich durch Glyzerin-Suppositorien
Ggf. Prostigmin (s. c. 0,5 mg 3–4 × tgl.), wenn sich die Darmtätigkeit nicht erholt.
Spezifische Akuttherapie
Akute traumatische Rückenmarkschädigung mit Para-/Tetraparese
z. B. Wirbelkörperfraktur , diskoligamentäre Instabilität, traumatische Diskushernie
rasche chirurgische Dekompression und Stabilisation
bei Kontraindikation sorgfältigste konservative Lagerungsbehandlung (z. B. Extensionsbehandlung)
bei Instabilität der Wirbelsäule (mit und ohne Fehlstellung) Lagerung und Mobilisation nur mit Fachpersonal
keine allgemeine Empfehlung einer Methylprednisolon-Gabe
nur gering ausgeprägter kurz-, mittel- und längerfristiger Nutzen
bester Effekt innerhalb der ersten 3 Stunden nach Trauma
ursprünglich initialer 1-h-Bolus von 30 mg/kg, in den folgenden 23 Stunden 5,4 mg/kg/h
Akute nichttraumatische Rückenmarkschädigung
kompressionsbedingte Ursachen (Diskushernie , spinale Blutung, Tumor, spinales Engesyndrom)
rasche chirurgische Dekompression (je progredienter, desto rascher)
bei Metastasen und kompletter Paraplegie Erholungschancen nach 48 Stunden deutlich reduziert
spinale Raumforderung mit Ödembildung
Ausschluss von spinalem Infarkt und kongestiver Myelopathie
Indikation für hochdosiertes Kortison (z. B. Bolus 40 mg Dexamethason i. v., dann 32 mg/d oral, mittelfristig 6–12 mg/d oral)
radiosensible Tumoren oder Metastasen
operative Dekompression und Stabilisation, falls möglich
andernfalls umgehende Bestrahlung
Spondylitis, -diszitis und Abszess
konservatives oder operatives Vorgehen (individuelle multidiziplinäre Entscheidung)
spezifische Antibiose über zumeist mindestens 3 Monate
Spinale Ischämie
keine Evidenz für eine endovaskuläre/gefäßchirurgische/thrombolytische Therapie
bakterielle Myelitis
empirische antibiotische Therapie (Ceftriaxon 2 × 2 g, Ampicillin, Erythromycin 2 g/d i. v.)
daraufhin nach Antibiogramm
virale Myelitis
umgehend Aciclovir (Aciclovir 5 × 10 mg/kg KG/d für 7–10 Tage)
immunologisch bedingte Myelopathien (MS , ADEM , Myelitis ohne Erregernachweis)
Methylprednisolon 1.000 mg/d über 3–5 Tage, Magenschutz und Thromboembolie-Prophylaxe
systemischer Lupus erythematodes
Methylprednisolon 1.000 mg/d über 3–5 Tage, Magenschutz und Thromboembolie-Prophylaxe
evtl. plus Cyclophosphamid-Pulstherapie oder Plasmaaustausch
spinale Gefäßmalformation
arteriovenöse Malformation: Embolisation (v. a. endovaskulär)
Kavernom: mikrochirurgische Resektion
funikuläre Myelose
Vitamin-B12-Substitution (1.000 μg/d i. m.) und Folsäure (15 mg/d i. m.)
Kupfermangel-Myeloneuropathie
orale Kupfersubstitution, ggf. Kupfersulfat i. v. 1 mg/d
Differenzialdiagnostisch ggf. auch psychogene Lähmungen als Ausschlussdiagnose berücksichtigen.
Medikamentöse Therapie
Methylprednisolon bei traumatischer Rückenmarksverletzung
Wirkung geringfügig und nur in der Frühphase1
Der Einsatz ist umstritten und wird nicht mehr generell empfohlen.1 ,12-14
Wurde ursprünglich trotz geringen Nutzens empfohlen.
Schmerzmedikation
Frühe und konsequente Schmerztherapie, um Chronifizierung der Schmerzen zu verhindern.
Opioidanalgetika in der Akutphase vermeiden (Einschränkung der Darmmotilität).
Metamizol, Mefenaminsäure oder Paracetamol
Stressulkus-Prophylaxe
Protonenpumpeninhibitoren (PPI)
Operative Therapie
Rasche chirurgische Dekompression und Stabilisation bei akuter traumatischer Para-/Tetraparese
Eine operative Therapie verfolgt zwei Ziele:11
Dekompression des Rückenmarks (Funktionsverbesserung und Vermeidung einer Progredienz)
Stabilisierung der Wirbelsäule.
Beispiele für mögliche Operationsindikationen1
Weitere Therapien
Frührehabilitative Maßnahmen1
Beginn bereits auf der Intensivstation bzw. in der Frühphase der Querschnittlähmung
Vermeidung von Fehlhaltung und Fehlbelastung durch einseitige Überbeanspruchung von z. T. erhaltenen Muskelfunktionen
Kontrollierte Mobilisation auf der Bettkante und im Rollstuhl zur Anpassung des Kreislaufs (a-/hyposympathikotone Blutdruckdysregulation)
Kombinierte Physio-/Ergotherapie
passive und aktive Übungsbehandlungen sowie funktionelles Training
Lokomotionstraining zur Wiedererlangung der Gehfähigkeit bei inkompletter Rückenmarkläsion
Pflegerische Maßnahmen
Körperlagerung zur Dekubitus-Prophylaxe (Lagerungsschema, Hautkontrolle von Druckstellen, spezielle Betten/Matratzen in der Frühphase)
Atemtherapie
bei allen tetra- und hochparaplegischen Patient*innen
Vermeidung von Sekretstau, Atelektasen und pulmonalen Infektionen
Management von Störungen der Blasen-, Darm- und Sexualfunktion
Blasenentleerungsschema mit Restharnkontrollen, Erlernen des intermittierenden Selbstkatheterismus, medikamentöse Therapie einer Detrusorüberaktivität
Erarbeitung eines individuellen Blasen- und Darmmanagements (Anpassung an kognitive und manuelle Fähigkeiten)
ggf. Defäkationsschema mit Kontrolle der Rektumampulle
Kontrolle der Umgebungstemperatur
gestörte Regulation der Körpertemperatur bei beeinträchtigtem Schwitzen und Kältezittern
Gefahr der Überwärmung bzw. Unterkühlung
Vorbeugung von unbemerkten Verletzungen
z. B. Verbrennungen mit heißem Wasser (beim Waschen oder durch heiße Getränke)
Frühzeitige Anmeldung zur umfassenden Rehabilitation in einem spezialisierten Querschnittzentrum
Prävention und Behandlung von Folgen und Komplikationen
Schmerzen
Bei Rückenmarksverletzungen kommt es zu muskuloskelettalen und neuropathischen Schmerzen.
keine evidenzbasierten spezifischen Behandlungsschemata bei Rückenmarksverletzungen1
Siehe allgemeine Behandlungsempfehlungen im Artikel Neuropathische Schmerzen .
Psychologische Unterstützung zur Schmerzbewältigung kann die alltägliche Funktion verbessern.
Spastik: antispastische medikamentöse Therapie1
nur bei funktioneller Verschlechterung oder erheblichen Schmerzen empfohlen
bei Therapieresistenz ggf. Baclofen-Pumpe oder Botulinum-Toxin-Injektionen
Mobilisation
Lagerung, passives und aktiv-assistiertes Durchbewegen1
zunehmender Grad an Mobilisation15
Wirkt bis zu einem gewissen Grad der Osteoporose und der Entstehung von Kontrakturen entgegen.
Einsatz von Hilfsmitteln
z. B. elektrischer oder nichtelektrischer Rollstuhl
abhängig vom individuellen Grad der Einschränkung
Dekubitus-Prophylaxe 16
durch regelmäßige Änderung der Körperhaltung und Lage
spezielle Sitzkissen und Bettauflagen
bei kleineren Läsionen Okklusionsverbände und Lagerungsschema
bei tiefreichender Ulzeration ggf. operative Behandlung
Schulung von Abläufen zur Druckentlastung und Integration in den Alltag
Thromboseprophylaxe
Antikoagulation : subakut ggf. orale Antikoagulation mit Ziel-INR von 2,0–3,01
Kompressionsstrümpfe11
Blasenentleerungsstörung 10
intermittierender Selbstkatheterismus
beste Methode bei Möglichkeit zur Ausführung
Dauerkatheter
Kann zeitweise oder im Einzelfall das angemessene Verfahren sein.
Ein suprapubischer Blasenkatheter ist vorzuziehen.
pharmakologische Behandlung
Harnwegsinfektionen
Steinbildung im Harntrakt (Nieren, Harnleiter, Harnblase)
regelmäßige Ultraschallkontrolle
Blasensteine sollten zeitnah entfernt werden.
Darmentleerung17
regelmäßige Darmentleerung, Vorbeugung von Inkontinenz
Darmentleerung kann ggf. angeregt werden (Suppositorien, Klysmen).
ballaststoffreiche Ernährung
Sexualfunktion
Der Orgasmus ist häufig durch fehlende oder eingeschränkte Sensibilität gestört.
bei Frauen18
eingeschränkte oder fehlende Vaginalsekretion (Lubrikation)
Einsatz eines Gleitmittels
Die Fruchtbarkeit ist unbeeinträchtigt.
bei der Geburt Risiko einer autonomen Dysreflexie
bei Männern19
Osteoporose
Entwicklung der Osteoporose im gelähmten Körperabschnitt20
Maximum der Knochenresorption zwischen 10 und 16 Wochen nach Rückenmarksverletzung
erhöhtes Frakturrisiko
ggf. Osteodensitometrie zur Frühdiagnostik und Verlaufsbeobachtung
bei Osteoporose T-Score ≤ –2,520
medikamentöse Therapie
Basistherapie (Kalzium und Vitamin D) bei „Risikopersonen“ (rollstuhlpflichtige Querschnittlähmung)
spezifische Osteoporosetherapie (z. B. Bisphosphonate)
Lebensumgebung und Patientenschulung
Anpassung des alltäglichen Lebens an die funktionellen Einschränkungen
ggf. Wechsel der Wohnung oder bauliche Veränderungen
Schulung der Patient*innen, der Angehörigen und der Betreuer*innen
Art der Verletzung bzw. Schädigung, Folgen, Prognose, Komplikationen, individuelle Maßnahmen
ggf. weitergehende psychosoziale Betreuung
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die neurologischen Funktionseinschränkungen sind in vielen Fällen chronisch.
Verbesserungen der neurologischen Funktion werden meist innerhalb von 6 Monaten nach der Verletzung beobachtet.2
in manchen Fällen bis zu 5 Jahre später
Die Möglichkeit einer spinalen Nervenzellregeneration ist unklar und aktuell Gegenstand der Forschung.
Verschiedene neuroregenerative und neuromodulatorische Therapien werden in klinischen Medikamentenstudien untersucht.2
Komplikationen
Lähmungen mit Muskelatrophie, Spastik, Kontrakturen
Sensibilitätsausfälle mit Gefahr von Druckgeschwüren und schmerzlosen Wunden
Bei hoher spinaler Läsion Störungen der Atmung mit Risiko für Sekretstau, Atelektasen und pulmonale Infektionen 1 ,11 ,15
Blasenfunktionsstörung mit Dranginkontinenz , Risiko für Harnwegsinfektionen
Gastrointestinale Störungen wie neurogener Ileus , Obstipation , Diarrhö , Stuhlinkontinenz 17
Kardiovaskuläre Störungen (hypertensive Krisen , Arrhythmien, orthostatische Hypotonie )
Beeinträchtigte Sexualfunktion (z. B. verminderte Lubrikation, Erektionsstörungen )18-19
Endokrine Veränderungen und Stoffwechselveränderungen
Gestörte Schweißbildung und Temperaturregulation16
Risiko für Osteoporose 20
Risiko für tiefe Venenthrombosen
Psychosoziale Konsequenzen
psychische Erkrankungen (z. B. Depression )
Arbeitsunfähigkeit und Abhängigkeit im Alltag
Prognose
Die Prognose der neurologischen Folgeschäden ist individuell und hängt wesentlich von der Schwere der Verletzung ab.2
Schwerere initiale Verletzungen bedingen eine schlechtere Prognose nach 1 Jahr.
Das funktionelle Outcome betrifft meist die Gehfähigkeit.
Bei einer Verletzung des Grad A nach der ehemaligen ASIA-Klassifikation (schwerste Schädigung) liegt die geschätzte Wahrscheinlichkeit der Gehfähigkeit nach 1 Jahr bei < 5 %.2
höhere Rate bei inkompletter Verletzung
Erhöhte Mortalität nach Rückenmarksverletzung aufgrund von Komplikationen21
Mortalitätsraten sind in den letzten Jahrzehnten aufgrund frühzeitiger und effektiver Therapie deutlich zurückgegangen.
Todesursachen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen (insbesondere bei hohen Rückenmarksverletzungen), Unfälle und Suizid .21
Das Langzeitüberleben in Industrienationen mit guten Behandlungsmöglichkeiten ist annähernd vergleichbar mit der Normalbevölkerung.
Langfristig eingeschränkte Lebensqualität2
organische und funktionelle Einschränkungen und Verlust sozialer Rollen
Unterstützung aus dem sozialen Umfeld wirkt diesem entgegen.
Verlaufskontrolle
Interdisziplinäre weitere Versorgung (hausärztlich und fachärztlich, Ambulanzen von Spezialzentren)
lebenslange Nachsorge
regelmäßige Verlaufskontrolle der neurologischen Funktionen und organischen Symptome
Bei Entlassung
körperliche Funktionen: Aufklärung über Komplikationen und Prävention
Leistungssysteme: Alle Leistungssysteme werden besprochen, sowohl öffentliche als auch private Mittel.
Hilfsmittel: Planung, Erprobung und Schulung in der Anwendung und Beherrschung der Hilfsmittel müssen gesichert werden.
Bildung und Beruf: Weiterbildung/Umschulung und eine etwaige Berufstätigkeit müssen geplant und ggf. begonnen werden.
Sicherstellung der weiteren Versorgung: Verlaufskontrollen bei Hausärztin/-arzt, Betreuung, Pflege
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen aufklären?
Über die Erkrankung und deren Verlauf
Zuständige Ärzt*innen bei V. a. Komplikationen
Patienteninformationen in Deximed
Patientenorganisationen
Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. (FGQ )
Weitere Informationen
Illustrationen
Dermatome
Anatomie der Wirbelsäule
Quellen
Leitlinien
Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegie e. V. Querschnittlähmungsassoziierte Osteoporose. AWMF-Leitlinie Nr. 179-007. S1, Stand 2018. www.awmf.org
Literatur
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Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Jonas Klaus, Arzt, Freiburg im Breisgau
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/ ).
Icd10 G82; G820; G821; G822; G823; G824; G825; S14; S140; S141; S142; S24; S240; S241; S242; S34; S340; S341; S342; T09; T093; T91 Folgen; T911 Folgen; T913
Icpc2 N81
Keywords Querschnitt; Querschnittslähmung; Querschnittssyndrom; Paraplegiologie; Konus-Kauda-Syndrom; Cauda-equina-Syndrom; Konus-Syndrom; Conus-Cauda-Syndrom; Reithosenanästhesie; Spastische Parese; Pyramidenbahnzeichen; Babinski; Klonus; Paraplegie; Tetraplegie; Paraparese; Tetraparese; Quadriplegie; Radikulopathie; Verletzung des Rückenmarks; Schädigung des Rückenmarks; Rückenmarksschädigung; Rückenmarksläsion; Verkehrsunfall; Sturz; Wirbelkörperfraktur; Spinale Ischämie; Infektiöse Myelitis; Strahlenmyelopathie; Klinische Ausfallsyndrome; Sensorische Ausfallerscheinungen; Sensibles Niveau; Spinales sensibles Niveau; Dermatom; Myotom; Hypästhesie; Hypanalgesie; Lähmungserscheinungen; Ausfall der vegetativen Regulierungsmechanismen; Anterior-Cord-Syndrom; Spinalis-anterior-Syndrom; Brown-Séquard-Syndrom; Central-Cord-Syndrom; Posterior-Cord-Syndrom; Multiple Sklerose; ASIA-Schema; Lokomotionstraining
Title Rückenmarksverletzung und Querschnittlähmung
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Description Definition:Eine traumatische oder nichttraumatische Schädigung des Rückenmarks führt zu einem Querschnittsyndrom mit neurologischen Funktionsausfällen unterhalb der Läsion.
Topic Neurologie
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